»Schnelle Autos fahren, schießen, etc.« |
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Onkel und Neffe Shaft: Richard Roundtree und Samuel L. Jackson |
Samuel L. Jackson hat es als einer von wenigen schwarzen Schauspieler geschafft, zu einem beliebten Hollywood-Star zu werden. Stück für Stück hat er sich aus Rollenklischees herausgearbeitet, heute kann er souverän mit ihnen spielen. So auch in John Singletons Shaft: Mit der Rolle des Privatdetektivs John Shaft übernahm Jackson den Part einer Ikone des schwarzen Blaxploitation-Kinos der frühen 70er. Außerdem ist Jackson gerade in William Friedkins Rules of Engagement (Rules – Sekunden der Entscheidung) in den deutschen Kinos zu sehen.
Das Gespräch mit ihm führte Rüdiger Suchsland.
artechock: Sie spielen „Shaft“, den Held des schwarzen Blaxploitation-Kinos. Was haben Sie für ein Verhältnis zu dieser Figur?
Samuel L. Jackson: Zunächst einmal ein ganz persönliches: Ich hab mir den Typ früher im Kino und im Fernsehen angeguckt. Ganz allgemein habe ich immer gerne solche Sachen gesehen: ein Held, der die Welt wieder in Ordnung bringt. Das war dieser Shaft natürlich auch. Aber noch viel wichtiger: unter all diesen good guys war da plötzlich einer, der so angezogen war, wie ich selber, der so redete, wie ich selber – das war etwas wirklich neues.
artechock: Shaft war also deswegen so attraktiv, weil er ein schwarzer Held war?
Jackson: Klar. Überlegen Sie sich mal: Davor mussten wir Schwarzen uns immer mit Helden identifizieren, die Weiße waren. Heute ist die Hautfarbe eines Helden nicht so wichtig. Ich habe viele weiße Fans, und man mag auch Lawrence Fishburne oder Jackie Chan. Damals waren solche Fragen aber auch von politischer Bedeutung. Das war die Zeit der Schwarzenbewegung und ihres Kampfes um Gleichberechtigung. Dagegen gab es massive Gegentendenzen von konservativen Weißen. Martin Luther King wurde ermordet. Und die Kinohelden waren Typen wie James Bond: ziemlich konservative Weiße Typen, Schlaumeier, die immer viele Frauen abbekamen. Es gab sogar einen 007-Film, in dem die Bösen alles Schwarze waren. Dass so etwas nichts mit Politik und Rassismus zu tun hatte, kann mir keiner erzählen.
artechock: Von der Hautfarbe einmal abgesehen: Was reizte Sie an John Singletons Film Shaft?
Jackson: Dass er ein cooler Typ ist. Dass er alle Frauen bekomme [Lacht] – nein, im Ernst: So cool ist der neue Shaft gar nicht. Er ist ein Held unserer Tage, also viel verletzlicher als der frühere, in sich gekehrt, einer, der erst einmal zu sich selbst finden muß. Er ist schon lässig, aber andererseits auch wieder nicht, weil er sehr impulsiv ist.
artechock: Egal wie cool John Shaft ist: Sie selbst gelten als supercool. Wie machen Sie das, was ist ihr Geheimnis?
Jackson: Ich wundere mich auch immer wieder, wenn die Kids zu mir kommen und schwärmen: Du bist sooo cool, du bist der Coolste. Als ich in ihrem Alter war, interessierten mich Leute um 50 überhaupt nicht. Wenn ich mich im Spiegel anschaue, dann sehe ich auch nicht so aus wie die 51-Jährigen in meiner Jugend aussahen. Ich habe keine Ahnung, was es ist. Wenn ich es definieren und in eine Flasche abfüllen könnte, würden ein paar Leute es jeden
Abend über sich gießen, bevor sie in die Clubs gehen. Ich habe etwas erreicht, darauf beruht eine gewisse Lässigkeit und Selbstvertrauen.
