Cinema Moralia – Folge 183
Mir san Mimimi... |
||
Bald mehr zum »Stupid German Money« – nach der Sperrfrist zu The Girl in the Spider Web | ||
(Foto: Columbia) |
»I remembered Machiavelli, whose rule of Method, rarely stated but always practiced, was that one must think in extremes, which means within a position from which one states borderline theses, or, to make the thought possible, one occupies the place of the impossible.«
Louis Althusser»Weil die Dinge sind, wie sie sind, werden die Dinge nicht so bleiben, wie sie sind.«
Bertolt Brecht
Fußball ist, ich sag’s immer wieder, ein Lehrmeister des Lebens. Darum lernt man auch sehr viel aus der letzten sogenannten »Pressekonferenz« des FC Bayern.
Die erinnerte auch Nicht-Fußballfans an die CSU, und wurde in den Tagen danach viel besprochen. So auch in der »Sport 1«-Sendung »Doppelpass«, wo der Kommunikationsexperte Michael Kramer ein paar Dinge sagte, die sich bruchlos auch auf das Verhältnis von sogenannter »Filmbranche« und
Filmkritikern übertragen lassen: Die Pressekonferenz und ihre Vermischung von milden Vorwürfen wie »Altherrenfußballer« mit dem Grundgesetz und der Idee der Menschenwürde, zeige, »dass jedes Maß verloren gegangen ist. Hier wurden Dinge miteinander vermengt, die nicht zusammen gehören. ... Wahrscheinlich wollte man auch Journalisten ein bisschen einschüchtern. ... Hier ist auch ein schräges Bild von Journalismus. Journalisten sind nicht dazu da, Stars
zu applaudieren oder schlechte Spiele schön zu reden. Sonden Journalisten sind dazu da, ihre Meinung zu sagen und das zu schreiben, was sie beobachten und was sie sehen.
Es geht nicht darum, Fan zu sein. Journalisten sind keine Fans.
Mir ist auch eine Pressekonferenz immer sehr suspekt, wo die Herren, die vorne auf der Bühne sitzen, die Journalisten alle duzen. Hier muss die Rollenverteilung mal klar sein: Diese Journalisten sind nicht Kumpel, sie sind auch nicht
Freude, sie sind auch nicht Teil dieser Inszenierung, die die Bayern gerne hätten, sondern sie sind unabhängige Berichterstatter und das müssen sie auch sein.«
Was wären sie ohne die Medien. Stattdessen: Mir san Mimimi...
+ + +
Eine traurige Nachricht der letzten Woche: SPEX wird eingestellt! Nach 38 Jahren und 384 Ausgaben wird SPEX noch nicht mal mehr die Nummer 400 schaffen. Im Editorial schreibt Chefredakteur Daniel Gerhardt: »Wenn Sie die jüngeren – und teilweise auch gar nicht mehr so jungen – Entwicklungen im internationalen Zeitschriftenwesen verfolgt haben, kennen Sie die Gründe für die Einstellung von SPEX bereits. Der Anzeigenmarkt befindet sich seit Jahren im Sinkflug.
Immer mehr Unternehmen ziehen sich vollständig aus dem Printgeschäft zurück und investieren ihre Marketinggelder stattdessen vermehrt in Social-Media-Werbung – ein Trend, der sich 2018 nochmals verschärft hat.«
Das stimmt, und trifft andere, die eine Einstellung weit mehr verdient hätten, genau so.
Wirklich traurig ist eher die Kapitulation der Redaktion vor ihrer eigentlichen Aufgabe: »Jahrzehntelang kümmerte sich der Pop-Journalismus nicht zuletzt darum, seinen Leser_innen einen Überblick über eine kaum zu fassende Menge an neuen Alben, Büchern, Filmen, Serien und Ausstellungen zu verschaffen. Heute sind beinahe alle Platten der Welt für beinahe alle Menschen gleichzeitig verfügbar. Die sogenannte Gatekeeper-Funktion von Pop-Journalist_innen hat sich weitgehend erledigt.«
Schwachsinn! Das Gegenteil stimmt. Im Chaos des Allzeitverfügbaren haben Kritiker Ordnung zu stiften, ist diese Ordnungsfunktion notwendiger denn je. Wenn das die Leser nicht einsehen, sind sie selbst schuld, nicht die Kritiker. Die Leser sind dumm, nicht die Kritiker. Die Ungebildeten sind zu ungebildet, nicht die Gebildeten zu gebildet. Schlimm ist nur die Kriecherei der gebildeten Autoren vor den ungebildeten Lesern.
