Tykwer spricht |
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Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Lola liebt Manni, und Manni braucht Geld. | ||
(Foto: Prokino) |
Tom Tykwer ist der neue Regie-Star des deutschen Films. Nach Die tödliche Maria und Winterschläfer ist Lola rennt, der an diesem Donnerstag in die Kinos kommt, und überdies beim Filmfestival in Venedig für den Wettbewerb um den Goldenen Löwen nominiert wurde, Tykwers dritter Spielfilm. Außerdem schrieb Tykwer das Drehbuch für Wolfgang Beckers Das Leben ist eine Baustelle, der im Wettbewerb auf der 97er Berlinale lief, und den Durchschitt anderer deutscher Filme weit überragte. Tykwer ist schließlich Mitgründer (mit Wolfgang Becker, Dani Levy, Stefan Arndt) der Berliner Produktionsfirma X -Film, die auch Lola rennt produziert hat.
Das Interview mit Tom Tykwer führte Rüdiger Suchsland am 6.8.98 in Berlin.
artechock: Im Presseheft heißt es, Lola rennt sei ein „Überlebensfilm“. Wie ist das gemeint?
Tom Tykwer: Naja, zu der Zeit, als das Projekt bei mir Konturen annahm, hatten wir bei X-Film gerade die Baustelle und Winterschläfer abgedreht, und hatten beide Filme finanziell überzogen. Wir sind erst langsam in die ökonomische Verantwortung reingewachsen. Diese Filme haben wirklich viel Geld gekostet. Wir haben alles reingesteckt, und überzogen, und nochmal und nochmal, um den Film so gut wie möglich zu machen. Und zu dem Zeitpunkt war die Frage: gehen wir jetzt schon wieder zur Bank und erhöhen, versuchen noch einen Kredit aufzunehmen, oder überfallen wir die Bank, oder machen wir einen Film.
artechock: Und dann habt ihr einen Film gemacht, bei dem ein Banküberfall vorkommt?
Tykwer: Naja, indirekt – genau. Die Idee war aber natürlich schon da. Ich hatte große Lust, nach Winterschläfer einen Film zu machen, der das, was Winterschläfer die ganze Zeit thematisiert, nämlich Stagnation, Phlegma, diesen Stillstand, der da den Stöpsel rauszieht, und das Ganze loslaufen läßt, und der diesen Energieschub, auf dem man bei Winterschläfer die ganze Zeit wartet, und der nicht wirklich kommt, beantwortet. Das fand ich sehr wichtig. Ich hatte einfach das dringende Bedürfnis etwas zu machen, was nach draußen geht, nach vorne geht. Und trotzdem ist ganz realistisch, was Winterschläfer beschreibt, nämlich so eine Art von Isolation und Zurückgezogenheit unserer Generation. Die führt aber natürlich nicht dazu, daß wir alle nur noch vertrocknet in der Ecke sitzen. Wir haben auch eine Sehnsucht nach Ausdruck und Explosivität. Das sollte mein nächster Film formulieren – und das war Lola rennt.
artechock: Würdest Du sagen, daß beide Filme auch in ihrer Unterschiedlichkeit etwas mit Deiner Generation um die 30 zu tun haben?
Tykwer: Mit unserer Gegenwart auf jeden Fall. Wie soll ich sagen: akut politische Filme zu machen ist wirklich nicht leicht zur Zeit. Alles ist so zerfasert, und jedes Thema ist auf bestimmte Weise so zu Tode demokratisiert worden, daß man schon das Gefühl hat: Es ist alles in so ‘nem Brei zusammengepappt, Probleme werden immer nur ausgesessen, aber nicht ausdiskutiert, wir haben keine Streitkultur, überhaupt keine Diskurskultur mehr, nur intellektuelle Wüste – das ist ja alles ein Resultat aus der politischen Gegenwart, die da seit inzwischen bald 20 Jahren vor sich hindümpelt.
Und um sich in dieser Realität zu befreien, ist erst mal wichtig, daß man sie wahrnimmt, daß man sie beschreibt, was wir auch mit der Baustelle versucht haben, und auch in Winterschläfer. Das sind ja beides Filme, die in einem Jahr entstanden sind, die auf unterschiedliche Weise unterschiedliche Schichten zeigen, die aber beide sehr repräsentativ sind speziell für Deutschland, und das deutsche Lebensgefühl dieser Zeit. Das gefällt mir auch rückblickend. Das macht man natürlich nicht bewußt als Konzept, während der Arbeit, sondern das wird dann rückblickend deutlich.
artechock: Bei der Baustelle war es doch bestimmt bewußt. Oder?
Tykwer: Ja, bei Winterschläfer auch; aber nicht bewußt war, daß beide Filme sich auch noch so gut ergänzen. Das gefällt mir ganz besonders. Mir ist auch ganz wichtig, daß ich nicht so tue, als würde die Welt nur aus Menschen bestehen, wie sie in Winterschläfer rumlaufen, sondern es gibt eben auch die anderen.
