Das Jammern geht weiter |
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Szene aus Wolfgang Beckers Das Leben ist eine Baustelle... | ||
(Foto: X Filme) |
»Wer den Sumpf trockenlegen will, sollte nicht die Frösche fragen.« – Chinesisches Sprichwort
Lange hatten sie gebangt – als ob der Untergang des Abendlandes am Filmfördergesetz hing – und gejammert, dass das FFG nicht kommen würde, überlegt, wie man Druck machen könnte und welche Prominenten vielleicht doch noch für ein Filmfördergesetz öffentlich sprechen könnten.
Jetzt ist es wohl da, nach langem Hin und Her, und das Jammern geht weiter.
Denn nach übereinstimmendem Urteil vieler verschiedener Stimmen aus der Branche – sowohl auf der Seite der Macher und Filmschaffenden wie auch auf Seiten der Verwerter – ist der Kompromiss, der in allerletzter Minute am heutigen Mittwoch vom Kulturausschuss des Bundestages aus heraus verhandelt wurde, mehr als faul, so faul, dass er zum Himmel stinkt. Oder wie einer, der es wissen muss, formulierte: »Ein Desaster auf allen Ebenen.«
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Wobei man gleich sagen muss, dass jeder etwas anderes zu kritisieren hat, und der Kompromiss deshalb vielleicht doch nicht so schlecht ist. Aber schlecht genug.
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Der Druck der Industrie hat es möglich gemacht. Die Lobbys waren sehr aktiv. Und am Ende freuen sich wieder wie schon am Anfang die großen Produzenten am meisten.
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Die Grünen melden: »um den Start für diese umfassende Reform der Filmförderung zu ermöglichen haben wir auf den letzten Metern der Verhandlungen zur Findung eines mehrheitsfähigen Kompromisses die Streichung des Diversitätsbeirats und weitere Anforderungen für eine nachhaltige und diverse Filmförderung hinnehmen müssen. Die Streichung dieser wichtigen gesellschaftspolitischen Anforderungen war von der FDP als Bedingung zur Zustimmung gestellt worden.«
Rotgrün ist also eingeknickt und opfert eines der Lieblingsprojekte von Claudia Roth. Andererseits muss man erstmal überhaupt Filme produzieren, bevor sie vielleicht auch noch nachhaltig und divers sein können.
Ich gebe zu: Mich hat bisher noch niemand überzeugen können, wozu man einen solchen Diversitätsrat und Diversitätslisten braucht – aus meiner Sicht ist die unternehmerische Handlungsfreiheit der Filmschaffenden bereits heute durch zu viele Auflagen, Bürokratie und kunstferne politische Vorgaben eingeschränkt. Und das ist kein Argument für die FDP sondern dafür, dass sich die anderen Parteien auf die Kunstfreiheit besinnen.
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Es muss übrigens auch noch der Bundesrat zustimmen und da braucht es nur eine Gegenstimme.
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Es ist schon eine große Ironie: die Grünen sind die im Kulturbetrieb wohl beliebteste deutsche Partei. Allenfalls die Linke kommt auf ähnlich viele Sympathien, die Sozialdemokraten und die FDP sind schon weiter hinten. Und gerade unter der ersten Kulturstaatsministerin, die diese Partei stellen kann, wird die Axt in einer Weise an die deutsche Kultur gelegt, wie es in der Geschichte der deutschen Demokratie ohne Beispiel ist.
Und ausgerechnet die Partei die unter den demokratischen am wenigsten mit diesem Parteien aus dem Kulturlager rechnen kann, die Union stand lange für so etwas wie einen bürgerlichen Kulturbegriff. Also die Einstellung, dass man sich die Kultur leisten muss, auch wenn der Großteil des Betriebs aus Leuten besteht, die einen niemals wählen und manche auf den ganzen Betrieb nur blicken wie auf ein großes Narrenhaus. Hofnarren wohlgemerkt.
Zu der Ironie gehört auch, dass ausgerechnet das, was sich viele aus diesem Kulturbetrieb so wahnsinnig wünschen, nämlich Diversität, jetzt nach hinten zu ihren Ungunsten zuschlägt: Dass also ausgerechnet der erste in Tansania geborene Kultursenator in einem führenden lokalen Bereich – falls man die provinzielle und miefige Berliner Hauptstadtkultur »lokal« nennen möchte – wie ein Pendant zu seiner grünen Kollegin im Bund auftritt. Zwei Elefanten im Porzellanladen, zwei Kulturfremde, aus dem Pop und der seichten Muse kommen, und sich so verhalten, als hätten sie mit Kultur nichts am Hut. Die sehr vieles kaputt machen, was nicht leicht wieder zu errichten ist.
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Das Leben ist eine Baustelle nannte der gerade leider zu früh verstorbene Wolfgang Becker seinen schönsten Film.
Das mag ein Trost sein, und ein weiterer ironischer Witz.
Natürlich geht es nicht um solche Ironien. Und auch wenn man schnell so etwas wie eine klammheimliche Freude empfindet, dass manche allzu naiven Träume eines bestimmten Teils der Kulturszene hier ihnen jetzt übel auf die Füße fallen, so kann man doch nicht glücklich sein mit dem, was gerade geschieht. Die Zerstörung der deutschen Kultur durch den Pop.