Cinema Moralia – Folge 36
»Ihre grosse Leidenschaft galt jedoch schon immer dem Film...« |
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Mehr davon! Athina Rachel Tsangaris Attenberg |
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(Foto: Rapid Eye Movies) |
Bis Cannes ist es zwar noch eine Woche hin, aber das Mekka des Kinos ist schon in allen Köpfen. Und manchmal ist der Weg zum Wahnsinn gar nicht mehr weit. Bis dahin aber vertreiben wir uns die Zeit mit anderen Dingen.
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Feedback. Lange nicht gab es auf einen artechock-Text derart viel Resonanz, wie auf unseren Beitrag zum Filmpreis letzte Woche. Die Resonanz war ganz überwiegend positiv. Das zeigt mindestens zweierlei: Erstens gibt es Diskussionsbedarf. Der sollte eigentlich durch die Filmakademie selbst gedeckt werden. Denn die wurde ja mal mit der Maßgabe ins Leben gerufen, dass da dann endlich all die angeblich bis dahin unmöglichen, aber dringenden Debatten stattfinden würden. Wir haben das zwar schon damals nicht geglaubt, aber eigentlich gedacht, dass jetzt doch alles besser werden könnte. Denn im vergangenen Jahr wurde mit Alfred Holighaus endlich ein kompetenter und überdies sympathischer Geschäftsführer berufen, und zudem entsorgte man endlich endlich den schröcklichen 82-jährigen Günter Rohrbach als Präsident, ein Wolf im Schafspelz, der nicht nur als Cheflobbyist der Constantin und Oberstrippenzieher der Akademie extrem geschadet hat. Nun nehmen wir einfach an, Holighaus hat bei der Akademie so viele Baustellen gleichzeitig, dass er sich dem Preisgemauschel bisher nicht wirklich widmen kann. Dass es dazu jetzt aber Zeit wird, belegen die Debatten über unseren Text im Netz, und die vielen E-Mails an uns. Vielen Dank für all das freundliche, ermunternde Feedback!
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Was die Resonanz zweitens auch noch zeigt: Was alles fehlt in der deutschen Filmkritik, und wozu ein Filmkritikverband gut sein könnte, wenn er denn gut wäre. Denn warum muss eigentlich erst artechock kommen, um eine Debatte unter den Filmemachern über ihre Akademie auszulösen? Warum schreibt kaum eine ernstzunehmende Tageszeitung über das Verfahren? Stattdessen seichte Jubelartikel allerorten, oder zarte Kritik an den Entscheidungen. Aber eine fast völlige Kapitulation der deutschen Filmkritik in Fragen der Filmpolitik.
Nur Peter Zander in der Berliner Morgenpost hatte entsprechend in Printmedien berichtet. Die anderen? Fehlanzeige. Der Berliner Tagesspiegel ist dafür zu zahm, und die SZ aus Gründen die den Eingeweihten bekannt sind (und die wir hier lieber nicht beim Namen nennen) akademieverbandelt. Da bleibt nicht mehr viel.
Was nun den »Verband der deutschen Filmkritik« angeht, ist an diesem Fall leicht erkennbar, was Aufgabe eines solchen Verbandes sein müsste: Er müsste ein Wächter der Filmkultur sein, ein unabhängiger filmpolitischer Akteur mit einer klaren Position auf Seiten des unabhängigen Kinos. Und in öffentlichen Statements kleine wohlgesetzte Nadelstiche in die Dickfelligkeit der Branche setzen, den alltäglichen Trott du Sumpf beim Namen nennen und angreifen. Die AG Dok zeigt, wie man das macht. Es wäre leicht. Man müsste nur wollen...