Es gibt ja eine Melancholie und eine Verzweiflung, die dort drinsteckt, aber die ist eben nicht alles. Darin sehe ich jetzt den politischen Gehalt und den Gegenwartsbezug von Lola rennt: Wir sind wirklich an dem Punkt angekommen, wo das verstopfte Loch vor uns, um das wir alle drumrumsitzen und draufglotzen, daß da mal was passiert, wo mal einer den Stöpsel rausziehen muß. Und ich wollte den Stöpsel rausziehen. Und da ist Lola rennt rausgekommen.
artechock: Wie gesagt, mir gefällt Lola rennt sehr gut. Man könnte aber dem Film zumindest einen Vorwurf machen: In gewissem Sinn ist das eine Flucht in den Aktionismus, genau aus dieser Winterschläfer-Situation: Es muß irgendetwas passieren, ganz egal was, Hauptsache: Tempo, Tempo, Tempo.
Und daß zumindest auf der oberflächlichen Ebene, von der Story her und von den Dialogen her, eine gesellschaftliche Reflexion wie in den anderen Filmen überhaupt nicht stattfindet.
Tykwer: Ich finde den Film mindestens genauso komplex, wie die Filme, die ich vorher gemacht habe, ich bin nur besonders glücklich und stolz, daß er das nicht die ganze Zeit behaupten muß, es ständig vor sich herträgt, und dann ab und zu irgendein Schild aufstellt: »Achtung, jetzt echt ne interessante Idee, oder echt wichtiger Hinweis, oder tolles Symbol«, sondern daß er es einfach ist, daß er einfach komplex ist, und zwar auf die lässigste Weise, die ich mir wünsche.
Ich wünsche mir natürlich Filme, die dem Zuschauer nicht die ganze Zeit einbleuen, daß er jetzt echt mal nachdenken soll, sondern die einfach nachdenklich stimmen und trotzdem Riesenspaß machen, unterhaltsam sind und lustig. Das ist für mich eben kein Widerspruch, und das was mich zum Kino gebracht hat, waren diese Filme, die man während man sie guckt, spannend und aufregend findet, wo man sich identifiziert und wo man mitgeht, sei es Truffaut, sei’s Hitchcock, sei’s – egal, da kannst Du ja alle nennen, der Meister war natürlich Hitchcock. Es ist Wahnsinn ! Du guckst Dir die Filme an, und sie sind einfach nur spannend, Du bleibst immer wieder hängen, beim zehnten Mal noch, und denkst: das gibt’s ja gar nicht, Du weißt ja sogar, was passiert, und trotzdem: es ist echt spannend. Hitchcock hat null Halbwertszeit bis heute. Das Tolle ist eben, daß diese Filme das auch überhaupt nicht vor sich hertragen, aber wenn man nachher darüber redet, merkt man, was für ein riesiger Kosmos dahinterliegt. Gerade bei Hitchcock ist es wirklich phänomenal, weil der das auf die Spitze getrieben hat. Es geht nur um reine Unterhaltung und es sind doch Psychogramme, wie sie abgründiger kaum sein könnten, und wofür Bergmann sich wirklich die Finger wund gearbeitet hat, tolle Filme gemacht hat, bei denen man aber auch immer weiß: es geht um ganz schön viel, und kommt jetzt ganz schön dicke.
Der Wunsch, den ich habe, ist eben die Fusion von Beidem. Da ist Lola rennt der Film, der das am Besten bisher hinkriegt. Deswegen zu sagen: das ist purer Aktionismus, halte ich für oberflächlichen Schwachsinn. Wer den Film so wahrnimmt, der hat überhaupt nicht hingeguckt, und hat sich auch nicht darauf eingelassen.
Schicksal und Zufall beschäftigt uns alle ständig, und auch
dieses Problem: man glaubt, man steckt überall in so ner Kausalitätskette drin und hat eigentlich gar keine Chance, es ist sowieso alles schon so... jedes Jahr mindestens hat man einmal so einen fatalistischen Tag, daß man denkt: Was soll das Ganze denn noch? Was kann ich schon dran ändern?
Da ist der Film natürlich ein ganz klares Plädoyer – das finde ich auch ziemlich eindeutig formuliert, da muß man nicht viel dechiffrieren- dafür, daß sich doch was bewegen läßt.
Ein statisches System braucht einfach einen anarchischen Einfluß, der es auseinanderdrückt, oder eine Delle reinhaut, die es nen bißchen aus der Bahn wirft. Unsere Kraft liegt immer in der Leidenschaft. Ich wünsche mir, daß man den Augenblick zu schätzen lernt, daß jeder Moment eigentlich gleich wichtig sein kann, und daß man nicht vorher wissen kann, welcher Moment eigentlich der Entscheidende ist, daß man einen größeren Respekt vor der Situation hat.
