24.10.2015
Cinema Moralia – Folge 119

Spaltung auf allen Seiten

Die DFFB
Die DFFB – eine einmalige und die älteste Institution dieser Art in Deutschland
(Foto: dffb)

Details zur Krise der DFFB, und was diese Krise mit dem deutschen Film zu tun haben könnte – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 119. Folge

Von Rüdiger Suchsland

»Die Lage und der Ton an der ›Deutschen Film- und Fern­seh­aka­demie Berlin‹ (DFFB) eska­lieren derzeit im Stun­den­takt. Am Mittwoch über­schlugen sich die Pres­se­mit­tei­lungen vor allem von Studen­ten­seite. Wir versuchen im Folgenden so weit wie möglich andere sprechen zu lassen, um zumindest die Stand­punkte auch für Außen­ste­hende zu klären und jene Fragen und Themen­be­reiche vers­tänd­li­cher zu machen, über die derzeit gestritten wird.«

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Die große Linie und Grund­satz­frage des derzei­tigen Konflikts scheint klar zu sein: Macht es Sinn, einen Kandi­daten zum Direktor zu ernennen, der unter den Studenten die geringste Unter­s­tüt­zung aller Kandi­daten hat? Und: Was ist eigent­lich die DFFB und was soll sie sein? Viel­leicht muss diese zweite Frage auch geklärt werden, bevor die erste zu lösen ist?

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Vorab aber eine Klar­stel­lung für jene Leser, denen es auch jetzt schon »zuviel DFFB« ist. Die DFFB ist nicht nur die älteste west­deut­sche Film­schule und die wich­tigste und einfluss­reichste Filmaus­bil­dungs­stätte der Republik, sie ist auch eine einmalige Insti­tu­tion, die mit anderen Film­hoch­schulen kaum vergleichbar ist. Eine Akademie eben, getragen vom Grundsatz kreativer Freiheit, vom Interesse am künst­le­ri­schen Expe­ri­ment und Wagemut, an Heraus­for­de­rung.
So vers­tänd­lich der Überdruss an der grund­sätz­li­chen Lähmung dieser Insti­tu­tion, an Nabel­schau und Eitel­keiten, an manchen Wieder­ho­lungen, an Details, an inneren wie äußeren Blockaden, an schrillen Wort­mel­dungen ist, so wichtig ist die ganze Debatte und ihr Ausgang, und so aussa­ge­kräftig sind noch die unan­ge­nehmsten Begleit­erschei­nungen. Mir erscheint »Der Fall DFFB« reprä­sen­tativ für eine grund­sätz­liche Perspek­tiv­lo­sig­keit und Iden­ti­täts­krise des deutschen Kinos, wie für innere Graben­kämpfe, die sich zunehmend eher verhärten.
Die derzei­tige heftige Krise an der DFFB und die Debatte um ihre Zukunft ist ein Fall­bei­spiel, das allge­meine, daher reprä­sen­ta­tive Konflikte der deutschen Film­kultur der Gegenwart sichtbar macht. Klar wird hier etwa der grund­sätz­liche Konflikt zwischen den Polen Kino als Kunst und Kino als Industrie, zwischen der Lust am Expe­ri­ment und der Abrich­tung auf Konven­tion, zwischen Konsens­filmen und Dissens­filmen, zwischen Irri­ta­ti­ons­kino und Versöh­nungs­kino, zwischen Publi­kums­ori­en­tie­rung und Auto­ren­ori­en­tie­rung. So wie die Politiker den Umfragen hinter­he­cheln, statt Mehr­heiten für Posi­tionen durch Über­zeu­gung zu gewinnen, so soll das deutsche Kino einem imaginären Publi­kums­willen und -geschmack nach­laufen, seine Zuschauer als Kunden begreifen, für die man sich schön macht, und auf den Strich. Klar ist das jetzt zu einfach und plakativ, aber es macht Tendenzen sichtbar.

