03.04.2008
Cinema Moralia – Folge 10

»Alles läuft auf Hochtouren, und Opfer sind dabei unvermeidlich«

BUONGIORNO, NOTTE
Artechock präsentiert am Sonntag, 6.4., um 11 Uhr im Kino Neues Arena in München: Buongiorno, notte
(Foto: Kairos-Filmverleih)

Krumme Summen, Fakten & Termine der nächsten Woche

Von Rüdiger Suchsland

Heute mal hier einfach nur ein paar Fakten und Termine der kommenden Wochen. Der wich­tigste Termin ist natürlich am kommenden Sonntag in München der neueste Film der Reihe »artechock präsen­tiert«. Der Film, der dort läuft, Marco Belloc­chios Buon­giorno, notte, ist unbedingt sehens­wert. Wir erinnern uns daran, er war die angenehme Über­ra­schung im Wett­be­werb von Venedig 2003, dem letzten Festival unter Moritz de Hadeln.

Spar­ta­nisch und nicht übermäßig originell, aber immer ehrenwert und nicht zuletzt wohltuend kühl insze­niert, wird er vor allem durch seine inhalt­liche Brisanz wichtig: Denn Belloc­chio erzählt in dem »meinem Vater« gewid­meten Film von Italiens bleierner Zeit: Im April 1978 wurde der Partei­chef der Christ­de­mo­kraten und mehr­fa­cher Minis­ter­prä­si­dent Aldo Moro entführt und nach zwei Monaten ermordet. Als verant­wort­lich gelten die Roten Brigaden, doch sind die detail­lierten Hinter­gründe der Vorgänge bis heute nicht geklärt. Viele vermuten eine Mitver­ant­wor­tung der Partei­freunde Moros, denen dessen Tod nicht immer unlieb war – wenige Wochen vor seiner Entfüh­rung hatte er für den »histo­ri­schen Kompro­miss« und damit eine Koalition mit Italiens Euro­kom­mu­nisten plädiert. Daher gibt es bis heute auch unge­klärte Theorien über Verschwörungen, die von der Demo­crazia Chris­tiana über den Vatikan, die Mafia und Italiens Rechts­extre­misten bis hin zur CIA reichen sollen – die jeden­falls erwie­se­ner­maßen in den »Brigate Rosse« V-Leute besaß.
Von alldem, das erst vor einigen Jahren wieder im Prozess gegen den DC-Politiker Andreotti (der frei­ge­spro­chen wurde) in Erin­ne­rung gebracht wurde, erzählt Belloc­chio freilich über­ra­schend wenig. Weitaus wichtiger ist die ihm die Tradition der Linken, und die Selbst­kritik dieser Tradition. Darum werden wir Zuschauer anhand einer jungen Frau, die Mitglied der Entführer ist, zu Zeugen der unend­li­chen Wochen von Moros Gefan­gen­schaft, dem »Volks­pro­zess« und »Todes­ur­teil« gegen ihn und den Gewis­sens­kon­flikten der Entfüh­rerin. Am Ende scheint Moro schließ­lich mehr den Parti­sanen in faschis­ti­scher Gefan­gen­schaft zu ähneln, als den Faschisten, als den ihn seine Entführer abstem­peln.
Beloc­chios Film mora­li­siert und wird von manchen als politisch frag­würdig angesehen, was man verstehen kann, weil der Film sich auf der ästhe­ti­schen Ebene einseitig auf die Linke und ihre Fehler konzen­triert, sich den konser­va­tiven Vorwurf des »Links­fa­schismus« zueigen macht. Die Fehler der anderen Seite, die Möglich­keit der bewußten Opferung Moros durch seine Partei­freunde wird zwar ausge­spro­chen, aber nicht mit Bildern und Spiel­szenen unter­mauert. Als persön­liche Geschichte der jungen Frau im Zentrum ist BUONGIORNO NOTTE aber ein bewe­gender, inter­es­santer Film.

