14.11.2019

Junge Film-Götter

Götter von Molenbeek
Bester fremdsprachiger Kinder-Dokumentarfilm: Die Götter von Molenbeek

Bericht vom 18. doxs!, der Kinder- und Jugendschiene der Duisburger Filmwoche

Von Christel Strobel

Für die 18. Ausgabe von doxs!, dem spezi­ellen Programm der Duis­burger Filmwoche für Kinder und Jugend­liche, wurden insgesamt 26 Titel ausge­wählt. Doku­men­tar­filme zu Themen, die so aktuell wie viel­seitig sind und immer Anlass für ein anschließendes Gespräch geben. Die Film­ge­spräche – ohnehin eine gute Tradition in Duisburg – tragen bei doxs! auch dank einer erfah­renen Mode­ra­torin wie Aycha Riffi (Grimme-Institut) zur Akti­vie­rung des jungen Publikums, größ­ten­teils Schul­klassen, und zur Diffe­ren­zie­rung des Gesehenen bei.

Gudrun Sommer, Mitbe­grün­derin und Leiterin der Sektion doxs!, hat in diesem Jahr zusammen mit Christian Koch die Leitung der Duis­burger Filmwoche über­nommen und damit die Nachfolge des lang­jäh­rigen Chefs Peter Ružička ange­treten. Dennoch bleibt sie dem Kino­nach­wuchs verbunden, war wie immer souverän und unauf­ge­regt auch in »ihrer« Sektion präsent: »Für doxs! bleibt das Kino als Ort der Begegnung, des gemein­samen Schauens von Filmen und des gemein­samen Sprechens über Bilder von zentraler Bedeutung.«

Dass Bilder und Geschichten, über die es lohnt, nach­zu­denken und zu sprechen, auch im Rahmen von TV-Formaten bzw. Film­reihen entstehen, zeigen drei ganz unter­schied­liche Beiträge:

Crowley – Bleib im Sattel

wurde für die Doku­men­tar­reihe »Stark!« / Kika produ­ziert. Der Filme­ma­cher André Hörmann, der bereits vor drei Jahren den damals elfjäh­rigen Jungen Crowley für das Kika-Format porträ­tiert hat (Crowley – Jeder Cowboy braucht sein Pferd) kehrt in die ameri­ka­ni­sche Provinz nach Colorado zurück. Jetzt ist Crowley vierzehn, seine Eltern haben sich scheiden lassen, was der Junge mit Verständnis erwähnt, er lebt bei der Mutter, ist aber auch immer wieder beim Vater. Ein schmerz­li­cher Verlust für ihn ist der Tod des großen Bruders Yancie, der bei einem Auto­un­fall ums Leben kam. Er denkt oft an ihn, spricht mit seiner Asche, die er in einer kleinen Halskette immer bei sich hat, für ihn ist das »wie ein normales Tele­fon­ge­spräch«. Crowley will unbedingt Rodeo reiten – für Yancie, dessen Leiden­schaft diesem Sport galt. Den Preis dafür – 200 Dollar für einen Rodeo, der auch im Fernsehen über­tragen wird – verdient er sich mit kleinen Jobs in der Nach­bar­schaft, denn die Eltern können ihm nichts dazu geben, ihnen ist das Geld ausge­gangen durch die Anwalts­kosten für die Scheidung. Schließ­lich hat er die Start­ge­bühr zusammen, der Vater bringt ihn zum Rodeo­platz, Crowley ist etwas bange, als er den jungen unge­stümen Bullen sieht, auf dem es heißt, acht Sekunden oben zu bleiben, ohne abge­worfen zu werden. Nicht zuletzt der Gedanke an seinen Bruder gibt ihm Kraft dazu. Eine sehr persön­liche, klare Geschichte mit leisen Zwischen­tönen, in denen die Trauer des ansonsten schon sehr erwachsen reflek­tie­renden Jungen spürbar wird.