Ich finde es immer blöd, wenn Menschen auf die Zukunft hin leben, und sich nicht auf das Nächstliegende konzentrieren. Gerade in der uns vorhergehenden Generation, unserer Elterngeneration, waren wir umzingelt von Menschen, die darüber reden, daß es ihre Kinder mal besser haben sollen – wo ich mir immer denke: was für ein perverses Statement. Man hat schon aufgegeben, daß man selber es noch einmal gut haben könnte, was ja absurd ist, denn das sind ja alles Leute, die leben noch, aber leben auf die Rente hin, sagen: Demnächst wird alles anders, demnächst muß ich mal mein Leben ändern. Diese Haltung ist Wahnsinn, die hat etwas Selbstzerstörerisches, in der liegt nichts Kreatives und nichts Konstruktives.
artechock: Meinst Du nicht, daß wir jüngeren Westdeutschen auch sehr saturiert sind, die Erben der Sicherheit, daß wir natürlich gar nicht das Bestreben hatten, uns um die Zukunft zu kümmern; wir mußten uns nicht sichern?
Tykwer: Ja, materiell ist natürlich der Vorteil da. Aber die Frage wäre, wie inspiriert unsere Generation wäre, wenn wir inspiriertere Eltern gehabt hätten? Wenn wir vielleicht materiell nicht so toll daständen, aber dafür eine größere Offenheit gegenüber einem schöpferischen Leben gehabt hätten. Dann hätten wir vielleicht auch nicht 16 Jahre lang den selben idiotischen Kanzler gewählt, weil wir früher erkannt hätten, daß der ein absoluter Stagnationsfetischist ist, der das festhalten will, was da ist, und insofern sogar gegenwartsbezogen ist – aber das ist nicht meine Vorstellung von Gegenwartsbezogenheit.
artechock: Aber wir beide haben ihn ja wahrscheinlich gar nicht gewählt.
Tykwer: Nein, natürlich nicht. Nach wie vor halte ich das für einen perversen Akt, diesen Mann jemals gewählt zu haben. Ich würde mich im nachhinein noch schämen dafür, wenn das so wäre, wenn ich das getan hätte. Ich kann das einfach nicht nachvollziehen, wie man das jemals... wie das jemals für jemanden eine Option war, der wirklich länger als 5 Minuten darüber nachgedacht hat.
Das ist wirklich ein Akt der kollektiven Besinnungslosigkeit gewesen, der über Jahre hinweg angehalten hat, und der natürlich dadurch beflügelt worden ist, daß man eben in so einer Sattheit dagesessen ist, und daß wir eben so satt und warm, mit dicker Wampe irgendwo sitzen und das Gefühl haben: Naja, wer weiß wie es anders wäre? Wenigstens hab ich einen dicken Bauch und ein Dach überm Kopf.
Was ja auch was wert ist, aber der Bauch könnte auch halb so fett sein. Wir sind so fett wie unser Kanzler, der repräsentiert uns eben auch körperlich, das finde ich so faszinierend an dem, der ist ja sehr mit sich im Reinen. Man kann ja sagen: Das was er vertritt, verkörpert er mit seiner ganzen Erscheinung, auch die Sprachlosigkeit, die er hat. Es ist faszinierend, daß die Menschen so sprachlos geworden ist, daß das intellektuelle Niveau Deutschlands so niedrig ist. Langsam prescht das wieder nach vorne. Wir sind ja nicht wirklich dümmer geworden, sondern nur einfach stumm. Und diese Stummheit, die dieser Mensch ausdrückt: er ist dick und stumm und träge, und hat das wie einen Virus... – ich will das gar nicht ihm allein in die Schuhe schieben, aber er hat so eine Haltung geprägt. Er symbolisiert das.
artechock: Was ist denn Lola für eine Heldin?
Tykwer: Qua Leidenschaft bewegt sie Raum und Zeit auseinander. Sie überwindet eine scheinbar völlig aussichtslose Situation. Demonstrativ wurde ihr mehrfach vorgeführt: Du hast keine Chance. Und am Ende nutzt sie sie trotzdem. Weil sie einfach bestimmte Grenzen überwindet, weil sie nicht akzeptiert, daß es diese Grenzen gibt. Ich glaube an diesen antipragmatischen Ansatz, daß man Sätze wie »Die Welt ist wie sie ist« nicht so stehen lassen muß, sondern daß man an einem bestimmten Punkt auch sagen muß: »Ja warum denn eigentlich, wer sagt das? Wieso können wir das nicht verändern ?« Und das ist immer der Moment gewesen, an dem die Menschen tatsächlich etwas überwunden haben.
Entscheidend ist daß Lola an einem bestimmten Punkt natürlich nicht weiter weiß, es scheint alles gescheitert zu sein – aber gerade das ist ihre Chance, im Moment der großen Verzweiflung kommt die Leidenschaft. Das anarchische Element, das Systeme sprengen kann, das Grenzen überwindet, und den Blick wieder neu öffnet für andere Horizonte, die wir immer wieder aus den Augen verlieren in der Normalität, auch in der Unüberwindbarkeit dieser Normalität, dieser elenden Konstanten, die uns ständig umgeben. Die natürlich primär diktiert werden durch die Zeit. Die Zeit ist das andere große Thema des Films.
artechock: Aller Deiner Filme.