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»UNDERDOX – dokument und expe­ri­ment« (www.underdox-festival.de), das »inter­na­tio­nale Festival für den expe­ri­men­tellen und künst­le­ri­schen Film in München«, feiert am 10. April »Halbzeit«. Darum läuft im Münchner Film­mu­seum als deutsche Premiere der chine­si­sche Inde­pen­dent-Doku­men­tar­film Meng You (Dream Walking) von Huang Wenhai. Ein Film, der sich besonders für jene Tibet­freunde eignet, die syste­ma­tisch in allen Chinesen nur stali­nis­ti­sche Schläger sehen wollen: Es geht um eine Kommune von »behaviour artists« in der Provinz Henan. Sie betrachten sich wie die alten chine­si­schen Künstler als Wanderer auf einem »Tran­s­cen­dental Happiness Walk« durch die Mensch­heit. Der Film ist der zweite Teil einer Trilogie mit dem wunder­baren Titel: »Trilogie der Massen« über das Überleben in einer absurden Welt.

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Davor gibt es als exklusive Welt­pre­miere das neue Video der Münchner Video­künst­lerin Anna McCarthy Glasgow: A True And Love Story (Eine wahre liebes­er­klärung an die stadt glasgow), in Anwe­sen­heit der Künst­lerin. Der Film, heißt es in der Pres­se­mit­tei­lung, »stellt Archi­tektur und Stadt­land­schaften einhei­mi­schen Musikern gegenüber und analy­siert dadurch deren gegen­sei­tige Beein­flus­sung. Die Kamera führt durch dreckige Clubs, Einkaufs­zen­tren, Galerien, dunkle Wohn­zimmer und U-Bahn-Schächte und sammelt Bilder, die inein­ander übergehen, als wären sie eins.« Da möchte man doch in München sein!

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Eigent­lich möchte man aber auch nach Frankfurt am Main: Eine Reise wert ist schon mal die Retro­spek­tive »Zauber des Lebens« zu Jacques Demy im Deutschen Film­mu­seum (bis 10. April). Und von heute bis zum 6.April findet in Frankfurt auch noch die immer groß­ar­tige Nippon Connec­tion statt. Also auf nach Frankfurt!

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In Berlin wiederum zeigen die »Freunde der Deutschen Kine­ma­thek e.V.« im Kino Arsenal bis zum 29. April Filme des großen Unbe­kannten des japa­ni­schen Kinos: Yasuzo Masumura (1924-1986) wurde im Westen bislang kaum wahr­ge­nommen. Seine ganze Laufbahn über arbeitete er innerhalb des japa­ni­schen Studio­sys­tems und sah sich als Hand­werker, der in den verschie­densten Genres zuhause war. Dennoch entwi­ckelte er eine ganz eigene Hand­schrift und wurde ein Vorbild für die Filme­ma­cher der japa­ni­schen Nouvelle Vague, unter ihnen Nagisa Oshima, der sich direkt auf ihn bezog. Masumura schuf ein exzes­sives und entfes­seltes Kino, das in Comic-Ästhetik und mit großem Stil­be­wusst­sein die japa­ni­sche Gesell­schaft atta­ckierte. Sein Angriff auf erdrü­ckenden Konfor­mismus und rigide Normen griff die japa­ni­sche Kultur in ihrer Wohl­stands­gier und der damit einher­ge­henden Bruta­lität an. Wie viele seiner Gene­ra­tion, die als junge Erwach­sene den Weltkrieg und die US-Atom­bom­ben­schläge erlebt hatten, erzählte er auch immer wieder von der scho­ckie­renden Grau­sam­keit von Kriegen.
Sein Handwerk lernte Masumura aber in Italien: Als erster Japaner studierte er 1952-54 am Centro Speri­men­tale in Rom und traf dort unter anderem auf Luchino Visconti und Michel­an­gelo Antonioni. Viel­leicht war es auch dieser Erfahrung seines Auslands­auf­ent­haltes geschuldet, dass er in bilder­s­tür­mender Manier gegen Zwänge und Begren­zungen aller Art antrat. Seine Haupt­werke schuf er in einem Jahrzehnt, in den späten 50er und 60er Jahren: Filme voller Leben, einer wilden und unge­stümen Lust und einer manchmal grausamen Schönheit. Erotisch und gewalt­tätig aufge­la­dene Plots waren eines seiner Marken­zei­chen.