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Demokratie. Es gab allerdings auch vereinzelte sachliche Missverständnisse, die wir hier aufklären wollen. So schrieb uns zum Beispiel einer, die Wildcard sei »höchst demokratisch; wenn dann sollte man das Vorauswahlverfahren ändern, wo andere ihre Spezies beeinflussen könnten. ... Die Akademiemitglieder haben über die Auswahl demokratisch abgestimmt.« Und in einer anderen Mail stand: »Die Wildcard ist nun wirklich das demokratischste Element des Verfahrens und die Möglichkeit für die 1200 Akademiemitglieder, Filme zu nominieren, die nicht durch die kleine Vorauswahljury berücksichtigt wurden.«
Zur Demokratie muss man dann hier vielleicht noch einiges hinzufügend erläutern: Demokratisch ist bekanntlich alles Mögliche. In manchen Ländern gibt es Wahlpflicht, in anderen eine 10 Prozent-Hürde, im einen gibt es Mehrheitswahlrecht, im anderen Verhältniswahlrecht, bei uns Mischwahlrecht usw. Alles das ist sehr verschieden, aber alles ist demokratisch. Davon abgesehen ist per Demokratie auch Hitler an die Macht gekommen und in vielen EU-Ländern die Rechtspopulisten – und das wird nicht dadurch besser, dass es demokratisch ist. Zusammengefasst:
Was ich damit sagen will: Es geht in meinen Einwänden nicht um Demokratie oder Diktatur (wäre das denn bei einer Jury der Fall, oder einer Wahl ohne Wildcard?), sondern darum, verschiedene Verfahren zu diskutieren, zu vergleichen, und Missstände zu benennen. Abgesehen davon glaube ich, dass man über Kunst nicht abstimmen kann. Das habe ich auch schon oft geschrieben. Hier allerdings nicht.
Manche sagen an dieser Stelle dann gern: »Über Kunst kann man immer streiten.« Das ist zwar einerseits ein Gemeinplatz, aber richtig. Andererseits finde ich nicht, dass damit gesagt ist, jedes Urteil sei relativ und alles eh nur Geschmackssache. Es gibt objektive Qualitätskriterien.
Wenn dann die Freunde der Massenabstimmungs-Demokratie auf die ach so »kleine Vorauswahljury« verweisen, kann man nur »Oh weh!« stöhnen. Wer sagt eigentlich, dass 20 Leute dümmer sind als 1200? Das Gegenteil ist leider meist der Fall. Und wer sagt übrigens, dass alle »1200« Akademiemitglieder teilgenommen haben? Klar scheint zu sein: Sie haben nicht.
Was im Übrigen ein weiteres Manko des bisherigen Wahlverfahrens offenlegt: Bei der Bundestagswahl (oder vergleichbaren Abstimmungen) kennt jeder die Wahlbeteiligung. Bei der Abstimmung zum Filmpreis wird diese verschwiegen – und man kann nur vermuten, dass das gute Gründe hat. Denn würden 60, 70 oder gar mehr Prozent abstimmen, wäre das eine tolle Nachricht, die die zuständige Presseagentur der Akademie bestimmt in eine schöne Jubelmeldung gießen würde. Da wir auch selbst nicht wenige Akademiemitglieder kennen, die uns glaubhaft versichern, dass sie nicht abgestimmt haben, oder nur in wenigen Kategorien – »von denen ich was verstehe« –, müssen wir bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass es wie bei vergleichbaren Branchenverbänden nur zu einer Beteiligung von 20 bis 30 Prozent genügt, dass also der wichtigste öffentliche Filmpreis der Republik von gerade mal einem Drittel der Akademie vergeben wird – der sowieso auch nur ein Teil der Branche angehört. Die Akademie sollte einfach aufhören, den Bundesfilmpreis zu vergeben. Und wenn schon, dann auf das Staatsgeld verzichten. Es gibt genug wichtigere, interessantere Aufgaben für eine Filmakademie, und ein Preisverzicht würde die Spreu (die die nur Preisgelder wollen, sonst nichts) vom Weizen trennen.
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Zum Stil des Textes in eigener Sache auch noch eine Anmerkung: Dass der Beitrag gewollt polemisch ist, und etwas sehr schnell, stellenweise zu schnell, geschrieben ist, und ich so etwas normalerweise etwas sorgfältiger schreibe, ist keine Frage. Das war aus betriebstechnischen Gründen nicht anders möglich. Sachlich gibt es nichts zurückzunehmen, und sollte mein Text auch nur die nämliche Debatte ausgelöst haben, wäre dies genug. Formal entspricht er nicht meinen eigenen Maßstäben, auch wenn ich zu der erkennbaren Wut stehe.