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Klar wird auch die Ratlo­sig­keit aller Betei­ligten. Klar wird eine erstaun­liche Erwartung an Heils­bringer aus dem Ausland, ob sie nun Ben Gibson oder Bela Tarr heißen.
Klar wird das Defizit nicht nur in einer Filmaus­bil­dung, die einseitig auf Handwerk, nicht aber auf künst­le­ri­sches Selbst­ver­s­tändnis setzt, die zu wenig breite Film­bil­dung, auch histo­ri­sche Bildung und Viel­sei­tig­keit vermit­teln will, die nicht primär Unab­hän­gig­keit und Wider­stands­geist von Filme­ma­chern im Blick hat, sondern pro Jahr einen Output von an die 100 »Filme­ma­chern« hat, von denen die meisten gar nicht anders überleben können, denn als Indus­trie­knechte.
Klar wird die enorme Übermacht von Fernsehen und Hollywood – die in der Zusam­men­set­zung des Kura­to­riums deutlich wird.
Klar wird die enorme Einmi­schung fach­fremder Politik und Beam­ten­schaft, die sich als aktive Gestalter, Player und Verän­derer begreifen, nicht als Möglich­ma­cher und Bereit­steller und für die gerade Kultur oft eine Spiel­wiese zur dilet­tan­ti­schen Selbst­ver­wirk­li­chung ist.

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Es wird viel berichtet und erzählt derzeit, es muss nicht alles stimmen. Es gibt auch latent hyste­ri­sche Reak­tionen auf allen Seiten, von Sitzungen, und Voll­ver­samm­lungen der Studenten wie Dozenten mit Geschrei wird vielfach berichtet, von Tränen. Dozenten fühlen sich gemobbt, Studenten verraten.
Der Grund: Der ehemalige Leiter der London Film School, Ben Gibson, hat, wie berichtet, in der Findungs­kom­mis­sion eine 4-2-Mehrheit erhalten. Diese Nachricht sickerte kurz nach der entschei­denden Abstim­mung am vorigen Donnerstag an der DFFB durch, und führte zu Reak­tionen unter Befür­wor­tern wie Gegnern der Entschei­dung. Das die Entschei­dung überhaupt bekannt wurde, kann nur durch einen Bruch der Verschwie­gen­heits­klau­seln, durch mindes­tens eines der sechs Kura­to­ri­ums­mit­glieder geschehen sein.

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Seitdem habe ich die verschie­densten Leute ange­spro­chen, Freunde, Bekannte, Unbe­kannte. Beginnen wir mit Ben Gibson.
»Ich bin zur Zeit weder ernannt, noch gibt es einen Vertrag.« – Gibson geht auf Distanz, und will sich zur Sache derzeit lieber nicht äußern. Vor eine Woche war der Brite, wie berichtet, etwas voreilig und juris­tisch frag­würdig von einer Handvoll von Dozenten und Mitar­bei­tern der DFFB als neuer Direktor in einer persön­lich gehal­tenen Pres­se­mit­tei­lung begrüßt worden. Falls sich das hier allein entschei­dende DFFB-Kura­to­rium nicht derar­tigen privaten Vorab­fest­le­gungen sowieso verwei­gert, muss es Gibson trotzdem erstmal berufen, und dafür müssen nicht nur juris­ti­sche Formalien einge­halten werden, die einen Beschluss bei der Kura­to­ri­ums­sit­zung an diesem Freitag verhin­derten. Es muss auch ein unter­schrifts­reifer Vertrags­ent­wurf vorliegen – und nach dem Vorpre­schen der elf Dozenten hat Gibson jetzt eine gute Position, um viel für sich heraus­zu­han­deln, und den Senat in die Klemme zu bringen. Denn Senats­kanz­lei­chef Björn Böhning braucht eine Lösung – wenn auch der dritte in Aussicht genommene Kandidat scheitern würde, verfes­tigte sich der Eindruck, er sei viel­leicht nicht in der Lage, das Problem zu klären.
Eine direkte Inter­view­an­frage dazu hat Gibson abgelehnt. Mit der oben zitierten nach­voll­zieh­baren Begrün­dung, die zugleich all denen wider­spricht, die in der Berufung des neuen Direktors durch das Kura­to­rium nur noch eine Formalie sehen.

