USA/D 2004 · 113 min. · FSK: ab 12 Regie: Paul Haggis Drehbuch: Paul Haggis, Bobby Moresco Kamera: James Muro Darsteller: Sandra Bullock, Don Cheadle, Matt Dillon, Jennifer Esposito, William Fichtner u.a. |
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Leben und Sterben in Blechkisten |
»In jeder anderen Stadt wird man beim Gehen angerempelt und streift automatisch andere Passanten. In L.A. berührt Dich niemand. Wir sitzen hinter Stahl und Glas. Ich denke, die Leute vermissen die Berührungen so sehr, dass sie zusammenstoßen, nur um überhaupt etwas zu spüren.« Das sagt zu Beginn des Films Graham (Don Cheadle), ein schwarzer Polizist und der einzige, der alle anderen Figuren im Laufe des Films trifft. Wer der Tote ist, den er findet, erfährt man erst am Ende.
36 Stunden in Los Angeles: Eine Millionenstadt voller Menschen unterschiedlichster Herkunft. Eine Stadt voller Vorurteile: »Ist dir aufgefallen, wie schlecht die Kellnerin uns bedient hat? Bestimmt hat sie gedacht, Schwarze geben kein Trinkgeld!« – »Und, hast du Trinkgeld gegeben?« – »Bei dem Service?« Anders als erfolgreiche Vorgänger wie Short Cuts und Magnolia und doch manchmal daran erinnernd zeigt Regisseur Paul Haggis, Drehbuchautor von Million Dollar Baby, eine Stadt voller Rassismus und Ängste.
Zwei junge Schwarze überfallen den ambitionierten Bezirksstaatsanwalt und dessen Frau. Sie (Sandra Bullock) reagiert hinterher mit kaum zu zügelnder Panik,
er (Brendan Fraser) macht sich eher um schwarze Wählerstimmen Sorgen. Auf der Suche nach dem gestohlenen Auto demütigt ein rassistischer Polizist ein schwarzes Paar – sie wird ihrem Mann seine Haltung, die sie als feige und unterwürfig empfindet, nicht verzeihen. Der iranische Immigrant Farhad wird in einem Waffenladen beschimpft – als in seinem Laden eingebrochen wird, verdächtigt er den Schlosser Daniel, der ihn in bester Absicht auf seine marode Tür aufmerksam gemacht
hatte.
L.A. Crash zeigt keine Stereotypen: Der »böse« Polizist pflegt hingebungsvoll seinen kranken Vater und kämpft um dessen Behandlung. Einer der beiden Carjacker ist der Bruder des Polizisten Graham – und der einzige »dunkle Fleck«, der seine Karriere ausbremst. Trotzdem spricht die Mutter pausenlos von ihm
Angst vor dem Fremden hat sich in Michael Moores brillanten Bowling for Columbine letztlich als Hauptgrund vieler Schießereien in Amerika herausgeschält, auch wenn die leichte Verfügbarkeit von Waffen sicher hilft. In gewisser Weise illustriert Haggis' Film anschaulich diese These. L.A. Crash blickt auf die multi-ethnische Stadt aus den unterschiedlichsten Perspektiven, und zeigt sie als Schauplatz der Vorurteile, von Angst, Gewalt und des Schicksals. Ein starkes Ensemble, authentische Bilder und
spannende, oft witzige, aber auch rührende und tragische Geschichten ergeben einen beeindruckenden, anregenden Film, indem die Erfahrungsregel gilt: Man trifft sich immer zweimal im Leben. Dass bei alldem der Zufall etwas überstrapaziert wird, verzeiht man gern.