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Themenwechsel: Dieser Tage erreichte uns eine Mail, auch noch aus München, von wo wir ja immer gern angemailt werden. Schon die bemerkenswerte Betreffszeile: »Betreff: Katharina aus Münchener Agentur in Cannes«. Dann ging’s los: »Sehr geehrte Damen und Herren, Ich schicke Ihnen alle relevanten Informationen für eine Reportage über eine junge deutsche Filmemacherin in Cannes, die in München von CMA Actors vertreten wird. Dieses Jahr wurde schon zum zweiten Mal in Folge ein Kurzfilm von mir für ein Screening im Short Film Corner des Cannes Film Festivals ausgewählt. Ich werde aus diesem Grund in Cannes sein, Red Carpet Events mitmachen und habe Zeit für Interviews (auch vor dem Festival).«
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Den zu schreibenden Text hat die professionelle junge Dame gleich mitgemailt: »Hier ein kleiner Pressetext: Mit 17 wurde Katharina Kowalewski von Claudia Schiffers Agent angesprochen, doch statt der Modelkarriere widmete sich die ambitionierte Katharina ihrem Journalismus Studium in Berlin und an der Sorbonne in Paris. (Ihre Magisterarbeit ›Prime Time für die Wissenschaft‹ wurde im VS Research Verlag veröffentlicht.) In der Modemetropole etablierte sie sich als Pariskorrespondentin für Oyster Magazine, moderierte für Keylooks TV und produzierte mit KOFASHION Videos für Kunden wie Swarovski, Bild, Keylooks TV / Vogue.com und Stylebop. Dabei interviewte sie auf den Fashion Weeks von New York, Mailand, London und Paris, Fashion Insider wie Anna Wintour, Karl Lagerfeld, Burberry’s Christopher Baily, Michael Kors, Suzy Menkes und Stars wie Milla Jovovich, Vincent Gallo, Katy Perry, Jane Birkin und Sex and the City Stylistin Patricia Field. Im Januar folgte Katharina einer Einladung von Designer Lecoanet Hemant und ProSieben als Gastjurorin in „Die Model WG“ .«
Ihre große Leidenschaft galt jedoch schon immer dem Film. Nach intensivem Coaching mit Jack Waltzer vom Actor’s Studio in New York, Los Angeles und London spielte sie in New York an der Seite von Claudia Cardinale im Film Joy de V mit. Nach der jahrelangen Erfahrung als Regisseurin bei KO.FASHION, schaffte es Katharinas erster Kurzfilm Hotel Amour sogar bis zu den Filmfestspielen in Cannes. Dieses Jahr wird der Kurzfilm auf deutschen Festivals gespielt werden und neue Projekte, wie die Website Velvet Glow, Kurzfilme und ein Umzug nach Los Angeles stehen bevor.
Und so weiter und so weiter...
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Auf die Frage eines Bekannten nach meiner Ansicht zum diesjährigen Cannes-Programm schrieb ich dieser Tage einen ersten, natürlich noch völlig theoretischen Eindruck auf: »well the lineup in general was a bit disappointing for me, just because it’s the same old boys again, or a bit too many of those.«
Do I really look forward to Almodovar, Kaurismaki, the Dardennes, Radu Mihaileanu, Nanni Moretti with any excitement? I am not sure. It’s more something one has to see as a filmcritic, but I do not expect anything new, really thrilling. Nor a palme d’or.
Malick is different, but the trailer at least looks awful to me. Until today I always loved his films, so at the end of the day, this will be one of the most awaited films. On the opposite I loved the Melancholia-trailer, looks like his version of The White Ribbon, and even when I believe I know Lars von Trier, I do always expect something.
For Nuri Bilge Ceylan, I will be curious, as everyone in Istanbul says, it will be different to the others. And I am quite interested in turkish cinema. Paolo Sorrentino could be good. I really like Naomi Kawase, Refn and Miike will be fun and relieve at least, and Michael I will be very interested in.