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Erkundigt man sich bei Freunden in London, die eng mit der briti­schen Film­branche und/oder dem »British Film­in­sti­tute« verzahnt sind, dann ist das Bild Gibsons bislang durchweg positiv. Zum einen wird er da als ein »dyed-in-the-wool radical leftist« beschrieben, als ein sehr poli­ti­scher Mensch beschrieben,
Man lobt seine »große Energie«, sowie »Enthu­si­asmus und Feuer«, er habe immerzu viele Ideen, obwohl er viel­leicht darin nicht perfekt ist, sie auch zu kommu­ni­zieren. »Sein Verstand arbeitet in verschlun­genen Wegen, die eine Menge Charme und einiges Charisma entfalten.« (»His mind works in circui­tous ways that create a lot of charm and some charisma.«) Über seine Manage­ment-Quali­täten konnten oder wollten meine briti­schen Quellen aber nichts aussagen. Aller­dings spräche die Tatsache, dass er eine so dysfunk­tio­nale Orga­ni­sa­tion wie die London Film School so lange habe leiten können, für seine Hart­nä­ckig­keit und seinen Kampf­geist. Er sei ein loyaler Chef, und seine Mitar­beiter arbei­teten gern mit ihm.

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Warum also der Wider­stand der Studenten? Mitt­ler­weile ist durch­ge­si­ckert, dass das Votum der Findungs­kom­mis­sion gegen die Stimmen der beiden Studen­ten­ver­treter zustande gekommen war. Die haben übrigens für verschie­dene Kandi­daten gestimmt. Das ist wichtig, weil immer wieder behauptet wird, man wolle ja nur einen ganz bestimmten Kandi­daten (Bela Tarr) durch­setzen.
Nun beginnt der gewählte Studen­tenrat, den Wider­stand gegen Gibsons Berufung zu orga­ni­sieren – mit über­wäl­ti­gender Zustim­mung. Ein denun­zia­to­ri­scher Brief, der dem Rat die Legi­ti­ma­tion abspricht für die Studenten zu sprechen, ist anonym geblieben. »Wer weiß, ob das überhaupt ein Student geschrieben hat«, meint ein DFFB-Mitar­beiter auf Nachfrage.
»Wir sind keine bockigen Kinder« betont Susanne Heinrich, Spre­cherin des Studen­ten­rats, »es geht auch nicht um einen bestimmten Kandi­daten, sondern um einen Kompro­miss oder Konsens.« Man stört sich weniger daran, dass der Studenten-Favorit nicht ernannt wurde, als dass man sich mit Gibson ausge­rechnet für jenen Kandi­daten entschied, der mit gerade mal sechs Prozent der Stimmen das nied­rigste Votum erzielte, und 94% aller DFFB-Studenten gegen sich hat.

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Dieser Argu­men­ta­tion stimmen auch manche Dozenten zu. »Juris­tisch hat Böhning wahr­schein­lich recht.« meint Regisseur Fred Kelemen, »Aber die Studie­renden sind tradi­tio­nell die entschei­dende Kraft der Akademie. Es ist frag­würdig, ob jemand, der nur einen minimalen Zuspruch der Studenten hat, die exis­tie­renden Spal­tungen über­brü­cken kann.«
Man wieder­hole jetzt die Fehler der Schütte-Berufung, ist von anderer Seite zu hören, und ernenne einen Direktor, der nur die Minder­heit der Studenten auf seiner Seite hat. Auch eine Stimme aus dem Kreis jener elf Dozenten, die Gibson vor Wochen­frist begrüßt hatten, meint im vertrau­li­chen Gespräch, bei der Ernennung des letzten Direktors Jan Schütte »wusste man vorher, was die Gefahr war, und ist sehenden Auges in die Kata­strophe gegangen.« Natürlich sei Gibsons Berufung »ein Risiko« – das man aber eingehen sollte. Dazu gleich noch mehr.

