»Es gibt keine Unschuld!« |
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»Ich gebe Informationen, aber keine Antworten.« (Bertrand Tavernier) |
1941 in Lyon geboren, als Sohn eines Schriftstellers und Verlegers in Paris aufgewachsen, ist Bertrand Tavernier heute der wichtigste französische Regisseur der ersten Generation nach der »Nouvelle Vague«. Der Regisseur gewann 1995 bei der Berlinale den Goldenen Bären für L’appât, drehte viele weitere erfolgreiche Spielfilme, darunter das düstere Mittelalter-Epos La passion Béatrice, und die leidenschaftliche soziale Anklage Ça commence aujourd'hui. Jetzt kommt sein neuer Film Holy Lola ins Kino.
Mit dem Regisseur sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: Sie haben Holy Lola in Kambodscha gedreht. Haben Sie die Sprache gelernt?
Bertrand Tavernier: Ein bisschen. Ich verliere es jetzt wieder. Aber ich konnte Kambodschanisch zählen, ein bisschen herumreden. Die Betonung ist das Schwierige. Ich kann mir im Restaurant etwas bestellen, oder auf der Straße nach dem Weg fragen. Aber mein Problem war, dass ich mit einer französischen Crew gedreht habe.
artechock: Sprechen die Kambodschaner eigentlich noch Französisch?
Bertrand Tavernier: Nein, gar nicht. Nur die ältere Generation. Und viele Anhänger der royalistischen Partei. Der kambodschanische König Sihanouk spricht perfektes Französisch. Er spricht zehn Sprachen. Und in den meisten singt er sogar! Ich bekam von ihm die ganzen CD’s. Dort singt er auf Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch, Koreanisch, Vietnamesisch, Chinesisch und natürlich Kambodschanisch. Und sein Bruder spielt dazu Gitarre.
artechock: Die historischen und kulturellen Beziehungen zwischen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und der Kolonie Indochina sind ambivalent. Haben Sie sich für diesen Film und ihren Aufenthalt in Kambodscha entsprechend vorbereitet? Spielte dieses Verhältnis überhaupt eine Rolle?
Tavernier: Nicht wirklich. Mich selbst hat es natürlich interessiert. Ich wollte zunächst alles wissen, besonders über die aktuelle Situation in Kambodscha. Natürlich kommt man über die Probleme der Vergangenheit gar nicht herum, auch nicht um die prekären Beziehungen zu Thailand und Vietnam, die Kambodscha irgendwann in der Geschichte auch schon mal unterworfen hatten. Aber für mich standen immer der Film und sein Thema im Zentrum, alles andere entstand nebenbei. Und das Thema Adoption ist so stark, dass es einen ganz in Beschlag nimmt.
artechock: Wie kamen Sie jetzt überhaupt auf dieses Thema?
Tavernier: Alle meine Filme haben eines gemeinsam: die Neugier. Den Wunsch, zu lernen, ein Territorium zu erkunden, das mir vor dem Film unbekannt war, und mitzuteilen, was immer ich dabei entdecke, was ich tragisch oder witzig finde. Mein Freund und Meister Michael Powell schrieb, er habe alle seine Filme gemacht, um selbst zu lernen. Ich hatte noch nie eine These, nie eine vorgefasste Idee.
Zum Beispiel Holy Lola: Ich wollte nie sagen: Adoption ist super, oder umgekehrt: Sie ist schlecht, weil… Ich wusste nie, was dabei herauskommen würde, ich wollte etwas finden, und mich selbst mit einigen ganz pragmatischen Details und Momenten konfrontieren. Oft entdecke ich erst während des Films bestimmte Wahrheiten. Und oft verändert das den ganzen Film. Das Ende der meisten meiner Filme ist oft nicht identisch mit dem im Drehbuch.
Holy Lola wurde in Frankreich von manchen als Pro-Adoptions-Film geschätzt, von anderen als Anti-Adoptions-Film. Was ist nun die Message? Das einzige, dessen ich mir sicher bin, ist in Holy Lola, dass der Film sagt: Wenn man erfolgreich ein Kind aus einer fremden Kultur adoptieren will, dann muss man diese Kultur adoptieren. Man muss das Land kennenlernen. Dann könnte man Erfolg haben.
artechock: Kürzlich feierte man den 100ten Geburtstag von Jean Paul Sartre. Der skizzierte das Konzept er „litterature engagée“. Sie werden in Frankreich oft als „cinéaste engagée“, als sozial und politisch engagierter Filmemacher bezeichnet.