As you were asking about Moretti – I do not expect too much, don’t know why, at least it will be of interest for my readers due to the subject. And sometimes it is better not to expect too much, isn’t it?
But with much more enthusiasm I am looking forward to the Un Certain Regard and to the other side-sections. Could be one of those years, where THE films of the festival and the true discoveries will be found there.
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Filmförderungen erkennt man daran, dass sie zunehmend keine Filme mehr fördern. Das passt dazu, dass auch das Fernsehen kein Geld mehr hat, um Programme zu finanzieren – die Redakteursgehälter und vor allem die Personalrenten für die ehemaligen Mitarbeiter sind zu hoch, da kann man nichts machen. So lässt arte seine Etats gerade in manchen Bereichen um die Hälfte schrumpfen, und das ZDF bezahlt 2011 gleich gar nichts mehr. Die Etats sind verplant. Aber wir wollten ja von den Filmförderern erzählen. Die veranstalten jetzt in Berlin die »Deutschen Gamestage 2011«, vm 02.-04.05.11 im bcc Berliner Congress Center.
Um zu ahnen, um was es sich da handelt, auch hier einfach die Pressemitteilung:»Wirtschaftswunder Games! Eröffnung: Mo, 02.05.11, 13.30-16.00 Uhr mit Bigpoint, Innogames und Koch Media sowie Vertretern von Bündnis 90/Die Grünen, der CDU und dem G.A.M.E.-Bundesverband«
Keynote: From a Million to a Billion – ein erfolgreiches Businessmodell nachhaltig gestalten2002 gegründet, ist Bigpoint heute eines der größten Unternehmen der deutschen Gamesbranche. Über 750 Mitarbeiter arbeiten an mehr als 60 Online-Spielen, die von 185 Millionen registrierten Nutzern auf der ganzen Welt mit Leben gefüllt werden. In seiner Keynote spricht Bigpoint-Gründer und Geschäftsführer Heiko Hubertz über den Aufbau des Erfolgsunternehmens, das den Aufschwung der deutschen Gamesbranche maßgeblich mitgestaltet hat. Heiko Hubertz, Bigpoint
Podium: Wirtschaftswunder Games – führt zu viel Regulierung ins Abseits?Vertreter aus Politik und Industrie diskutieren über eine angemessene Regulierung interaktiver Unterhaltungsmedien: Welche Herausforderungen zeigen sich im Wechselspiel zwischen Jugendschutz und Wirtschaftswachstum? Was bedeutet Regulierung für die Entwicklung kreativer Inhalte? Und welche Folgen hat sie für den boomenden Onlinegames-Markt? Mit: Guido Eikmeyer, Koch Media; Dr. Gerhard Florin, Innogames; Tabea Rößner, Bündnis 90/Die Grünen; Birgit Roth, G.A.M.E. Bundesverband; Dr. Peter Tauber, CDU; Moderator: Thomas Lindemann, WELT ONLINE
Charles Cecil, Revolution Software, war für große Adventure-Hits wie Beneath a Steel Sky und Baphomets Fluch verantwortlich. In seiner Keynote spricht er über Vorteile, die entstehen, wenn man als Entwickler seine Spiele selbst vertreibt. Mo, 17.15-18.15 Uhr Internationales Podium: Games, Movies and TV – The Future of Home Entertainment mit Bigpoint, Boxatricks, Revolution Software und Yager In Kooperation mit der Entertainment Master Class (EMC)
Um die Konvergenz von Games und TV und die Zukunft von Entertainment-Inhalten geht es bei „Games, Movies and TV“. Internationale TV-Profis, wie „Wer wird Millionär?“-Erfinder David Briggs, diskutieren mit hochkarätigen Vertretern der deutschen Gamesbranche: Was können TV Spielshows und Games voneinander lernen? Kann Micro-Payment auch beim Fernsehen funktionieren? Und wie sieht das Wohnzimmer der Zukunft aus? Weitere Referenten sind u.a....
