Frankreich 2015 · 100 min. · FSK: ab 6 Regie: Julie Delpy Drehbuch: Julie Delpy, Eugénie Grandval Kamera: Thierry Arbogast Darsteller: Julie Delpy, Dany Boon, Vincent Lacoste, Karin Viard, Antoine Lounguine u.a. |
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Nur eine Handvoll guter Witze |
Alles beginnt mit zwei Freundinnen. Sie sind nicht mehr ganz jung und machen Urlaub am Meer, um bei Gymnastik und Schwimmbadbesuchen mal so richtig zu entspannen. Das mündet dann in Fragen in der Art »Wie lange bist du schon nicht mehr gevögelt worden?« und Dialogsätze wie »Ich würde so gern jemand finden, um die echten Momente des Lebens zu teilen.« Oder: »Ich mach seit zwei Wochen Thalasso und hab nicht ein Kilo abgenommen.«
So ist das also, wenn Frauen unter sich sind!
Und wenn es um »das Eine« geht, dann wird der Dialog witzig, also unsubtil: »Spießig fickt gut« – »Nein dumm fickt gut.« Bald reißen sich die beiden selbstbewussten Pariser Snob-Damen dann auch für den Urlaub zwei Provinzler auf, die zwar nicht besonders helle in der Birne und bei der Konversation am Dinnertisch eben recht provinziell sind; in anderen Dingen aber, wie man so sagt: Eine Granate!
Für Violette geht das Ganze auch nach dem Urlaub weiter. Zurück in Paris hat die typische Pariser Bildungsbürgerin, die in der Modebranche arbeitet, dann allerdings ein Problem: Denn sie hat einen Sohn: Eloie, von seiner überfürsorglichen alleinerziehenden Mutter am liebsten Lolo genannt, oder gleich »mein kleiner Süßer«. Obwohl er schon 19 Jahre alt ist, lebt er noch zuhause – ein verwöhnter Pascha wie er im Buch steht. Und Mami ist überzeugt, dass ihr Sohn hoch begabt und ohne Fehl und Tadel ist, oder, wie sie formuliert: »Die Zukunft der Menschheit.«
Nun muss Violette diesem postpubertären Sprössling ihre neue Beziehung zu dem IT-Fachmann Jean-Rene nahebringen.
Das ist alles andere, als einfach, denn Lolo ist ein kleines Monster, der der einzige Mann im Leben seiner Mutter sein möchte.
Jean-Rene wiederum ist zwar ungemein fürsorglich, aber auch etwas naiv, er spricht mit vollem Mund, und kennt sich in moderner Malerei überhaupt nicht aus – kurz: er ist ganz und gar nicht das, was in den Pariser Schicki-Micki-Kreisen, in denen Violette verkehrt, gerade angesagt ist. So schämt sie sich immer ein bisschen fremd, und Lolo nutzt diese Situation zu seinen Gunsten aus. Wie der deutsche Untertitel des Films schon sagt: Drei sind einer zuviel.
Lolo ist weniger ein französischer Independent-Film, als eine furiose Boulevardkomödie, bei der viele Türen knallend zugeschlagen oder aufgerissen werden, und die sich auch sonst an Fans von Ziemlich beste Freunde, Monsieur Claude und ähnlichem
Quatsch richtet. Im Stil schwacher Woody-Allen-Filme ist dies sehr leichtes, auch sehr musikalisches Unterhaltungskino mit immerhin einer Menge Selbstironie von Seiten der Regisseurin Julie Delpy.
Mit ihren Schauspielauftritten, unter anderem auch in Volker Schlöndorffs Homo Faber wurde die französische Schauspielerin in den 1990er Jahren weltberühmt. Für Frauen auf der
Leinwand werden, wie man weiß, mit der Zeit die Rollen rarer. Im Gegensatz zu anderen Kolleginnen macht Delpy aus der Not eine Tugend und dreht eigene Filme als Autorenfilmerin. Lolo, der jetzt in die Kinos kommt, ist der inzwischen fünfte Spielfilm von Julie Delpy, die hier in Personalunion Hauptdarstellerin, Drehbuchautorin, Produzentin und eben Regisseurin ist.
Hier hat sie sich die Rolle der Mutter Violette auf den Leib geschrieben. Filmisch bleibt alles banales Handwerk und überdies recht dialoglastig. Trotzdem gibt es doch immer wieder in einzelnen Szenen unverhofften Tiefgang oder anarchistische Albernheiten, und dazu viele treffende Witze über das Leben der über 40-jährigen, und ihre verwöhnte, ödipal gestörte Brut, die Mamis Schoß nicht mehr verlassen will, und der dafür jedes Mittel recht ist.
Dieser auch irgendwie sehr französische Film spielt im Übrigen mit bekannten Motiven wie Stadt gegen Provinz und den sexuellen Sehnsüchten alternder Großstädter. Und sogar der deutsche Modezar Karl Lagerfeld spielt eine überraschende Nebenrolle – sich selbst.