Noch Fragen?
+ + +
Insofern hat SPEX sich selber innerlich angeschafft, bevor der Verlag es dichtmachte: »Die Rolle der allwissenden Kritiker_in, die von ihrem hohen Ross herab über Bands, deren Alben und sonstige Kulturschaffende urteilt, kam uns schon altbacken und elitär vor, als sich die Redaktionen von Pop-Magazinen noch mit einem tatsächlichen Informationsvorsprung vor ihrem Publikum brüsten konnten. SPEX sollte kein Heft der Vogelperspektive sein, sondern aus der Mitte des Geschehens berichten. Die große Zahl unserer Autor_innen, die auch künstlerisch tätig ist, war alles andere als ein Zufall.«
Hat aber, Zufall oder nicht, offenbar nicht funktioniert. Da hilft auch Bla nicht weiter: »Statt sich in eine Empfehl-O-Mat-Funktion zu ergeben, die gar nicht mehr gefragt ist, haben wir uns als Magazin begriffen, das seine Geschichten dort sucht, wo Pop und Gesellschaft am heftigsten aufeinanderprallen. So kamen ein Schwerpunkt über wütende Bürger_innen und ratlose Popschaffende zustande, eine Ausgabe zur heutigen Bedeutung von Antihaltungen und ein Jahresrückblicksheft, das schon 2015 bekannte: „Ein Scheißjahr geht zu Ende.“ Der Slogan hätte natürlich auch 2016, 2017 und 2018 gepasst.«
Na großartig!
+ + +
Das Problem von SPEX ist das der meisten Linken in Deutschland: Die Verzettelung in Nebenkriegsschauplätze. Das Ersetzen von Politik durch Sprachpolitik. Der Provinzialismus, der fehlende Mut zum Kampf.
Für Gendertheorie und politisch gerechte Schreibweise interessieren sich nunmal 99,8 Prozent aller Menschen beider Geschlechter nicht die Bohne. Im Gegenteil: Der pädagogische Impetus nervt.
Der SPEX-Standort war schon lange weder links noch progressiv, sondern
beliebig und unbewusst postmodern reaktionär. SPEX war ein Streberheft, das den Margarete Stokowskis dieser Welt ein weiteres unnötiges Forum bietet. Es ist uncool, 'korrekt' zu sein. Es ist geistig und politisch steril, moralisch auf der richtigen Seite stehen zu wollen. Es ist spießig, Buchhalter des Weltgewissens sein zu wollen.
+ + +
Abgesehen davon: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis 90 Prozent aller Zeitschriften verschwinden.
+ + +
Alan Posener ist der wohl interessanteste, in jedem Fall lesenswerteste Autor der »Welt«. Nicht weil man immer seiner Meinung wäre, sondern eher weil man es nicht ist, aber es wichtig ist, seine Argumente (denn er hat fast immer welche) zu lesen.
Ganz seiner Meinung bin ich, was sein Urteil über den sogenannten »Brecht-Film« »Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm« angeht. Natürlich würde eine Minute von G.W. Pabsts Verfilmung der »Dreigroschenoper« schon genügen, um einen davon zu überzeugen, um was für einen geschmacklosen, dem Gegenstand unangemessenen Schmarrn es sich bei dem Film handelt
Unter der Überschrift »Wie 'Mackie Messer' die Geschichte verfälscht« macht Posener klar, dass Joachim A. Lang in seinem Film Behauptungen über Brechts Mitarbeiter aufstellt, die in ihrer Tendenz reaktionär und geschichtsverfälschend sind. »Mackie Messer«, so Posener, »gibt vor, die Geschichte der Verfilmung der Dreigroschenoper durch die Nero AG wiederzugeben. Doch er verfälscht diese Geschichte auf groteske und bezeichnende Weise. ... Eine derartige Unempfindlichkeit für die wahren Verhältnisse in der Weimarer Republik hätte man dem deutschen Film eigentlich nicht zugetraut. Oder vielleicht doch. Aber das ist eine andere Geschichte.«
+ + +
Durch eine Pressemitteilung der zuständigen PR-Agentur wurde ich dann doch noch auf den Podcast »Close Up« der Deutschen Filmakademie aufmerksam.
