06.09.2018

Kino­herbst am Starn­berger See

Styx
Styx eröffnet das diesjährige Fünf Seen Filmfestival, das damit auch ein politisches Zeichen setzt
(Foto: Schiwago Film / FünfSeenFilmFest)

Bereits zum 12. Mal lädt das Fünf-Seen-Filmfestival zu einem Ausflug an den Starnberger See ein. Neu in diesem Jahr ist neben dem Motto »Zeit« auch der Zeitraum, denn das Festival rutschte vom Ferienanfang an das Ferienende. Vom 6. bis zum 15. September stehen über 150 Filme, zahlreiche Werkschauen, Filmgespräche und ein Konzert auf dem Programm. Ehrengäste sind Josef Bierbichler und Dominik Graf

Von Ingrid Weidner

Zeit – Raum – Bewegung – mit diesen Themen steckt Festi­val­leiter Matthias Helwig den Rahmen für die nächsten drei Festi­val­jahre ab. In diesem Jahr also das Motto Zeit, das sich wie ein roter Faden durch das Programm zieht. Mit dem neuen Datum im September rückt Helwig weiter vom Münchner Film­fes­tival und auch von den tradi­tio­nellen Münchner Film­kunst­wo­chen weg. Kino­be­geis­terte können zwischen den Kinos in Starnberg, Gauting und Schloss Seefeld wählen. Außerdem zählt der Pfarr­stadel in Wessling sowie die idyllisch am Starn­berger See gelegene Akademie für Poli­ti­sche Bildung in Tutzing zu den Veran­stal­tungs­orten.

Eröffnet wird das Festival am heutigen Donnerstag mit Styx von Wolfgang Fischer, der im Februar auf der Berlinale Premiere feierte und ab dem 13. September regulär in den Kinos startet. Helwig und sein Team haben sich gegen einen Wohl­fühl­film entschieden, sie verorten das Festival in der Gegenwart. Rike, eine 40-jährige Ärztin aus Köln, gebildet, selbst­be­wusst, ziel­strebig, will alleine von Gibraltar bis zur Atlan­tik­insel Ascension Island segeln. Doch die Auszeit vom Alltag endet jäh, als sie sich nach einem Sturm mitten auf hoher See in unmit­tel­barer Nähe zu einem über­la­denen Fischer­boot wieder­findet, auf dem mehr als hundert Menschen zu ertrinken drohen. Zunächst befolgt sie die vorge­se­hene Rettungs­kette und fordert per Funk Unter­s­tüt­zung an, doch als ihre Hilfe­ge­suche unbe­ant­wortet bleiben, trifft sie eine folgen­schwere Entschei­dung.

Mit Styx kommt das Festival gleich mitten in der aktuellen Diskus­sion um Zuwan­de­rung und der gefähr­li­chen Flucht­route über das Mittel­meer an. Die rund 150 ausge­wählten Filme reichen von der baye­ri­schen Provinz bis nach Indien, umfassen leichte Komödien, Klassiker, Doku­mentar- und Kunst­filme. Auch aus den Gast­län­dern Südtirol, Taiwan und Indien kommen Streifen, die nur selten ein großes Publikum finden. Aber auch neue cine­as­ti­sche Werke aus Öster­reich, der Schweiz oder Ungarn zeigt das Festival. »Der mittel­eu­ropäi­sche Film ist in diesem Jahr im Fokus«, sagt Kino­ma­cher Matthias Helwig.

Für die dies­jäh­rigen Ehren­gäste Josef Bier­bichler und Dominik Graf dürfte das Festival ein Heimspiel sein. Bereits im vergan­genen Jahr war Bier­bichler zu Gast, in diesem Jahr stellt er seinen Film Zwei Herren im Anzug vor und liest am Montag, dem 10. September, in der Schloss­berg­halle Starnberg aus seinem Roman »Mittel­reich«, der die Idee für den Film lieferte. Im Film­ge­spräch am See spricht der Schau­spieler, Autor und Starn­berger-See-Gastwirt Bier­bichler (Zum Fisch­meister) mit Dominik Graf, über »Verfilmte Zeit«. Dominik Graf stellt auf dem Festival seinen neuen Film Hanne vor. In einer kleinen Werkschau sind auch Grafs Werke Die geliebten Schwes­tern, Die Sieger und München – Geheim­nisse einer Stadt zu sehen.

