65. Berlinale 2015
Roter Himmel, gelbe Luft |
![]() |
|
This Happy Breed (restaurierte Fassung) | ||
(Foto: Eagle-Lion Distributors Limited) |
Opulent leuchtende Farbenpracht aus vergangenen Zeiten füllt die Berlinale-Leinwand – jedenfalls in der diesjährigen Retrospektive. Sie heißt »Glorious Technicolour« und ist dem legendären Farbfilmverfahren gewidmet, das zu Hollywoods größter Zeit in Mode war. Wer also vom Grau in Grau mancher Wettbewerbsfilme genug hat, kann sich hier nostalgisch zurücksehnen in die Glanzzeit des Kinos. Die besonderen Farbeffekte des Technicolor prägen viele Klassiker der
Jahre zwischen 1935 und 1960: The Wizard of Oz, Disneys Schneewittchen und This Happy Breed von David Lean sind nur einige der Titel, in denen die Farbdramaturgie ein entscheidender Teil der
Inszenierung war. Um Realismus ging es dabei nicht, sondern um emotionale Steigerung und Überhöhung: Das lodernde Rot des Südstaatenhimmels in Vom Winde verweht oder das ekstatische Gelb aus Singin' In The Rain war zur Entstehungszeit eine Sensation.
Dreißig, oft
aufwendig restaurierte Filme sind im Programm zu sehen. Die meisten aus Hollywood, wie Blondinen bevorzugt oder Der Dieb von Bagdad, aber es gibt auch europäisches, etwa Die schwarze
Narzisse vom britisch-deutschen Regieduo Powell/Pressburger.
Technicolor wurde zum Mythos. Dabei hatte das Publikum zu Anfang Schwierigkeiten mit den leuchtenden, sehr künstlich wirkenden Farben. Erst das neue Genre des Musicals und Tanzfilms, sowie Disneys Zeichentricks etablierten die Farbe. Dann kamen die Kassenhits wie The Wizard of Oz. In Richard Boleslawskis Der Garten Allahs (1936) wird die einsame Wüste in warmen Rotbrauntönen zur Seelenlandschaft. In dem Abenteuerfilm Die drei Musketiere (1948) in der Regie von George Sidney kämpfen tollkühne Männer in leuchtendem Rosa und Hellblau in einer gänzlich stilisierten, künstlichen Natur.
Tieferen Einblick in diese Geschichte gibt der
großartige, reich bebilderte, deutschsprachige Katalog, der im Bertz+Fischer-Verlag erschienen ist. Essays von renommierten Autoren vertiefen das Phänomen Technicolor in seinen vielfältigen, bisher teils unberücksichtigten Aspekten. Eine spannende, bisher nur wenig bekannte Geschichte, die die Berlinale jetzt erzählt.
Connie Betz, Rainer Rother, Annika Schaefer (Hg.): »Glorious Technicolor«; 180 Seiten, 25,00 Euro, Bertz + Fischer Verlag, Berlin