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»Auf den ersten Blick scheint der Alltag des Japaners ruhig und gemütlich zu sein, doch in Wirk­lich­keit besteht er nur aus Arbeit, seit unser Land von einer Konsum­welle über­schwemmt wird. Seit dem Beginn der modernen Kons­um­kultur herrscht in Japan ein geradezu aber­wit­ziger Boom... Alles läuft auf Hoch­touren, und Opfer sind dabei unver­meid­lich.« (Yasuzo Masumura)

Leider (aber immerhin) sind nur acht Filmen aus einem Gesamt­werk von 60 Filmen zu sehen: Kuchizuke (Der Kuss, Japan 1957) ist Masumuras Debüt, eine zarte Liebes­ge­schichte, und ein wichtiger Vorläufer für die Japa­ni­sche Neue Welle. Masumura erzählt von jungen Menschen, die in ihrem Bedürfnis nach Freiheit ziellos zwischen der japa­ni­schen und der west­li­chen Kultur hin- und herschwanken und auf der Suche nach dem Platz in ihrem Leben sind. Kinichi und Akiko, die zwei Prot­ago­nisten, lernen sich kennen, als sie ihre Väter im Gefängnis besuchen. Fortan ziehen sie zusammen mit dem Motorrad durch die Strassen, und versuchen, bei einem Rennen etwas Geld zu gewinnen, um die Kaution fürs Akikos Vater bezahlen zu können. Ein so unge­stümes wie zärt­li­ches Gedicht einer Jugend, die gegen den starren Konfor­mismus der 50er Jahre rebel­liert, und ein genau beob­ach­tetes Bild des japa­ni­schen Alltags­le­bens. Masumuras Insze­nie­rung verströmt den Atem von jugend­li­chem Lebens­hunger und Unbe­schwert­heit.
Danryu (Warme Meeres­strö­mung, Japan 1957) basiert auf einem Roman von Kunio Kishida, und ist ein Kran­ken­haus­melo um Liebe und Selbst­auf­op­fe­rung unter Ärzten und Schwes­tern. 1939 gab es schon einmal eine Verfil­mung des Stoffes, der Masumura eine radikal neu verortete Moder­nität und Beschleu­ni­gung entge­gen­setzt.
Kyojin to gangu (Giganten und spiel­zeuge, Japan 1958) ist eine bonbon­bunte und schrille Komödie über den wahn­wit­zigen Kapi­ta­lismus, seinen Zynismus und die damit verbun­denen unver­meid­li­chen Opfer. In Tokio herrscht ein harter Konkur­renz­kampf zwischen drei großen Süßwa­ren­her­stel­lern, die mit wech­sel­sei­tigen Sonder­an­ge­boten um ihre Kund­schaft buhlen. Die Werbe­ab­tei­lungen der drei Konzerne »World«, »Giant« und »Apollo« planen jeweils spek­ta­kuläre Werbe­maß­nahmen und schrecken vor keinen schmut­zigen Tricks zurück, um die Stra­te­gien der Gegner heraus­zu­finden und zu vereiteln. Wenn nötig und der Sache dienlich, werden auch Freunde oder Verwandte hinter­gangen und verraten. 1958 war der Wieder­aufbau Japans nach der Kriegs­nie­der­lage weit­ge­hend abge­schlossen und die Wirt­schaft erlebte einen außer­or­dent­li­chen Aufschwung. Das Unbehagen an der aufkom­menden Kons­um­ge­sell­schaft veran­lasste Masumura zu diesem selbst­iro­ni­schen Rund­um­schlag gegen die moderne japa­ni­sche Gesell­schaft.
Tsuma wa kokuhaku sure (Eine ehefrau gesteht, Japan 1961) zeigt eine unge­wöhn­liche Drei­ecks­kon­stel­la­tion: Eine Frau findet sich in Bergnot zwischen ihrem älteren Ehemann und ihrem Geliebten hängend wieder. Damit nicht alle drei abstürzen, muss sie einen der beiden losschneiden und somit in den sicheren Tod schicken. Als wahre Japanerin entscheidet sie sich für den Geliebten. Tsuma wa kokuhaku sure zeigt uns dann, woraus dieser Sekun­den­bruch­teil beschaffen ist, in dem die Frau instinktiv ihre Entschei­dung trifft: Erin­ne­rungs­kurz­schlüsse und -split­ter­s­türme, Ellip­sen­ab­gründe: Ein moder­nis­ti­sches Puzzle zwischen Resnais und Antonioni, voll im Zeitgeist und erzäh­le­risch mit wenig anderem im Schaffen Masumuras vergleichbar.
