Die ultimative Academy-Award-Prognose 2019 |
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Unser Oscar-Guru weiß, wer die Oscars 2019 bekommt. Wetten? |
Von Johannes Seidel
Die »Award-Saison«, der große Anlauf auf die Oscars, wurde soeben gestartet: Mit der Vergabe der Indie-Kritiker-Gotham-Awards an das Western-Drama The Rider von Chloé Zhao wurde der Wettlauf am 26. November offiziell eingeläutet. Die, wenn man so möchte, »Schlammschlacht« der Promoter im Rennen darum, den eigenen Film möglichst ansprechend darzustellen, hat somit begonnen. Dabei ist das Herabsetzen
der Konkurrenz natürlich verpönt, es geht eher darum, der eigenen Werbekampagne einen politischen Hintergrund zu verschaffen, welcher Gewissensbisse verursacht und damit Stimmen einbringt. Politics sells!
Eine harmlose Variante (es ist nun mal früh und wildere Anwärter stehen noch aus) wäre hier Glenn Close. Diese soll nach sechsmaliger Nominierung ohne Sieg (so werden die Academy-Member, die zur Oscar-Wahl aufgerufen sind, stets erinnert) doch endlich den Award als beste
Hauptdarstellerin für eine gute, doch sicherlich nicht jahresbeste Schauspielleistung in Die Frau des Nobelpreisträgers erhalten.
Der Erfolg dieser gezielt inszenierten Rolle des »Karriereoscars«, bevor es dafür zu spät wäre, hängt nun vom schwer einschätzbaren guten Willen der paar tausend aktiven Wähler ab. Eine Vielzahl externer Faktoren, die nicht mit der eigentlichen Qualität zusammenhängen, erschweren die Einschätzungen der Filmliebhaber enorm, sind jedoch leider nicht zu vernachlässigen und natürlicher Teil des Prozesses. Hier kann wohl nur der Oscar-Guru weiterhelfen, dessen Einschätzungen ein Gesamtbild zeichnen können. Der weiß: Welche DVDs wann an die Mitglieder verschickt werden, ist ebenso relevant wie der Umfang des beim Business-Lunch mit dem Star versprühten Charmes, oder die Qualität des Buffets, welche sich die Produktionsfirma für eine gute Platzierung leisten möchte.
Lasst uns unter diesen abstrusen Rahmenbedingungen ein Experiment wagen, eine Einschätzung darüber, welche Oscars vergeben werden. Wohlgemerkt, nicht der Nominierung, sondern der tatsächlichen Verleihung, die erst in vollen drei Monaten stattfindet. Eine Einschätzung noch vor Vergabe der Industrie- und Kritikerpreise, vor all diesen anderweitigen Faktoren, welche das Rennen maßgeblich beeinflussen werden: Natürlich ist das größenwahnsinnig. Doch vielleicht einen Versuch wert. Auf Trailerbasis und vom Hörensagen. Alles rein subjektiv-spekulativ und ohne persönliches Investment. Im Zentrum steht die Frage, die immer alle am meisten interessiert: Sind die Oscars wirklich so berechenbar? Oder ist doch der Guru einfach nur gut in dem, was er tut?
Bei Roma handelt es sich nicht nur um ein von Kritikern heißgeliebtes Kunstwerk, der Film stellt gleichzeitig die erste große Oscarkampagne des Streamingdienstes Netflix dar. Bis dato zeigte die Academy den »Ablösern« des Kinos in Hauptkategorien noch die kalte Schulter. Roma, inszeniert von Alfonso Cuarón, wird diesen Umstand nun aller Wahrscheinlichkeit nach ändern. Cuarón wird hier nach Gravity seinen zweiten Oscar für die beste Regie erhalten. Ähnlich hohe Chancen besitzt der Film in der Kategorie »Beste Kamera«, welche sich durch die Gestaltung in schwarz-weiß, mit ihren für den Regisseur typischen Plansequenzen, vom Feld abheben sollte. Da der Film auf Spanisch gedreht ist, befindet er sich im Rennen um den besten fremdsprachigen Film, ein Oscar, welcher aufgrund des höchsten Profils von Roma in dieser Kategorie als einer der sichersten des Abends zu zählen ist.