Tavernier: Ich bin immer etwas skeptisch, wenn mich Leute einen „Regisseur engagée“ nennen. Das mag ich zwar in gewissem Sinn zutreffen – aber das ist doch jeder. Nur bin ich eben gerade keiner, der immer Antworten parat hat. La passion Béatrice war nicht geplant, um zu zeigen, dass das Mittelalter dunkel war. Er entdeckt die Kunst und die Seele eines Zeitalters. Meine Filme versuchen immer in ein anderes Land zu gehen und sich umzusehen, und dort etwas zu finden, was signifikant ist. Den Rest überlasse ich dem Publikum. Ich gebe Informationen, aber keine Antworten. Ich will auch keine Resolutionen erlassen. Das heißt natürlich nicht, dass meine Filme keine Überzeugungen hätten. Sie haben starke Überzeugungen. Aber die liegen in den Fragen.
artechock: artechock: Bleiben wir einen Moment bei La passion Béatrice Der Film ist offenkundig stark von den historischen Arbeiten der „L’ecole d’annales“ beeinflusst. Diese Historiker haben die ethnologische Methode, die für den Umgang mit „primitiven“ Völkern und Kulturen entwickelt wurde, auf ihr eigenes Land angewandt. Ihre Filme machen mitunter den Eindruck, als täten Sie Ähnliches, als betrieben Sie eine Ethnographie Ihres eigenen Landes. Würden Sie Ihre Methode als ethnologisch bezeichnen?
Tavernier: In gewisser Weise ja. Es kommt verschiedenes zusammen, das Resultat ist eine Mixtur. Meine Filme sind in ihrem Blick ethnographisch, aber ich erzähle auch von Charakteren. Ich muss immer darauf achten, dass alles was ich entdecke und alles, was ich erfinde, die Figuren beeinflusst. Ein Historiker ist von den Fakten besessen. Ich muss dagegen die Frage berücksichtigen, wie ich die Fakten in Form eines Fiction-Plots mit Leidenschaft, Entwicklungen und Widersprüchen beschreiben kann. Also: Ich muss eine Geschichte erzählen, ich brauche Imagination. Aber ja, es ist auch ethnologisch. Die Historiker der Annales, Autoren wie Georges Duby, Jacques Le Goff und Fernand Braudel, sind für mein Werk eine der wichtigsten Einflussquellen. Alle meine Filme beginnen mit einigen wenigen, sehr konkreten Fakten. Und dann suche ich mir den Rest zusammen, bis das Gesamtbild und die Emotionen stimmen. Was ich jedenfalls vermeiden will, ist der Eindruck, dass ich alles wusste.
artechock:Woher kommt Ihrer Ansicht nach die Obsession mancher Paare, unbedingt ein Kind zu wollen, und dafür, auch wenn es auf natürlichem Weg nicht klappt, keiner Anstrengung aus dem Weg zu gehen? In Teilen Ihre Films kann man das zwar gut nachvollziehen, dann aber wirkt es wieder wie eine Hysterie…
Tavernier: Das wäre für mich eigentlich ein anderer Film. Vielleicht ist es etwas organisches, das Bedürfnis, Kinder aufwachsen zu sehen. Besonders manche Frauen empfinden das sehr stark. Ich kenne zwar Frauen und Männer, die keine Kinder wollen. Aber ich selbst hatte auch Freundinnen, die unbedingt ein Kind wollten – zu einem Zeitpunkt, als ich keine Kinder wollte. Und ich habe sie verloren. Daher kenne ich das. Ich weiß, wie stark der Wunsch sein kann. Damit geht Holy Lola los. Trotzdem ist das »Warum?« nicht die Frage des Films, die Frage ist »Wie?« Mit was für konkreten Problemen ist man konfrontiert, wenn man unbedingt ein Kind will? Was sind diese Probleme? Und ist es normal, dass wir Westler in die Dritte Welt kommen, um uns ein Kind zu beschaffen?
artechock: Und wie lauten Ihre Antworten?
