Blackhat

USA 2014 · 133 min. · FSK: ab 16
Regie: Michael Mann
Drehbuch:
Kamera: Stuart Dryburgh
Darsteller: Chris Hemsworth, Viola Davis, Tang Wei, William Mapother, John Ortiz u.a.
Film & Mann der alten Schule

Pistolen sind geiler als Computer

Als Googles Sicher­heits­prinz­essin Parisa Tabriz (»Security Princess« ist keine Analogie, sondern ihr wirk­li­cher »Titel«) von Michael Manns Hacker-Thriller Blackhat hörte, griff sie sofort zum Telefon, um ihren Bruder anzurufen. Da er mit dem Agenten von Manns Haupt­dar­steller Chris Hemsworth regel­mäßig Poker spielte, war auch der Rest kein Problem. Sie erhielt nicht nur eine private Preview in Manns Büro, sondern animierte Universal Pictures gleich darauf eine Preview für Hacker und IT-Security-Spezia­listen zu veran­stalten. Das Ergebnis war erstaun­lich. Was bisher als Hacker-Film-Standard gegolten hatte – John Badhams Wargames (1983) und Phil Alden Robinsons Sneakers (1992) – schien nun wirklich einer anderer Epoche anzu­gehören. Zwar habe auch Blackhat seine Fehler wie eine inkorrekt darge­stellte IP-Adresse, aber das Audi­to­rium lobte nicht nur die »besten Hacker-Film-Szenen aller Zeiten«, sondern auch eine immer wieder pädago­gisch sinnvolle, akkurate und sinnvolle Redu­zie­rung der Komple­xität von Cyber-Angriffen, die außerdem – wie korrekt darge­stellt – durchaus nicht immer nur virtuell passieren, sondern dann und wann auch über einen USB-Stick oder eine Fest­plat­ten­por­tie­rung forciert werden müssen.

Und auch darüber hinaus könnte man – zumindest als Nerd – ins Schwärmen geraten, denn Michael Mann hat Mut. Er stellt nicht nur kommen­tarlos die lite­ra­ri­sche Schönheit von gut geschrie­benem Program­mier­code in den Raum (!), er geht auch über die normale Rezeption, was Cyber­kri­mi­na­lität sein kann, hinaus. Natürlich spielt Mann an der Ober­fläche mit dem, was etwa durch den Hack auf Sony und den Folgen für Seth Rogen und Evan Goldbergs The Interview allen klar geworden sein dürfte – wer wen wann und wie hinter­geht ist in der Cyber­kri­mi­na­lität noch schwie­riger als in den bishe­rigen krimi­nellen Welten. Und ob es nun ein Film­studio ist oder wie kürzlich ein Stahlwerk oder bei Mann ein Atom­kraft­werk in Hongkong – ist im Grunde egal. Es sind die Beweg­gründe dahinter, die wirklich inter­es­sieren und die Mann ebenso klar profi­liert wie das eigent­liche Verbre­chen, den Hack: die Gier nach Geld und Macht in einem schwin­del­er­re­genden weltweit vernet­zten Amoklauf, der inzwi­schen auch ein Kürlauf der Betriebs­sys­teme geworden ist. Cooler ist bei Mann UNIX (und nicht Windows oder Apple OS) und auf alle Fälle ein Android (aber kein iPhone), um so richtig loszu­schlagen oder sich aus den Fängen einer Counter Attack zu befreien.

Deshalb stimmt es, was die Nerds aus dem Silicon Valley sagen. Michael Manns Blackhat ist ein hervor­ra­gender Hacker-Film. Aber ist er er auch ein guter Film per se? Nein, mitnichten.

Schon der Haupt­dar­steller Chris Hemsworth (Thor) ist ein Witz und besten­falls der feuchte Traum eines Hackers als eine reale Person. Weder seine plump symbo­lisch zur Schau gestellte Bele­sen­heit – nicht mehr und nicht weniger als einen Klassiker der Post­mo­derne muss es sein – noch seine Code-Akrobatik wirken auch nur ansatz­weise glaubhaft. Aber als dann die von Michael Mann so gern benutzte Ansamm­lung von männ­li­chen Freunden und Feinden ins Feld geführt wird, ist klar, dass Frauen auch in diesem Film Michael Manns nichts zu suchen haben, auch wenn sie ein Keyboard zu benutzen verstehen. Es sei denn, es muss nach Jahren im Gefängnis Druck abgebaut werden oder ein eini­ger­maßen überz­eu­gendes Filmende zusam­men­ge­flickt werden.