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Eine bislang voll­kommen vernach­läs­sigte Frage ist die, wer überhaupt »die Dozenten« sind, deren Vertre­terin die entschei­dende Stimme pro-Gibson lieferte? »'Die Dozen­ten­schaft' gibt es nicht.« meint einer, der selbst DFFB-Lehr­auf­träge hat. Es kursieren 30 bis 50 Namen, aber es sei wenig trans­pa­rent, wer wirklich dazu­gehöre.
Tatsäch­lich gibt es nur vier Fest­do­zenten, die Regie­do­zentur ist – ein Skandal für sich – seit Jahren unbesetzt, alle anderen unter­richten pro Jahr nur maximal ein paar Wochen an der Akademie. »Für die ist es egal, wer Direktor ist« hört man. Auch habe es »niemals eine reprä­sen­ta­tive Abstim­mung« unter den Dozenten gegeben, deren Votum für Gibson, unter Kollegen umstritten ist. Das liegt daran, dass offenbar einer­seits nach der Vorstel­lung der Kandi­daten, eine Mehrheit der Anwe­senden für Gibson stimmte. Ande­rer­seits die Addition der Stimmen jener, die sich per Mail oder über Vertreter äußerten, zu einem Gleich­stand zwischen Gibson und Tarr führte. Deren Legi­ti­ma­tion wiederum bestreiten manche.
Teil­nehmer vergan­gener Dozen­ten­ver­samm­lungen heben hervor, es seien immer 20-25 Dozenten anwesend gewesen, zwei Treffen mit nur fünf oder gar zwei Teil­neh­mern seien die Ausnahme. Aber eine gewisse »Erschöp­fung« sei unver­kennbar. Die Diskus­sionen und Abstim­mungen über den Favoriten der Dozenten seien »sehr fair« verlaufen, über Vor-und Nachteile sei »ohne Hysterie, sehr sachlich« debat­tiert und abge­stimmt worden.
So oder so unterlag die Dozen­ten­ver­tre­terin keinem impe­ra­tiven Mandat. Sie war also nicht verpflichtet, sich in ihrem Verhalten an wie immer gearteten Abstim­mungs­er­geb­nissen zu orien­tieren.

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Es gibt manche, die argu­men­tieren, die Voten der Dozenten sollten weniger stark ins Gewicht fallen. Andere, darunter auch Unter­zeichner des Briefs der elf Dozenten und Mitar­beiter vom vergan­genen Freitag, argu­men­tieren, es sei ein Entge­gen­kommen, dass zwei Studen­ten­ver­tre­tern in der Findungs­kom­mis­sion nur ein Dozen­ten­ver­treter gegen­ü­ber­stehe. Die Dozenten seien zum Teil schon Jahr­zehnte an der DFFB, Studenten nur einige Jahre. Umgekehrt wird entge­gen­ge­halten, dass die meisten Dozenten unter vier Wochen im Jahr unter­rich­teten.