Tavernier: Ich bin überzeugt, dass durch die Adoption vielen Kindern geholfen wird. Ich denke, solche Eltern, wie ich sie zeige, werden die adoptierten Kinder sehr gut aufziehen. Sie werden sie vor viel Unglück bewahren, ihnen eine Erziehung geben, die sie in ihrem eigenen Land nicht bekommen, ihnen eine Gesundheitsversorgung geben, die sie dort nicht bekommen. Ihnen droht keine Verstümmelung durch Landminen mehr. Manchmal entgehen die Kinder durch eine Adoption sogar ihrer Entführung. Kinderraub oder Kinderverkauf ist in Südostasien sehr häufig – da sollte man nicht drum herum reden. Die Kinder landen dann in irgendwelchen Bordellen, manche werden vergewaltigt. In China zahlt man hohe Preise für ein jungfräuliches Mädchen. Sie wird dann mehrfach als Jungfrau verkauft.
Jeder, der in Kambodscha im humanitären Sektor arbeitet, wird ihnen bestätigen, dass das so ist. Ich habe persönlich mit Polizisten gesprochen, die an solchen grausamen Fällen arbeiten. Nur: wir im Westen verschließen gern die Augen vor solchen Tatsachen. Und unsere Regierung tut nichts! Unsere Regierungen sind in diesen Fragen völlig passiv. Das wollte ich zeigen.
Meine Idee war: Durch den Kinderwunsch kommt ein westliches Paar in ein anderes Land, und allmählich entdeckt es viele, viele Dinge über das Land. Das verändert einen. Man ist verletzt und sieht vieles mit anderen Augen. Der Blick ist weiter, sie haben etwas gelernt. Damit sage ich nicht, dass Adoptionen alle Probleme lösen. Aber auf Adoptionen völlig zu verzichten, löst gar nichts. Wenn man das unterbinden würde, würden die Waisenhäuser geschlossen, weil sie kein Geld mehr haben. Die Kinder landen dann auf der Straße. Das erste, was ich gelernt habe, schon nach wenigen Wochen: Es gibt nicht die eine klare Lösung. Ich versuche sehr genau, gerade diesen Eindruck zu vermeiden.
artechock: Gibt es aber nicht auch eine düstere Seite? Die Beziehungen zwischen Ex-Kolonien und ihren Ex-Herren sind ja keineswegs unschuldig…
Tavernier: Nein, es gibt keine Unschuld. Man kann vermeiden, dass die Beziehungen völlig korrupt sind. Aber völlige Unschuld ist unmöglich. Zuviel Schreckliches ist vorgefallen. Nichts ist unschuldig. Man kann nie völlig sicher sein, ob das Kind, das man adoptiert, nicht geraubt wurde. Aber was will man tun? Soll man auf die Adoption verzichten? Das einzige, was man tun kann, ist seine Augen möglichst weit auf machen. Sich umschauen. Hingucken. Damit erspart man sich zwar nicht alles, aber wenigstens ein bisschen.
artechock: Wie ist es, als Filmregisseur in diesem Land zu arbeiten, wenn es keine Unschuld gibt?
Tavernier: Sehr bewegend. Denn es gibt zwar keine Unschuld, aber viel Verlangen. Das Verlangen, zu arbeiten, wieder zu leben. Ich hatte eine große kambodschanische Crew – und nicht nur, um unser Gepäck zu tragen. Sie haben wirklich mitgearbeitet: Wunderbare Leute: witzig, großzügig, intelligent. Wir waren ganz frei. Wir hatten keine Probleme mit Korruption. Denn wir wollten ins Land eintauchen. Wir haben uns viel Mühe gegeben, nicht großkotzig aufzutreten, nicht wie ein typisch europäisches Filmteam. Es war extrem bewegend. Sehr warmherzig und fordernd.
