»Ich bin ein Fan von Videospielen« |
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Paul W.S. Anderson (rechts) |
Nach dem furiosen Debut Shopping legte Paul Anderson 1994 mit Mortal Combat seine erste Videospiel-Adaptation vor. Es folgten Event Horizon und Soldier, achtbare B-Movies, mit denen der junge Brite zugleich seine Virtuosität im Umgang mit Genre-Mustern und technischen Mitteln bewies. Bereits 1992 gründete der damals erst 27jährige Paul W.S. Anderson seine eigene Produktionsfirma „Impact Studios“.
Mit Paul Anderson sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: War es schwer, oder gar gefährlich, einen Film nach einem Videospiel zu drehen?
Paul W.S. Anderson: Gefährlich nicht, aber schwierig. Dies ist nach Mortal Combat mein zweiter Film nach einem Videospiel. Was ich dabei gelernt habe: Die Fans sind sehr leidenschaftlich. So hatten wir sehr viel Druck, auch einen guten Film zu machen. Sie hätten uns umgebracht. Wir mussten auf das Niveau den Spiels kommen – das sehr gut ist, und das ich selbst sehr mag. Der Flop von Final Fantasy war Warnung genug: Ein Film, der das Niveau des Spiels nicht einmal annähernd erreichte. Ein schlechter Film!
Eine solche Verfilmung muss einerseits dem Spiel gerecht werden, andererseits als Film für sich genommen funktionieren. Ein cooler Science-Fiction-Horrorfilm sein.
artechock: Können Sie mir etwas über die Faszination des Spiels erzählen?
Anderson: Ja, ich mag es sehr. Ich bin ein Fan von Videospielen. Ich bin regelrecht süchtig geworden, habe es drei Monate lang ununterbrochen gespielt, und war dann ein bisschen ausgebrannt: unrasiert, schwarze Augen, roter Kopf. Das Spiel ist einerseits erschreckend, ein gutes Spiel, andererseits selbst wieder beinflusst von Filmen, von Romero etwa. Daher war das Spiel für mich auch die Chance, einen Film im Geist der 70er-Jahre zu machen.
artechock: Wie waren die Dreharbeiten für Sie?
Anderson: Ich hatte mehr Spaß, als bei irgendeinem Film zuvor. Zum einen, weil die beiden Hauptdarstellerinnen sich wirklich angestrengt hatten. Zum anderen hat die Geschichte zwei tolle starke Frauencharaktere. Die traditionelle Rolle für Frauen in Actionfilmen ist, am Rande zu stehen und Bruce Willis zuzugucken: »Ah, mach das nicht!« zu schreien und zu weinen. Ich dachte, es müsste Spaß machen, die Rollen umzukehren.
artechock: Wollen Frauen denn den Bruce Willis-Part?
Anderson: Schauen Sie sich doch Sigurney Weaver in Alien an. In meinem Film ist es etwas anders. Es sind nicht Frauen, die sich wie Männer benehmen, sondern Frauen, die Frauen bleiben, aber sich anders benehmen. Milla Jovovich und Michelle Rodriguez waren die ersten beiden Darsteller, die ich gecastet habe.
artechock: Was unterscheidet Sie von Romeros Art, Filme zu machen?
Anderson: Er richtete sich an ein kleines Publikum. Wollte als Arhouse-Regisseur respektiert werden. Seine Filme wurden auch Komödien. Er hat so übertrieben, dass es amüsant wurde. Das war clever, er wollte, dass es Komödien wurden. Und er hatte Schwierigkeiten mit der Zensur. Ich fand, man müsste einen Film machen, der etwas mainstreamiger sein würde, und so mit der Zensur keine Probleme haben würde.
Es gibt da zwei Wege: Entweder man
macht es wie Paul Verhoeven. Der dreht ganz viel, was er dann wieder rausschmeißen muss: Blut, Blut, Nacktheit. In Total Recall gibt es miserabel geschnittene Szenen. Der Grund: Er drehte sehr blutige, gewalttätige Momente, die er dann im Nachhinein rausschneiden musste.
Oder man denkt vorher nach und dreht nur das, was man zeigen darf. Etwa in der Szene, als ein Körper zerhackt wird: Wir
zeigen dass als Reflexion im Fenster, das war schonender.
artechock: Das war inspiriert von Cube, oder?
Anderson: Ja, klar. Ich bin ein großer Genre-Film. Ich habe alles gesehen. Cube fand ich ziemlich flach, Cube wollte „Kunst“ sein, das war ein Film für erwachsene Europäer. Viel Blut, viel dumme Toneffekte – immer diese schlürfenden Geräusche. Aber ein Kinder-Mainstream-Publikum würde nur lachen und sich langweilen. Offen gesagt: Ich fand ihn auch nicht originell. Das kenne ich alles aus ein paar Roadrunner-Cartoons – da war ich etwa drei Jahre alt. Solch einen Film wollten wir definitiv nicht machen.
artechock: Denken Sie schon an Resident Evil II?
Anderson: Ja, aber ich versuche, nicht zu sehr daran zu denken.
artechock: Manche nennen Sie einen SF-Trash-Regisseur. Stört Sie das?
Anderson: Wie sollen Sie mich sonst nennen: Arthouse-Typ? Ich mache, was ich mache. Ich bin ziemlich gut darin. Ich liebe Science-Fiction, und wenn es anders wäre, würde ich nicht solche Filme machen. Keiner hat mich dazu gezwungen – das würde auch gar nicht funktionieren.
artechock: Was mögen Sie daran?
Anderson: Ich mag es, künstliche neue Welten zu kreieren. Ich mag Production-Design. Das ist super: Als Architekt braucht man Jahre, um ein einziges Haus zu bauen. Und ich darf den ganzen Scheiß in einem Monat machen.
artechock: Haben Sie nie davon geträumt, die Goldene Palme in Cannes zu gewinnen, oder einen Oscar? Mit Ihren bisherigen Filmen dürfte Ihnen das kaum gelingen.
Anderson: Ich träume nach wie vor davon. Wissen Sie: Science-Fiction oder Fantasy gilt als zweitrangig. Aber Peter Jackson wird mit Der Herr der Ringe da jetzt einiges erreichen.
Und so viel Respekt habe ich für den Oscar nicht. Wenn die Leute wüssten, was da hinter den Kulissen abgeht...
Kurzum: Ich bin noch nicht soweit, einen Oscar zu
gewinnen, ich bin noch nicht so weit, ein ernsthaftes künstlerisches Statement über die Welt abzugeben. Aber ich hoffe, ich werde noch lange Zeit Filme machen. Und ich glaube nicht, dass ich in zehn Jahren noch Resident Evil machen werde. Ich will so was nicht immer machen.