Früher war ich viel unsicherer. Ich hatte nicht den Erfolg, den ich glaubte zu verdienen, und meine Karriere bewegte sich nicht so schnell wie ich es wollte. Ich kam dann mit roten Augen und Bierfahne zu Vorstellungsgesprächen. Das war sehr uncool, auch wenn ich mir toll vorkam. Ich musste damit aufhören. Und das tat ich dann. Von da an ging alles
sehr schnell.
artechock: Sie sind heute einer der bestbeschäftigten Schauspieler Hollywoods. Ist die Gagenhöhe noch wichtig für Sie ? Oder was bestimmt Ihre Rollenauswahl?
Jackson: Geld ist nicht unwichtig. Es sagt sich immer leicht: »Für mich spielt das keine Rolle«, wenn man schon viele Millionen hat. Ganz so ist es aber nicht. Natürlich ist die Herausforderung das Entscheidende, die Passion, die man fühlt. Sonst würde ich nicht auch sehr viele Angebote ablehnen.
artechock: Sie sind nicht zuletzt mit Independent-Produktionen berühmt geworden. Sie haben bei Tarantino gespielt.
Jackson: Ja, ich bin selbst ein Independent. Nach meiner Erfahrung sind Independents viel engagierter. Sie arbeiten voller Leidenschaft und Emotion. Und sie nehmen ein viel größeres Risiko auf sich, weil sie kein Riesen-Studio im Rücken haben. Das überträgt sich zuerst auf die Schauspieler, dann auch auf das Publikum. Die Rollen in Independent-Filmen sind viel interessanter.
Mit Tarantino zu drehen hat sehr viel Spaß gemacht. Er ist
ein großer Künstler, er genießt den Prozeß des Filmemachens sehr. Und er erlaubt uns Akteuren, ihn ebenfalls zu genießen. Sein Enthusiasmus ist größer, als der der allermeisten Filmemacher. Er ist fair, offen, er reagiert auf das, was ein Schauspieler tut – ein sehr genauer Beobachter. Es ist eine Freude.
artechock: Hatten Sie, als Sie Pulp Fiction gedreht hatten, irgendeine Vorstellung von dessen späterem Erfolg?
Jackson: Ehrlich gesagt: Ich las das Drehbuch sehr genau. Ich mochte es, aber hielt es nur für ein bestimmtes Publikum geeignet. Dass es so viele ansprechen würde, hatte ich nicht geglaubt.
artechock: Was ist Ihr Ziel als Schauspieler?
Jackson: Es macht schon Spaß, in typischen Hollywood-Monsterproduktionen mitzuspielen. Wie Die Hard. Man darf schnelle Autos fahren, schießen, etc. – Ich bin mit solchen Filmen aufgewachsen, und mag sie sehr sehr gern. Ich wollte so etwas immer machen, und jetzt habe ich es endlich geschafft. Als Kinder haben wir das immer in den Straßen
gespielt: »Bang, Bang, Bang«.
Solche Filme sind durchaus große cinematographische Erfahrungen. Das ist ein Teil der Filmgeschichte. Aber ein Schauspieler zu sein, bedeutet mehr. Es gibt viele Kollegen, die machen sich ein gutes Leben, indem sie fortwährend den gleichen Typ spielen, immer und immer wieder. Sie sollen tun, was sie tun müssen. Aber mein Ziel ist das nicht. Ich will eine größere Breite an Charakteren spielen.
artechock: Würden Sie sagen, daß Sie einer sind, der es geschafft hat, „weiße Rollen“ zu spielen? Ist Ihre Hautfarbe im heutigen Hollwood noch sehr beschränkend?
Jackson: Nun, ich lese ein Script, und wenn es mich interessiert, dann nehme ich die Rolle – egal, ob das ein Schwarzer oder Weißer ist. Aber ganz klar: wenn man ich fragt, dann will man einen Schwarzen. Die Figur in Jackie Brown war schwarz, auch die in True
Romance.
Aber das ist ok. Ich lese viele Scripts, die rassenspezifisch sind, aber es gibt auch viele, die sind es nicht. Manchmal muß man natürlich jemanden überzeugen, daß man eine Rolle auch als Schwarzer spielen kann.
artechock: Gibt es Rollen, die Sie aufgrund Ihrer Hautfarbe nicht bekommen haben?