Die Frage nach dem besten Film steht jedoch noch aus. Letztlich wird sich Roma mit dem Sieg des fremdsprachigen Films selbst Stimmen klauen: »Roma gewinnt bereits, jetzt verhelfe ich lieber meiner zweiten Wahl ebenfalls zu einem Sieg!«
Sollte sich dieses absehbare »Sich-selbst-im-Weg-stehen« jedoch nicht bewahrheiten, die Academy sich somit nicht davon abschrecken lassen, einen bereits prämierten Film in der Hauptkategorie ein zweites Mal auszuzeichnen, muss dieser als best-inszeniertes Werk des Jahres auch für den besten Film angedacht werden. Zwar müsste die Academy ihre Netflix-Aversion überwinden und sich einem langsamen, anspruchsvollen, spanischsprachigen Kunstfilm öffnen. Doch ist es kaum vorstellbar, dass die Chance auf die erstmalige Auszeichnung eines fremdsprachigen Films in der Hauptkategorie im aktuellen politischen Klima vertan würde. Denn Roma ist nicht nur ein fremdsprachiger Film, er ist ein mexikanischer Film und gibt dem linksliberalen Hollywood die einmalige Möglichkeit, ein Statement der Inklusion zu setzen.
Erst zwei Jahre sind vergangen, seitdem Barry Jenkins mit Moonlight in Folge der #Oscarssowhite-Kontroverse den Hauptpreis des besten Films gewonnen hat. Nun ist er mit einer Adaptation des Romans von James Baldwin erneut im Gespräch. Es gibt mehrere Faktoren, die dafür sprechen, dass eine Wiederholung des Sieges möglich wäre.
Der beste Film wird als einzige Kategorie der Oscars über das »preferential ballot« entschieden, ein Rankingsystem, bei welchem nicht nur die Erstplatzierungen zählen, sondern ein Konsens erreicht werden soll. Der Film, dem die meisten Wähler wohlwollend gegenüberstehen, gewinnt. Beale Street, der auf künstlerische Weise eine romantische Geschichte erzählt, wird nicht nur durch Schuldgefühle nach dem Moonlight-Debakel gestärkt, auch ist dieser, meiner Erwartung nach, der einzige afro-amerikanische Top-Kandidat und hebt sich dadurch vom Feld ab. Ein erwarteter Sieg für das beste adaptierte Drehbuch, für die beste Filmmusik, so wie die Möglichkeit, Regina Kings als beste Nebendarstellerin zu küren, stützen die Chancen in der Hauptkategorie.
Des Weiteren könnte sich für Barry Jenkins ein Oscar ergeben. Auf Basis des Hintergrunds, dass noch nie ein schwarzer Regisseur ausgezeichnet wurde. Jedoch nur, sollte er als einziger nominierter afro-amerikanischer Regisseur ins Rennen gehen.
Die erste Regiearbeit Bradley Coopers, der zusätzlich produzierte, am Drehbuch mitschrieb und die männliche Hauptrolle spielt, geht als einer der kommerziell erfolgreichsten Filme ins Rennen. Doch ob Cooper, voraussichtlich vierfach nominiert, tatsächlich der neue »Star« ist? Ich hege Zweifel. Denn als vierte Auflage der klassischen Geschichte kommt einem der Film, trotz zahlreicher Modernisierungen, doch reichlich bekannt vor, ist dabei allerdings in jeder Hinsicht hochwertig umgesetzt. Ebenjene breitgefächerte, hohe Qualität, in Verbindung mit einer geringen Originalität, dürfte zu zehn Nominierungen, jedoch nur wenigen Siegen führen.
Dennoch besitzt Cooper durchaus Chancen, wenn auch wohl ausschließlich für sein Schauspiel, während der sichere Sieg von Lady Gaga mit dem besten Song für »Shallow« ihre darstellerische Leistung überschatten müsste.
Da Musicals in der Kategorie »Bester Ton« meist gut abschneiden und sich bis dato kein Kriegsfilm im Gespräch befindet, welcher diesen Oscar streitig machen könnte, ist hier ein Sieg als Kompensation für Niederlagen in größeren Kategorien wahrscheinlich.
Denn auch wenn es sich bei A Star Is Born um einen Film handelt, der das Publikum kaum spaltet und dieser somit die Möglichkeit auf Gewinn des Hauptpreises durchaus besitzt, wäre mehr als der Sieg für einen Ton- und Song-Oscar nötig, um eine Rechtfertigung für den besten Film zu kreieren. Sollte also Cooper in seinem Schauspiel nicht leer ausgehen, wäre A Star Is Born durchaus ernstzunehmen.