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Der »Brief der elf« Dozenten und Mitar­beiter findet jeden­falls keines­wegs nur Zustim­mung unter anderen Dozenten und Mitar­beiter. Das liegt zum einen an verschie­denen Inter­essen. Unter­zeichnet wurde er unter anderem von den beiden Inte­rims­di­rek­toren (Mitar­beiter) Edith Forster und Bodo Knapheide und von Michael Bertl, Jochen Brunow, Gerhard von Halem, Peter Rommel – die als Fest­do­zenten eine Sonder­rolle haben.
Der Brief vermittle den Eindruck, als würde hier im Namen der Dozenten oder gar der Insti­tu­tion DFFB gespro­chen, heißt es unter jenen Dozenten, die mit dem Brief nicht einver­standen sind. Da sei ein Direktor per will­kür­li­chem Machtakt ausge­rufen worden. »Das muss einen Grund haben, und den möchte ich auch gerne wissen.« sagt ein Mitglied der Dozen­ten­schaft im Gespräch, »Warum haben sie das gemacht? Das ist mir völlig unklar. Denn sie schaden damit Gibson mehr, als sie ihm nutzen.«

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Warum? Und wer hat den Brief überhaupt geschrieben? Diese Frage habe ich mit anderen Nach­fragen, acht der elf Unter­zeichner bereits am Diens­tag­vor­mittag per Mail geschickt. Geant­wortet haben genau jene, mit deren Reaktion ich auch gerechnet hatte. Manche haben auch nur gemailt, dass sie nichts dazu sagen wollten, was ja ihr gutes Recht ist. Andere haben etwas zu den Fragen geschrieben, oder am Telefon ausführ­lich gespro­chen – was ich allen in jedem Fall hoch anrechne, gerade weil klar ist, dass wir in diesen Fragen nicht einer Meinung sind.
Anony­mität wird respek­tiert. Weil aber Jochen Brunow, Leiter der Dreh­buch­ab­tei­lung mir bereits öfters vorhielt, wie falsch alles sei, was ich über die DFFB schreibe, und man solle doch mal mit ihm reden, und ihn fragen, fand ich seine völlige Nicht­re­ak­tion über­ra­schend.
Immerhin dem »Freitag« hat er die Gründe für den Brief genannt: Man habe den Studenten zuvor­kommen wollen, ließ er sich zitieren, »es war klar, dass sie keine Zurück­hal­tung üben.«
»Um ein Statement zu setzen von einer internen Seite, in der Erwartung, dass sich diverse dazu äußern.« ist auch von anderer Unter­zeichner-Seite zu hören.

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»Ich hatte nichts dagegen.« äußert sich eine weitere Person aus dem Kreis der Unter­zeichner moderater. Der Brief sei am Donners­tag­abend entworfen und später noch einmal verändert worden, dann am Frei­tag­mittag geschlossen worden, »weil es meinem Votum entsprach.« Die Verfasser sind einst­weilen, unklar, klar scheint aber zu sein, dass der Brief im internen Kreis rund um Fest­do­zenten und Inte­rims­di­rek­tion formu­liert wurde.
Das Argument, dass dem Brief das Faktum zugrunde liegt, dass von wem auch immer, die Schwei­ge­pflicht gebrochen wurde, ist für mindes­tens zwei der Unter­zeichner kein Problem. Der Beschluss der Findungs­kom­mis­sion habe einen offi­zi­ellen Charakter gehabt, »das kann ich mittragen«, und beide würden den Brief auch nach dem Wissen um die Folgen – wie die Verär­ge­rung der Senats­kanzlei und die Bedenken der Juristen – genauso wieder schreiben. »Es ging darum, Fakten zu schaffen. Wir haben Angst, dass so einer wie Gibson keine Chance bekommt.«

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Allgemein ist der Wille zu erkennen, den Posten zu besetzen, und die Hänge­partie zu beenden. »Alle reden von Trans­pa­renz« heißt es aus Kreisen der Gibson-Befür­worter. »Aber wenn das demo­kra­ti­sche Verfahren abge­schlossen wird, will man dessen Ergebnis nicht akzep­tieren, und verfasst Droh­briefe.« Auch der harte Begriff »Stali­nismus« fiel im Zusam­men­hang mit einigen Äuße­rungen des Studen­ten­rats.
Manche Dozenten blicken lieber in die Zukunft. Die Gefahr einer Zusam­men­le­gung mit der Potsdamer Film-Uni werde »in fünf bis acht Jahren« wieder gegeben sein. »Mit Gibson haben wir jemand, der nach vorne geht.«