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Und zu Sicherheit noch im Anhang: »Über das Medienboard: Das Medienboard ist die zentrale Anlaufstelle für alle Kreativen der Film- und Medienwirtschaft in Berlin-Brandenburg und zuständig für Filmförderung und Standortmarketing in der Hauptstadtregion. Im Geschäftsbereich Standortmarketing sorgt das Medienboard für die nationale und internationale Präsentation und Profilierung des Medienstandortes Berlin-Brandenburg und für die länder- und branchenübergreifende Vernetzung der Film- und Medienwirtschaft. Darüber hinaus fördert es medienbezogene Projekte am Standort und die Entwicklung digitaler Inhalte in den Bereichen Games, Web 2.0 und Mobile.«
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Die Filmstiftung teilt derweil unter Betreff: »Huck Finn, Himbeeren mit Senf und ein perfekter Mann« mit: Filmstiftung NRW fördert 37 Projekte mit 8,3 Mio. Euro. Dreharbeiten mit Heike Makatsch, Jessica Schwarz, Benno Fürmann, Ulrich Tukur, Sandrine Bonnaire und Joachim Król. Neue Projekte der Regisseure Hermine Huntgeburth, Vanessa Jopp, Hans-Christian Schmid. Düsseldorf – Die Filmstiftung NRW fördert in ihrer zweiten Sitzung des Jahres 37 Projekte mit 8,3 Mio. Euro. Darunter großes Kino, internationale Koproduktionen, Literaturverfilmungen, Filme für Kinder und ein TV-Eventmovie. Produktionsförderung Kino und TV (7.384.792 Euro).
Nach Tom Sawyer verfilmt Hermine Huntgeburth in NRW auch Mark Twains Huckleberry Finn (Produzent: Neue Schönhauser Filmproduktion) unter dem Titel Huck Finn für die Kinoleinwand. Wieder mit dabei: Heike Makatsch, Leon Seidel und Louis Hofmann (855.000 Euro).
In ihrem Film Upgrade (Produzent: Wüste Film West) erzählt Regisseurin Franziska Buch von zwei Menschen, die ihr Leben zwischen Düsseldorf und Paris neu ordnen müssen. Mit dabei sind Sandrine Bonnaire und Jessica Schwarz (700.000 Euro).
Unerwartet sieht sich Ulf in der Vaterrolle für seinen Neffen. Mit Hilfe seiner Ex-Freundin meistert er die Situation und entdeckt seine Liebe zu ihr wieder. Vanessa Jopp inszeniert Der perfekte Mann für UFA Cinema mit Benno Fürmann, Jördis Triebel, Katharina Thalbach, Elyas M'Barek, Hannes Jaenicke (700.000 Euro).
Das Auseinanderbrechen einer Familie beobachtet Hans-Christian Schmid in seinem neuen Film That’s All (Produzent: 23I5 Filmproduktion). Gedreht wird nahezu komplett in Nordrhein-Westfalen (550.000 Euro).
In dem Kinofilm Himbeeren mit Senf (Produzent: Heimatfilm) erzählt Regisseurin Ruth Olshan vom turbulenten Gefühlsleben ihrer 13-jährigen Hauptfigur. Gedreht wird auch in NRW (500.000 Euro).
Atemberaubende Luftbilder verspricht der Kinodokumentarfilm Planet Germany – Deutschland von oben (Produzent: colourFIELD tell-a-vision), bei dem Petra Höfer und Freddie Röckenhaus Regie führen (450.000 Euro).
Den wahren Urheber des Nirvana-Klassikers »Smells like Teen Spirit« offenbart Nachwuchs-Regisseur Rolf Roring in seiner romantischen Komödie Dear Courtney (Produzent: 2 Pilots). Das Projekt wird als »Six Pack« zusammen mit dem WDR realisiert. Gedreht wird auch in NRW (400.000 Euro).
Unter dem Titel El Futuro (Produzent: Pandora Film) adaptiert die chilenische Regisseurin Alicia Scherson die Novelle »Lumpenroman« ihres Landsmannes Roberto Bolaño als internationale Koproduktion (235.000 Euro).
Regisseurin Bettina Blümner (Prinzessinnenbad) verfilmt Alina Bronskys Bestseller Scherbenpark (Produzent: Eyeworks Film Gemini) für die Kinoleinwand u.a. in NRW (220.000 Euro).