Von André Hörmann, der Filmregie an der Film­uni­ver­sität Konrad Wolf Babels­berg studierte, und Anna Bergmann war voriges Jahr bei doxs! der stark beein­dru­ckende Anima­ti­ons­film Obon zu sehen.

Ich bin Kilian

»Schau in meine Welt!« heißt ebenfalls ein Kika-Format mit ca. halb­stün­digen Doku­men­tar­filmen über Kinder hier­zu­lande und anderswo, deren Lebens­welten den Kindern eher fremd sind. Berna­dette Hauke macht in ihrem Film mit Kilian bekannt, einem Jungen mit Down-Syndrom. Seine ganze Hingabe gilt der Verklei­dung und dem Spiel als Clown. Und als er seine Helden Gensi und Chis­terrin, die bezau­bernden Clowns im Roncalli-Zirkus, kennen­lernt und mit ihnen sogar einen kleinen Bühnen­auf­tritt hat, fühlt er sich in seiner Clowns­rolle richtig glücklich. Eine von Sympathie und Zuge­wandt­heit getragene kleine Geschichte mit einer liebens­werten Haupt­person.

Jesús aus Mexiko

»199 kleine Helden« heißt ein doku­men­ta­ri­sches Seri­en­pro­jekt der evan­ge­li­schen Matthias Film GmbH, die haupt­säch­lich zu gesell­schafts­po­li­ti­schen Themen produ­ziert. In dieser Filmreihe entstanden schon eine statt­liche Anzahl von Kurz­filmen über kleine Helden aus aller Welt. Hier lernen wir den elfjäh­rigen Jesús kennen, der in Xochi­milco lebt, einem von Kanälen durch­zo­genen Stadtteil von Mexiko-City, und begleiten ihn und seine Schwester auf dem Weg zur Schule. Der wirkt zunächst idyllisch, denn die beiden Kinder steigen ins Boot, das direkt hinter ihrem Haus am Kanal liegt. Doch während der geruh­samen Fahrt erzählt der Junge von den Problemen und Gefahren in dieser Gegend. Proble­ma­tisch ist der Zustand der Kanäle, deren Wasser stark verschmutzt ist durch Abwasser, Müll und Fäkalien, und gefähr­lich ist diese Gegend wegen der Entfüh­rungen, die auch Kinder betrifft. Jesús sagt: »Die Armen denken, weil sie kein Geld haben, haben sie auch keine Macht, sich zu wehren.« Er will dafür sorgen, dass es anders wird – als Polizist. Das ist sein Berufs­ziel.

Der nur zehn­minü­tige Film von der in Vilnius/Litauen geborenen Regis­seurin Lina Luzyte beein­druckt zum Ende hin immer stärker durch die harten Fakten, die der Junge einfach so erzählt – es ist ihr Alltag und darin sind sie die Helden, indem sie selbst­ver­ständ­lich zur Schule fahren.

Unter meiner Haut (Onder Mijn Huid)

Aus den Nieder­landen, dem klas­si­schen Land des Kinder­do­ku­men­tar­films, waren auch diesmal wieder einige gute Beispiele zu sehen, wie Unter meiner Haut von Eva van Barneveld und Heleen D’Haens, die ein schon länger währendes, aber immer noch aktuelles Schicksal in Uganda aufgreifen. Tracy, 16 Jahre, ist von Geburt an HIV-positiv. Sie lebt seit dem Tod ihrer Mutter bei der Groß­mutter, die auch als Einzige im Dorf von Tracys Krankheit weiß. Regel­mäßig geht Tracy zu den Kontroll­un­ter­su­chungen in die ärztliche Station. Unter den Einhei­mi­schen – wie im ganzen Land – herrscht immer noch die Meinung, dass das Virus schon bei einer Berührung anste­ckend sei. Tracy trägt schwer an der Last, sich nicht mal Rachel, ihrer besten Freundin, anver­trauen zu können. Sie hat einfach Angst, dass Rachel dann nichts mehr von ihr wissen will. Doch die reagiert ganz anders als von Tracy befürchtet. Unter meiner Haut ist ein gerad­linig erzählter Doku­men­tar­film über ein brisantes Thema, das bei uns Dank medi­zi­ni­scher Fort­schritte und Betreuung aus dem öffent­li­chen Fokus gerückt, in anderen Ländern aber relevant ist.