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Mit je mehr Dozenten und Mitar­bei­tern man spricht – immer nur nach Zusage für Vertrau­lich­keit –, um so deut­li­cher werden die Verwer­fungen innerhalb der DFFB:
Regisseur Andres Veiel, ein weiterer Unter­zeichner des umstrit­tenen Briefs, will sich zwar zur Sache nicht öffent­lich äußern. Dafür aber zum »einma­ligen Charakter der DFFB«: »Wir müssen diese einma­ligen Frei­heiten vertei­digen. Ich bin froh, dass es hier keine Verschu­lung in Bachelor und Master­stu­dien gibt.« meint Veiel.
In dieser Vertei­di­gung der einma­ligen Eigen­heiten einer Film­aka­demie, mit ihren Ecken, Kanten und Mitbe­stim­mung aller Seiten triff sich Veiel mit Kelemen: »Bevor man einen Kandi­daten findet, muss man über seine Aufgabe reden.« sagt dieser, »Wir werden uns nie einigen können, weil jeder etwas anderes will, und weil alle Seiten nicht wissen, was die andere wirklich sucht.«

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Ein Wort noch zu den Medien. Sie halten sich in der Kommen­tie­rung stark zurück, mit ein paar Ausnahmen. In den meisten Fällen hätten auch diese besser geschwiegen.