Tykwer: Ja eigentlich schon. Schicksal und Zufall übrigens auch, aber das ist ja schön, dann erkennt man mich wenigstens wieder. Die Zeit ist ein Faktor, der mich total fasziniert, natürlich weil ich Filme mache, weil Film ja diese märchenhafte Möglichkeit bietet, daß man mit Zeit machen kann, was man will, daß man Zeit dehnen oder strecken oder zusammendrücken kann, wie es im Leben ja nie geht, und wie wir es uns ganz oft wünschen, wie wir es andererseits auch oft wahrnehmen. Zeit ist für mich etwas extrem Subjektives, und die Subjektivität ist für mich das erzählerische Prinzip aller meiner Filme. Es interessiert mich nie, nach objektiven Notwendigkeiten zu entscheiden, sondern nach subjektiven. Das ist für mich Film. Das strukturiert Filme die mich interessieren.
Und das ist auch so bei Hitchcock natürlich, oder Scorsese, Fellini oder Lars von Trier. Wo man sich fragt: nanu, warum wird jetzt das so wichtig genommen, und im nachhinein wird einem klar, daß natürlich nur durch einen Moment, der scheinbar in sich gar nicht dramaturgisch oder emotional Notwendiges transportiert, eigentlich die Essenz des Films mitgeprägt wird.
Bei Lola rennt wird besonders stark darauf focussiert, daß es 1000 Entscheidungen und Momente gibt, aber ganz selten welche, wo wir sagen würden, daß wir das vorher schon gewußt haben: Das ist es jetzt, das ist der Moment, an dem sich mein Leben anders entwickeln wird. Die großen Augenblicke, die wir als so pathetisch bedeutend empfinden, verblassen nach drei Tagen, und haben eigentlich gar keine Bedeutung mehr für unser Leben. Sie sind zwar objektiv wichtig gewesen, aber subjektiv haften sie gar nicht lange, während dann irgendein Kaffeetrinken nach 20 Jahren noch ein unheimlich bedeutender Augenblick ist, und sei es dadurch: Weil Du den Kaffee getrunken hast, hast Du dann den Zug verpaßt, der 2 Stunden später entgleist ist, und Du wärst tot gewesen.
artechock: Wir haben gerade über die Generation gesprochen, die mit Kohl aufgewachsen ist, die Kohl-Kinder. Wie siehst Du Dich denn selber ? Du scheinst ja anders zu sein, als viele; man sieht das ja auch an Deinen Filmen, daß Du andere Filme machst, als andere Deiner Generation, des jungen Neuen Deutschen Films. Glaubst Du, daß Du typisch bist für Deine Generation, oder ist das sogar schon ein Schritt weiter?
Tykwer: Ich sehe mich schon als Teil einer ganzen Bewegung, die jetzt vielleicht weniger darum kämpfen muß, sich aus diesem Phlegma zu befreien, weil es eine generelle Tendenz dazu gibt, daß man keinen Bock mehr hat, besinnungslos vor sich hinzudümpeln. Und das wird jetzt dafür sorgen, daß diejenigen, die noch 10 Jahre jünger sind, schneller zu dem Punkt kommen, für den ich vielleicht ein bißchen länger gebraucht habe.
Ich sehe mich überhaupt nicht als einzelner Vorkämpfer. Wenn man sich das nächste halbe Jahr anguckt, da werden wir überrollt von einer Welle von wirklich guten Filmen: Bin ich schön? von Doris Dörrie ist ein sehr starker Film, der unheimlich viel riskiert, eine große Leinwand verträgt, ein großes Publikum will, und hoffentlich bekommen wird. Der ist zerrissen und fordert einen heraus: unheimlich viele menschliche Aufs und Abs und Du gehst raus und mußt drüber reden.
Solche Filme will ich haben: Filme, die Dich erst mal verstricken und auch verführen, und die nachher dafür sorgen, daß Du wirklich über den Film reden mußt. Ich hoffe auch, daß Lola rennt so was auslöst, und daß das ein Film ist, der einen stimuliert, und wachrüttelt.
Dann kommt 23 von
Hans-Christian Schmid, hast Du den gesehen?
artechock: Ja hab ich, der ist nicht schlecht, aber ich fand ihn auch nicht so gut, aber es ist natürlich auch etwas Neues.
Tykwer: Ja es geht jetzt auch gar nicht darum, wie er uns persönlich gefällt, sondern das Entscheidende ist, daß man merkt: da ist ein Entwurf, da ist auf jeden Fall eine Vision. Es ist auch ein kompliziertes Thema, wie willst Du da einen sinnlichen Film machen?
