Halbzeit am Starnberger See |
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artechock blickt nach Starnberg | ||
(Grafik: artechock) |
Von Ingrid Weidner
»Liebeskummer lohnt sich nicht« oder »Marmor, Stein und Eisen bricht« – fast jedem über 30 fällt die Melodie dazu ein und mindestens eine weitere Textzeile. So ging es auch Marie Reich, die in einem Elternhaus mit viel Schlagermusik aufwuchs. Doch wer hat diese Ohrwürmer komponiert? Marie Reich machte sich auf die Suche, fand Christian Bruhn und nervte ihn so lange, bis der Komponist schließlich einwilligte und sich filmisch porträtieren ließ. Meine Welt ist die Musik – Der Komponist Christian Bruhn ist am 14.09. um 20 Uhr in der Schlossberghalle in Starnberg und am 15.09. um 17 Uhr im Kino Gauting zu sehen. Der 1934 geborene Christian Bruhn wird zu Gast sein und sicher noch die eine oder andere Anekdote erzählen, für die im Film kein Platz mehr war.
Das Motto Zeit blitzt nicht nur thematisch in der Filmauswahl auf, sondern auch in den Werken selbst. Wer sich Ex Libris – Die Public Library von New York von Frederick Wiseman ansieht, sollte sich keinesfalls von den 179 Minuten abschrecken lassen und am Samstag, den 15.09. um 11 Uhr im Kino Seefeld den Dokumentarfilm ansehen. Dem Regisseur gelang es, während der Dreharbeiten im Jahr 2015 die Bibliothek aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln zu zeigen. Er fängt Gespräche in Vorstand und Leitungsgremien genauso ein wie die Arbeit an der Basis, etwa wenn Pädagoginnen Kinder an einem der 92 Standorte für Mathematik begeistern wollen, Mitarbeiter am Fließband zurückgegebene Bücher sortieren oder die New Yorker Upper Class sich zum Gala-Dinner trifft.
Die Public Library in New York zählt zu den großen Wissensspeichern der Welt. Doch wie verändert sich ihr Bildungsauftrag, jedem Mitglied der Gesellschaft unkompliziert Zugang zu Wissen zu ermöglichen, wenn die Digitalisierung viele ausschließt? Droht manchen das Abtriften in den Zustand der »digital darkness«, wie es im Film heißt, und werden vor allem diejenigen abgehängt, die weder ein Smartphone noch einen Internetanschluss haben? Wie kann diese Institution auf neue Gewohnheiten reagieren, wenn Nutzer lieber E-Books ausleihen anstatt gebundene Werke? Soll die Bibliothek nur noch solche Werke anschaffen, die rege ausgeliehen werden oder auch ihre Sammlungen weiterführen? Wie also den Etat in Höhe von 250 Millionen Dollar investieren? Durch die kluge Montage von Wiseman kommt keine Minute Langeweile auf.
Viel Zeit mitbringen sollten Zuschauer auch für Es war einmal in Amerika von Sergio Leone, der in einer 251-Minuten-OmU-Version am 15.09. um 19.30 Uhr in Gauting zu sehen sein wird. Diese Fassung ist um 22 Minuten länger als die üblicherweise gezeigte, wie Festival-Leiter Matthias Helwig stolz erzählt. Auch in der Provinz gibt es existenzielle Situationen, Konflikte und Dramen, etwa in Western von Valeska Grisebach, der in der Reihe Bettina Böhler zu sehen sein wird. Oder in der Oberpfalz, diese Region steht am Samstag filmisch gleich zwei Mal auf dem Programm, Wackersdorf ist am 15.09. in Starnberg (15 Uhr, Schlossberghalle und um 20.30 Uhr in Gauting) zu sehen. Nach der Vorstellung in Starnberg diskutiert Matthias Helwig mit Politikern über »Demokratischer Protest gestern und heute«.
Auch das Feiern kommt nicht zu kurz. Am Dienstag Abend auf der Dampferfahrt über den Starnberger See wählte das Publikum den besten Kurzfilm. Nominiert und gezeigt wurden drei Werke, und zwar HAUT von Nancy Camaldo, REALITÄT von Lucas Thiem und Klimawandel von Lukas Baier. Das Publikum entschied sich für Realität und Drehbuchautor Sebastian Ladwig nahm das »Goldene Glühwürmchen«, ein Preisgeld von 500 Euro sowie einen Gutschein für einen Wellness-Aufenthalt am Starnberger See entgegen. Der 7-minütige Film entstand in einer Nacht, wie Ladwig erzählt, teuer sei der Mietwagen gewesen und der Hersteller des Luxuswagens wisse auch nicht, für welchen Zweck das Auto verwendet wurde. Nach dem Budget gefragt, sagt Ladwig »400 Euro« und hat damit endgültig die Lacher auf seiner Seite. Mit dem Film wollte das Team die Rechten veräppeln, erzählt er, das ist ihnen gelungen. Inhalt: Eine rechte Politikerin und ihr Assistent steigen in einen Wagen, ein Chauffeur mit Migrationshintergrund soll sie zum Flughafen bringen. Die Fahrt verläuft anders als geplant. Das fsff war bereits das zehnte Festival, auf dem der Kurzfilm zu sehen war. Auf ihrer Facebook-Seite schreibt die Produktionsgesellschaft MY2C Production zum Preis: »Alter, jetzt wird’s Tag im Tischkasten« und weiter heißt es »Was für eine Riesenehre! Drehbuchautor Sebastian Ladwig ist live vor Ort und bezaubert im Publikumsgespräch«.
Das fsff vergibt noch zahlreiche weitere Preise und in Starnberg steigt zum Abschluss des Festivals eine Party.
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12. Fünf Seen Filmfestival vom 6.-15. September 2018.
Spielstätten sind die Breitwandkinos in Starnberg, Gauting und Seefeld, die Schlossberghalle Starnberg, der Pfarrstadl Wessling und der Wörthsee und das Seebad Starnberg mit Open Air.
Karten: regulär 9,50€, je nach Veranstaltung davon abweichend.
Das komplette Festivalprogramm finden Sie unter www.fsff.de Tickets gibt es online hier.