36. Filmfest München 2019
Münchner Freiheit – Zwischen Fest und großen Plänen |
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Herausragendes Regie-Debüt: Mariko Minoguchis Mein Ende. Dein Anfang. | ||
(Foto: Telepool) |
»Ich will mich nicht verändern
Um dir zu imponieren
Nicht den ganzen Abend
Probleme diskutieren.«
- Münchner Freiheit »Ohne Dich«
»Ohne Dich« – ein deutscher Hit aus den frühen 80ern; die Band, die hier singt, heißt »Münchner Freiheit« wie der Platz im Schwabinger Norden, und offenbar erinnern sich nicht nur die Älteren an dieses Lied.
Das Lied untermalt eine zentrale Szene in dem Film Mein Ende. Dein Anfang., dem herausragenden Regie-Debüt der Münchner Filmstudentin Mariko Minoguchi, einer der besten Filme
unter jenem guten Dutzend, das ab morgen im Münchner Wettbewerb um den Förderpreis deutscher Film konkurriert.
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Dieser Förderpreis ist ein wichtiger Nachwuchspreis und der Wettbewerb um ihn bildet seit jeher das Zentrum des Münchner Filmfests.
1983 gegründet, legt man hier seit jeher großen Wert darauf, dass es sich um ein Fest handelt, nicht um eines von vielen Festivals.
Trotzdem geht es auch an der Isar um Preise und Sponsoren, es gibt VIP-Lounges und auch wenn die Chancen für Normalmenschen, hier eine Karte zu bekommen, viel höher sind als bei der Berlinale, sind Premierenkarten knapp, Partys schon längst ausgebucht und es gibt viel Gerangel um die letzten Plätze zur Eröffnung mit Smoking und Glitter.
Und es gibt die Politiker, die auch noch ihren Senf zu allem dazugeben müssen. Ein »Youtuber-Festival« solle es geben, verkündete Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident und Hobby-Cineast gestern in der Süddeutschen Zeitung. »Einen Influencer-Preis« wolle er ausloben. Das sei »eine Form der Kommunikation, die wir stärker beachten müssen.« Ein Narr, wer dabei nicht auch an Rezo und sein sehr spezielles Verhältnis zur Union denkt.
Statt Zensur lautet Söders Antwort also Umarmungsstrategie: »Die Kunst der Selbstverteidigung – als hätte er den Eröffnungsfilm The Art of Self-Defense schon gesehen. Youtuber seien häufig größere Stars als Filmschauspieler.
Ob man das gern hört beim Filmfest?«
Gern hören wird man beim Filmfest andere große Töne, die Söder gerade per Zeitungsinterview spuckt: In in einer Liga mit Cannes und Venedig solle München irgendwann spielen.
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»Ich will nicht alles sagen
Nicht so viel erklären
Nicht mit so viel Worten
Den Augenblick zerstören.«
- Münchner Freiheit »Ohne Dich«
180 Filme aus 62 Ländern an 9 Tagen, verteilt auf viele Kinos der Stadt. Das ist das Filmfest München. Unter diesen 180 Filmen sind 48? Welt- und 118 Deutschland-Premieren, darunter mehr als eine Handvoll Filme, die vor vier Wochen erst auf den Filmfestspielen in Cannes zu sehen waren. Außerdem eigene Reihen für Fernseh-Produktionen und Serien.
Und viele Stars: Antonio Banderas, Ralph Fiennes, und Cannes-Sieger Bong Joon Ho werden mit vielen anderen erwartet.
Aber das alles reicht
den Geldgebern noch nicht: Fast eine Verdoppelung des Etats wird jetzt angekündigt: Von 3,5 Millionen auf 6,5 Millionen Euro
Mehr Unterstützung, sprich mehr Geld für das Filmfest München solle es vor allem vom Bund geben – es könne nicht sein, dass praktisch nur die Berlinale von der Filmförderung des Bundes profitiert.
Das ist Populismus pur. Als ob Söder nicht wüsste, dass ganz viele Filmfestivals vom Bundeskulturministerium unterstützt werden, allerdings nur solche, die international bedeutend sind.
Und als ob Söder nicht bei jeder anderen Gelegenheit die Kulturhoheit der
Länder betonen und sich Einmischung verbitten würde.
Die Gesamtzahl seiner Zuschauer macht München immerhin zum drittgrößten Festival in Deutschland. Für manche ist es das zweitwichtigste. Für andere eher ein Provinzereignis, das mit sehr viel Geld von Stadt und Freistaat Bayern hochgepäppelt wird und vor allem Filme anderer Festivals nachspielt – sie würden zum Beispiel darauf hinweisen, dass das ärmere und äußerlich viel unattraktivere Saarbrücken die bedeutenderen
Preise hat und allemal für den deutschen Film zur Zeit das wichtigste Nachwuchsfestival ist.
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»Ich will nichts garantieren
Was ich nicht halten kann
Will mit dir was erleben
Besser gleich als irgendwann«
- Münchner Freiheit »Ohne Dich«
Die gute Stimmung werden solche un-informierten Kommentare auch bei den vielen Berliner Fach-Besuchern in München nicht trüben.
Schließlich fährt man nie nur wegen der Filme hierher. Wozu gibt es Biergärten, die Isar und die Voralpenseen.
In diesem Jahr ist das Filmfest München auch sonst ein ziemlich musikalisches Festival.
Neben einem Dokumentarfilm über die »Spider Murphy Gang«, der auch so eine Art München-Kommentar ist, sollte man zum Beispiel Stillstehen nennen. Die deutsch-italienische Koproduktion von der Regisseurin Eliza Mishto erzählt vom Nichtstun und von zwei jungen Frauen, die versuchen ihren Weg zu finden, und läuft ebenfalls im Wettbewerb um den Förderpreis.
Vor allem aber hat er mit Sascha Ring, Mitglied der weltbekannten Band »Moderat« und auch als
Solokünstler »Apparat« erfolgreich, ein musikalisches Schwergewicht der Elektropop-Szene aufzuweisen.
Das Dilemma eines jeden Filmfestivals gilt auch für München: Wenn man Filme zeigt, die noch keinen Verleih haben, gibt es immer welche, die sagen: Die kommen ja gar nicht ins Kino. Und wenn man Filme zeigt, die einen Verleih haben, heißt es umgekehrt: die Filme kommen ja sowieso ins Kino.
Für normale Kinofans, und Menschen, die nicht beruflich mit Film zu tun haben, ist das alles, sind Jubelzahlen und alljährlich steigende Zuschauerzahlen, die für die Bedürfnisse der Filmförderer zugeschnitten sind, völlig egal.
Auch die Frage, ob es das Filmfest München geben soll, und ob es sympathisch ist, ist völlig nebensächlich.
Das Wesentliche ist: Es gibt das Filmfest. Es wird angenommen. Es zeigt in der ganzen Programmasse deutsche Premieren und eine Menge sehr, sehr guter Filme in deutscher Erstaufführung.
Das Wichtigste sind am Ende immer noch die Filme – auf geht’s: Zehn Tage Filmrausch. Der Kater kommt früh genug!