City Plaza Hotel

Wie geht es einem elfjäh­rigen Mädchen am Beginn der Pubertät, das mit seiner Familie vor dem Krieg in Afgha­ni­stan geflüchtet ist? Nun sind sie in dem bis dahin leer­ste­henden City Plaza Hotel mitten in Athen einquar­tiert worden – wie so viele andere geflüch­tete Menschen, die das gleiche Schicksal erlitten haben. Das Mädchen Zhenos wohnt beengt – und bedrängt von Albträumen – zu mehreren in einem kleinen Zimmer, steigt, um zu sich zu kommen und über sich nach­zu­denken, immer wieder auf das Hoteldach. Alle derzei­tigen Bewohner des City Plaza Hotels leben in Unge­wiss­heit und Zhenos »will hier nicht älter werden«. Nicht an diesem Ort, wo kein Platz für sie ist. Auf unter­schied­li­chen visuellen Ebenen doku­men­tieren die Regis­seu­rinnen Anna Paula Hönig und Violeta Paus in dieser fran­zö­sisch-deutsch-chile­ni­schen Kopro­duk­tion die komplexe Lebens­welt des afgha­ni­schen Mädchens Zhenos. So gibt der 14-minütige Doku­men­tar­film viel­fäl­tige Ansätze für ein Nach­denken und Gespräch.

#Mobbing­ge­schichte (#Pest­ver­haal)

Eine bedrü­ckende Geschichte aus den Nieder­landen: Rosalie, dreizehn, sitzt in ihrem Zimmer und erzählt stockend, wie sie täglich auf dem Schulhof geschlagen wurde und das Mobbing auf Facebook und Instagram weiter­ging. Das tat weh, sie war verzwei­felt und verun­si­chert, fühlte sich auch zu Hause nicht mehr wohl. Eine Wende kündigt sich an, als sie im Internet chattet und dabei Nach­richten anderer Mobbing­opfer entdeckt, die sie kontak­tiert. Daraus wird ein lebhafter Austausch, so erzählt ein Mädchen: »Ich war sieben, als es begann.« Rosalie kommu­ni­ziert über Skype mit gleich­alt­rigen Mädchen und Jungen über ihre schlimmen Erfah­rungen, was die bei ihnen ausgelöst und wie sie Hilfe gesucht und gefunden haben. Durch diesen Austausch gewinnt auch sie zunehmend wieder Selbst­si­cher­heit. #Mobbing­ge­schichte von Eef Hilgers doku­men­tiert in fünfzehn Minuten stringent ein brisantes aktuelles Thema und eignet sich hervor­ra­gend als Auftakt für eine vertie­fende Diskus­sion.

Der letzte seiner Art (The Last Male On Earth)

Diese ebenfalls nieder­län­di­sche Produk­tion fällt nicht nur ihrer Länge wegen aus dem Rahmen. Bewegen sich alle anderen doxs!-Beiträge zwischen 15 und 30 Minuten, so nimmt sich dieser Film 71 Minuten Zeit, um die letzten Wochen »des Letzten seiner Art« zu doku­men­tieren. Es handelt sich um das letzte männliche Nördliche Breit­maul­nas­horn, Sudan genannt, das im hoch­ge­si­cherten Gehege »Ol Pejeta« in Kenia gepflegt, wissen­schaft­lich unter­sucht, ärztlich betreut und doku­men­tiert und – auch das – als Touris­ten­at­trak­tion genutzt wird. Außer diesem männ­li­chen, mit 40 Jahren bereits im statt­li­chen Alter, leben in Ol Pejeta noch zwei wesent­lich jüngere weibliche Breit­maul­nas­hörner in einem eigenen Gehege. Dass diese Tierart am Aussterben ist, liegt – wie wir von der Managerin des Tier­ge­heges erfahren – vor allem am asia­ti­schen Handel mit dem wert­vollen Horn, das bis zu 70.000 Dollar pro Kilo einbringt. An dem abge­schie­denen Platz wird Sudan wegen der befürch­teten Wilddiebe von einer mili­tä­risch gedrillten Truppe bewacht, die – wie der weiße Komman­dant überzeugt ist – auch zur Terro­ris­ten­ab­wehr einge­setzt werden kann.