Aber es ist nicht nur Manns anti­quiertes Frau­en­bild und die Repli­zie­rung der seit Manns Heat immer wieder vari­ierten Ambi­va­lenz von Männer­be­zie­hungen, sondern auch das Thema an sich, das nervt. Vor allem im ersten Teil versucht Mann die eigent­li­chen Hacks über animierte Bild­se­quenzen bildlich (und spannend) zu gestalten. Dieser sinnlosen und lang­wei­ligen Legoäs­t­hetik scheint Mann schon bald selbst nicht mehr zu trauen. Genauso wenig wie dem eigent­li­chen Instru­men­ta­rium der Hacker, seien es ihre Androids oder die Tasta­turen ihrer UNIX-Rechner.

Konse­quent besinnt sich Mann deshalb schon ziemlich schnell auf altbe­kannte Qualitäten und reichert das neue Waffen­ar­senal kurz­er­hand mit den Waffen der alten Schule an. Ein wenig banal wird damit noch einmal auf die realen Folgen von virtu­ellem Handeln hinge­wiesen, doch geht damit immerhin auch ein realer Ruck durch die Insz­e­nie­rung, nach dem auch Chris Hemsworth wieder vererdet und am richtigen Ort wirkt und nun auch dem letzten Zuschauer klar sein dürfte, dass eine Pistole allemal geiler als ein Computer ist und man Hackern nicht unbedingt trauen sollte.

Wenn man Feuer mit Feuer bekämpft

Am Anfang des Films stehen nur ein paar wenige Maus­klicks. Die Kamera verfolgt eine Botschaft auf ihrem Weg durchs Netz. Etwas dick aufge­tragen ist das, aber nicht zu dick. Eine Groß­auf­nahme zeigt das Innen­leben eines Compu­terser­vers. Dort erscheint ein kleiner leuch­tender Punkt. er bewegt sich rasend schnell ein zweiter Punkt erscheint, schnell mehr, wie in einem digitalen Domi­no­ef­fekt nimmt das Leuchten zu, bis das ganze Datenfeld ein einziges riesiges Flackern ist, das sich im Eiltempo vorwärts bewegt. Was das soll, ist zwar nicht sofort, aber doch dann ganz schnell klar: Ein Angriff im Internet, der Mausklick war eine Waffe, und kurz darauf steht ein Atom­kraft­werk in Flammen. Dann ein zweiter Angriff: Diesmal gilt er der Böse der Wall-Street: Die Soja-Preise werden mani­pu­liert.

Die Welt ist universal vernetzt, und damit ist auch unsere Verwund­bar­keit, unsere Unsi­cher­heit universal geworden. Dies ist ein Kriegs­film in gewisser Weise, ein Front­be­richt vom modernen Cyber­krieg. Mann ist der coolste der Coolen im ameri­ka­ni­schen Gegen­warts­kino: Mit Heat gelang ihm vor 20 Jahren ein Klassiker, und einer von nur drei Filmen in denen die Lein­wan­di­konen Robert de Niro und Al Pacino gemeinsam auftraten. Auch mit The Insider (2000) und Colla­teral (2004) gelangen ihm große Erfolge, und viel­leicht hat Michael Mann ja in gewisser Weise auch immer Kriegs­filme gedreht, aber eigent­lich sind seine Werke – auch Der letzte Mohikaner 1993, Miami Vice 2006 und Public Enemies 2008 – immer NeoNoirs, also Filme jenes Film-Noir-Genres, das weder mit Gangs­ter­film, noch »Poliz­ei­thriller« genau genug umschrieben ist.

Denn die Handlung ist hier sekundär, die Haupt­sache ist der Style, das Licht, das bei Michael Mann immer dunkel­blau, fast Schwarz ist, sind die Neon­farben der nächt­li­chen Großstadt, die die auch die Gesichter der Menschen beleuchtet, ihrem fahlen Schein mitunter einen bunten Farb­tupfer hinzufügt, den einsamen Seelen ein wenig Glanz. Um Gut und Böse geht es hier daher weniger, denn beide Seiten sind einander ähnlicher, als sie wahrhaben möchten und verdammt sind sie alle, auch die besten.

Was man Michael Mann zugleich aller­dings hoch anrechnen muss: Er versucht, sich nicht zu wieder­holen. Er erzählt rauher als sonst, und er unter­nimmt alles, um der Gegenwart gerecht zu werden. So ist »Blackhat«, ein Wort, das in der Umgangs­sprache der digitalen Welt für einen »bösen Hacker« steht, ein Film über die heutige Welt der Finanz­wirt­schaft, in der auch das Geld und die Daten eine Waffe werden können. In dieser Welt ist das Verbre­chen, der unsicht­bare Feind, das Böse aus dem globalen Netz groß und nahezu allmächtig geworden. So muss sich das FBI sogar mit der chine­si­schen Polizei verbünden. Nach dem Grundsatz: Der Feind des Feindes wird zum Freund ist China hier diesmal im Rahmen des Hollywood-Möglichen das Gute. Für Michael Mann war es das schon immer, seine Filme sind schon immer deutlich beein­flusst von den Gangs­ter­filmen der Hongkong-Regis­seure.

