27.07.2023

Filmkunstwochen forever!

Trouble in Paradise
Trouble in Paradise
(Foto: BFI | Ernst Lubitsch)

Die 71. Filmkunstwochen zeigen zahlreiche Retros und Werkschauen aus der jüngeren und älteren Filmgeschichte

Von Dunja Bialas

Sommer­fri­sche heißt in München: Kino­sommer bei den Film­kunst­wo­chen. Bereits zum 71. Mal machen die Arthouse-Kinos ein eigenes Programm abseits des regulären Verlei­h­an­ge­bots. Was anno 1953 begann, als Idee von Kino-Pionier Friz Falter (Türken­dolch), um der Sommer­flaute gehörig Wind in die Segeln zu blasen und außerdem dem immer seichter werdenden Kino­pro­gramm mit einem anspruchs­vollen Reper­toire-Programm auf die Sprünge zu helfen, gehorcht im Jahr 2023 natürlich verän­derten Motiv­lagen. Fast hat man den Eindruck, sieht man sich das Programm in diesem Jahr durch, dass die Film­kunst­wo­chen es vor allem ermög­li­chen wollen, Versäumtes, Verpasstes, noch nie Gesehenes auf der Kino­lein­wand nach­zu­holen.

Zum Beispiel sind da die Retros zu Chris­to­pher Nolan (Rio) und Wes Anderson (Monopol und Arena) und die Reihe »Female Directors« mit einem Werk von Greta Gerwig im Maxim, die gerade mit Barbie für Furore sorgt. Gerade Nolans Werke, schon lange auf Netflix verfügbar, geraten erst auf der Kino­lein­wand zu echten Mind-Fuck-Erleb­nissen, in denen die Zeit- und Erzähl­struktur eine vierte Dimension annimmt. Ähnliches gilt natürlich für die Detail­ver­liebt­heit des Wes Anderson. Aber auch und gerade ruhigere Filme brauchen ebenfalls die unge­störte Konzen­tra­tion im Kinosaal. Die Kraft der Ruhe ist dieses Jahr bei der Reihe »Stille Filme gründen tief« im Kino Solln zu erleben, das zum ersten Mal seit Jahr­zehnten wieder Teil der Film­kunst­wo­chen ist. Wobei doch hier alles ange­fangen hatte, unter dem Namen Studio Solln, am alten Standort wenige Meter weiter, war das Licht­spiel­theater eines der ersten Film­kunst­wo­chen­kinos überhaupt.

Damals führte das Kino noch die Familie Wilhelm. Deren Spröss­ling Thomas ist heute Betreiber des Rottmann-Kinos in der Maxvor­stadt und des Rex in Laim, die beide mit unter­schied­li­chen Programmen ihr unter­schied­li­ches Publikum anspre­chen. Mitar­bei­terin Susi Schmidt zeigt im Rottmann eine Auswahl an Doku­men­tar­filmen und Programme der Filmstadt München (Grie­chi­sche Filmwoche, Türkische Filmtage, Circolo Cento Fiori). Cinema Iran, ebenfalls bei der Filmstadt, wiederum ist im Maxim vertreten. Das beliebte Boller­wa­gen­kino (ebenfalls Filmstadt München) führt dieses Jahr nach Thal­kir­chen.

Tiefer in die Film­ge­schichte hinein geht es bei der Reihe »Deutsche Komödien« im Isabella und bei »Ernst Lubitsch« im ABC von Kino­be­treiber Thomas Kuchen­reu­ther. Dieser war in der Vergan­gen­heit außerdem als Verleiher von Godards Pierrot le fou tätig (die Restau­rie­rung von Le mépris ist ein will­kom­mener Anlass, noch mal seine frühen Filme zu zeigen). Und er hat produ­ziert: zwei Filme von Herbert Achtern­busch (Ab nach Tibet!, Hades) und Malina von Werner Schroeter. Thomas Kuchen­reu­ther stellt letzteren bei einem Besuch im Theatiner vor, wo der Film im fran­zö­si­schen Original mit Unter­ti­teln zu sehen ist.

Das Theatiner erinnert an den dieses Jahr im Januar verstor­benen spani­schen Regisseur Carlos Saura, der vielen nur von Carmen bekannt ist. Man kann sich hier auf den meta­phern­starken Züchte Raben aus den Sieb­zi­gern freuen und auf Die Jagd, der 1966 mit dem Silbernen Bär ausge­zeichnet wurde. Eine besondere Begegnung bieten die Filme des Münchner und Regis­seurs Veith von Fürs­ten­berg, den man auch als Dreh­buch­autor von Wim Wenders Alice in den Städten kennt. Er kommt persön­lich ins Theatiner-Kino.

Kuchen­reu­ther wusste auch von der Freund­schaft von Ernst Lubitsch mit dem impres­sio­nis­ti­schen Maler Lovis Corinth. Dieser gilt als »Walchensee-Maler«. Anlass genug, dieses Jahr zum ersten Mal einen Ausflug mit den Kino­be­trei­bern zu machen. Unter dem Motto »Walchensee forever!« nach dem gleich­na­migen Doku­men­tar­film von Janna Ji Wonders (zu sehen im Rottmann) geht es am 12.08. zu dem tiefsten und größten Alpensee. Daselbst steht ein Besuch des Walchensee-Museums mit Radie­rungen zu Lubitsch an, ein Rundgang auf dem Lovis-Corinth-Weg und eine Einkehr im Strand­café Bucherer, dem berühmten Café von Jannas Uroma.

  • 71. Film­kunst­wo­chen München 26.7.-16.8.2023
    ABC, Arena, City Kinos, Isabella, Maxim, Monopol, Rex, Rottmann, Kino Solln, Theatiner
  • Website der Film­kunst­wo­chen mit allen Filmen und Spiel­daten
  • Anmeldung Boller­wa­gen­kino (28.7. und 14.8., jeweils 21:00, Treff­punkt U-Bahnhof Thal­kir­chen (Ausgang Tierpark) unter boller­wa­gen­kino-muenchen@gmx.de
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  • Anmeldung Walchensee-Ausflug (12.8., Abfahrt 9:00 München Haupt­bahnhof) unter info@film­kunst­wo­chen-muenchen.de
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