Es geht ja eh nur darum, das man fragt: was steht uns bevor? Wir sehen jetzt in Locarno und Venedig je drei deutsche Filme im offiziellen Programm drin. Da ist eine
unübersehbare Präsenz da. Das Ausland übersieht’s nicht, also sollten wir das auch nicht übersehen.
artechock: Dein Film ist aus meiner Sicht ja der erste seit Jahren, von dem vorstellbar ist, daß er auch eine Chance in Paris, London, New York bekommt, und dort sein Publikum findet.
Tykwer: Es geht schon los, wir haben den Film schon nach Italien verkauft, was wir noch nie hatten. Superschweres Land für deutsche Filme. Weißt Du deutsche Filme – uäääh! Deutsche Filme sind im Ausland immer noch tierisch out. Das was wir jetzt so langsam erreicht haben, dank auch vieler Komödien und der Filme die eben da waren, daß da überhaupt wieder eine Akzeptanz gegenüber deutschen Schauplätzen da ist, daß wir einfach wieder eine
kleine Auswahl von Stars haben.
Jetzt brauchst Du universellere Stoffe, natürlich, aber alle Länder haben ein sehr klares lokales Standbein.
Bei den Italienern siehst Du unter den Top-ten immer Titel, die kommen überhaupt nicht nach Deutschland, das sind italienische Komiker, die da unheimliche Erfolgskomödien machen; Frankreich: Les visiteurs, 13 Millionen Zuschauer hat der gehabt, das kommt bei uns jetzt unter ferner liefen raus. Aber das ist ein ganz normaler Prozeß. Der sorgt dafür, daß in so einem Land wie Frankreich die Industrie dann noch eine Kraft und Potenz hat, und die brauchen wir halt genau so. Es geht nicht, daß alle nur noch so Filme machen wie Bin ich schön? und Lola rennt und Zugvögel ... einmal nach Inari. Wir brauchen auch Ballermann 6.
artechock: Wofür brauchen wir Ballermann 6???
Tykwer: Das Spektrum ist wichtig. Der Film ist blöde, aber die Leute lachen sich einfach schlapp, das mußt Du akzeptieren.
artechock: Meinst Du, daß Leuten, die in Bin ich schön? oder Lola rennt gehen, das wirklich gut gefällt?
Tykwer: Natürlich nicht. Aber das ist ja normal. Es gibt halt für jeden Film ein unterschiedliches Publikum. Aber das ist ja das Entscheidende: Das wir diejenigen Leute wieder ins Kino zurückholen, die dem deutschen Film verloren gegangen sind. Darum funktionieren die Amis, weil sie diesen industriellen Komplex haben, in dem Filme wie Ballermann 6 ihren Platz bekommen. Das Spektrum geht von da bis da. Bei Ballermann 6, das ist für mich ein echter Punkt: Das ist kein zynischer Film. Sondern es ist ein Jim Carrey-Film, und Jim Carrey-Filme find ich auch grauenhaft, ich guck mir das auch nicht an, weil ich’s nicht ertrage. Aber er selber steht zu dem, was er macht, und er ist sehr gut darin: Tom Gerhard ist unser Jim Carrey, der findet das auch selber wirklich lustig. Das macht den Film nicht-zynisch.
Es gibt Filme, die sind wirklich zynisch. Weil Du merkst: Jeder findet das eigentlich Scheiße, was er hier macht, und glaubt da nicht dran: Die Frau Rettich zum Beispiel. Dem siehst Du an: Niemand hat daran geglaubt von den Leuten, die ihn gemacht haben, alle fanden eigentlich blöd, was sie da machen, aber alle haben ordentlich Geld verdient, und haben gedacht: Naja, iss ja 'ne Komödie, wird schon gehen. Das ist verlogen. Da stehe ich dann auch auf der anderen Seite und sage: Euch brauchen wir nicht. Aber die Filme, die ein Genre aus einer bestimmten Überzeugung heraus bedienen, die sollen auch da bleiben.
artechock: Also Authentizität und Leidenschaft sind sie Kriterien?
Tykwer: Genau. Und das gilt auch für Hollywood. Deswegen nervt Lost World oder es nervt Godzilla, weil es pures Konzept und Rezept-geschissen ist. Aber ich bin völlig einverstanden mit Indiana Jones. Verstehst Du, der Spielberg findet das selber Super, diese Energie steckt dann auch in dem Film drin, das inspiriert dann auch obwohl es nur Achterbahnfahren ist. Ich gehe genauso gerne auf die Kirmes. Wir gehen halt gerne auf die Kirmes, aber doch nicht jeden Tag. Und wir müssen jetzt gucken, das wir Platz auch für andere Filme schaffen.
artechock: Abgesehen davon, daß man vielleicht Amerika und Europa nicht so gut vergleichen kann, habe ich den Eindruck, daß beispielsweise in Frankreich und in England es gelingt, das Publikum ein bißchen zu erziehen, auf ein etwas höheres Niveau, als in Deutschland.