In einem weiteren Film­ge­spräch am 13. September in der Evan­ge­li­schen Akademie in Tutzing disku­tiert die Editorin Bettina Böhler mit dem Kultur­jour­na­listen Moritz Holfelder über »Rhythmus als Herz­schlag des Films«. Böhler gilt als Meisterin im Schnei­de­raum. Auf dem Festival sind auch die von ihr editierten Filme The Look – Charlotte Rampling, Western und Transit von Christian Petzold zu sehen, mit dem sie eine enge Arbeits­be­zie­hung verbindet und dessen Werk sie fast komplett bear­beitet hat.

Viel Zeit und Geduld inves­tierte die Regis­seurin Pauline Roen­ne­berg, die während ihrer Ausbil­dung an der Münchner HFF vier Jahre lang gemeinsam mit der Kame­ra­frau Zoe Schme­derer in einem kleinen Ort in Bayern immer wieder das Ehepaar Ernst und Roswitha Schöfl besuchte, die als Landwirte und Bestatter arbeiten. Von den Erträgen des Hofs allein können sie nämlich nicht mehr leben. Als sich eine vegane Kommune im Ort ansiedelt, entstand ein neuer Span­nungs­bogen, den die Regis­seurin im Doku­men­tar­film Früher oder später in vier Kapiteln über 120 Minuten erzählt. Auf dem dies­jäh­rigen Inter­na­tio­nalen Doku­men­tar­film­fes­tival München wurde Pauline Roen­ne­berg, Absol­ventin der HFF, für ihre doku­men­ta­ri­sche Serie mit dem Förder­preis Doku­men­tar­film des FilmFern­sehFonds Bayern ausge­zeichnet. Auf dem Fünf Seen Film­fes­tival läuft der Film in der Reihe Doku­men­tar­film­preis.

»Tango ist ein Eintau­chen unter die Zeit, ein Zustand der Zeit­lo­sig­keit«, so beschreibt Tango­lehrer Ralf Satori den Tanz, der in den Vors­tädten von Buenos Aires und Monte­video seinen Ursprung hat und inzwi­schen Tanz­be­geis­terte in der ganzen Welt aufs Parkett lockt. Bereits seit fünf Jahren gibt es »Tango im Kino«, an jedem letzten Freitag im Monat zeigen die Kinos Breitwand Schloss Seefeld und in Gauting abwech­selnd Filme rund um den Tango. Auf dem Fünf Seen Film­fes­tival ist auch Sur – Süden von Fernando E. Solanas aus dem Jahr 1988 zu sehen, anschließend gibt es Tango im Kino für Profis und Inter­es­sierte.

In diesem Jahr lädt Festival-Leiter Matthias Helwig wieder zu einer abend­li­chen Damp­fer­fahrt über den Starn­berger See mit einem Kurz­film­pro­gramm und Preis­ver­lei­hung ein. Auch wenn sich erste Herbst­nebel ankün­digen, verspricht das Programm zehn spannende Kinotage und die Wetter-App passend dazu spät­som­mer­liche Tempe­ra­turen und Sonnen­schein.

12. Fünf Seen Film­fes­tival vom 6.-15. September 2018.
Spielstätten sind die Breit­wand­kinos in Starnberg, Gauting und Seefeld, die Schloss­berg­halle Starnberg, der Pfarr­stadl Wessling und der Wörthsee und das Seebad Starnberg mit Open Air.
Karten: regulär 9,50€, je nach Veran­stal­tung davon abwei­chend.
Das komplette Festi­val­pro­gramm finden Sie unter www.fsff.de.