Die Akademisten – oder sagt man Film-Akademiker? – bemühen sich ja grundsätzlich aufrichtig, interessant und relevant zu werden und überhaupt irgendetwas Bemerkbares zu machen, außer einmal im Jahr ihren Filmpreis zu vergeben, der auch niemanden interessieren würde, wäre er nicht mit viel Steuer-Geld
verbunden. Das sollten wir würdigen.
Sie bemühen sich um Awareness. Darum gibt es diese Blogs, wo zwei fraglos begabte Moderatoren – Susanne Bormann und Christian Schwochow – abwechselnd mit irgendwelchen anderen Akademiemitgliedern sprechen, manchmal ohne Anlass, manchmal mit, manchmal mit Unbekannten, meist mit bekannten. Im Ergebnis sind die Gesprächspartner dann die, die sowieso immer zu Wort kommen, aber das liegt in der Natur der Sache, das sind dann eben auch
die, die das Interessanteste zu sagen hätten. Hätten wohlgemerkt, denn die Podcasts sind trotz aller Wertschätzung für die Moderatoren einfach unsäglich uninteressant.
Das generelle Problem ist wohl, dass man in der deutschen Film-Akademie ängstlich auf Streitvermeidung aus ist. Streit wäre aber etwas Gutes. Streitvermeidung sollte nicht das Ziel sein, Ziel müsste nur sein, dass der ja notwendige und unvermeidliche Streit auf zivilisierte und gesittete Weise
ausgetragen wird.
Stattdessen erlebt man Selbstgespräche.
+ + +
Selbstgespräche, erst recht welche von Filmemachern, sind per se langweilig – außer für die Beteiligten. Spannend ist der Konflikt, denn er macht Dinge sichtbar.
Zur Filmkultur gehört die Streitkultur, also die Kontroverse und bis dahin, also bis zur Filmkultur ist es in Deutschland noch ein weiter Weg. Weil wir nicht streiten können, sondern harmionieduselig wider besseres Wissen die Illusion erhalten möchten, es ginge auch anders. Man könne eine
große Familie sein. Das hat schon in Hof nicht geklappt, wo – à propos – gerade die irgendwann früher mal wichtigen Hofer Filmtage stattfinden.
+ + +
Neues vom Infantilismus. Unterhaltung mit einer Ernährungsexpertin der Firma »Hip«. Sie erzählt: 30 Prozent der Babynahrung in Deutschland wird von Erwachsenen gegessen.
Meine Gegenfragen: »Wieviel Prozent Erwachsenennahrung essen Babys? Und wieviel Prozent Hundefutter essen Menschen?« bleiben ohne Antwort.
+ + +
Propaganda 2.0. Die BILD-Zeitung titelt heute: »So herrschen Araber-Clans«. Es fehlt dagegen die Serie: »Wie herrscht die BILD-Zeitung?«
+ + +
Machtzuwachs für Monika Grütters: Der 2016 von Wirtschaftsminister »Sigi Pop« Gabriel (Sie erinnern sich dunkel?) gegründete Filmfonds »German Motion Picture Fund« wechselt nun zur Kultur- und Medienstaatsministerin. Grütters' Ministerium titelt dazu »Erfolgreiche Filmförderung aus einer Hand«. Ein lustiger Verschreiber: »Mit der heute in Kraft tretenden Richtlinie zum German Motion Picture Fund (GMPF) setzt die BKM das seit 2016 bestehende Förderprogramm des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, das in die Zuständigkeit von Kultur- und Medienstaatsministerin Monika Grütters übergangen ist, um.« Sperrig formuliert eh, aber übergangen, statt übergegangen... Wer hat da wen übergangen? Freud hätte seinen Spaß an solchen Formulierungen.
Zum »Stupid German Money«, vulgo: Filmförderung bald mehr, wenn die Sperrfrist zu The Girl in the Spider Web ausgelaufen ist, und wir schreiben
dürfen, was wir über diesen von gleich sechs deutschen Filmförderern verantworteten Film tatsächlich denken.
+ + +
That smells... Guillermo del Toro dreht mit Netflix. Natürlich sein Herzensprojekt, nämlich »Pinocchio«. Nun halte ich del Toro keineswegs für einen Zyniker, aber als jemand, der den Mexikaner schätzt und sein Werk seit über zehn Jahren verfolgt, kann ich ehrlich sagen: Ich hab in den letzten 15 Jahren schon von vielen »Herzensprojekten« del Toros gelesen.