Eine Bedrohung des alten Nashorns stellen aber, wie man sieht, die Scharen von zahlungs­kräf­tigen Touristen dar, die von ihren exklu­siven Lodges (man denkt unwill­kür­lich an Jenseits von Afrika) in kleinen Gruppen zu dem immer schwächeren Tier gefahren werden. Sie foto­gra­fieren sich mit ihm, dürfen es anfassen, über seinen Rücken und Kopf streichen. Wie sie später erzählen, war das im Bewusst­sein des endgül­tigen Verschwin­dens dieser Art ein fast sakrales Erlebnis. Es macht zunehmend sprachlos, welche gigan­ti­sche Vermark­tung – eine Mischung aus Fürsorge ums Tierwohl und knall­hartem Geschäft – an diesem abge­le­genen Ort entstanden ist. Das letzte männliche Breit­maul­nas­horn ist durch die rührigen »Anwälte seines Wohls« zum Superstar weltweit geworden. Sein uner­müd­li­cher Tier­pfleger stellt aber nur ganz nüchtern fest: »Der ist sich dessen nicht bewusst, will nur sein Futter und sein Schlammbad.«

Der Film beginnt mit dem atmo­s­phä­risch starken Bild eines einzelnen Baums in der Weite einer sanften Land­schaft in Kenia und beein­druckt durch die visuelle Gestal­tung und die Einzig­ar­tig­keit dessen, was er zeigt. Doch nach und nach werden Wider­sprüche sichtbar. Die Regis­seurin Floor van der Meulen unter­läuft die emotio­nale Aufge­la­den­heit der Vermark­tungs­phi­lo­so­phie und das System, das rund um das letzte Nashorn errichtet wurde, indem sie den einzelnen Verant­wort­li­chen Fragen nach dem Sinn und der Notwen­dig­keit ihres massiven Einsatzes stellt. Schließ­lich entlarvt sich die unglaub­lich geschäft­s­tüch­tige Managerin mit der nüch­ternen Fest­stel­lung: »Wenn das männliche Nashorn stirbt, stirbt ein Symbol. Wir haben aber noch zwei weibliche junge Breit­maul­nas­hörner, 17 und 26, und hoffen, dass sie noch 30 Jahre leben.«

„Der Letzte seiner Art“ endet mit dem Gedenk­got­tes­dienst für Sudan. »The last male Northern Rhino, 1973 – 2018« steht auf seinem Grabstein. Der lange kritische Blick auf ein exoti­sches, gleich­wohl straff und geschäft­s­tüchtig verwal­tetes Terri­to­rium war schon etwas Beson­deres im dies­jäh­rigen doxs!-Programm.

doku.klasse

Dazwi­schen Elsa

Das Exposé für ihren halb­stün­digen Doku­men­tar­film haben Katharina Pethke und Christoph Rohr­scheidt mit Jugend­li­chen aus dem Ruhr­ge­biet, die an der doku.klasse 2018 teil­nahmen, disku­tiert. Die doku.klasse (für junge Inter­es­sierte von 20 – 29 J.) ist ein Projekt von doxs! in Koope­ra­tion mit 3sat, das es seit 2014 gibt. Hier treffen die Filme­ma­cher*innen auf ihr poten­ti­elles Publikum, stellen ihre Exposés zur Diskus­sion, nehmen Anre­gungen auf – im direkten Austausch. So ist die doku.klasse auch für die Autoren und Filme­ma­cher eine Chance für einen zweiten Blick auf ihre Stoffe – gemeinsam mit den Jugend­li­chen.