Jackson: Ja. Aber es gibt auch Rollen, die ich nur deshalb bekam. Als Weißer hätte ich nicht Shaft spielen können. [Lacht]
artechock: Was denken Sie über explizit schwarzes Kino wie das eines Spike Lee? Bei der Pressekonferenz auf der 97er-Berlinale haben Sie ihn heftig angegriffen. Jetzt spielen Sie bei Singleton.
Jackson: Spike Lee möchte uns schwarzen Schauspielern vorschreiben, welche Rollen wir zu spielen haben, und welche nicht, das hat mich sehr gestört. Aber ich verdanke Spike Lee auch viel. Spike Lees Kino spricht nur ein bestimmtes, sehr kleines Publikum an. Auf mich wirkt er wie ein Dinosaurier. Singleton dagegen denkt freier. Er macht Kino für ein breites Publikum. Wenn man das will, muss man sein Thema so erweitern, dass man viele Menschen anspricht. Es gibt eine neue Generation von Regisseuren und Autoren, die einfach gute Geschichten schreiben. Sie handeln von Schwarzen, aber es sind keine „Schwarzenfilme“. Das hat sich in den letzten zehn Jahren entwickelt.
artechock: Bruce Willis, mit dem Sie befreundet sind, hat gelegentlich das „abgehobene“ Dasein eines Hollywoodstars beklagt. Wie geht es Ihnen damit?
Jackson: Das kommt auf einen selber an. Es gibt wenige Freunde von früher, die ähnlichen Erfolg haben, wie ich. Und gegenüber neuen Bekannten bin ich sehr vorsichtig. Ich weiß nicht, ob Sie mit mir Kontakt haben wollen, weil ich berühmt bin, oder weil sie einen Job wollen. Natürlich hat man keinen normalen Job. Aber ich habe nach wie vor auch Freunde, die ich seit 20 Jahren kenne, wir passen auf unsere Kinder auf, und verbringen Thanksgiving zusammen. Meine Familie und ich sind sehr bodenständig. Ok, ich habe Erfolg, aber ich weiß auch, wie es früher war. Ich weiß immer noch, was es heißt, hungrig zu sein. Und ich lebe durchaus einen moderaten, konservativen Lebensstil. Natürlich habe ich an größeres Haus und einen größeren Wagen, aber wir sparen weitaus mehr, als wir ausgeben.
artechock: Sind Sie ein politischer Künstler?
Jackson: Nicht mehr so, wie mit Anfang 20, da habe ich an der Universität demonstriert. Ich bin kein Aktivist. Ich denke nicht, daß meine Meinungen wichtiger sind, als die anderer, bloß weil ich eine öffentliche Figur bin.
artechock: Aber Ihre Worte haben mehr Gewicht.
Jackson: Ja, aber es gibt auch Leute, die drehen gleich den Fernseher aus, weil sie andauernd einen von diesen Hollywood-Typen sehen, der ihnen sagt, was sie denken sollen. Das versuche ich zu vermeiden. Ich will niemandem sagen, was sie denken sollen. Aber immerhin kann ich sagen, was ich denke. Allerdings macht es wenig Sinn, wenn jeder sagt, was er über Obdachlose oder die Menschenrechte in China denkt. Wenn einer 20 Millionen Dollar im Jahr verdient, und sich um Obdachlose sorgt, soll er ihnen doch lieber 10 Millionen abgeben. Und nicht sagen, was sie tun und lassen sollen.
artechock: Haben Sie das denn schon gemacht?
Jackson: Also ich habe noch nie 20 Millionen verdient! Aber in der Tat unterstützen meine Frau und ich ein Projekt, um die Erziehungschancen für schwarze Kinder zu verbessern. Viele meiner Freunde sind nicht erfolgreich. Sie wollen keine Almosen, und ich gebe ihnen auch keine. Aber ich kann ihnen vielleicht einen Job besorgen. Im Kern habe ich mich nicht verändert. Ich mache nichts Außergewöhnliches, ich hänge mit den gleichen Leuten rum, schaue Footballspiele – ich bin der Gleiche geblieben. Es gibt nur einige, die das nicht ertragen. Die verschwinden.