USA/Irland 2003 · 98 min. · FSK: ab 12 Regie: Joe Schumacher Drehbuch: Carol Doyle Kamera: Brendan Galvin Darsteller: Cate Blanchet, Gerard McSorley, Ciaran Hinds, Brenda Fricker u.a. |
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Cate Blanchet als heldenhafte Veronica Guerin |
Als einzigem aktiven Produzenten ist Jerry Bruckheimer das Kunststück gelungen, dass mit seinem Namen für neue Filme geworben wird (im Gegensatz zu sonst üblichen Phrasen wie »Von den Machern von...«). Bruckheimer ist eine Trademark, die für Filmspektakel wie The Rock, Armageddon, Pearl Harbor, Con Air oder zuletzt Pirates Of The Caribbean steht.
Im ersten Moment scheint es deshalb ein Widerspruch zu sein, dass er mit Die Journalistin (Veronica Guerin) einen realistischen, ernsten Film, ohne Explosionen und sonstige »Attraktionen« produzierte. Doch wenn man genau hinsieht, erkennt man hier (gewissermaßen in Reinform) das zweite Element, das die typischen Bruckheimer-Filme so erfolgreich macht.
Bruckheimers Filme sind eben nicht nur actiongeladen, hektisch, grell, laut und spektakulär, sondern immer auch melodramatisch, zum Teil pathetisch, am Rande zum Kitsch und mit vereinfachten bzw. vereinfachenden Moralvorstellungen.
In seinen Filmen kämpft das sehr Gute gegen das sehr Böse, wobei anfängliche Siege des Bösen nur dazu dienen, den Triumph des Guten noch absoluter zu gestalten. Immer gibt es da einen Menschen, einen Helden, mit einer unverrückbaren Moral, der gezwungen ist (mal durch die Umstände, mal durch das eigene Rechtsempfinden), den Kampf gegen alles Schlechte aufzunehmen und oft genug sind diese Helden sogar bereit, sich selbst zu opfern, um viele andere zu retten. Exakt das ist auch die auf wahren Begebenheiten basierenden Handlung von Die Journalistin.
Der Film beginnt mit der Ermordung der Hauptfigur Veronica Guerin, wodurch die folgende Rückblende zur Chronik eines angekündigten Mordes wird.
Entsetzt über das Elend in den von Drogen verseuchten Armutsvierteln von Dublin, entschließt sich die Reporterin Guerin die Machenschaften der örtlichen Drogendealer und Verbrecher zu recherchieren. Widerstände bleiben ebensowenig aus wie erste Erfolge doch mit jedem weiteren kritischen Artikel setzt Guerin sich und ihre Familie mehr und mehr der Bedrohung der öffentlichkeitsscheuen Gangster aus. Als sie trotz mehrfacher Attacken und Todesdrohungen nicht aufhört gegen die Verbrecher zu ermitteln, wird sie in ihrem Auto erschossen.
Man könnte meinen, dass diese überaus ernste Thematik und der tragische Verlauf der Ereignisse viel zu deprimierend und sperrig für das Hollywoodkino sind, doch unter den richtigen Vorzeichen besehen, passt diese Geschichte perfekt in die Mythenmaschine des Jerry Bruckheimer.
Veronica Guerin ist – zumindest im Film – ein Mensch ohne Fehl und Tadel (von einer ach so menschlichen Schwäche im Straßenverkehr einmal abgesehen) und ebenso makellos ist ihre Familie, sind ihre Kollegen und Freunde. Dem entgegen stehen die Gangster, die allerdings unterschieden werden in eigentlich sympathische Gauner mit Stil (und ohne Drogen) und die abgrundschlechten Verbrechern ohne Skrupel (dafür mit Drogen).
Weitgehend alleine stürzt sich Guerin in den scheinbar aussichtslosen Kampf und jeder Rück- bzw. Niederschlag macht sie nur noch stärker, bringt ihr zusätzliche Sympathien. Ihre beinahe unvermeidliche Ermordung wird schließlich zum entscheidenden Opfer, das eine ganze Nation aufrüttelt, einer effektiven Gesetzgebung und Verbrechensbekämpfung den Weg bereitet und somit weiten Teilen der Drogenkriminalität in Dublin ein Ende bereitet (behauptet zumindest der Film).