Tykwer: Das ist ja der Ansatz. Ich will ja nicht sowas wie Ballermann machen. Ich meine nur, wenn man zumindest in kleinem Rahmen wieder diesen industriellen Anspruch hat, ist es einfach dämlich, zu sagen: Sowas ist tabu.
Integrität vorausgesetzt, ist erstmal alles erlaubt. Das gilt so für mich. Natürlich ist das nichts, was mich interessiert. Aber
in Blick auf das, was wir innerhalb unserer Kinolandschaft erreichen wollen, müssen wir aufhören, Grabenkriege zu führen. Wir müssen uns konstruktiv miteinander auseinandersetzen, und auch streiten. Für den Diskurs bin ich total, und ich würde Tom Gerhard sagen, was ich denke, was er vielleicht noch besser machen kann, weil ich finde: man kann solche Filme auch noch ein bißchen besser machen. Ich find ihn dann an manchen Stellen doch ein bißchen zu dämlich. Es ist schon ein bißchen
schwierig, Ballermann irgendwas abzugewinnen.
Es geht ums Prinzip. Es geht um die Haltung. Ich werde auch dauernd gefragt: Was halten Sie von Sönke Wortmann? Ich finde Sönke Wortmann einen extrem talentierten Filmemacher, der mal einen guten und mal einen schlechen Film macht. So ist es nun mal. Ich habe bisher Glück. Aber mir wird auch einer unterkommen, der einfach voll danebengeht. Und dann erwarte ich auch nicht, daß man dann sofort sagt: siehste, ham wir doch immer gewußt, daß er eigentlich Scheiße ist. Das nervt mich total.
Abgesehen davon, daß ichs wichtig finde, daß man ihm seine Filme um die Ohren haut, die Scheiße sind, und das erwarte ich auch umgekehrt, daß man das bei mir macht, ich will, daß man gnadenlos ist, aber im konstruktiven Sinne gnadenlos, das ist wichtig. Deswegen kann ich diese ganzen Grabesgesänge auf den deutschen Film nicht ertragen. Das Kücken hat gerade mal rausgeguckt. Das dauert, das dauert noch zwei, drei Jahre bis wir dieses neue Level wirklich etabliert haben, und auch in den Köpfen drin haben.
Man darf auch nicht verzweifelt sein, wenn jetzt so ein Film wie Lola rennt noch immer nicht die tierischen Zahlen macht. Wenn das Wetter 40 Grad im Schatten ist, dann kannst Du nichts machen, dann ist drei Wochen später Godzilla da, und dann ist Lola plattgestampft. Natürlich sehe ich, daß der Film die Chance hat, und ich glaube auch, daß er sie nutzen wird. Alle Vorführungen, die wir hatten, sind toll gelaufen. Wir hatten Szenenapplaus und so etwas. So was hab ich nie gehabt, ich bin da auch unverwöhnt. Bei Winterschläfer, da sitzen die Leute stumm da, und Du hoffst dann, daß die konzentriert sind, und nicht eingeratzt.
artechock: Hast Du denn Angst vor dem Hype, der jetzt kommt, davor, daß die Erwartungshaltung bei dem nächsten Projekt, das Du machst, zu hoch ist? Macht Dir die Einladung zum Festival nach Venedig Angst, oder bist Du gottfroh?
Tykwer: Nein, da wollte ich doch hin. Ich wäre ja blöd. Also Angst, nein, überhaupt nicht. Wenn ich jetzt denken würde: Das ist alles vollkommen unangemessen, denn der Film ist doch gar nicht so gut, der wird jetzt irgendwie künstlich gepushed, das wäre was anderes. Aber das ist nicht künstlich, er kommt gut an, und dadurch entwickelt er sich so, wie er sich entwickelt. Das hat nur mit seiner Qualität zu tun, und das macht mich natürlich erstmal stark.
Den Druck...?! Also ich seh den Druck schon. Was mir nicht gefällt, ist, wenn man den Tag vor dem Abend lobt. Er wird schon so gehandelt, als wärs ein Hit, dabei ist es noch keiner. Er muß sich jetzt erstmal im Kino durchsetzen. Wir werden schon irgendwie mehr Zuschauer machen, als mit Winterschläfer. Aber wenn Du über die Dörfer fährst, und in die Buden reinguckst, dann willst Du, daß
auch die jetzt den Film angucken. Das ist ja das Verrückte: Du weißt, die hätten Spaß dabei. Sie müssen irgendwie den Weg finden, und einmal nicht Armageddon gucken, für den sie 27.000mal mehr Werbung gesehen haben, wo sie einfach so zugeballert wurden, daß das der einzige Film ist, der denen jetzt einfällt.
Aber was soll man machen, man kann halt nur hoffen.