Ein älterer israelischer Geheimagent und sein jugendlicher palästinensischer Spitzel stehen im Zentrum von Yuval Adlers deutsch-israelischer Koproduktion Bethlehem (Produzent: Gringo Films) (99.792 Euro).
Bei dem RTL-Fernsehfilm Auf der Jagd nach dem Bernsteinzimmer (Produzent: Dreamtool) ist der Titel Programm. Florian Braxmeyer inszeniert mit Kai Wiesinger, Bettina Zimmermann und Fabian Busch die Hälfte der Drehtage in Nordrhein-Westfalen (1.100.000 Euro).
Drehbuch, Vorbereitung, Entwicklung und Nachwuchs(120.000 Euro / 51.023 Euro / 100.000 Euro / 271.000 Euro)
Ein raffiniertes Spiel um ein Geschenk mit Folgen entwickelt Denis Dercourt (Das Mädchen, das die Seiten umblättert) in seinem neuen Film Zum Geburtstag (Produzent: Busse & Halberschmidt Filmproduktion) (51.023 Euro).
Die Hauptfigur in Das Beste zum Schluss (Produzent: Shine Germany Film) lebt bei seinen Freunden, weil er Familienleben mag, aber das Verliebtsein hasst. Der »Sit down Comedian« Michael Birbaek adaptiert seinen eigenen Roman (20.000 Euro).
Die Freundschaft zwischen Dante und Kate endet in einer Katastrophe, als Kate sich in Ben verliebt. Die Autoren des Jugenddramas Oase (Produzent: lutzfilmproduktion) René Schumacher und Philipp Lutz sind Absolventen der ifs (20.000 Euro).
Mit einer Paketförderung unterstützt die Filmstiftung NRW die Entwicklung von vier Dokumentierfilmprojekten der Kölner Gruppe 5. Die Mehrteiler behandeln das Haus der Zukunft, die Griechen, Big Cities und außergewöhnliche Museumsobjekte (100.000 Euro).
KHM-Absolvent Stephan Bergmann dreht den Dokumentarfilm Die letzten Gigolos. Der 70-jährige Heinz Löffelbein heuert auf dem Kreuzfahrtschiff Queen Victoria an, um sich als Tänzer und Unterhaltung für amüsierwillige Damen zu geben (171.000 Euro).
In einem weiteren Dokumentarfilm Hinter der Spitze – Tour du Faso begleitet Phoenix-Förderpreisträger Wilm Huygen drei Glückssucher auf der Tour du Faso, dem zweitgrößten Sportevent Afrikas. Sein KHM-Diplomfilm wurde ebenfalls von der Filmstiftung unterstützt. (100.000 Euro).
Verleihförderung (295.000 Euro)
Klitschko (Buch & Regie Sebastian Dehnhardt) erzählt die Lebensgeschichte der berühmten Box-Brüder Vitali und Wladimir Klitschko. Majestic bringt den Dokumentarfilm am 16. Juni in die deutschen Kinos (100.000 Euro).
Kurt Krömer spielt die Hauptrolle in Eine Insel namens Udo (Produzent: Hupe Film). Der X Verleih bringt das Langfilm-Debüt von Markus Sehr im Sommer in die deutschen Kinos (100.000 Euro).
Lange vor Fukushima bereiste Volker Sattel für seinen Film Unter Kontrolle deutsche Atomkraftwerke, um von einer Utopie und ihren Hinterlassenschaften zu berichten. Den Verleih des Dokumentarfilms übernimmt der Farbfilm Verleih (25.000 Euro).
Kinoförderung (79.050 Euro)
Die Filmstiftung unterstützt fünf NRW-Programmkinos bei Umbaumaßnahmen und Modernisierung, darunter das Casablanca in Bochum (46.500 Euro) und das Apollo-Service-Kino in Altena (25.500 Euro).