»Keine Kunstform hat mein Leben und meine Arbeit so beeinflusst wie die Animation, und zu keinem anderen Charakter
der Filmgeschichte führe ich eine so tiefe, persönliche Beziehung wie zu Pinocchio. Unser Pinocchio ist eine unschuldige Seele mit einem gefühllosen Vater und verirrt sich in eine Welt, die für ihn nicht greifbar ist. Er lässt sich auf eine außergewöhnliche Reise ein, die ihm ein tiefes Verständnis für seinen Vater und die reale Welt verschafft. Seit ich denken kann, wollte ich diesen Film machen. Nach der großartigen Erfahrung mit 'Trolljäger' bin ich sehr dankbar,
dass das talentierte Team von Netflix mir diese einmalige Chance gibt, einem Publikum auf der ganzen Welt meine Version dieser eigenartigen Puppe, die zu einem echten Jungen wird, näherzubringen.«
(Guillermo del Toro)
Das Problem dabei: Mitte September war del Toro der Jurypräsident in Venedig, wo mit Alfonso Cuarons »Roma« erstmals ein Netflix-Film den Hauptpreis bei einem A-Festival gewann. Verdient!
Trotzdem darf man angesichts dieser neuesten Nachrichten feststellen:
That stinks.
Wir freuen uns, wenn Sie www.netflix.com/pinocchio in Ihrer Berichterstattung verlinken.
+ + +
Schon ein Jahr vor dem offiziellen Jubiläum des Bauhaus macht die »Stiftung Bauhaus Dessau« klar, dass sie mit der Tradition des Bauhaus nichts zu tun hat, diese viel mehr nach Strich und Faden verrät.
Sie hält fest an der mehr als befremdlichen Absage eines Konzerts der Punkband aufgrund rechtstadikakler Drohungen.
Hier hat sich auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters einerseits angenehm klar und zugunsten der Kunstfreiheit positioniert. In Grütters'
Erklärung heißt es im Wortlaut: »Die Kunstfreiheit genießt in Deutschland durch Artikel 5 im Grundgesetz hohen Verfassungsrang. ... Der so verstandenen Freiheit der Kunst fühle ich mich als Kulturstaatsministerin immer verpflichtet. Deshalb darf niemals der Eindruck entstehen, dass der Druck der rechtsextremistischen Szene ausreicht, ein Konzert zu verhindern. ... Über all dies wird im Stiftungsrat des Bauhaus Dessau und mit dem ZDF intensiv zu sprechen
sein.«
Einerseits. So weit so gut.
+ + +
Leider erweckt die Kulturstaatsministerin in ihrer Erklärung zugleich aber auch (bewusst? Oder naiverweise?) missverständlich den Eindruck, sie könne nicht zwischen Links und Rechts unterscheiden, die Weimarer Republik sei an linken wie rechten Extremisten zugrunde gegangen. Sie spielt mit dieser historisch fragwürdigen Argumentation den rechten Hetzern von heute in die Hände. Sie traut sich nicht, den Rechten die Alleinverantwortung zuzuschieben. Das geht auf ihr Gewissen, sie wird es historisch verantworten müssen, und damit, falls sie die Zeit nach einer nächsten rechten Diktatur überhaupt erlebt, vermutlich ähnlich selbstgerecht umgehen, wie die Weimarer Politiker nach 1945 mit ihrer Mitverantwortung.
+ + +
Aber was soll es eigentlich wirklich bedeuten, wenn Grütters Folgendes formuliert: »Die Verantwortung der Künstler für ein von rechtsstaatlichen Werten geprägtes Miteinander ist für die Verteidigung der Kunstfreiheit unverzichtbar. Deshalb müssen wir von allen Beteiligten auch immer wieder einfordern, diese Verantwortung stets wahrzunehmen.«
Verwerfungen wie die aktuellen zeigen, wie dringend nötig auch in der Pop-Musikwelt ein ethischer Kompass ist.