Und man kann alles dafür tun. Ich hab viel dafür getan, viel am Soundtrack gebastelt, der eine ganz eigenständige Pop-Platte geworden ist, die richtig gut ist, und nicht so ein Merchandising-Ding. Das ist ja eigentlich das wahre Merchandising, wenn Du was hast, was wirklich Klasse ist, eigenständig, und nicht so ein Appendix.
Das Buch ist auch kein „Buch zum Film“, irgend so ein beknackter Roman, den man aus dem Film rausdestilliert hat, was ich auch hasse, das Du nie liest, und Dir nur hinstellst, weil Du halt den Film gut fandest. Was völlig blöd ist. Es ist viel schöner, wenn es ne eigene Qualität hat.
artechock: Wie hast Du die Musik gemacht?
Tykwer: Beim Film hatte ich bestimmte Sachen vor Augen. Und dann während des Schnitts sind wir mit dem Rohschnitt ins Studio gegangen, haben da eine erste Musik-Version gemacht, und dann mehrmals hin und her. Weil ich wirklich eine absolute Symbiose wollte von Film und Musik und Ton; ich will das man sich überhaupt nicht mehr vorstellen kann, wie das eine ohne das andere wäre.
Ich liebe diese Kombination von verschiedenen Elementen, das Du alles machst. Ich bin kein Regisseur im traditionellen Sinn. Ich bin Filmemacher. Weil ich von der ersten Idee bis zur letzten Serienkopie alles persönlich überwache. Weil ich jeden Bereich unheimlich mag. Ich mag auch die Post-Produktion. Wenn das Material gut ist, ist das toll, das wächst dann zusammen, 1000 einzelne Fragmente rücken immer mehr an das heran, was Du Dir gewünscht und erträumt hast. Und Du erlebst natürlich auch immer wieder Überraschungen, weil die Sachen dann anders werden.
artechock: Kannst Du noch einmal beschreiben, was Lola für eine Figur ist? Ist das überhaupt eine Heldin?
Tykwer: Eine Heldin des Alltags. Trotz aller Stilisierung, die der Film auch wagt, war wichtig, daß das eine ist, die trotz aller Potentiale über sich hinauszuwachsen, ganz diesseitig bleibt, die man versteht, und wo man sich vorstellen kann: ich würde genau dasselbe machen, wenn ich in der Situation wäre. Die nie etwas macht, was obercool, posig ist, nur weil der Film ein lässiges Statement abgeben will, sondern aus einer Verzweiflung und aus dieser Leidenschaft heraus, mit der wir uns, glaube ich, alle identifizieren können, schier Unglaubliches tut, aber immer im Rahmen dessen, was man denken kann.
Diese Power kennt man: das ist die Energie, die aus der Verliebtheit kommt, und die eine ziemlich anarchische Potenz hat. Und die Potente hat halt diese Potenz, das utopische Prinzip: ich kann die Welt aus den Angeln heben. Sie hat diese Energie, ohne Tank Girl oder eine Comic-Figur zu werden, da hatte ich nie Bock drauf. Dann ist es zu abstrakt und uninteressant, weil es unrealistisch ist. Ich wollte immer einen Film der sich ganz konkret zur Realität bekennt.
artechock: Hast Du eigentlich einen philosophischen Background?
Tykwer: Ich habe Philosophie studiert, aber nur kurz, 3 Semester. Aber ich habe dadurch einen philosophischen Background, daß ich 11 Jahre mit einer Philosophin zusammen war. Das hat mich extrem geprägt. Philosophie ist etwas, für das ich immer offen war, was mich interessiert hat. Ich finde es schön, wenn Filme philosophische Thematiken entwickeln und entfalten können, ohne natürlich zu akademisch zu werden. Ich interessiere mich überhaupt nicht für akademisches Kino, sondern für Filme, die auf andere Art eine Philosophie vermitteln, ohne das es irgendwie vordergründig wäre.
artechock: Hast Du an irgendetwas bestimmtes gedacht? Die triadische Struktur hat ja Ähnlichkeiten zu Hegel: These-Antithese-Sythese – ist so etwas gemeint?
Tykwer: Das ist natürlich in dieser Dreiaktigkeit mit drin. Aber es gibt ja keine richtige Antithese oder Synthese. Es gibt drei Akte. Das ist ein dramaturgisches Konzept: Eine Reise mit vielen Widerständen, am Ende gibt es eine Erlösung. Es ist nicht nur ein Experimentalfilm, der immer wieder zurückspringt. Ganz wichtig war mir, daß man ihn als eine durchgehende Reise wahrnimmt, daß man am Ende das alles durchgemacht hat, das Lola –und Franka spielt das ja auch so- erst selbst gestorben ist, dann ist er gestorben; sie hat alles durchgemacht, was man sich vorstellen kann, und endlich, endlich hat sie es geschafft. Nicht, daß sie erst seit 20 Minuten wieder rennt, sondern sie rennt eigentlich seit Ewigkeiten durch Raum und Zeit.