Filmförderausschuss: Der achtköpfigen Jury gehören Prof. Dr. Norbert Schneider, Dr. Jürgen Brautmeier, Reinhold Elschot, Prof. Gebhard Henke, Petra Müller, Rosemarie Schatter, Barbara Thielen und Rainer Weiland an. Die Jury der Nachwuchsförderung besteht aus Tita Gaehme, Andrea Hanke, Petra Müller, Barbara Thielen und Rainer Weiland.
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Damit man uns nicht nachsagt, wir würden die Heimat ignorieren, hier auch noch das Neueste vom FFF: Für den schönen, weiß-blauen Wert der Kontinuität steht zum Beispiel die gute alte Bayerische Staatszeitung. Dort steht zu lesen, dass Bayerns Medienminister Siegfried Schneider (Jahrgang 1956) die klassischen Heimatfilme aus TV-Wiederholungen kennt – wie wir auch, muss man hinzufügen. Messerscharf hat Schneider erkannt: »Ich denke nicht, dass diese Filme ein wie auch immer negatives Bild unserer bayerischen Heimat begründen, sondern eben Ausdruck einer tiefen Sehnsucht in der Nachkriegszeit waren.« Dann aber erinnert er sich an Joseph Vilsmaiers Herbstmilch: »Wenn man die heile Welt der traditionellen Heimatfilme und Annas Martyrium in Herbstmilch gegenüberstellt, sieht man die große Spannweite, die der Begriff Heimatfilm hat. Ich denke, dass der moderne Heimatfilm nicht mehr nur auf das ländliche Milieu begrenzt ist, sondern auch das städtische Leben umfasst. Insofern ordne ich die wunderbaren bayerischen Vorabendserien wie ›Polizeiinspektion 1‹, ›Die Hausmeisterin‹, ›Zur Freiheit‹ oder den ›Monaco Franze‹ mit Helmut Fischer auch dem Genre zu.«
Viele der neuen Heimatfilme werden natürlich vom FilmFernsehFonds (FFF) Bayern finanziert. »Der bayerische Heimatfilm hat einen Vorteil, weil er durch seine Eigenschaften Auflagen erfüllt, die der FilmFernsehFonds, der nicht nur Kultur-, sondern auch Regional- und Wirtschaftsförderung ist, im Blick hat: Er wird an bayerischen Locations mit bayerischen Schauspielern gedreht und mit bayerischen Teams produziert. All das führt zu einem hohen Regionaleffekt und stärkt den Filmstandort Bayern im Allgemeinen. Allerdings muss der Stoff überzeugen. Ein Heimatfilm wird nicht automatisch gefördert, weil er ein Heimatfilm ist.«, sagt Olga Havenetidis vom FFF.
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Der FFF fördert übrigens auch Games. So meldete der FFF unlängst: »Heute hat der Games-Vergabeausschuss des FFF Bayern zum ersten Mal in diesem Jahr getagt und entschieden, vier Projekte mit einer Gesamtsumme von 345.000 Euro zu unterstützen. Erstmals wird auch eine Produktion, dessen Prototyp bereits mit FFF-Mitteln realisiert worden ist, gefördert. Die Höchstsumme von 195.000 Euro geht an das kooperative Online Action Rollenspiel Myth of Glory (Coreplay). Mit der Möglichkeit des Multiplayermodus können Spieler in diesem Fantasy-Game Geheimnisse eines einst glorreichen Reiches erforschen und in die verzauberte Atmosphäre einer versunkenen Welt eintauchen.« Klingt nach Heimatfilm.
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In Dortmund ging das Internationale Frauenfilmfestival 2011 mit einem ausgesprochen politischen Programm zuende. Den Internationalen Spielfilmpreis mit 25.000 Euro erhielt die Griechin Athina Rachel Tsangaris für ihren Film Attenberg, eine wie es heißt »Geschichte über Freundschaft, Lebenslust und Verlust, die mit distanziertem Minimalismus und großen Bildern erzählt wird.«
(To be continued)
Unter dem Titel »Cinema Moralia« sind hier in loser Folge Notizen zum Kino zu finden, aktuelle Beobachtungen, Kurzkritiken, Klatsch und Filmpolitik, sowie Hinweise. Eine Art Tagebuch eines Kinogehers.