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Da wäre zum einen ausge­rechnet das »Neue Deutsch­land«. Man wundert sich sowieso schon seit langem, dass ein Blatt, das sich immerhin »sozia­lis­ti­sche Tages­zei­tung« nennt, immer wieder Apolo­geten des schran­ken­losen Kapi­ta­lismus über Film schreiben lässt. Jetzt schaltet sich Katharina Dockhorn kommen­tie­rend in die DFFB-Debatte ein – in einem Text, der vor sach­li­chen Fehlern und Einsei­tig­keiten nur so strotzt: Unter der Über­schrift »Neuer Direktor nicht will­kommen« am 18.10.2015.
Sachlich falsch ist
– »Am Freitag hieß die Findungs­kom­mis­sion den Briten Ben Gibson in Berlin will­kommen.« Falsch. Am Freitag wurde Gibson von elf Dozenten und Mitar­beiter will­kommen geheißen. Keiner von ihnen gehört der Findungs­kom­mis­sion an.
– Dagmar Jacobsen ist auch nicht Produ­zentin von Abendland.
– Béla Tarr ist auch kein »Gewinner des Goldenen Bären 2011 mit Das Turiner Pferd«, und auch nicht 2010 oder 2012. Er gewann einen Silbernen Bären.
– Der Findungs­kom­mis­sion besteht nicht, wie sugge­riert wird, aus Andres Veiel, »Connie Walther sowie Peter Rommel«. Keiner von ihnen gehört oder gehörte der Findungs­kom­mis­sion an.
Fazit: Die Autorin hat offen­kundig nicht nur höchst schlampig geschrieben, der Text wirkt auch so, als hätte sie allen­falls ober­fläch­lichste Recherche betrieben.
Statt­dessen gefällt sie sich in Polemik gegen »Teile des Feuil­le­tons ... das bei Schwingel oder jetzt Gibsons den Untergang der Filmkunst an der dffb herbei phan­ta­siert. Ein fataler Irrtum.«
Sie behauptet: »Die dffb hat ihre beste Ära seit Jahr­zehnten hinter sich.« Seit wann genau? »Viele der von Studenten und einigen Kritikern favo­ri­sierten Kandi­daten lehrten dort und konnten das Abrut­schen der Hoch­schule in die die Profil­lo­sig­keit nicht verhin­dern.« Wer lehrt dort?
Meint sie etwa die Dozenten Andres Veiel, Connie Walther, Peter Rommel, von denen sie zurecht ein paar Zeilen weiter schreibt: »Regis­seure wie Andres Veiel oder Connie Walther sowie Peter Rommel ... sind über jeden Verdacht erhaben, einen Kandi­daten zu küren, der einseitig das kommer­zi­elle Kino präfe­riert und die Filmkunst miss­achtet.«
Weiter schreibt sie: »Die dffb braucht einen radikalen Neuanfang, für die ein Außen­ste­hender wie Gibson der ideale Kandidat wäre.« Weiß Frau Dockhorn nicht, dass auch Gibson an der DFFB gelehrt hat, und deren »Abrut­schen ... in die Profil­lo­sig­keit nicht verhin­dern« (Dockhorn) konnte.
Weiter meint die Autorin, Gibson sei »nicht mit der deutschen Film- und Fern­seh­branche eng verban­delt, die alle Hoch­schulen im Würge­griff hat. Was für deren Krea­ti­vität und Unab­hän­gig­keit alles andere als förder­lich ist.« Wen meint Frau Dockhorn? Viel­leicht das DFFB-Kura­to­rium, das Gibson berief, und aus Fern­seh­ver­tre­tern und einem Altpro­du­zenten besteht?
Schließ­lich »Nachdem der Vertrag mit Pölsner nicht zustande kam ... Ralph Schwingel ... gab nach einigen Wochen des Gezerres um seine Person entnervt auf.« Warum, Frau Dockhorn? Kein Wort über gefälschte Bewer­bungs­schreiben, über die erfolg­reiche einst­wei­lige Verfügung einer Mitbe­wer­berin, über Gerichts­ur­teile, über die Dozen­ten­ver­treter, die die Studenten unter­s­tützten. Nur Gezerre durch Studenten?
Über die schreibt die Autorin im Ober­leh­rerton, »Sie müssen sich langsam fragen lassen, warum sie sich überhaupt für ein Studium an der dffb entschieden haben und weiter machen, wenn ihnen die Ausbil­dung derart gegen die Strich geht.«
Man kann nur fassungslos den Kopf schütteln. Katharina Dockhorn sollte sich langsam fragen, warum sie sich für den Jour­na­lismus entschieden hat, wenn ihr das Handwerk offenbar derart gegen die Strich geht.
Ein haltloser Text, den wir nur als Beispiel für die Ober­fläch­lich­keit der meisten Bericht­erstat­tung über die DFFB zitieren, als Beispiel für Medien, die ihre Infor­ma­ti­ons­pflicht vernach­läs­sigen und ihre Kontroll­auf­gabe nicht wahr­nehmen.