Ich habe mich auch mit Kausalitätstheoretikern beschäftigt. Ich habe einen relativ unverkrampften Umgang mit Philosophie, dadurch, daß das für mich auch Alltag war. Am Anfang liest Du ein Zitat von T.S.Eliot und dann von Sepp Herberger. Beides ist wichtig. Herberger ist der Philosoph des Alltags.
Das heißt: Ich gucke eben genauso gern einen Film von Rivette wie von Spielberg. Damit meine ich: beides bringt uns weiter. Ich will Filme, die beides schaffen.
Es gibt eine Menge an Philosophen, die ich bewundere. Meine Ex-Freundin war Ernst Tugendhat-Schülerin. Der ist ein gutes Beispiel: Man kann die komplexesten ethischen Fragen behandeln, und schreibt ein Buch, das liest Du runter. Der fragt ganz einfach, und versucht dann nachvollziehbare Antworten zu geben. Und man wird dann in eine Kette von Fragen verstrickt, und merkt erst gar nicht: Das ist wahnsinnig komplex.
Nicht wie Hegel und Heidegger, wo es gleich zur Sache geht. Aber auch das ist interessant. Heidegger hat diesen Strudel, dieses Manische, dieses Wahnsinnige, dieses Besessene, dieses Teuflische – wo man das Gefühl hat, Du bist Satan auf der Spur. Seine Texte sind wie Beschwörungsformeln. Das beeindruckt einen natürlich. Da wird dann in mir wahrscheinlich der Katholik wach, der ich auch bin. Und der gern auch mit dem Diffusen hantiert, was ja Heideggers Sache war. Solche Metaphysiker sind mir nicht völlig fremd. Ich halte zwar ein Plädoyer für die Aufklärer, aber bin auch Metaphysiker – ich will beides. Gleichzeitig. Und wenn das ein Widerspruch ist, ist mir das eigentlich egal. Es gibt ja Autoren, die beides tun. Natürlich hat der analytische, rationale Philosoph das letzte Wort.
artechock: Du hast Herberger genannt, der eine Bedeutung für Deinen Film hat. Wie ist Dein Verhältnis zum Fußball?
Tykwer: Fußball interessiert mich sehr. Ich bin Dortmund-Fan, etwas unglücklich zur Zeit, und auch der WSV, Wuppertaler SV, weil ich aus Wuppertal komme, die sind in der Regionalliga und arbeiten dran, haben eine Chance. Aber der BVB ist eine sehr wichtige Mannschaft für mich, wobei ich über den augenblicklichen Stand sehr unglücklich bin, da muß man sehen, was daraus wird.
artechock: Welchen Trainer hättest Du Dir gewünscht?
Tykwer: Naja, ich finde das ganz gut mit dem jungen Skibbe. Ich bin sehr neugierig, und halte das für richtig, jetzt nicht wieder einen blöden Bonzen einzukaufen, der mit seinen Superstars ein bißchen Ballett fabriziert, nichts Neues formt. Ich bin so abgetörnt von Möller, aber er ist in Dortmund immer viel besser gewesen, als in der Nationalmannschaft. Ich gehe viel mit Joachim Krol ins Stadion, Dortmund ist sein Gott, das ist wirklich anstrengend, wenn Dortmund verliert, ist echt der Tag gelaufen, Du gehst natürlich Bier trinken, aber er hat wirklich schlechte Laune, ganz im Ernst. Aber das Westfalenstadion ist das beste. Ich hab viel mit Fußball zu tun, ich hab schon unvergessliche Abende im Stadion verbracht. Als Kind war der WSV sehr wichtig, die waren ja mal zweiter der Bundesliga, und wären fast Vizemeister geworden.
artechock: Was macht einen guten Regisseur aus? Was ist die Qualität eines Filmregisseurs?
Tykwer: Sich von seinen Vorbildern abzunabeln. Daß man aufhört, Remakes zu drehen, was die meisten ihr Leben lang tun, und sich auf die Suche macht zu dem, was man wirklich selber zu sagen hat. Denn das ist immer das Aufregendste: Wenn ein Film eine wirkliche Persönlichkeit offenbart. Und der zweite Punkt ist, daß man die Gabe hat, die richtigen Leute für den richtigen Stoff zusammenzubringen, und sie auch zu halten.
Aber der erste Schritt ist der inhaltliche. Daß man diesen Quantensprung macht, und selber denkt. Das ist wie der Moment, wo man als Philosoph zum ersten Mal einen dialektischen Gedanken kapiert hat, wo dieser riesige Groschen kracht. Das ging mir so, als ich mit 17 Marx und später dann Hegels „Phänomenologie des Geistes“ gelesen habe. Dieser Moment, wo sich der Horizont öffnet. Und so will ich –und kann es auch- als Filmemacher eine Kommunikation, einen Diskurs mit dem Publikum herstellen. Damit da etwas Sinnvolles rauskommt. Das muß das Ziel sein, um als Filmemacher eine Legitimation zu haben.