The Favourite könnte der meistnominierte Film des Abends werden. Das vom irritierend trockenen, inszenatorischen Witz des Regisseurs getragene Kostümdrama rund um die politischen Machenschaften während der Herrschaft von Queen Anne ist nur in Sachen Setting typische Oscarkost. Im Mittelpunkt stehen sexuelle wie psychologische Spannungen des auf Augenhöhe agierenden Schauspieltrios aus Olivia Colman, Emma Stone und Rachel Weisz. Die hochkarätige Besetzung ist polarisierend inszeniert durch den Griechen Yorgos Lanthimos, bereits 2016 für das Originaldrehbuch zu The Lobster nominiert. Da der Film als außergewöhnlich und verstörend wahrgenommen werden wird und somit keinen Konsens treffen könnte, ist ein für Kostümdramen üblicher Kompensationssieg in den Kategorien bestes Kostümdesign, bestes Szenenbild und eventuell bestes Make-up/Frisuren zu erwarten.
Nicht so sicher wie der Sieg in den Ausstattungskategorien, gäbe es doch die Möglichkeit, das Schauspielgespann auszuzeichnen. Am wahrscheinlichsten hier Olivia Colman in der noch sehr offenen Kategorie der besten Hauptdarstellerin, während Emma Stone und Rachel Weisz für die beste Nebendarstellerin, im Zusammenspiel mit dem außergewöhnlichen, besten Originaldrehbuch, durchaus Potenzial besitzen. Vor allem ist dies der Fall, sollte nur eine der Nebendarstellerinnen nominiert werden oder ausschließlich Colman als Repräsentation für das starke Schauspiel des Films, da somit nicht die Wahl einer »Favoritin« die Stimmen teilen würde.
Weltweit bisher ungesehen und trotzdem noch in der ersten Reihe zu finden, ist der neue Film des Writer/Directors Adam McKay, der erst vor drei Jahren mit seiner Börsen-Dramedy The Big Short einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch gewann.
Dabei so gar nicht im Hintergrund als »zweiter Mann« befindet sich, in der Oscar-tauglichen »eine reale Person darstellenden« Rolle des Dick Cheney, Christian Bale auf Kurs, den Oscar für den besten Hauptdarsteller zu gewinnen. Sollte sich dies bewahrheiten, ginge, aufgrund der Verwandlung des Schauspielers mit Hilfe von Prothesen, die Möglichkeit des Oscars für Make-up/Frisuren mit dem Sieg Bales einher. Vice – Der zweite Mann, welcher die Hintergründe der Bush-Regierung beleuchtet, müsste sich als Gesamtwerk auf dem erwarteten Niveau bewegen und die schlagfertig temporeiche Ästhetik des Vorgängers aufgreifen, um für einen Sieg des besten Schnitts wie für die Möglichkeit des besten Originaldrehbuchs ebenfalls im Gespräch zu sein.
In der Rolle der Lynne Cheney besitzt des Weiteren Amy Adams eine realistische Chance auf die beste Nebendarstellerin, war sie doch bereits fünffach für ihr Schauspiel nominiert. Bisher ohne zu gewinnen.
Für den besten Film wohl chancenlos, aber immerhin mit dabei: Green Book, eine formelhafte Feelgood-Freundschaftsgeschichte, spielend in den Sechzigern und angereichert mit Rassismus-Problematik. Mahershala Ali ist nach seinem Sieg vor zwei Jahren in ebenjener Kategorie erneut der erwartete Gewinner des besten Nebendarstellers, hat er doch für diese Kategorie eine unverhältnismäßig tragende Rolle in Green Book, was ihm einen Vorsprung gegenüber seinen Mitstreitern verschaffen müsste. Mit dieser Auszeichnung würde der gemochte, in anderen Kategorien aber zu vernachlässigende Film zumindest nicht leer ausgehen. Eine Mentalität der Verteilung zur Zufriedenstellung aller Beteiligten, die hier bereits öfter als Vorhersagehilfe Verwendung fand.
