»Bildende Kunst ist viel gemeiner und frecher als das deutsche Kino!« |
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Katrin Gebbe | ||
(Foto: Chris Hunter) |
Das Gespräch führte Rüdiger Suchsland
Katrin Gebbe (geb. 1983) wuchs auf dem westfälischen Land auf. Zunächst studierte sie Kunst , drehte erste Kurz- und Experimentalfilme und ging dann zur Hamburg Media School. 2013 wurde ihr erster Langfilm Tore tanzt über einen Hamburger Jesus Freak in die Reihe „Un Certain Regard“ in Cannes eingeladen, und gewann in der Folge mehrere Preise. Jetzt kommt Gebbes zweiter Film, Pelikanblut – Aus Liebe zu meiner Tochter ins Kino.
artechock: Wenn du dich entscheiden musst: Ist Pelikanblut eher ein Genre-Film, oder ein Drama? Wie würdest du ihn jemandem beschreiben, der ihn nicht kennt?
Katrin Gebbe: Es ist für mich immer ein Drama geblieben. Aber der Film bedient sich schon einiger Elemente des Horror-Genres, einfach weil der Film letztendlich ein Alptraum-Szenario beschreibt. Nämlich das der Mutterschaft. Und weil er sich auch mit den Ängsten einer Mutter beschäftigt – und es einfach Momente gibt, die viele Leute tief berühren, und auch verstören. Denn es gibt nichts Schlimmeres, als wenn man sich ein Kind über alles wünscht, und dann merkt, dass dieses Kind für einen selber gar keine Liebe hat, und die ganze Familie zerstören könnte. Und man sich entscheiden muss, ob man dieses Kind überhaupt behält, oder ob man es, um die Familie zu schützen, in eine Institution gibt – was ja ein Schuldgefühl mit sich bringen könnte, das man sein Leben lang nicht mehr los wird.
Am Anfang der Arbeit an dem Buch stand die Recherche wahrer Fälle von Adoptionen. Ich fand es sehr berührend, was diese Frauen mir berichtet haben. So kam es dann, dass ich dachte, dieser Film kann durchaus auch poetische Elemente des Horror-Genres vertragen. Um auch eine gewisse Überhöhung zu schaffen. Denn ich wollte irgendwann wieder weg von den konkreten Fällen und vom sozialen Realismus. Dieser Film fokussiert sich ja vor allem auf die Frau, die Mutter, und nicht das Kind. Deswegen stellt sich auch die Empathie-Frage beim Zuschauer. Dies ist ein Film, der unser Mitgefühl in Frage stellt: Denn die Hauptfrage ist die, wie weit es gehen kann, wenn man an etwas glaubt, und wenn man es wirklich will – wie weit kann man dann gehen? Gibt es Grenzen?
Es war irgendwann schön, dass man sich von klassischen Genre-Vorstellungen auch wieder verabschiedet. Aber ja: Man kann diesen Film auch von verschiedenen Perspektiven aus betrachten. Das habe ich auch an den verschiedenen Publikumsreaktionen gemerkt. In den USA wird Pelikanblut sehr stark als Horrorfilm wahrgenommen. Und auch dafür ausgezeichnet. Das fand ich super. Ich fand es aber sehr wichtig, dass es nie so etwas gibt wie das klassische, geradezu klischeehafte »Böse Kind« in diesem Film. Weil ich tief daran glaube, dass ein Kind nicht zum Antagonisten werden darf. Ein Kind ist etwas, das schützenswert ist. Für das man viel geben sollte. Ein Kind ist eigentlich immer ein Opfer, und kann nichts dafür, in was für einer Gesellschaft es groß wird, und was ihm widerfährt. Ein Kind hat nur einen bestimmten, begrenzten Rahmen, zu reagieren.
artechock: Wir alle kennen einen an der Oberfläche ähnlichen Film: Systemsprenger von Nora Fingscheidt. Dieser Film hat seine Geschichte ganz aus der Perspektive eines Kindes erzählt, schon um Empathie für dieses Kind zu erzeugen. In deinem Film sehen wir jetzt alles aus einer ganz anderen Perspektive: Das Kind als böser Dämon, der schreit, austeilt, sich bewaffnet. Was hat dich zu dieser Überlegung geführt, das so zu erzählen?