Nun war der Film Dazwi­schen Elsa bei doxs! zu sehen und erhielt von der Jugend­jury eine Lobende Erwähnung, weil er aufzeigt, »wie die Vielzahl an Möglich­keiten, das eigene Leben zu gestalten, Jugend­liche unter Druck setzen kann. Der Stress, das Richtige tun zu müssen, führt zu vorschnellen Entschei­dungen und Verun­si­che­rung. Uns hat besonders berührt, wie empa­thisch der Film das Gefühl des Verlo­renseins seiner Prot­ago­nistin vermit­telt.«

Der Film erzählt auch von der wech­sel­haften Beziehung der zwan­zig­jäh­rigen Elsa zu ihrem Freund, der für eine Weile nach Fuer­te­ven­tura gezogen ist und Elsa in der noch nicht fertig reno­vierten Wohnung zurück­lässt. Elsa, nach dem Abitur ohne konkrete Pläne zwischen ihrer Mutter, für die ein Studium selbst­ver­ständ­lich wäre, und ihrem Freund, der das freie Leben genießt, entscheidet sich aus Enttäu­schung erst mal gegen den Freund. Dennoch – und diesen Punkt möchte ich bei allem Lob zu bedenken geben – ist Elsa in einer privi­le­gierten Lage, denn sie kann es sich leisten, in aller Ruhe zu überlegen, wie ihr weiterer Lebensweg gehen soll.

Die Preise

In diesem Jahr wurden drei Preise vergeben.

Schon Tradition hat die Jugend­jury, die seit 2011 einen mit 5.000 Euro dotierten und von der Bundes­zen­trale für poli­ti­sche Bildung gestif­teten Preis vergibt: Zwölf Jugend­liche (14-18 J.) aus der Region begut­ach­teten acht Filme aus dem doxs!-Programm.

Der 9. Euro­päi­sche Filmpreis für den poli­ti­schen Kinder- und Jugend­do­ku­men­tar­film »Große Klappe« 2019 ging an den tsche­chi­schen Beitrag Zusammen Allein (Spolu Sami) von Diana Cam Van Nguyen, die an der renom­mierten FAMU in Prag das Fach Animation studiert. Ihr »gemalter Film« stellt drei junge Menschen vor, deren Gemein­sam­keit die Trauer um einen geliebten, nahe­ste­henden Menschen ist, den sie bis zum Tod begleitet haben. Schmerz­voll regis­trieren sie die Verän­de­rungen durch Krankheit: »Er verlor seine Rolle als Vater.« – »Ich spüre die Anwe­sen­heit meiner Mutter.« – »Am meisten fehlt mir ihre Unter­stüt­zung.« Gefühle der inneren Unruhe, der Panik und des »Zusammen Allein-Seins« werden in berüh­renden Bildern ausge­drückt und auf der Tonebene ohne Musik, nur durch teils hektische, teils tief­trau­rige Worte verstärkt. Aus der Begrün­dung der Jugend­jury: »Der prämierte Film ist von großer gesell­schaft­li­cher Relevanz, weil jeder von uns mit dem Thema Tod in Berührung kommt. Wir hoffen, dass der Preis Jugend­liche dazu anregt, über diese Gefühle und die Hilf­lo­sig­keit ins Gespräch zu kommen.«

Bemer­kens­wert ist, dass auch im vorigen Jahr mit Obon ein außer­ge­wöhn­li­cher Anima­ti­ons­film (über den ameri­ka­ni­schen Atom­bom­ben­an­griff am 6. August 1945) von der Jugend­jury ausge­zeichnet wurde. (Siehe artechock: Points of View vom 15.11.2018 Duis­burger Filmwoche – doxs!)