Kuro No Test Car (Der Schwarze Testwagen, Japan 1962) ist ein kühl und elegant insze­nierter Thriller um Indus­trie­spio­nage zwischen zwei konkur­rie­renden Auto­her­stel­lern. Um Yamamoto Motors Markt­an­teile abzu­trotzen, beschließen die Entwickler von Tiger Motors statt Fami­li­en­autos einen schnit­tigen Sport­wagen anzu­bieten. Als dieser bei einer Testfahrt in Flammen aufgeht, ist die Vorstands­etage alarmiert: Die Konkur­renz wusste offen­sicht­lich von den Plänen. Ein Gegen­spion muss auf Yamamato Motors angesetzt werden. Dieser findet sich bald in einem Netz aus Machtgier und Korrup­tion gefangen. Masumura zeigt den Kampf um die Vorherr­schaft im Automarkt als über­hitzten Raubtier-Kapi­ta­lismus in einer völlig entfes­selten Form, der seine Voll­stre­cker zu skru­pel­losen Charak­tere macht, und offenbart damit seine höchst desil­lu­sio­nie­renden Sicht auf die Menschen und die Gesell­schaft.
Seisaku No Tsuma (Seisakus ehefrau, Japan 1965) ist ein wildes Melodram um Liebe, Leiden­schaft und Krieg. Die Prot­ago­nisten der Anfang des 20. Jahr­hun­derts ange­sie­delten Handlung sind Okane und Seisaku, zwei höchst gegen­sätz­liche Menschen. Seisaku kommt gerade aus dem Militär zurück und ist in seinem Dorf ein Held und Vorzei­ge­pa­triot. Okane hingegen ist eine Außen­sei­terin. Aus einer armen Familie stammend, wurde sie an einen alten Mann verkauft. Als dieser stirbt, kehrt sie in ihr Heimat­dorf zurück. Gegen den Wider­stand des ganzen Dorfes entbrennen die beiden in leiden­schaft­li­cher Liebe zuein­ander, und Okane schreckt auch vor dem Unge­heu­er­li­chen nicht zurück, um ihr Glück gegen den Ansturm des Krieges zu vertei­digen.
Akai tenshi (Der rote engel, Japan 1966) ist ein düsterer, scho­nungs­loser Kriegs­film: Nishi ist Kran­ken­schwester in einem Armee­la­za­rett in China. Nachts wird sie von den Soldaten verge­wal­tigt, tagsüber muss sie bei Ampu­ta­tionen assis­tieren, die die ärztliche Antwort auf alle Arten von Verlet­zungen sind. Wer halbwegs genesen ist, muss sofort zurück an die Front, während die Schwer­ver­letzten nicht nach Hause dürfen, um die Moral der Bevöl­ke­rung nicht zu zersetzen. Trotz dieser Umstände bleibt Nishi der Inbegriff der Barm­her­zig­keit: für eine Blut­trans­fu­sion geht sie mit einem Arzt ins Bett, aus Mitleid mit einem Armlosen, der sich danach umbringt.
Hanaoka seishu no tsuma (Die frau des seishu hanaoka, Japan 1967) erzählt die konkur­rie­rende Liebe zweier Frauen – Mutter und Ehefrau – um einen Mann. Die Geschichte ist zum Ende der Edo-Epoche ange­sie­delt und der titel­ge­bende Seishu Hanaoka ist ein ambi­tio­nierter Mediziner, der 1805 die erste Brust­krebs­ope­ra­tion weltweit durch­führen wird. Seine Mutter sucht ihm während des Studiums eine Frau aus: Kae, die fortan mit der Schwie­ger­mutter in Harmonie zusam­men­lebt. Als der Sohn vom Studium nach Hause zurück­kehrt, ändert sich dies: Beide Frauen buhlen immer unver­hoh­lener um seine Liebe und er, ganz in seiner Forschung versunken, merkt davon nichts. Als er ein Betäu­bungs­mittel gefunden hat, bieten sich ihm beide in bedin­gungs­loser Liebe als Test­per­sonen an. Wunder­schön und hyste­risch.