Gebbe: Ich glaube zunächst einmal, dass Systemsprenger ein völlig anderer Film ist, und dass man beide nicht in einen Topf werfen kann. Was ähnlich ist: Dass es ein Kind gibt, das eine schwierige Emotionalität zeigt. Aber letztendlich habe ich einen Film gemacht, der von einer Mutter handelt, die mit einem Dilemma konfrontiert ist, und worin das ganze Ideal der Mutterschaft und unsere Empathiefähigkeit als Menschen, und wie wir mit randständigen Personen in unserer Gesellschaft umgehen, hinterfragt wird. Das macht Nora Fingscheidt auf eine ganz andere Weise.
Für mich war es total spannend – deswegen habe ich diesen Film auch Pelikanblut genannt – nach archaischen Elementen in dieser Geschichte zu suchen. Für die Hauptfigur Wiebke passte dieses Bild wunderbar von der Pelikan-Mutter, die ihre eigene Brust aufsticht, um mit ihrem Blut die toten Jungen wieder zum Leben zu erwecken. Das ist etwas, das ist eigentlich unmöglich, und sie selber muss dabei eine Grenze überschreiten, die sie gar nicht überschreiten dürfte, um etwas zu tun, das allen anderen unmöglich erscheint, und auch verrückt erscheinen mag – aber dafür kann sie einen Weg gehen, den andere nicht mehr gehen können.
Es ist eigentlich ja ein Märchen, oder eine Fabel, eine Parabel für etwas. Das finde ich so toll an Büchern, an Kurzgeschichten und Märchen: Dass sie so viel Raum lassen. Ich wollte gerne eine Geschichte erzählen, die ganz viel beim Zuschauer erstmal auslöst, und je nachdem, wie der Zuschauer die Welt betrachtet, glaube ich, kann er hier auch Sachen für sich entdecken. Je nachdem, womit er sich beschäftigt hat.
Das ist etwas, was in diesem Element, und von denen ich hoffe, dass sie nicht nur in einem Zug mit anderen Filmen genannt werden, eine sehr eigenständige Geschichte und Bildsprache geworden ist.
Ich hatte nicht den Anspruch, immer klar zu machen, was der Zuschauer denken und empfinden soll. Ich hatte mir eher das Gegenteil vorgenommen: Ich wollte den Zuschauer herausfordern, und am Ende mit Fragen konfrontieren, irritieren.
artechock: Als du angefangen hast, an dem Stoff zu arbeiten, was war da zuerst? Auch im Verhältnis zu Tore tanzt? Was wolltest du? Was hat dann diesen Weg ausgemacht?
Gebbe: Wenn man das jetzt mit Tore tanzt vergleicht – das habe ich aber auch erst später gemerkt – dann gibt es hier natürlich auch eine Hauptfigur, die einen ganz extremen Weg geht. Und deren Verhalten man vielleicht auch kritisieren könnte, das für viele unverständlich ist. Zugleich lassen dieser Weg und die Hauptfigur sich nicht einfach in eine bestimmte Schublade einordnen, oder mit einem bestimmten Diagnose-Wort qualifizieren.
Es geht ganz viel auch um »Glaube – Liebe – Hoffnung«, um das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Transzendenz, um das Kämpfen für etwas, an das man glaubt. Da sind sich beide Filme schon ziemlich ähnlich. Da beide Hauptfiguren auch ziemlich krasse Wege auf sich nehmen müssen.
Aber letztendlich war am Anfang etwas völlig anderes ausschlaggebend: Ich hatte mich schon in Tore tanzt viel mit Gut und Böse beschäftigt. Mich hat wahnsinnig interessiert: Wie wird man eigentlich böse? Wird man so geboren? Hat man einen freien Willen? Ich fand Personen, die wirklich handeln können, für diesen Film spannender. Das ist dann vor allem die Mutter.