Und weil es auch nicht ausreicht, dass sich die Ameri­kaner mit den Chinesen zusam­mentun, und man nach einem anderen Grundsatz Feuer am besten mit Feuer bekämpfen kann, beschließt man, einen verur­teilten Hacker aus dem Hoch­si­cher­heits­trakt zu holen und ihn um Hilfe zu bitten, gegen Straf­er­lass.

So kommen hier vier sehr unter­schied­liche Haupt­fi­guren zusammen, allesamt Helden ihrer Art. Und ihre Beziehung, das Gruppen-Innen­leben ist die eine Hälfte des Films. Der Kampf gegen die Verbre­cher die andere. Ihre Suche führt sie von Amerika nach Hongkong, ins Nathan-Hotel, zum »wet market«, nach Yau Ma Tai, schließ­lich nach Indo­ne­sien. The year of living dange­rously – »When this is over... what will you do?«... das sind so Fragen, die man schon im Leben nicht beant­worten kann, im Kino schon gar nicht.

Eine Weile sieht man das »system at work«, ein Zahnrad, das ins andere greift, wohl­ge­fäl­liges Bewe­gungs­kino. Doch dann kommt Sand ins Getriebe. Und wie immer bei Michael Mann ist dies in aller­erster Linie eine exis­ten­ti­elle Reise, die die Figuren vor allem zu sich selbst führt, und wie immer bei Michael Mann werden längst nicht alle, auch nicht alle der Guten diese Reise überleben.

»I think the real hit is still to come« erkennt einer der Helden, und wir ahnen sofort, dass er recht hat. Sie müssen hinein ins »Dark Web«, was meta­pho­risch gemeint, ist, aber auch ganz konkret. Und so vermischt sich das Bewe­gungs­kino des Action-Genres, mit der Emoti­ons­ma­schine des Auto­ren­films. Diese in seinem Fall fast immer perfekte Mischung beider Kompo­nenten ist seit jeher Michael Manns Geheimnis. Ein Kino der Coolness, das auch eines der schiefen Einstel­lungen ist, des Uner­war­teten, des Mythi­schen, der Blicke, der plöt­z­li­chen Einsichten, blitz­artig, der Blicke auf das Gesicht eines Schurken, der schon die Schüsse vorweg­nimmt, die gleich fallen werden, der Blicke eines Mannes auf den Körper einer Frau, ihre Körper­teile, der schon den Sex vorweg­nimmt, der später statt­finden wird, ein Kino der Auflösung des Chro­no­lo­gi­schen in der Bewegung, der Verrä­um­li­chung von Zeit.

Simul­ta­n­eität heißt das Stichwort, und auch wenn hier alles rast, steht die Zeit gewis­ser­maßen still, sehen wir dem Denken und Empfinden in Zeitlupe zu, uns selber beim Denken und Empfinden und den Figuren beim Erfahren ihrer Gefühle. Michael Mann ist hoch­sen­sibel für kleinste Schwin­gungen, sein Kino Seis­mo­gra­phie der Seele.

Blackhat ist ein ganz moderner, zeit­ge­mäßer Thriller. Geprägt von roher Netzäs­t­hetik, erzählt in Frag­menten, gleitend driftend durch eine chao­ti­sche, unklare Zeit. Nicht umsonst erkennt man ein Buch auf dem Nacht­tisch des Helden: Es ist »La condition post­mo­derne« des Philo­so­phen Jean-Francois Lyotard, die Programm­schrift der Post­mo­derne, die vom »Ende der großen Erzäh­lungen« handelt. Denn dies ist auch ein Film, der von der neuen Unüber­sicht­lich­keit erzählt, von einer Welt­ord­nung, die ihre Regeln verloren hat, und in der neue Rang­ord­nungen sich erst herstellen. Von einem System, in dem die kleinste Einheit – eine Handvoll entschlos­sener Verbre­cher – ganze Staaten aus den Angeln heben und desta­bi­li­sieren kann.

Die Pointe von Lyotards Buch ist aber, dass die Story vom »Ende der großen Erzäh­lungen« dabei aber selbst zu einer große Erzählung wird. Und auch Michael Mann steht für das Fest­halten an der Moderne in Momenten ihres schein­baren Schei­terns.