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Außerdem wird in Berlin Geld verteilt. Staats­mi­nister Neumann hat Produk­ti­ons­för­de­rungen für Kurzfilme vergeben. 18 Kurz­film­pro­jekte werden mit einem Gesamt­be­trag von 254.053 Euro gefördert.
Wir lesen mal rein in die Projekt­be­schrei­bungen: Vorher – Nachher (Spielfilm, 15.000 Euro) von Sonja Marie Krajewski: »Maren, eine sport­liche junge Frau, lernt Tobias kennen. Er ist weniger fit, aber um so char­manter und lädt sie zum Eis ein. Doch was als Flirt begann, endet in einer Verge­wal­ti­gung. Übrig bleibt eine völlig zerstörte junge Frau, die kämpfen muss – mit ihrem Trauma, ihren Schuld­ge­fühlen, für ihre Würde.«
Fiasko (Foto­es­say­film, 15.000 Euro) von Janet Riedel nach Imre Kertész: »Steinig hatte seinen eigenen Tod überlebt. Ange­kommen auf einem unbe­kannten, namen­losen Flughafen einer großen, ihm merk­würdig vertrauten Stadt, begibt er sich auf die Suche nach einer Aufgabe, die das Überleben möglich macht – in einem System, das allen den Prozess macht, die ihren Glauben an Indi­vi­dua­lität u. Freiheit noch nicht verloren haben.«
Die Nach­ti­gall Und Die Rose (Animation, 15.000 Euro) von Larisa Lauber: »Ein Student sucht verzwei­felt eine Rose, mit der er hofft, die Liebe eines Mädchens zu gewinnen. Eine Nach­ti­gall will ihm dabei helfen und tauscht ihr Leben für eine rote Rose. Doch ihr Opfer war umsonst. Das Mädchen findet die Rose zu wertlos.«
Seidene Stille (Spielfilm, 4.000 Euro) von Christian Brüg­ge­mann: »Eine Liebes­ge­schichte zwischen zwei gehör­losen Menschen. Diese beiden sind gebro­chene und einsame Charak­tere in tiefer Krise. Aber durch die gemein­same Begegnung und die aufkei­mende Liebe beginnt für beide gemeinsam und als einzelnes Wesen Heilung.«
Glas­fa­sern (Spielfilm, 14.600 Euro, wie ist denn diese krumme Summe entstanden?) von Alexandra Schröder: »Ein Job als Messe­hos­tess verschlägt Anja nach Köln, wo ihr Dominik (13) begegnet, der aggressiv, aber beharr­lich Kontakt zu ihr sucht. Aus der Wohnung, in der Dominik mit seinem Vater lebt, hört Anja wieder­holt Geräusche, die von häus­li­cher Gewalt zeugen. Sie erlangt Gewiss­heit: Dominik wird von seinem Vater miss­han­delt und Anja ist gezwungen zu reagieren. Aber wie?«
Bühne: wolfsburg (13.253 Euro) von Arne Bunk: »Doku­men­ta­ri­scher und expe­ri­men­teller Fotofilm über die Produk­tion von urbanem Raum am Beispiel Wolfs­burgs.«
Employee of the day (Anima­ti­ons­film, 15.000 Euro) von Alexander Isert, Christoph J. Kellner: »Will­kommen in der total vernetzten, multi­me­dialen und inter­ak­tiven Zukunft. Wo Medien realer und bunter sind als das wirkliche Leben! Will­kommen zu ›Employee of the Day‹ – der Show, die Ihnen den Atem rauben wird.«
Paddy, der kleine pirat (Anima­ti­ons­film, 15.000 Euro) von Michael Schwertel: »Der kleine Pirat muss innerhalb kurzer Zeit der Pira­ten­gang einen Schatz präsen­tieren, sonst verliert er seine Insel. Mit seinem Matrosen Kröte begibt er sich auf Frei­beu­terei bei den Wikingern, kämpft mit einem Drachen ...zu guter Letzt hilft ihm kein Gold der Welt, sondern nur Freund­schaft.«
Berlin Ist Sexy (Spielfilm, 15.000 Euro) von Maria – Anna Rimpfl: »Der Film erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der sich vor Still­stand und Tod fürchtet und sich in das Leben als einzige Party flüchtet. An dieser Stelle wird er mit einem Dorf voll alter Menschen konfron­tiert, die dem gemein­samen Tod bewusst ins Auge blicken und als rauschendes Fest insze­nieren.«
