Kinos in München – Kinoprogrammpreis München 2016
Gedanken zum Münchner Kinoprogrammpreis |
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Sigi Daiber bekam für sein mittlerweiles geschlossenes altes Maxim noch einmal den Kinoprogrammpreis der Landeshauptstadt München verliehen |
Von Bernd Brehmer
Am 5. Oktober wurden im Münchner Arri-Kino der Kinoprogrammpreis der Landeshauptstadt München verliehen. Mit ihm werden seit 2002 engagierte Filmtheater ausgezeichnet. »Die Stadt München will deren wichtige Rolle für eine vielfältige Kinostruktur der Stadt betonen und einen Beitrag zu ihrer Existenzsicherung leisten«, heißt es auf dem München-Portal. Dieses Jahr erhielten den mit je 5000 Euro dotieren Preis die Betreiber von sechs Kinos: Christian Pfeil und Markus Eisele für ihr Arena im Glockenbachviertel, Georg Kloster für das Atelier an der Sonnenstraße, Hans Walter Büche und Alexandra Gmell für ihr familiengeführtes Gabriel Filmtheater, Louis Anschütz für sein Studio Isabella, mit spanischsprachigen Filmen wichtiges Cineasten-Kino der Stadt, das undergroundige Werkstattkino mit seinem über die Stadt hinausgehenden legendären Ruf – und Sigi Daiber für sein mittlerweile abgewickeltes und wie Phoenix aus der Asche als »Neues Maxim« auferstandenes Kino an der Landshuter Allee. Daiber nutzte die Preisverleihung, um seinerseits ein neues »echtes« Maxim anzukündigen, das den alten Polit-Spirit weiterlebe (ein Portrait des echten Neuen Maxim folgt in Kürze). Bernd Brehmer vom Werkstattkino-Kollektiv durfte dieses Jahr die Dankesrede der Kinos halten und wob kritische Untertöne in seine Worte. Wir veröffentlichen hier die Originalfestrede mit Genehmigung des Autors und auf ausdrücklichen Wunsch von Stadtrat Zöller…!
Sehr geehrter Herr Stadtrat Zöller, werter Dr. Küppers, lieber Christoph Schwarz samt Kulturreferat, liebe Kinomacher-Kollegen und Kino-Besucher!
»Ein Tropfen auf den heißen Stein« hört man gelegentlich die Theaterbetreiber jammern, was sie berufsbedingt am besten können, wenn die Rede auf den Münchner Kinoprogrammpreis kommt. Kinomacher seien wie Taxifahrer, hat mal eine Kollegin konstatiert: Sie reden meistens über’s Wetter, aber immer vom Geschäft, und das geht natürlich schlecht.
Das nun ausgerechnet mir diese Aufgabe angetragen wurde, die folgenden Worte an Sie zu richten, hat, laut Christoph Schwarz damit zu tun, dass wir »die letzten« sind. Die letzten im Kinoalphabet, versteht sich. Aber natürlich auch sonst mit die Letzten, wenn es um engagierte und unabhängige Programmarbeit geht, die sich ein »normaler« Kinobetrieb heute gar nicht mehr leisten kann. Wir Münchner Cineasten, und damit meine ich wohl die meisten hier, wurden allesamt sozialisiert in einer Zeit, als es selbstverständlich war, z.B. um 23 Uhr noch ins Kino zu gehen statt in die Kneipe oder ins Bett. Da gab es keine Woche ohne einen Antonioni in der Spätschiene von Lupe oder Theatiner, ganz zu schweigen von Jerry Lewis, Howard Hawks, Raoul Walsh im legendären Nachtprogramm der Kuchenreuther Kinos. Wenn man heute im Filmtipp-Buch von Frieda Grafe liest, entsteht eine längst vergangene Zeit vor dem inneren Auge, das sich schnell vor Nostalgie und Sehnsucht anfeuchtet. Tempi passati! Aber selbst das Werkstattkino, seit 1976 Garant für Entlegenes und Verwegenes aller Art, war damals noch wilder und ungestümer, Underground eben, und ein Kino für Filme, die heute gar nicht mehr gedreht werden. Was wiederum zusammenhängt mit Angebot und Nachfrage und so sind auch wir auf eine Weise marktgebunden, in kleinerem Maßstab zwar, aber nichtsdestotrotz abhängig von der eigenen Bereitschaft zum Risiko, die wir etwas häufiger praktizieren können als die Kollegen; aufgrund niedrigerer Miet- und Personalkosten dürfen wir uns den Luxus leisten, kein Geld zu haben, gelten aber für einige immer noch als »Hobbykino«. Wobei es natürlich nichts Schöneres gibt, als seinem Hobby ganz und gar zu frönen. Engagierte Programmarbeit ist aber stets auch abhängig vom Wagemut der Filmverleiher, von denen mittlerweile einige auf Nummer Sicher gehen und uns mit der xten französischen Sommerkomödie beglücken wollen. Aber tatsächlich gibt sie noch, die »soul rebels« der Filmkunst, gerade im Zeitalter des digitalen Kinos, wo sich zig neue Filme im Wochentakt die Klinke in die Hand geben und es nahezu unmöglich scheint, ein Repertoire aufzubauen. Und vor allem, noch schlimmer, einem Film die Möglichkeit zu bieten, sich entfalten zu können. Dieses Überangebot geht einher mit einer neuen Unüberschaubarkeit, die es dem Besucher nicht gerade einfach macht, das passende daraus auszuwählen. Aber eben darin besteht meiner Meinung nach die Aufgabe der (Programm-)Kinobetreiber: Orientierung im Dickicht zu verschaffen, und Angebote zu unterbreiten, die man im Idealfall nicht abschlagen kann. Und für dieses Engagement braucht es natürlich Anerkennung, sei es durch zahlende Gäste, die gerne wiederkommen, oder durch Kinoprogrammpreise, wie diesen. Und genau diese Anerkennung durch die Landeshauptstadt München ist einfach verdammt wichtig und tut sehr gut, weil es ein Zeichen dafür ist, dass man durchaus wahrgenommen wird für das, was man mit Leidenschaft tagtäglich in seiner kleinen Stadt so treibt.
Also, liebe Kollegen: Schluss mit dem Gejammer, denn auch ein Tropfen höhlt den Stein, wenn er nur stetig genug ist. Und für diese seit Jahren bewiesene Stetigkeit gebührt der Landeshauptstadt unser aller herzlichster Dank.