Da ist die Auseinandersetzung mit dem Idealbild der Mutter auch wichtig: Was sie zu tun hat. Was sie zu stemmen hat. Diese ideale deutsche Mutter ist ja eine Alleskönnerin, die niemals aufgibt, die letztendlich dem Kind alles mit in die Wiege legt. Diese Last, die sie mit sich trägt und das, was sie bereit ist auf ihre Schultern zu nehmen, das hat mich wahnsinnig interessiert.
artechock: Aber du zeigst deine Mutter-Figur ja als Gezeichnete, ganz wörtlich: Da gibt es eine auffällige Narbe, wir ahnen auch, dass sie irgendeine problematische Vergangenheit hat. Sie adoptiert zwei Kinder aus Heimen, sie hat keinen Mann, scheint auch nicht so klar an Männern interessiert, zumindest lehnt sie den, der ihr ganz offensichtlich Avancen macht, ab. Aus einigen anderen Indizien heraus kann man vermuten, dass sie irgendetwas hinter sich hat – was immer das auch sein mag. Das ist bewusst im Unklaren gelassen. Kannst du dazu und zu deinen Überlegungen bisschen mehr erzählen?
Gebbe: Ich hatte für die Figur der Wiebke überlegt: Was macht die beruflich? Was kann die eigentlich für einen Hintergrund haben?
Es gibt ein Buch von Monty Roberts über „Natural Horsemanship“. Dieser Mann ist der, der später „der“ Pferdeflüsterer geworden ist. Zuvor hat er aber selbst Traumatisierungen erlebt. Das genau hat ihm aber erst die Möglichkeit gegeben, auch Pferde mit einem anderen Blick zu
betrachten, ihnen eine gewisse Empathie entgegenzubringen, und nach Ursachen zu forschen: Was hat eigentlich dieses Pferd erlebt? Was ist da als Trauma da? Was kann ich dem wegnehmen, und wie kann ich diesem Tier begegnen, um ihm letztendlich zu helfen, sich wieder in ein System zu integrieren. Das fand ich für Wiebke total spannend. Sie hat auch einen ganz besonderen Blick und benutzt den natürlich auch für ihr eigenes Kind. Sie kann dort weitermachen, wo andere aufhören würden, weil
sie besonders empathiefähig ist, und besonders lange sucht, und nicht aufgeben kann. Wenn sie aufgibt, ist das Kind verloren.
Gemeinsam mit Nina Hoss hatte ich überlegt, wie wir das zeigen. Was wollen wir aussprechen? Im Drehbuch gab es das kurze Aussprechen einer Backstory, aber ich hatte das Gefühl, das macht es viel zu deutlich, und dadurch auch viel zu klein. Darum wollten wir es nur andeuten, und haben uns dafür entschieden, dass sie eine Narbe hat, die zwar immer präsent ist, deren Ursprung aber vollkommen ungeklärt bleibt und die auch nicht zu aufdringlich ist. Im Zuge des Films wird es
aber deutlich, dass sie nicht nur mit ihrem Kind arbeitet, sondern dass in ihr selber und mit ihr selber auch etwas passiert, weil diese Narbe immer präsenter wird, und irgendwann aufbricht – dann kommt es aber zu einer Heilung.
Es war für uns total spannend, im Subtext zu erzählen, dass auch sie eine Metamorphose durchmacht, nicht nur ihre Tochter.
artechock: Du erzählst auch von einer Hexe, und von schwarzer Magie. Könnte das Irritationen auslösen?
Gebbe: Eigentlich beginnt der Film gar nicht realistisch, sondern im Zwielicht mit einem magischen Bild: Nämlich Pferden auf einer Wiese, die alle liegen, und zu schlafen scheinen, bevor sie sich dann eines nach dem anderen erheben. Dieses Bild ist nicht realistisch, denn so etwas gibt es in Wirklichkeit kaum. Es ist sehr bewusst gewählt: Dies ist eine Form von Metapher für das Wieder-Auferstehen von den Toten. Damit wird das perfekte Kinderbild einer Pferdefrau auf der Pferdefarm, die eine Alleskönnerin ist, schon von Anfang an in sein Gegenteil verkehrt – mit letztendlich total düsteren Bildern. Immer wieder gibt es auf verschiedenen Wegen Andeutungen von parallelen Welten, die sich öffnen. Auch das Ende ist aus meiner Sicht nicht hundertprozentig eindeutig. Ich merke das auch an den Reaktionen im Publikum.