Seit 2016 vergibt die European Children’s Film Asso­cia­tion den ECFA DOC AWARD.

Die dies­jäh­rige Jury (Viktoria Ebel, Paris; Nicola Jones, Erfurt; Dimitra Kouzi, Athen) entschied sich für Cassandra Offenberg und ihren Film Champ (Nieder­lande 2019). Sie stellt eine ehrgei­zige wie aussichts­reiche vier­zehn­jäh­rige Kick­bo­xerin vor, die von 24 Kämpfen nur drei verloren hat. Zur Zeit aber macht sich Esma Sorgen um ihre kranke Mutter, doch ein wichtiges Rückspiel steht an und sie muss kämpfen wie – in anderer Weise – ihre Mutter. »Ohne es explizit zu thema­ti­sieren, vermit­telt der Film einen Einblick in den fami­liären Zusam­men­halt, der durch drei Genera­tionen von Frauen sowie ihren Migra­ti­ons­hin­ter­grund geprägt ist. In nur sechzehn Minuten lernen wir Esma in ihren unter­schied­li­chen Facetten kennen, die ihre Stärke und ihre Verletz­lich­keit zeigen.«

Ein dritter Preis, von der »Selbst.Los! Kultur­stif­tung« initiiert und mit 6000 Euro dotiert, wurde in diesem Jahr das erste Mal verliehen. Dieser Preis soll künftig alle zwei Jahre gemeinsam mit dem Verein »Freunde der Realität e.V.« bei doxs! vergeben werden.

Als bester fremd­spra­chiger Kinder­do­ku­men­tar­film wurde Die Götter Von Molenbeek (Aatos Ja Amine) von Reetta Huhtanen, eine finnisch-belgische-deutsche Co-Produk­tion, mit dem Preis bedacht. Ganz aus der Sicht des sechs­jäh­rigen Aatos, der mit seinem gleich­alt­rigen Freund Amine neugierig durch sein Viertel streift, erleben wir deren kindliche Entde­ckungen und Phan­ta­sien wie die Reise auf einem flie­genden Teppich, aber auch ihr Gespräch über Gott und die Welt, wo sie sich nicht einig sind. Als sie Poli­zisten in ihrem Stadtteil Molenbeek sehen und Menschen mit Kerzen an den Straßen, gibt es neue Fragen.

Die Götter von Molenbeek bezaubert mit einem origi­nellen wie liebens­werten Jungen, der sich unbe­fangen in seiner Welt bewegt, in der Menschen unter­schied­li­cher Herkunft und verschie­denen Glaubens zu Hause sind. Aatos erkundet diese Umgebung uner­müd­lich mit tief­sin­nigen, klugen Fragen.

Ausblick

Das Stipen­dium des Landes Nordrhein-Westfalen für einen künst­le­ri­schen Doku­men­tar­film für Kinder oder Jugend­liche wurde bei der Preis­ver­lei­hung der Duis­burger Filmwoche an Filip Jacobson für sein Projekt Bloß weg von zu Hause verliehen. Er will »über die Sehnsucht nach dem Ausbre­chen und deren Umsetzung in die Tat einen Film drehen, der mit Kindern und Jugend­li­chen für ebenjene entsteht. Seine Offenheit, seine Neugier und die Klarheit seines Vorhabens sind augen­fällig. Dass er für dieses im Spielfilm bekannte Hand­lungs­motiv doku­men­ta­ri­sche Perspek­tiven finden will, klingt so viel­ver­spre­chend wie heraus­for­dernd.« (Aus der Jury­be­grün­dung) Mit der Förderung von 9.900 Euro kann der Regisseur seine Kontakte und Zusam­men­ar­beit mit Kindern und Jugend­li­chen, die schon einmal aus ihrem Eltern­haus geflohen sind, und seine Recherche bei unter­stüt­zenden Einrich­tungen weiter­führen.