Cinema Moralia – Folge 177
Flüchtige Filme, flüchtige Gedanken |
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Am Samstag ist Deutschlandpremiere in der Volksbühne von Les Unwanted de Europa | ||
(Foto: Fabrizio Ferraro) |
»Es bringt uns nicht weiter, die rätselhafte Seite am Rätselhaften pathetisch oder fanatisch zu unterstreichen; vielmehr durchdringen wir das Geheimnis nur in dem Grade, als wir es im Alltäglichen wiederfinden, kraft einer dialektischen Optik, die das Alltägliche als undurchdringlich, das Undurchdringliche als alltäglich erkennt.«
Walter Benjamin
Ein Philosoph, das Exil, die Flucht – mitten in Europa, in berstendem Schwarz-Weiß und intensiven Plansequenzen. Ein historisches Ereignis, weit weg und unmittelbar zugleich.
Was kann das Kino über die Philosophie vermitteln, erzählen, von ihr heraufbeschwören? Welche Philosophie kann Schlüssel geben, um sich der Erfahrung des Kinos anzunähern? Gemeinsam mit dem Professor für Ästhetik Georg W. Bertram (u.a. »Kunst als menschliche Praxis«) und Regisseur Fabrizio
Ferraro widmen sich die Volksbühne und Moderator Frédéric Jaeger den Ungewollten Europas und ihrem ästhetischen Entwurf in einem filmphilosophischen Gespräch.
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»Der Film, der entlang der Hügel der südöstlichen Pyrenäen gedreht wurde, zeichnet die letzten Tage des Philosophen Walter Benjamin nach, während er von Frankreich nach Spanien flieht, um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen. In geduldigen Schritten und mit nur wenig Dialog nimmt Benjamin eine kleine Gruppe von Geflüchteten auf, und gemeinsam machen sie sich auf den Weg durch die üppige, imposante Landschaft. Indem er lange Passagen aus stillen Beobachtungen mit kurzen Dialogen und mitreißenden, von John Cage vertonten Interludien kombiniert, verlässt Ferraro traditionelle narrative Wege. Auf diese Weise gestaltet er Benjamins Reise eher kontemplativ und zeigt zugleich die Resonanzen mit Europas anhaltender Flüchtlingskrise auf. In Anklang an Stimmung und Ästhetik von Albert Serras früher Folklore-Neuinterpretationen (Honor of the Knights, Birdsong) weist Les Unwanted de Europa Ferraro als einen Künstler mit ausgeprägtem Gespür für filmische Zeit und historisches Gedächtnis aus.« (Jordan Cronk, Film Comment)
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Die Deutschlandpremiere von Les Unwanted de Europa in Anwesenheit von Regisseur Fabrizio Ferraro am Samstag, 26.05.2018, 20 Uhr in der Volksbühne, Film & Diskussion – da wird auch das Championsleague-Finale erstmal mithalten müssen.
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Zu den Karrierespekulationen im letzten »Cinema Moralia«. Einmal haben wir schon recht gehabt: Maria Köpf verlässt nach nur drei Jahren ihren Leitungs-Posten in der Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein. Da Köpf ausgerechnet zum März 2019 geht, und nicht nur »aus persönlichen
Gründen«, sondern weil sie sich »neuen beruflichen Herausforderungen zuwenden« will, wurde ich gestern nun schon wieder mehrfach drauf angesprochen, ob sie denn nun neue Berlinale-Chefin wird? Wohl eher nicht, jedenfalls nach meinen Informationen. Und: Es wurde zwar noch nicht offiziell bestätigt, dass der Ex-Berlinale-Forumschef Christoph Terhechte nach Marrakesch geht. Aber drei vertrauenswürdige Menschen haben es uns schon unabhängig voneinander erzählt.
Die
interessantere Frage ist aber der erst kürzlich erfolgte Doppelwechsel beim FFF. Werden die Filmförderungen auf ein Sprungbrett für zukünftige Karrieren reduziert?
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»Von allen denkbaren Vorwürfen, die man Kritikern gerne macht, ist der Vorwurf, dass man überhaupt kritisiert, der blödeste.«
(to be continued)