Kino darf poetisch sein. Ich persönlich finde es toll, wenn etwas mehrdeutig ist und vom Zwielicht gewissermaßen wieder ins Zwielicht zurückgeht. Das allerletzte Bild ist wieder ein Pferd. Und dieses Bild ist sehr verstörend und gleichzeitig auch sehr beruhigend – genau diese Widersprüchlichkeit fand ich sehr interessant.
Um dieses Gefühl der Ambivalenz geht es mir auch: Wenn man einen Weg beschreitet und mit einem Problem konfrontiert ist, dann gibt es immer einen Funken Ungewissheit, das kann man nicht eins-zu-eins auflösen und nicht komplett fassen. Dieses Gefühl wollte ich den Zuschauern nahebringen. Das löst dann auch sehr unterschiedliche Gefühle aus, je nachdem, wie sie zu dieser Problematik stehen, ob sie für sich alles auflösen müssen, oder auch diese Offenheit aufhalten und ertragen können.
Eine Aussage will ich überhaupt nicht machen. Ich finde es total interessant, wenn der Film Fragen stellt, und welche Fragen sich daraufhin die Zuschauer stellen. Ich will mit so einem Film eine Welt erzählen. Ich möchte auch nicht sagen, ein Kind ist immer heilbar, oder ein Kind ist nie heilbar – für mich war es total spannend, zu fragen: was passiert, wenn man mit einem Problem konfrontiert ist, und es gibt keinen Ausweg? Es scheint keine Lösung mehr zu geben. Man könnte ein Kind dann abgeben – was ja auch in der Realität tatsächlich passiert.
Ist das etwas, mit dem ich mich zufriedengeben möchte? Meine Figur kann das nicht ertragen. Sie wird weiter kämpfen, und sich Kraft holen, bei etwas, das archaisch ist, und das es schon ganz lange in unserer Kultur gibt. Das es in griechischen Dramen gibt, das es in der Malerei immer gibt – die Bildende Kunst ist viel gemeiner und frecher als das deutsche Kino. Und auch im internationalen Kino sieht man ganz andere Bilder. Das ist etwas, das spricht in mir. Solche Sachen finde ich toll.
Der Film soll so sein, wie Malerei sein darf. Er soll atmen. Er soll nicht eins-zu-eins eine Aussage formulieren. Sondern ich versuche, an einen Punkt zu kommen, der etwas in mir berührt hat. Im Museum, in der Bildenden Kunst ist es geduldet. Im Kino aber versuchen wir immer wieder alles einzuordnen.
Hinter vorgehaltener Hand haben aber ganz viele Menschen – besonders in Krisensituationen – ein tiefes Bedürfnis nach Halt und Transzendenz, nach
Glauben. Und die Art, wie sie das ausleben, sorgt dann dafür, dass sie gesellschaftlich geachtet oder verachtet sind. Dass sie Macht haben oder nicht. Auch das finde ich total interessant, dass all diese Punkte in mir selbst auch berührt werden. Wir reden gerade darüber, weil es in unserer Gesellschaft etwas gibt, das unter den Teppich gekehrt wird.
Unterschätzen wir nicht die Pferde in diesem Zusammenhang: Pferde sind seit tausenden von Jahren die Opfertiere schlechthin. Pferdeköpfe, die über Kreuz an Häusern in Niedersachsen oder Hamburg angebracht sind. Heute sind sie geschnitzt, früher waren es natürlich echte Pferdeschädel. Heute findet man, das sieht schön aus – aber wir denken nicht darüber nach, wo das herkommt, was das eigentlich bedeutet. Es ist aber ein enorm kraftvolles Bild, zugleich ein
bisschen beängstigend.
Das ist urmenschlich.