artechock: Wenn man auf Ihre Filme blickt, erkennt große Vielfalt. Sie haben Filme gemacht wie diesen – ethnographisch. Sie haben in Ihren bisherigen Filmen auch schon mit vielen großen Schauspielern gearbeitet, vor allem schönen Frauen: Romy Schneider, Isabelle Huppert, Sophie Marceau, Julie Delpy…
Tavernier: Sie war damals noch kein Star. Ich habe Julie Delpy überhaupt entdeckt, La passion Béatrice war praktisch ihr erster Film, ein Film ohne Stars. Sophie Marceau ist ein spezieller Fall, denn La fille D’Artagnan war eigentlich nicht mein Film. Ich war Produzent, und musste den dann übernehmen. Aber ich liebe es, mit Sophie Marceau zu arbeiten. Sie ist wunderschön und, wenn man sie inszeniert, sehr, sehr gut. Im Schneideraum bin ich mit ihr nicht ganz zurechtgekommen.
artechock: Und Romy Schneider...
Tavernier: Romy Schneider brauchte etwas, was zu ihr passte. In La mort en direct war sie dann unglaublich gut – man musste ihr nichts erklären. Ich habe nie wieder eine ähnlich instinktiv intelligente Schauspielerin getroffen. Sie hatte so unglaublich viel Erfahrung – das hat uns zehn Seiten Erklärungen erspart.
artechock: Sie haben Filme gemacht, die gewiss „engagée“ sind, in einem ganz klassischen Sinn. Ça commence aujourd'hui und Holy Lola zum Beispiel. Sie handeln von zwingenden sozialen und politischen Fragen der Gegenwart und beziehen Position. La fille D’Artagnan tut das nicht…
Tavernier: Nein, aber La fille D’Artagnan war für mich Urlaub. Ich musste damals eine Woche vor Drehstart den Regisseur ersetzen – also habe ich es eben gemacht. Es war ein großer Spaß. Wir leben in unangenehmen Zeiten. Da braucht man das. Ich liebte es, das Duell zu drehen. Ich fand alles sehr amüsant. Von Zeit zu Zeit möchte ich einen Film drehen, der mir den Kopf frei macht. Einen Film in zwei Ländern an vier Drehorten zu drehen, macht Spaß. Es bereitet mir Vergnügen, beim Duell zwei Kameraeinstellungen zu haben, Schuß-Gegenschuß, und zu wissen: Zwischen beiden liegen 1000 Kilometer – aber keiner bemerkt es! Zur gleichen Zeit suche ich Wahrheiten, bewegende Momente. Ich will etwas entdecken. Ich will überrascht werden, will staunen können beim Filmemachen. Und man kann in einem Film wie Holy Lola auf einer anderen Ebene überrascht werden, als in La fille D’Artagnan. Mein Leben im Kino ist ganz bestimmt von Überraschungen. Und die meisten von ihnen waren sehr beglückend.
artechock: Sie haben eben gesagt: »Wir leben in unangenehmen Zeiten.« Spielen Sie damit auf den aktuellen Terror und den Kampf gegen ihn an?
Tavernier: Nein, das ist vielleicht Teil des Phänomens, aber ich meine eine allgemeinere Attitüde. Wir leben in Zeiten, deren Lebensgefühl von Furcht bestimmt ist. Angeblich gibt es ein »Ende der Ideologien«, mit der Folge, dass wir überhaupt keinen Überzeugungen mehr trauen. Wir zweifeln an allem. Wir glauben, dass wir überhaupt nichts Sinnvolles mehr tun können. Der vielleicht übertriebene Optimismus der Zeit um 1968 – der Glaube man könne alles verändern – ist umgekippt in einen totalen Pessimismus. Man denkt, man kann gar nichts mehr verändern. Es gibt viele Bücher und Filme, die genau davon handeln, die das Beschreiben: Sinnlosigkeit, Verzweiflung, Resignation.
Ich will das nicht. Darum versuche ich, andere Filme zu machen. Engagierte, aber in einer Art… Ich will offen für die Welt bleiben, für die Welt von heute und morgen, aber auch von gestern. Ob meine Filme in der Gegenwart oder in der Vergangenheit spielen, macht für mich keinen Unterschied. Denn wer aus der Vergangenheit lernt, will auch aus der Gegenwart lernen. Man muss seine Wurzeln kennen.