Egal wie wahr die präsentierte Geschichte nun ist, sie wird vom Regisseur Joel Schumacher zu einfach, zu einseitig und bedauerlicherweise auch noch zu belanglos erzählt.
Der Hang zu einfachen Lösungen war immer eine Schwäche Schumachers, dessen Sinn für Schuld und Sühne schon mal ins Populistische schlägt (etwa in Falling Down, 8MM oder zuletzt in Phone Booth). Vermutlich hat ihn gerade das für die Zusammenarbeit mit Bruckheimer qualifizierte.
Die Stärke Schumachers, Menschen in Extremsituationen jeder Art zu zeigen, ihre Seele in solchen Momenten bloßzulegen, ihre Widersprüche und verschiedenen Seiten aufzuzeigen, ist in Die Journalistin nicht zu finden. Sowohl die dramatische Handlung, als auch die ansonsten so großartige Cate Blanchett hätten die besten Voraussetzungen geboten, ein ähnlich faszinierendes Psychogramm wie von Michael Douglas in Falling Down oder von Colin Farrell in Phone Booth zu liefern.
Doch Schumacher erlaubt sich nicht den kleinsten Schatten über seiner Heldin, hinterfragt nicht die regelrecht selbstmörderische (und auch ihre Familie gefährdende) Unnachgiebigkeit der Reporterin, ignoriert jeden Konflikt der daraus entstehen könnte. Entsprechend blass bleibt die Hauptfigur, woran selbst Cate Blanchett nichts ändern kann, der zudem die endlose Textmenge, die ihr das geschwätzige Drehbuch auflädt, keine Gelegenheit läßt, ihrer Rolle Nachhaltigkeit zu verleihen. Die wenigen gelungenen Charakterzeichnungen sind in diesem Film dagegen (wie so oft) auf der Seite der Verbrecher zu finden.
Bedauerlich auch, dass Schumachers Talent für dramatische Spannungsmomente in diesem Film weitgehend ungenutzt bleibt und die gesamte Inszenierung konventionell, wenn nicht gar bieder ausfällt. Der Film präsentiert sich als schlichtes, chronologisches Abhandeln einzelner Stationen, ohne besondere filmische Raffinesse, dafür mit dem üblichen Lokalkolorit und einer auf Dauer nervenden (Flöten)Musik.
Das ebenfalls für Schumacher typische moralische Ende, das hier auch noch um den tränenreichen Bruckheimer-Faktor ergänzt wird, rundet das unbefriedigende Gesamtbild ab.
Die schlichten, pathetischen Heldengeschichten aus dem Hause Bruckheimer gut oder schlecht zu finden, ist schlußendlich keine Frage der filmischen Ästhetik, sondern eine des persönlichen Geschmacks. Bedenklich wird es aber, wenn damit nicht Asteroiden- oder Autoräuberabenteuer aufgepeppt, sondern sehr ernste und komplexe gesellschaftliche Probleme vereinfacht und leicht konsumierbar gemacht werden.
Es ist schon beinahe zynisch, Guerin zu Beginn des Films in die soziale Unterwelt zu folgen und sich etwa angesichts verwahrloster Kleinkinder, die mit gebrauchten Drogenspritzen spielen, zu gruseln, um sich nach diesem »Initialschock« fortan in der gepflegt wohlhabenden Welt der Reporterin und ihren verbrecherischen Gegenspielern, fernab allen Elends, zu bewegen.
Wie man inhaltlich und filmisch besser mit dem vorliegenden Thema umgehen kann, zeigt sich an der (in diesem Film verhältnismäßig kleinen) Rolle des Martin Cahill, der somit innerhalb weniger Jahren schon zum dritten Mal zu filmischen Ehren kommt. Während der possenhafte Ein ganz gewöhnlicher Dieb mit Kevin Spacey ebenfalls zu leichtfertig an die Sache heranging, war John Boormans The General eine in jeder Hinsicht gelungene, eindringliche und spannende Auseinandersetzung mit den diffizilen Verhältnissen in Irland die zwischen IRA, Verbrechen, Armut, herrschender Moral und Staatsgewalt bestehen.