Die Systeme, erst recht Staaten und ihre Polizei- und Geheim­dienste, sind hier in Manns Erzählung keines­wegs auto­ma­tisch das Gute. Dies sind nur (noch) die einzelnen Menschen. Die freien Indi­vi­duen, denen die Apparate und Büro­kra­tien oft Steine in den Weg legen. Obwohl sie auf deren Dienste ange­wiesen sind. Michael Mann erzählt auch von der Amoral der Systeme, und der Moral der Menschen, dem ritter­li­chen Ethos der einzelnen Indi­vi­duen.

Und somit ist dies auch ein im besten Sinn altmo­di­scher Film: Voller Gefühl, mit viel Sinn für Sinn­lich­keit, für Coolness, für Bewegung, für Sex ist dieser Film ein spiri­tu­elles, philo­so­phi­sches Erlebnis, ein Film, dem es ums Ganze des Mensch­li­chen geht. Um Eros und Tod.

Hirnschmalz & Muskelkraft

Eine Compu­ter­tas­tatur. Ein Schwenk hinein in den Prozessor. Endlose Reihen von auf Platinen montierten Minia­tur­bau­steinen. Eine abstrakte Geome­trie­welt, belebt nur durch neon­far­benes Leuchten: mal punktuell, mal massiv. Plötzlich das deutliche Aufleuchten eines iden­ti­fi­zier­baren Signals. Tasta­tur­tippen, Dioden­leuchten, illu­mi­niertes Schalt­kreis­uni­versum. Von einer Diode über auf der Platine ange­brachte Leitungs­bahnen hinaus in das physische Gehäuse und über grob­schläch­tige Compu­ter­kabel hinein in den physi­schen Leitungs­bahn­kosmos und um die Welt. Dort die gleiche Prozedur in umge­kehrter Reihen­folge. Das Wunder des globalen Daten­aus­tauschs.

Mit dieser bild­mäch­tigen Sequenz von großer abstrakter Schönheit beginnt der neue Film von Michael Mann. Der Puls des diesen Regis­seurs vereh­renden Cine­philen beschleu­nigt sich parallel zu dem elek­tro­ni­schen Signal auf dem Weg zur globalen Daten­au­to­bahn. Der für seine eher unauf­fäl­lige, jedoch extrem elabo­rierte visuelle Stili­sie­rung bekannte Filme­ma­cher scheint zurück. Nicht nur, dass der letzte Kinofilm des ameri­ka­ni­schen Genre-Auteurs mit Public Enemies (2009) bereits sechs Jahre zurück­liegt. Der Gangs­ter­film um den berüch­tigten Bankräuber John Dillinger litt atmo­s­phä­risch stark unter dem betonten »Digi­tal­ka­mera-Look«.

Dabei hatte Michael Mann bereits mit seinem letzten großen Meis­ter­werk Colla­teral (2004) als einer der Ersten die Digi­tal­ka­mera für sich entdeckt. Nur wäre Mann nicht Mann, wenn man dies dem Film auch angesehen hätte. Denn zu einer Zeit, als viele andere Kollegen wie David Lynch (Inland Empire, 2006) noch größte Schwie­rig­keiten hatten mit einer Digi­tal­ka­mera ähnlich visuell berau­schende Bilder zu erzeugen, wie auf Celluloid, bewies Michael Mann, dass er auch dieses Handwerk bereits extrem gut beherrschte. Aber offen­sicht­lich musste er den »typischen« Digi­tal­ka­mera-Look mit blutlosen, blassen Bildern und unnatür­li­chen Farben mit Public Enemies für sich persön­lich nachholen. Gut, dass dies jetzt vorbei ist.

So ist Blackhat endlich wieder ein echter Mann-Thriller, der auch tatsäch­lich wie ein Werk des ameri­ka­ni­schen Maestros aussieht. Leider ist dies jedoch bereits die einzige unein­ge­schränkt positive Nachricht. Denn der edlen Ober­fläche entspricht in diesem Falle leider kein adäquater Inhalt. Bereits die oben beschrie­bene visuell berau­schende Eröffnung wirkt trotz ihrer Eleganz ein wenig haus­ba­cken und gestrig. Es ist eine Art auf Computer und das Internet zu blicken, wie Hollywood sie bereits spätes­tens in den 90er-Jahren für sich entdeckt hatte. Streng genommen wirkt diese Eröffnung sogar fast wie eine aktua­li­sierte Variante der Bilder in dem aller­ersten Compu­ter­ani­ma­ti­ons­film TRON (1982).

