26. Filmfest München 2009
Filmtipps für den letzten Tag |
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Wahnwitzig: The Misfortunates | ||
(Foto: Camino Filmverleih) |
Es ist Filmfest-Endspurt! Inzwischen hatte das Filmfest auch seinen kleinen Skandal mit der Nicht-Vergabe des mit 30.000 Euro dotierten Nachwuchspreises für den Deutschen Film. Die Filme, die zur Auswahl standen, konnten die Juroren (u.a. Caroline Link) nicht begeistern, wohl aber ein anderer Film, der allerdings nicht dem Reglement für die Preisvergabe entsprach, da der Jung-Regisseur schon 40 plus ist. Wir haben eine schwere Vermutung, um welchen Film es da gehen könnte... Der Film ist auf dem Filmfest jetzt schon in beiden Vorstellungen gelaufen, so dass wir ihn leider nicht mehr mit einem Tipp würdigen können. Er war für uns der beste deutsche Kinofilm des diesjährigen Filmfest-Programms, und wir werden ihm auf jeden Fall noch eine eigene Kritik widmen. Dass jetzt das Preisgeld als Spende an die Münchener Filmhochschule fließt, wo doch der Mann mit dem besten deutschen Film ein Quereinsteiger ist (und deshalb auch mit seinem zweiten Film schon so »alt«), sollte zu denken geben. The system rules on! – Dunja Bialas
Der belgische Regisseur Félix van Groeningen gilt als einer der Pioniere der belgischen »Nouvelle Vague«. Mit seiner Verfilmung des Romans von Dimitri Verhulst gelingt ihm ein tragisch-komischer Film, bei dem einem immer wieder das Lachen im Hals stecken bleibt.
Der 13jährige Gunther wächst in den 80er Jahre bei seinem alkoholkranken Vater und dessen drei Brüdern im Haus der Großmutter auf. Die Mutter will nichts von ihm wissen, der Vater bemüht sich liebevoll aber nicht immer
kindgerecht, den Jungen groß zuziehen. Der Alltag im Hause Strobbe ist geprägt von Alkohol, Schlägereien, wechselnden Frauengeschichten und abstrusen Wetten, die Gunther hautnah miterlebt.
Zwanzig Jahre später versucht Gunther ein besseres Leben zu leben. Ob ihm das gelingt? Zumindest die Aufzeichnungen seiner turbulenten Jugend lassen ihn als Autor Erfolg haben.
Groeningen zeichnet ein unterhaltsames Portrait dieser groben, aber liebenswerten Familie. Sehenswert! –
Lena Spellenberg
Sa., 04.07., Mathäser Filmpalast, 20:00 Uhr
Un autre homme (Lionel Baier) – Internationales Programm
Der »Tod eines Kritikers« ist für so manchen ein wünschenswertes Szenario – im bildlichen Sinne natürlich. Das »enfant terrible« des Schweizer Films Lionel Baier zeigt nun mit Un autre homme, seinem dritten Spielfilm, wo dieser krude Wunsch herrühren kann – im leinwandbildlichen Sinne. Der so gar nicht cinéphile François soll für ein Lokalblatt Filmkritiken schreiben. Gefallen an seinem neuen Job findet er allerdings erst, als er die Kritikerin Rosa trifft. Ein morbides Spiel um Begierde und Lust beginnt. Als geradezu lustvoll entpuppt sich auch Baiers stilisierter
Blick auf die Dekadenz und überhebliche Selbstverliebtheit des Kritiker-Genres. Warum sich denn Gedanken über Chabrol machen? Schließlich lautet die Faustregel: jeder zweite seiner Filme ist schlecht. C’est ça, la critique, jedenfalls in diesem Film. Das sympathische an dieser Offenheit: einen bitteren Unterton gibt es nicht. Un autre homme ist viel mehr Spiel denn Ernst und verhandelt
nicht nur ironisch überzogene Kritiker-Klischees, sondern ergeht sich gleichzeitig in liebevollen Anspielungen auf das Kino selbst. Eine starke Besetzung, ein raffinierter Schnitt und eine Bildsprache, die die Ästhetik der Nouvelle Vague gekonnt anzitiert, liefern den Rest. Allen, die gerne im Kino vom Kino sprechen hören, sei Lionel Baiers Film wärmstens empfohlen. – Marcus Mäckler
Fr., 03.07., Cinemaxx 3, 20:00 Uhr und Sa., 04.07., Cinemaxx 1, 17:15 Uhr
Fesselnd und erschütternd dokumentiert Regisseur Ian Olds die tragische Geschichte eines jungen, afghanischen Journalisten, der sein selbstloses Engagement mit dem Leben bezahlte. Ajmal Naqshbandi stellte in seiner Rolle als sogenannter »Fixer« Kontakte zwischen ausländischen Medienvertretern und afghanischen Offiziellen sowie den Taliban her. Mit dramatischen Folgen: Taliban-Kräfte entführen Naqshbandi und einen italienischen Reporter – das Kidnapping nimmt
jedoch nur für letzteren ein gutes Ende. In emotionsgeladenen, größtenteils unzensierten Bildern und anhand von Interviews mit Familienangehörigen und Kollegen Naqshbandis führt uns Olds hautnah eine politisch kontroverse Thematik vor Augen, die durch ihre beinah inflationäre Medienpräsenz droht, der Vergessenheit anheimzufallen. Beeindruckend, jedoch nichts für zarte Gemüter. – Nadine Fischer
Sa, 4.7., 14.30h, CinemaxX 5