Ist absehbar, obwohl Rob Marshalls Musical bisher noch ungesehen verbleibt. Jedoch haben wir es hier mit der Neuauflage eines Klassikers unter Führung von Oscarlieblingen zu tun. Sollte sich der qualitative wie kommerzielle Erfolg einstellen, ist die Kategorie des besten Films, als einziges Musical unter den Nominierten, durchaus möglich. Siegchancen werden ggf. im Ringen mit The Favourite um den Kostüm- und Szenenbild-Oscar entstehen, wobei davon auszugehen ist, dass Mary P. hier den Kürzeren zieht. Auch für die Filmmusik wie den besten Song sind Nominierungen ebenso sicher, wie die Tatsache, dass in diesen Kategorien stärkere Filme die Oberhand behalten werden. Der vielfältige Cast besitzt ausschließlich Nominierungschancen für Emily Blunt in der titelgebenden Rolle, doch auch diese wird keine Früchte tragen. Somit beginnt die Suche nach dem Kompensations-Oscar, der beste Ton wäre eine Möglichkeit, doch dieser geht bereits im Sinne der Musik an A Star Is Born. Übrig bleiben zu diesem Zeitpunkt die visuellen Effekte, in denen sich Mary P. durch das höchste Profil und den Mix aus handgezeichneten wie computergenerierten Effekten vom Feld abheben könnte. Darauf wetten sollte man jedoch nicht, denn es könnte hier locker ein effektlastiger Blockbuster, etwa der ebenfalls noch ungesehene Mowgli, Erfolg finden.
Als »gut gemachter« Film geht das Neil-Armstrong-Biopic von Oscargewinner Damien Chazelle La La Land in die Verleihung. Einige technische Kategorien, aber auch das Schauspiel Claire Foys sind für eine Nominierung im Gespräch, ein Oscarsieg steht jedoch nur für den besten Tonschnitt an. Die deutsche Bezeichnung ist dabei mindestens irreführend, geht es doch deutlich weniger um den Schnitt als um die Bearbeitung, das »Editing« von Tönen. Dort besitzt auch ein solider Film mit Thema Weltraumfahrt, aus offensichtlichen Gründen, recht wenig Konkurrenz, während dieser spezifische Vorteil für weitere Kategorien als nicht relevant anzusehen ist.
Als einziger Film einer Regisseurin, namentlich Marielle Heller, geht dieser Indie in die Oscarvorbereitung, getragen ausschließlich von hohen Wertungen der Kritiker. Eine Nominierung für den besten Film ist insofern möglich, da sich sowohl das adaptierte Drehbuch zur Thematik des Schriftstellertums als auch Richard E. Grant als bester Nebendarsteller in den Top-Positionen ihrer jeweiligen Kategorien befinden und Anreiz bieten, den Film zu sichten. Eine Nominierung für Melissa McCarthy, bekannt für ihre komödiantischen Rollen und hier dramatisch aufspielend, ist eine weitere Möglichkeit, welche dem Film helfen könnte, sein größtes Problem, eine geringe Visibilität, zu überkommen. Dennoch ist große Liebe der Kritikerpreise gefragt, um es bis zu einer Nominierung als bestem Film zu schaffen, welche dann auch schon den Sieg des Indie darstellen würde.
Im Sommer und damit deutlich früher als die anderen Kandidaten gestartet, läuft der »Joint« des ikonischen Regisseurs Spike Lee Gefahr, bereits aus dem Bewusstsein gerutscht zu sein. Als humoristische Aufarbeitung einer abstrusen wahren Geschichte sind die Chancen des Films in der Kategorie des besten adaptierten Drehbuchs zu suchen. Während der erinnerungswürdige Siebziger-Jahre-Sound zu einer Nominierung für die Filmmusik führen könnte, wird es der Film in der Hauptkategorie schwer haben. Das, obwohl Lee den Film, durch überdeutliches Aufzeigen von Parallelen des Ku-Klux-Klans zu aktuellen Politikern, direkt im Wohlwollen der Academy positioniert. Doch ebenjenes überdeutliche Anbiedern könnte BlacKkKlansman, dem es sowieso schon schwerfällt, zwischen Blaxploitation, Komödie und Thriller-Drama seinen Ton zu halten, zum Verhängnis werden.
Als Heist-Thriller, bzw. generell als Genrefilm, hat man es schwer, in der Academy ernstgenommen zu werden. Dennoch haben es in den letzten Jahren technische Meisterwerke wie Mad Max – Fury Road oder der sozial-erinnerungswürdige Horror Get Out geschafft, über ebenjene Genrehürde zu springen.