Auch ansonsten überwiegt der Eindruck, dass Michael Mann und sein Dreh­buch­autor Morgan Davis Foehl dem filmi­schen Potential ihrer Compu­ter­ha­cker­the­matik nicht so recht über den Weg trauen. Am deut­lichsten wird dies anhand der Wahl des Haupt­dar­stel­lers: Der Austra­lier Chris Hemsworth mag zwar der »Sexiest man Alive« sein. Das große Hacker-Genie nimmt man dem gutge­bauten Sonnyboy jedoch ebenso wenig ab, wie einem x-belie­bigen James Bond-Darsteller, der plötzlich zum großen IT-Fachmann mutieren würde. Der aus Filmen wie Thor und Rush bekannte Mime überzeugt zwar als Womanizer und als klas­si­scher Action­held voller Muskel­kraft. Aber sobald Hemsworth vor einem Bild­schirm sitzt, wirkt das bereits für sich genommen ein wenig skurril.

Es scheint so, als wäre der mitt­ler­weile bereits über 70-jährige Meis­ter­re­gis­seur tief in seinem Herzen der Ansicht, dass Computer und Coolness generell nicht zusam­men­gehen, weshalb diese somit poten­tiell ein wenig dröge Story mit einer gesunden Dosis an klas­si­schen schla­genden Argu­menten unter­füt­tert werden müsste. Dabei hat die Figur des Hackers spätes­tens seit Lisbeth Salander (Verblen­dung) das alte Image des verpi­ckelten Nerds mit schlecht sitzendem Hemd und dicker Brille längst erfolg­reich abgelegt. Und David Fincher – der neben Michael Mann größte Stilist des zeit­genös­si­schen ameri­ka­ni­schen Thrillers – hatte mit The Social Network (2010) bewiesen, dass man sogar mit einem Nerd der alten Schule – Facebook-Gründer Mark Zucker­berg – einen wirklich span­nenden Film machen kann.

Blackhat bewegt sich jedoch merk­würdig unent­schlossen zwischen Technik-Affinität und Technik-Ekel, zwischen dem Umarmen der Figur des Hackers und dessen Einbet­tung in eine Geschichte, die so wirkt, als hätte man versucht die alten James-Bond-Filme der 60er-Jahre in die Gegenwart zu über­führen. Da gibt es scheinbar einen wahn­sin­nigen Bösewicht, der aus einer lange undurch­sichtig blei­benden Moti­va­tion heraus, dabei ist die Mensch­heit in ein gewal­tiges Chaos zu stoßen. Es beginnt mit einem per Hacker­an­griff provo­zierten Reak­tor­un­glück in einem chine­si­schen Atom­kraft­werk und setzt sich mit bösar­tigen Mani­pu­la­tionen der ameri­ka­ni­schen Börse fort. In dieser Not arbeiten sogar der FBI und der chine­si­sche Geheim­dienst zusammen. Ihr Ass im Ärmel ist das zunächst noch im Gefängnis einsitz­ende Compu­ter­genie Nicholas Hathaway (Chris Hemsworth). Das besonders Perfide an den Hacker­an­griffen: Der verwen­dete bösartige Code geht auf ein Programm zurück, dass einst Hathaway selbst geschrieben hatte...

So grob­schlächtig und leicht unaus­ge­goren, wie dies klingt, so wirkt es auch im Film. Trotzdem ist Blackhat ein guter Thriller, der sich positiv von der großen Masse der neueren Action­thriller made in Hollywood abhebt. Gerade in den reinen Action­s­e­quenzen zeigt sich, was Mann am besten kann: Dort wo die Mehrheit seiner weitest­ge­hend talent­freien Regie-Kollegen in Mach­werken wie Jack Ryan: Shadow Recruit ihr Nicht­können hinter unmo­ti­vierten und zudem mies ausge­führten Schnitt­ge­wit­tern zu verbergen sucht, zeigt Michael Mann mit ganz ruhiger Hand, wie man so etwas richtig macht. Exem­pla­risch zeigt eine Schießerei auf der Straße, bei der sich die Helden und die Gangster hinter Autos verschanzen, dass nicht eine möglichst schnelle Abfolge von hekti­schen Bewe­gungen, sondern die mit Kontrolle und Köpfchen ausge­führte Aktion die hohe Kunst des Action­kinos darstellt. Mit ruhiger Hand präzise ausge­führte Schüsse. Dazu das aus Heat (1995) bekannte trockene, dumpfe Krachen. Da macht Michael unmiss­ver­s­tänd­lich klar, dass er noch immer der Mann ist.