Kinoherbst am Starnberger See |
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Styx eröffnet das diesjährige Fünf Seen Filmfestival, das damit auch ein politisches Zeichen setzt | ||
(Foto: Schiwago Film / FünfSeenFilmFest) |
Von Ingrid Weidner
Zeit – Raum – Bewegung – mit diesen Themen steckt Festivalleiter Matthias Helwig den Rahmen für die nächsten drei Festivaljahre ab. In diesem Jahr also das Motto Zeit, das sich wie ein roter Faden durch das Programm zieht. Mit dem neuen Datum im September rückt Helwig weiter vom Münchner Filmfestival und auch von den traditionellen Münchner Filmkunstwochen weg. Kinobegeisterte können zwischen den Kinos in Starnberg, Gauting und Schloss Seefeld wählen. Außerdem zählt der Pfarrstadel in Wessling sowie die idyllisch am Starnberger See gelegene Akademie für Politische Bildung in Tutzing zu den Veranstaltungsorten.
Eröffnet wird das Festival am heutigen Donnerstag mit Styx von Wolfgang Fischer, der im Februar auf der Berlinale Premiere feierte und ab dem 13. September regulär in den Kinos startet. Helwig und sein Team haben sich gegen einen Wohlfühlfilm entschieden, sie verorten das Festival in der Gegenwart. Rike, eine 40-jährige Ärztin aus Köln, gebildet, selbstbewusst, zielstrebig, will alleine von Gibraltar bis zur Atlantikinsel Ascension Island segeln. Doch die Auszeit vom Alltag endet jäh, als sie sich nach einem Sturm mitten auf hoher See in unmittelbarer Nähe zu einem überladenen Fischerboot wiederfindet, auf dem mehr als hundert Menschen zu ertrinken drohen. Zunächst befolgt sie die vorgesehene Rettungskette und fordert per Funk Unterstützung an, doch als ihre Hilfegesuche unbeantwortet bleiben, trifft sie eine folgenschwere Entscheidung.
Mit Styx kommt das Festival gleich mitten in der aktuellen Diskussion um Zuwanderung und der gefährlichen Fluchtroute über das Mittelmeer an. Die rund 150 ausgewählten Filme reichen von der bayerischen Provinz bis nach Indien, umfassen leichte Komödien, Klassiker, Dokumentar- und Kunstfilme. Auch aus den Gastländern Südtirol, Taiwan und Indien kommen Streifen, die nur selten ein großes Publikum finden. Aber auch neue cineastische Werke aus Österreich, der Schweiz oder Ungarn zeigt das Festival. »Der mitteleuropäische Film ist in diesem Jahr im Fokus«, sagt Kinomacher Matthias Helwig.
Für die diesjährigen Ehrengäste Josef Bierbichler und Dominik Graf dürfte das Festival ein Heimspiel sein. Bereits im vergangenen Jahr war Bierbichler zu Gast, in diesem Jahr stellt er seinen Film Zwei Herren im Anzug vor und liest am Montag, dem 10. September, in der Schlossberghalle Starnberg aus seinem Roman »Mittelreich«, der die Idee für den Film lieferte. Im Filmgespräch am See spricht der Schauspieler, Autor und Starnberger-See-Gastwirt Bierbichler (Zum Fischmeister) mit Dominik Graf, über »Verfilmte Zeit«. Dominik Graf stellt auf dem Festival seinen neuen Film Hanne vor. In einer kleinen Werkschau sind auch Grafs Werke Die geliebten Schwestern, Die Sieger und München – Geheimnisse einer Stadt zu sehen.
In einem weiteren Filmgespräch am 13. September in der Evangelischen Akademie in Tutzing diskutiert die Editorin Bettina Böhler mit dem Kulturjournalisten Moritz Holfelder über »Rhythmus als Herzschlag des Films«. Böhler gilt als Meisterin im Schneideraum. Auf dem Festival sind auch die von ihr editierten Filme The Look – Charlotte Rampling, Western und Transit von Christian Petzold zu sehen, mit dem sie eine enge Arbeitsbeziehung verbindet und dessen Werk sie fast komplett bearbeitet hat.
Viel Zeit und Geduld investierte die Regisseurin Pauline Roenneberg, die während ihrer Ausbildung an der Münchner HFF vier Jahre lang gemeinsam mit der Kamerafrau Zoe Schmederer in einem kleinen Ort in Bayern immer wieder das Ehepaar Ernst und Roswitha Schöfl besuchte, die als Landwirte und Bestatter arbeiten. Von den Erträgen des Hofs allein können sie nämlich nicht mehr leben. Als sich eine vegane Kommune im Ort ansiedelt, entstand ein neuer Spannungsbogen, den die Regisseurin im Dokumentarfilm Früher oder später in vier Kapiteln über 120 Minuten erzählt. Auf dem diesjährigen Internationalen Dokumentarfilmfestival München wurde Pauline Roenneberg, Absolventin der HFF, für ihre dokumentarische Serie mit dem Förderpreis Dokumentarfilm des FilmFernsehFonds Bayern ausgezeichnet. Auf dem Fünf Seen Filmfestival läuft der Film in der Reihe Dokumentarfilmpreis.
»Tango ist ein Eintauchen unter die Zeit, ein Zustand der Zeitlosigkeit«, so beschreibt Tangolehrer Ralf Satori den Tanz, der in den Vorstädten von Buenos Aires und Montevideo seinen Ursprung hat und inzwischen Tanzbegeisterte in der ganzen Welt aufs Parkett lockt. Bereits seit fünf Jahren gibt es »Tango im Kino«, an jedem letzten Freitag im Monat zeigen die Kinos Breitwand Schloss Seefeld und in Gauting abwechselnd Filme rund um den Tango. Auf dem Fünf Seen Filmfestival ist auch Sur – Süden von Fernando E. Solanas aus dem Jahr 1988 zu sehen, anschließend gibt es Tango im Kino für Profis und Interessierte.
In diesem Jahr lädt Festival-Leiter Matthias Helwig wieder zu einer abendlichen Dampferfahrt über den Starnberger See mit einem Kurzfilmprogramm und Preisverleihung ein. Auch wenn sich erste Herbstnebel ankündigen, verspricht das Programm zehn spannende Kinotage und die Wetter-App passend dazu spätsommerliche Temperaturen und Sonnenschein.
12. Fünf Seen Filmfestival vom 6.-15. September 2018.
Spielstätten sind die Breitwandkinos in Starnberg, Gauting und Seefeld, die Schlossberghalle Starnberg, der Pfarrstadl Wessling und der Wörthsee und das Seebad Starnberg mit Open Air.
Karten: regulär 9,50€, je nach Veranstaltung davon abweichend.
Das komplette Festivalprogramm finden Sie unter www.fsff.de.