Ich stelle einfach Fragen, und sage, es gibt offensichtlich Fragen und Dinge in unserer Kultur und in unserem Menschsein, die sind komplex.
artechock: Das, was du gerade formuliert hast, ist natürlich auf das Kino als Ganzes gerichtet auch die Formulierung einer Wunschvorstellung: Du beschreibst, was Kino sein sollte, und andererseits bei uns in Deutschland viel zu wenig ist, du formulierst auch eine Mängelanzeige: In der bildenden Kunst geht alles, im Kino tatsächlich nichts. Kann ich das so verstehen, dass du dir eigentlich ein Kino wünschst, das Bilder, das Irrationales, Spirituelles auf die Leinwand bringt?
Gebbe: Ja, das finde ich toll! Das sind auch die Filme, die ich gerne sehe. Die ich suche und finde. Kunst ist etwas, das zunächst einmal sinnlich erfahrbar ist. Im Museum erleben wir das oft, dass ein Kunstwerk mit uns interagiert, dass es wirkt und nicht sofort auf den Begriff zu bringen ist. Wir erleben etwas, und nehmen diese Erfahrung mit.
Film spricht natürlich wahnsinnig tief die Emotionalität eines Menschen an, und was man da alles machen und schöpfen kann, das finde ich, ist längst nicht ausgereizt. Jeder soll das auch auf seine Art und Weise tun, und es darf auch alles geben, aber ich selber vermisse schon eine Offenheit für solche Erfahrungen. Wenn es das mehr gäbe, dann würden auch die Zuschauer Filme anders ansehen, weil das Publikum dann mehr zulassen würde. Das ist ja auch eine Art von Erziehung, die man letztendlich durchläuft. Wenn man immer nur eine Art von Kunst sieht, oder von Film, oder nur immer eine bestimmte Musik hört, dann begreift man nicht die feinen Töne und Unterschiede, die es von der gleichen Sache auch noch geben könnte.
artechock: Es gibt ja zwei Dinge, die Gesellschaft von Kunst verlangt: Einerseits die Zivilisierung und die Disziplinierung, die Erziehung und die andere Seite sind dann wieder die Entfesselung und der Exzess. Jetzt ist es in Deutschland so, – und darum gibt es vielleicht diese kinospezifische Furcht vor dem Irrationalen –, dass das Kino eine ganze Weile benutzt wurde, vor allem während der Diktatur des Nationalsozialismus. Während es zu demokratischen Zeiten, in der Weimar Republik, ja diese andere Seite gezeigt hat: Denken wir nur an einen Film wie Nosferatu zum Beispiel. Dann wurden diese Filmemacher vertrieben oder unterdrückt.
Merkst du das, wenn du mit anderen Menschen über deine Stoffe redest, dass es da Schwierigkeiten gibt, so etwas zu begreifen, oder andererseits auch die große Sehnsucht danach, so etwas möglich zu machen?
Gebbe: Es ist total interessant, was du da erwähnst. Weil ich es hochinteressant finde, was Deutschland für Filme hatte. Nämlich Experimentalfilme am Anfang, oder auch Horrorfilme. Was da alles gemacht wurde! Und dann wurde diese Tradition tatsächlich ausgelöscht. Jetzt trauen wir uns das Genre kaum noch zu. Aber ich glaube, dass der Blick des Auslands immer noch eng mit dieser Tradition verknüpft ist: in Amerika dürfen Deutsche Horrorfilme machen. Die Amerikaner glauben, dass wir solche Geschichten erzählen wollen, und auch können. In den internationalen Gesprächen merke ich, dass die Leute so etwas wollen, das es aber in Deutschland nur eine gewisse Art von Produzenten gibt, die offen sind für so etwas, und so etwas selber gern sehen möchten. Man redet dann oft von Finanzierungsproblemen. Aber eigentlich haben wir in Deutschland so viele Möglichkeiten, und wir haben auch genug Geld. Es ist mehr eine Frage der Struktur, und unserer Fähigkeit, die Strukturen aufzubrechen, damit diejenigen die am Ende entscheiden, auch so etwas machen dürfen, und die Möglichkeiten, die es gibt, auch tatsächlich ausreizen. Es müssen nicht immer Konsens-Entscheidungen sein – ich glaube viele Filmemacher wollen das. Sie müssen sich halt trauen, sie müssen unterstützt werden.