Stiff (Spielfilm, 15.000 Euro) von Gabrielle Pfeiffer: »Ein alternder Jour­na­list trifft auf eine Gruppe junger Berg­männer. Eine emotio­nale Irrfahrt durch einen finsteren Wald im Polen der 70er Jahre beginnt. Erst durch eine wunder­same Begegnung finden die Männer wieder zurück ins Leben.«
Luis (Spielfilm, 15.000 Euro) von Michael Koch: »In einem abge­le­genen Haus in den Schweizer Bergen besucht Luis (18) erstmals seit Jahren seinen Vater Henryk (45) und trifft unver­mutet auf die neue Familie seines Vaters, von der er bisher nichts gewusst hat. Im Span­nungs­ver­hältnis zwischen Wut, Unver­s­tändnis und dem Wunsch nach emotio­naler Nähe versucht Luis seinen Vater aus der Reserve zu locken und provo­ziert den Konflikt.«
Urbanes Domino (expe­ri­men­teller Doku­men­tar­film, 12.500 Euro) von Ulf Staeger: »Die Kontraste zwischen prospe­rie­renden und ärmeren Stadt­vier­teln in Deutsch­land werden durch räum­li­ches Zusam­men­rü­cken erfahrbar.«
Wie Alles Endet (Spielfilm, 15.000 Euro) von Kai Seekings: »Ein zielloser junger Mann sucht die Antwort nach einem Sinn im egois­ti­schen Nacht­leben. Doch als er eine Frau schwän­gert, wird er von einer Welle fort­ge­spült, die sein ganzes Leben auf den Kopf stellt und ihn nach neun ereig­nis­rei­chen und bewe­genden Monaten am Strand der Erkenntnis wieder ausspuckt.«
Alfonsos Traum (Doku­men­tar­film, 15.000 Euro) von André Hörmann: »Alfonso Richards bereitet seinen Sohn Oscar auf den Boxwett­kampf Golden Gloves 2009 in Chicago vor. Sie gehören zu den Ärmsten. Den Boxkampf sehen sie als ihre Chance, um aus der Armut zu entkommen.«
Prinz Ratte (Anima­ti­ons­film, 15.000 Euro) von Albert Radl: »Prinz Ratte ist ein Märchen­film mit allem, was dazu gehört: Burg, Prin­zessin, Prinz, Drachen, einem heim­li­chen Verehrer und großer Gefühle, aber auch einem uner­war­teten Ende und einer unge­wöhn­li­chen Wahrheit über Helden und große Wünsche.«
Legenden (Expe­ri­men­tal­film, 14.700 Euro) von Angélique Dubois: »Der Film ist ein moderner Expe­ri­men­tal­wes­tern, dessen Schau­platz die Stadt Lever­kusen ist. Alle Spiel­se­quenzen sind von legen­dären Western­klas­si­kern großer Holly­wood­pro­duk­tionen inspi­riert u. werden mit (Laien-)Darstel­lern insze­niert.«
Der Achte Tag Der Woche (Spielfilm, 15.000 Euro) von Joanna Maxellon: »Nach einem Streit mit ihrer Mutter kommt die 7-jährige Suzie aus Trotz spontan auf die Idee, eine neue, bessere Familie für sich und ihre 3-jährige Schwester Melli zu suchen. Ihre Suche fängt auf dem Kinder­spiel­platz an und führt sie durch das Labyrinth der Plat­ten­bau­sied­lung bis in die Vorstadt. Als sie von einer türki­schen Familie ange­nommen wird, stellt man plötzlich fest, dass es für sie doch keinen Platz in der mehr­köp­figen Familie gibt....«
Immerfort (Anima­ti­ons­film, 15.000 Euro) von Maja Nagel: »Eine üppig farbige Bild­ge­schichte über die immer­gleiche Fort­set­zung von Begeg­nungen durch Inter­ak­tion und Konstel­la­tion in anfangs wenigen u. immer viel­fäl­tiger werdenden Bezie­hungen bis hin zur Masse in Ordnung oder Chaos.«
Die Auswahl der Kurz­film­pro­jekte erfolgte auf Vorschlag der Jury Produk­ti­ons­för­de­rung B (Kurzfilm). Die Jury tagte in folgender Besetzung: Thomas Blien­inger, Leberskir­chen (Produzent, Jour­na­list), Michael Dreher, Ostfil­dern/München (Regisseur, Autor), Alexander Kunja, Berlin (Autor, Regisseur), Susann Schimk, Berlin (Produ­zentin) und Elfriede Schmitt, Köln (Vorsit­zende, Jour­na­listin, Agentur für Film- u. Medi­en­pro­jekte).

(To be continued)

Rüdiger Suchsland

Unter dem Titel »Cinema Moralia« sind hier in loser Folge Notizen zum Kino zu finden, aktuelle Beob­ach­tungen Kurz­kri­tiken, Klatsch und Film­po­litik, sowie Hinweise. Eine Art Tagebuch eines Kino­ge­hers.