+ + +
Heute, am Donnerstag, den 25. Oktober, wird Rebekka Kaufmanns in Athen gedrehter Diplom-Film »Helden der Krise« um 23.45 Uhr im SWR ausgestrahlt. Darüber hinaus ist er sieben Tage in der SWR-Mediathek zu sehen. Die Regisseurin hat den Film bereits beim Aegean Docs Festival in Griechenland präsentiert. Am 27. Oktober wird die internationale Premiere auf dem Jihlava Int. Doc Film Festival gefeiert. Für November ist eine Vorführung im Athener Goethe Institut geplant.
+ + +
»Eine weitere entscheidende kulturpolitische Zusammenarbeit zur Stärkung und für den Erhalt der Filmkultur in Deutschland.« verspricht das Bundeskulturministerium. Der Kommentar gilt dem Beschluss, dass Filmförderungsanstalt (FFA), BKM und die Bundesländer eine »Vereinbarung zum Erhalt des nationalen Filmerbes« getroffen haben. Demnach stehen ab 2019 für einen Zeitraum von zunächst 10 Jahren jährlich »bis zu« 10 Millionen Euro für die Digitalisierung
von Kinofilmen zur Verfügung.
Die Details der Richtlinie sind noch nicht bekannt. Grundsätzlich soll die Digitalisierung von Filmen nach drei Kriterien gefördert werden: Auswertungsinteresse, kuratorisches Interesse und konservatorische Notwendigkeit.
Das ist zwar besser, als gar nichts, zugleich schwammig und ungenau. Zwar gibt es erstmals größere Mittel zur Digitalisierung ausgewählter Bestände. Aber wer wählt aus? Nach welchen Kriterien? Was genau soll unter »Auswertungsinteresse« zu verstehen sein?
Bereits im Frühjahr hatte die Initiative »Filmerbe in Gefahr« den neuen Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 dafür kritisiert, dass er einen deutlichen Rückschritt gegenüber dem Vertrag der vorherigen Koalition 2013 bedeute.
Es gibt zur Zeit kein grundsätzliches Bekenntnis zur dauerhaften Sicherung und Sichtbarmachung des nationalen Filmerbes. Es gibt auch kein Bekenntnis zur Stärkung der Stiftung Deutsche Kinemathek sowie zur personellen und finanziellen
Stärkung des Bundesarchivs.
Außerdem bleibt in all diesem Digitalisierungsfetischismus weiterhin unklar, wie das Filmerbe abgesehen von der Digitalisierung ausgewählter Filme bewahrt werden soll. Wie werden die Originalfilme gesichert? Wie sollen die digitalen Benutzerkopien im Kino, auf Internet-Plattformen und im Fernsehen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden?
Die »Initiative Filmerbe« folgerte im Frühjahr: »Offenbar will die neue
Bundesregierung die Sicherung des Filmerbes nicht als Zukunftsinvestition, sondern als lästige Ausgabe betrachten.«
+ + +
Es ist reine Schönfärberei und Politpoesie, wenn Kulturstaatsministerin Monika Grütters behauptet: »Mit nun versammelten Kräften und einer Gesamtfinanzierung von bis zu 10 Millionen Euro im Jahr können wir ab 2019 die dringend notwendige Digitalisierung voranbringen, um das deutsche Filmschaffen in seiner ganzen Breite und künstlerischen Vielfalt auch für künftige Generationen zu erhalten.« Denn die ganze Breite wird mit mickrigen 10 Millionen keinesfalls zu
erhalten sein.
Diese Summe folgt zwar einem Gutachten der Unternehmensberatung »PricewaterhouseCoopers«, das im Auftrag der FFA erarbeitet wurde, und einen »Finanzbedarf von bis zu 100 Millionen Euro, verteilt über zehn Jahre« ermittelt hat. Dies ist aber viel zu wenig.
Das zeigt der Vergleich mit Frankreich. In der benachbarten Kulturnation wird mit 400 Millionen Euro (nicht nicht »bis zu«, sondern genau 400) viermal soviel Geld für den gleichen Zweck zur
Verfügung gestellt – und zwar nicht innerhalb von zehn, sondern innerhalb von sechs Jahren.
Man könnte auch sagen: Das sogenannte »wiederaufgebaute« preußische Stadtschloss, nunmehr sanfter »Humboldt Forum« genannt, kostet mindestens 600 Millionen. Der bisher nicht gebaute neue Berliner Flughafen BER kostet über 41 Millionen – pro Monat!
Dies nur, um die Verhältnisse klar zu machen.
(to be continued)