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Ein bisschen besser ist der Blog von »Blick­punkt Film«, der bekannt bran­chen­hörig ist, und hierbei wieder eher kein expli­ziter Freund der Film­för­de­rung, dafür um so enger verbunden mit Produ­zenten und Fern­seh­sen­dern. Man ist also Partei und entspre­chend wird hier auch kommen­tiert. Inter­es­sierte Kreise hätten es nicht besser zuflüs­tern können.
Nehmen wir die Meldung am Montag, den 19.10., in der es nach dem Brief der elf Dozenten um Scha­dens­be­gren­zung geht: »Man darf sich durchaus fragen, was die Dozenten der dffb geritten haben mag, ihren desi­gnierten neuen Direktor Ben Gibson öffent­lich an der Akademie will­kommen zu heißen, bevor er tatsäch­lich vom Kura­to­rium bestätigt wurde.« Dem kann ich nur zustimmen. Dann folgt die wohl­wol­lende Inter­pre­ta­tion, die schon im Deutsch­auf­satz der 12. Klasse zu Punkt­abzug führen würde: »Zu vermuten wäre, dass hier schlicht großer Erleich­te­rung Ausdruck verliehen wurde. Erleich­te­rung über das absehbare Ende eines schier endlosen Prozesses, in dessen Rahmen sich kaum eine Seite ausschließ­lich mit Ruhm bekle­ckert hatte« Ohhhh ja.
Dann wieder brennende Sorge: »Wohlü­ber­legt war der verfrühte Schritt jeden­falls kaum. Schließ­lich durfte man erwarten, dass selbst kleinste Unre­gel­mäßig­keiten in diesem zweiten Auswahl­ver­fahren wütende Reaktion jener auslösen würden, die sich nach der Abstim­mung einmal mehr als Unter­le­gene fühlen.«
Und dann wird rheto­risch Beton gerührt: »Wie dem auch sei: Die Bestä­ti­gung Ben Gibsons durch das Kura­to­rium wäre durch die vorschnelle Erklärung der Dozenten nicht wirklich mit einem Makel behaftet. Kaum jemand wird ernsthaft annehmen, dass die für kommenden Freitag vorge­se­hene Entschei­dung – zumindest ursprüng­lich geradezu eine Formalie – hierdurch entschei­dend beein­flusst worden wäre.«
Ach ja? Die Zeilen offen­baren mehr vom Demo­kra­tie­ver­s­tändnis eines Mediums, das eigent­lich unpar­tei­isch berichten oder Anwalt der schwächeren Seite sein sollte, hier aber eher auf einer Ebene mit den rechts­po­pu­lis­ti­schen Herren Erdogan und Orban liegt. Demo­kratie heißt nämlich mehr als nur »Mehrheit hat recht«. Es bedeutet Schutz von Minder­heiten und Achtung vor deren Posi­tionen, vor allem aber »Legi­ti­ma­tion durch Verfahren« (Niklas Luhmann). Gerade im Fall DFFB war auf Verfah­rens­fragen von allen Seiten viel Einsatz verwendet worden, und Verfah­rens­fehler und -mani­pu­la­tionen hatten eine Ernennung scheitern lassen. Noch ein Grund mehr, also diesmal auf Einhal­tung des Procedere größten Wert zu legen.
Es geht eben nicht (nur) darum, wer neuer Direktor wird, sondern auch wie. Darin, dass er dieses Verfahren tangiert, liegt jenseits aller inhalt­li­chen Diffe­renzen, die Haupt­pro­ble­matik des Briefs der Dozenten.

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Auch dies alles, eigent­lich unnötig zu betonen, ist nur eine Zwischen­bi­lanz. Einst­weilen noch einmal ausdrück­lich herz­li­chen Dank an alle Gesprächs­partner für ihre Offenheit und ihr Vertrauen.

Nachtrag:
Wie gewohnt Freitag vor Redak­ti­ons­schluß, diesmal sogar um 15.47 Uhr (aber wir waren schon vorbe­reitet, liebe Kollegen von AIM-PR), flatterte die nächste DFFB-Mittei­lung herein:
»Das Kura­to­rium der DFFB teilt mit:
Das Kura­to­rium der DFFB hat sich in seiner Sitzung am 23. Oktober 2015 einstimmig für den Vorschlag der Findungs­kom­mis­sion ausge­spro­chen, Ben Gibson als neuen Direktor und Geschäfts­führer der DFFB zu berufen. Der Vorsit­zende, Björn Böhning, wurde beauf­tragt, in Vertrags­ver­hand­lungen einzu­treten.«
Und weiter: »Über die Bestel­lung von Herrn Gibson zum Direktor und Geschäfts­führer der DFFB GmbH und den Abschluss eines Anstel­lungs­ver­trages wird das Kura­to­rium der DFFB in einer weiteren Sitzung beschließen. Wie das einver­nehm­lich verab­re­dete Verfahren vorsieht, werden an dieser ›Beru­fungs­sit­zung‹ erneut je ein Dozenten- und Studie­ren­den­ver­treter (ohne Stimm- aber mit Rederecht) teil­nehmen.«

(To be continued)