Deutschland 2016 · 111 min. · FSK: ab 0 Regie: Detlev Buck Drehbuch: Bettina Börgerding, Detlev Buck Kamera: Marc Achenbach Darsteller: Lina Larissa Strahl, Lisa-Marie Koroll, Louis Held, Michael Maertens, Martin Seifert u.a. |
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Detlev Buck nimmt Abschied |
Dumme Sprichwörter an den Anfang zu stellen, macht Spaß. Erst recht, wenn es um Spaß und Blödelei im Film geht und sie so dämlich sind wie dieses: »Man sollte dann aufhören, wenn der Spaß am größten ist.« Warum das jetzt? Ganz einfach: Weil Detlef Bucks »Bibi & Tina«-Franchise nach dem kleinen Hänger im dritten Teil Bibi & Tina – Mädchen gegen Jungs im vierten und letzten Teil Bibi & Tina – Tohuwabohu total wieder zu Höchstform aufläuft und vielleicht sogar der beste der Filmreihe ist; ganz knapp vor Bibi & Tina: Voll verhext!.
Dabei scheint an der Oberfläche dieses Jugendfilms alles so wie immer. Bibi (Lina Larissa Strahl) und Tina (Lisa-Marie Koroll) reiten selbstbewusst durch einen weiteren Bonbon-Sommer ihres jungen Lebens, begleitet von den üblichen Bekannten, Tinas unbeholfenem Freund Alex (Louis Held) und dessen tolpatschigem Vater Graf Falko (Michael Mertens) und einigen anderen Männern im Schlepptau, die im Grunde alle gemein haben, dass sie den klassischen Gender-Stereotypen widersprechen und stattdessen eine Männlichkeit formen, die wie eine bizarre Mischung aus dem Kind-im-Mann-Trottel à la Heinz Rühmann, Poppern der 1980er und androgynen männlichen Rollenmodellen der Gegenwart wirken. Eingeschlossen Detlev Buck, der auch hier als Oberblödel seinen Cameo-Auftritt hat.
Das tut auch im vierten Teil heillos gut, besonders, weil diese erfrischenden Geschlechterkonstellationen wie in der tollen Musical-Serie GLEE von Song- und Tanzeinlagen der Hauptdarsteller noch einmal ironisch und gebrochen verstärkt werden – eine Stärke, die im dritten Teil bedauerlicherweise vernachlässigt wurde. Dabei sind die Songs tatsächlich gut und ähnlich wie die Reiteinlagen alles andere als geschlechtsspezifisch auf Mädchen ausgerichtet; überhaupt sollte man bei den Aufführungen zu diesem Teil an den Kinokassen einmal die Anzahl der männlichen Besucher registrieren und davon ableiten, wie hoch der Prozentsatz jugendlicher Männer an den bisherigen 4,5 Millionen Besuchern gewesen sein könnte, bei denen sogar der dritte Teil gleich am Startwochenende Alejandro González Iñárritus The Revenant locker von Platz 1 der Kinocharts verdrängen konnte.
Was allerdings die eigentliche Stärke des vierten Teil ist, ist seine Politisierung. Vielleicht hätte man Bucks Film mit in die Auftaktdebatte der Woche der Kritik auf der diesjährigen Berlinale integrieren sollen, nicht nur, um ein bisschen mehr Spaß zu haben. Denn im gleichen unbefangenen, ehrlichen und kalaueraffinen Stil wie in Bibi & Tina Beziehungen verhandelt werden, wird in Tohuwabohu total die gegenwärtige Politik verhandelt. Tagesaktuell wird nicht nur Trump thematisiert, sondern behutsam, direkt und ungewöhnlich ernst auch das Thema Migration zur Sprache gebracht. Syrische Flüchtlinge tauchen genauso auf wie ein von ihren albanischen Wurzeln entfremdetes Mädchen (Lea van Acken).
Schade also, dass Bibi aus und vorbei ist – aber es geht nun wirklich nicht mehr. Denn man darf nicht vergessen, dass beide Hauptdarstellerinnen im Dezember bereits 20 werden und erste Liebe und die Suche nach ihrer Identität im Grunde schon im ersten Teil hinter ihnen lagen, als beide bereits 16 waren. Aber vielleicht kehrt ja auch Buck so wie gerade eben Danny Boyle mit seinem T2 Trainspotting in 20 Jahren wieder mit seinen Hauptdarstellern zurück. Und es wäre ein Spaß zu sehen, wie die vielen Sommer, die folgten, ihr Leben gezeichnet haben. Und das von Buck. Man kann nur hoffen, dass ihm bis dahin das Lachen nicht vergangen ist.