Der erste Ausflug in das Genrekino des Regisseurs SteveMcQueen, der zuletzt mit 12 Years a Slave für den besten Film gewonnen hat, könnte mit Hilfe der prestigeträchtigen Namen vor wie hinter der Kamera ebenjenen Sprung schaffen. Denn natürlich stehen die Namen für einen gewissen Anspruch. Konkret umgesetzt in der Umkehrung von Genretraditionen wie einer Anreicherung des Plots mit soziopolitischen Themen. Im Endeffekt ein thematisch reichhaltigerer Ocean’s 8.
Sollte der Film die Genrehürde überwinden können, fände sich die Begründung nicht nur in der hochwertigen Inszenierung, sondern sicherlich auch im farbigen, den Feminismus bejubelnden Cast. Eine Nominierung für den besten Film ist also keineswegs ausgeschlossen. Auch die Regie, Kamera und das Originaldrehbuch sind nur knapp außerhalb der Top 5 ihrer jeweiligen Kategorien einzuschätzen und könnten locker ein paar Plätze aufrutschen. Realistische Siegchancen bestehen, im Sinne des Action-Genres, jedoch nur in der Kategorie des besten Schnitts, sollte Vice dort nicht beeindrucken. Zusätzlich wären Nominierungen für den besten Ton und Tonschnitt wie auch für Viola Davis als beste Darstellerin nicht auszuschließen.
Hier haben wir es mit einem Sonderfall zu tun, insofern als es sich um einen Marvel-Film mit soziopolitischem, zur Beschreibung der Academy Awards das sicherlich relevanteste Wort, Hintergrund handelt. Marvel und Oscar, wie passt das zusammen, fragt man sich. Zum einen ist Black Panther der erste in Afrika spielende Superheldenfilm, zum anderen waren die Kritiken bei Veröffentlichung derart gut, dass es die »Academy of Motion Picture Arts and Sciences« dazu veranlasste, etwas voreilig die neue Kategorie »bester populärer Film« zu verkünden. Diese wurde zwar für dieses Jahr wieder zurückgenommen, jedoch sorgte die Kontroverse dafür, dass Black Panther von manch einem plötzlich ernstgenommen wurde. Persönlich glaube ich an die Nominierung des 18. Films im »Marvel Cinematic Universe« in Top-Kategorien, erst wenn ich sie sehe; ignorieren sollte man diesen Blockbuster aus genannten »Hintergründen« jedoch nur mit Vorsicht.
Gewinnchancen bestehen dabei zum Glück nicht. Eher ist zu erwarten, dass die Fans mit Nominierungen in den Kategorien des besten Songs, beste Kostüme, beste visuelle Effekte, zufriedengestellt werden. Sollte Disney einen grandiosen Tag haben, könnten sich der beste Ton und Tonschnitt zu den anderen technischen Kategorien gesellen.
Für die Nominierung in der relevanteren Kategorie des besten Nebendarstellers wird Michael B. Jordan eine Außenseiterchance besitzen, deren Nominierungserfolg jedoch mit der Hoffnung auf die Hauptkategorie zusammenhängt.
Zusammenfassend wären hier mehr als zwei oder drei Nominierungen bereits ein Sieg, wobei auch der abzusehende Aufschrei der politisch »engagierten« Twittergemeinde, in Sachen Oscar eigentlich komplett ahnungslos, ebenfalls als Amüsement bereitender Sieg für uns, die wissenden Rezipienten, zu werten wäre.
Die Unglaublichen 2 als lange erwarteter, beliebtester und erfolgreichster Film der Kategorie. Seien wir ganz offen, hat er überhaupt Konkurrenz? Ein entfernter zweiter Platz wäre Isle of Dogs – Ataris Reise des Oscarlieblings Wes Anderson, der im Vorfeld der Verleihung einige Kritikerpreise einheimsen dürfte.
Won’t You Be My Neighbor müsste, ähnlich der Animationskategorie, als erfolgreichster Dokumentarfilm des Jahres der Konkurrenz kaum Möglichkeiten eingestehen.
Alles in allem ist natürlich das Feld für Nominierungen wie Gewinner noch offen und wird in den kommenden drei Monaten durch diverse Kritiker- wie Industriepreise erst wirklich abgesteckt. Dabei werden sich aus den genannten Top-Kandidaten zwei bis drei mögliche Gewinner des besten Films etablieren. Welche das sein werden, wird sich verständlicherweise erst in den Wochen vor der Verleihung, nach Sichtung der beteiligten Filme, wahrhaft einschätzen lassen.
Bis dahin empfehle ich, immer schön ins Kino zu gehen und sich dort die eigene Meinung zu formen.
Euer Oscar-Guru Johannes Seidel