Nichts macht mich wütender, als diese desinteressierte Attitüde: »Warum interessieren Sie sich für den Ersten Weltkrieg, das ist doch nicht mehr unser Problem?« Nicht mehr unser Problem – abgesehen davon, dass alles, was wir heute sind, in dieser Zeit begründet liegt. Nicht nur Bosnien, der Kommunismus und der Faschismus. Wir sollten besser mehr darüber wissen. Die Attitüde der deutschen und französischen Generäle ist exakt die Gleiche wie die der heutigen Manager, die dutzendweise Fabriken schließen: Sie gaben ein Communiqué heraus unter dem Motto »Der Sieg rückt näher«, nachdem sie gerade erfahren hatten, dass in 20 Minuten 25.000 Menschen gefallen waren. Das hat für sie bewiesen, dass der Sieg nahe war. Und ebenso die Art, wie sich alle, selbst hohe Generäle aus der Verantwortung stehlen.
In Kambodscha habe ich gesehen, wie verlassen ein Land ohne Geschichte ist. Dort hört in der Schule die Geschichte 1952 auf. Die Menschen wissen nichts über die Roten Khmer, nichts über das Engagement der Amerikaner in Indochina, sie wissen nichts darüber, dass auf Kambodscha mehr Bomben fielen, als auf Nazi-Deutschland – dank Mr. Kissinger und Mr. Nixon.
artechock: Sie sind bekannt als Kritiker Amerikas, aber Sie mögen das Land auch…
Tavernier: Ich liebe Amerika. Ich mag Bush und seine Leute nicht, aber das heißt nicht, dass ich etwas gegen das Land hätte. Auch wenn das heutige US-Kino weniger erfindungsreich ist, viel zu Technik-dominiert und inhaltlich leer, als zu früheren Zeiten, ist es immer noch sehr spannend.
artechock: Sie sind ein großer Western-Fan…
Tavernier: Oh ja! ich kaufe sie dutzendweise auf DVD, sobald sie herauskommen. Auch anderes US-Kino. Kürzlich habe ich wieder auf amazon zugeschlagen: The Purple Plain (1954) von Robert Parish, Beachhead von Stuart Heisler, Texas von George Marshall.
artechock: Sehen Sie die auch alle an, oder wollen Sie sie bloß haben?
Tavernier: Oh nein, ich gucke schon vieles. Ich versuche, alles zu sehen. Ich denke in Deutschland hat man in der Hinsicht noch Nachholbedarf. Es gibt viele deutsche Filme, die ich gern sehen würde, mit Untertiteln natürlich: Aus den 30ern, Abschied von Siodmak, Filme von Dieterle, von Helmut Käutner aus den 40ern. Keiner tut etwas dafür, dass diese Filme in Deutschland herauskommen.
artechock: Welchen Western empfehlen Sie besonders?
Tavernier: Besonders gut gefallen mir gerade 3:10 to Yuma (dt. Todeszug nach Yuma, 1957) und Jubal (dt. Der Mann ohne Furcht, 1956), beide von Delmer Daves und Naked Spur von Anthony Mann. Generell würde ich von My Darling Clementine (1946) bis The Searchers (1956) jeden Western von John Ford, Anthony Mann und Delmer Daves empfehlen. Bei uns in Frankreich kommen jetzt sogar einige Filme heraus, die es noch nicht einmal in den USA gibt: Broken Arrow von Daves und Garden of Evil von Henry Hathaway. Und ich habe selber eine Collection von US-Filmen herausgegeben mit einigen meiner Lieblingsfilme.
artechock: Und wie sieht es mit ihren eigenen Filmen aus?
Tavernier: Es gibt zwei sehr gute DVD-Collectionen, allerdings leider nur zum Teil mit englischen Untertiteln. Das hat mich selbst überrascht. Alle Filme sind vom jeweiligen Kameramann auf Bildqualität überprüft und gegebenenfalls nachbearbeitet worden – daher ist die Qualität hervorragend. Die meisten Filme haben auch einen Audiokommentar oder ein Interview.
artechock: Herr Tavernier, wir danken Ihnen für das Gespräch.