Frankreich 2019 · 99 min. · FSK: ab 0 Regie: Philippe de Chauveron Drehbuch: Philippe de Chauveron, Guy Laurent Kamera: Stéphane Le Parc Darsteller: Christian Clavier, Chantal Lauby, Ary Abittan, Medi Sadoun, Frédéric Chau u.a. |
||
Diesmal geht es um die Schwiegersöhne |
»Es ist sehr gut, dass es Franzosen mit gelber, schwarzer, brauner Hautfarbe gibt. Sie zeigen, dass Frankreich für alle Rassen offen ist und eine universale Berufung hat. Aber unter der Voraussetzung, dass sie eine kleine Minderheit bleiben. Denn sonst ist Frankreich nicht Frankreich. Wir sind – trotz allem – zuallererst immer noch ein europäisches Volk mit weißer Hautfarbe, mit einer Kultur griechischer und lateinischer Wurzeln und mit christlicher Religion.«– General Charles de Gaulle, 5. März 1959
Auch 60 Jahre nach diesem Ausspruch des als Nationalhelden gehandelten Staatsmannes Charles de Gaulle ist eine solch offen rassistische Einstellung in der französischen Gesellschaft weit verbreitet. Die schon damals problematische Ansicht ist für heutige kosmopolitische Ansprüche einer globalisierten Welt wirklich unpassend. Umso verwunderlicher also, warum Philippe de Chauveron seinen Filmhelden Claude Verneuil, in Deutschland bekannt geworden als Monsieur Claude, erst als Kosmopolit beschreibt, ihn aber dann mit Charles de Gaulles Lederhelm beschenken lässt, wie in der Fortsetzung von Monsieur Claude und seine Töchter geschehen.
Klar ist, und das macht auch Monsieur Claude 2 deutlich: Nationalstolz spielt in Frankreich noch immer eine große Rolle. Warum sollte man auch nicht stolz sein auf »la douce France«, die Nation, die Europa mit »la Lumière«, dem Licht der Erkenntnis aufklärerischer Werte, erfüllte und bereits 1905 zum laizistischen Staat wurde. Anders als Deutschland geizt La France nicht beim Flagge-Zeigen und legt damit einen, wie viele sagen würden, »gesunden Patriotismus« an den Tag: Jeder soll sehen und fühlen, wie reichhaltig doch die französische Kultur ist, wie toll die Landschaft, das Essen, die Menschen und überhaupt die Freiheit in diesem Land doch sind.
Monsieur Claude 2 gestaltet sich in weiten Teilen wie eine Hommage an die Grande Nation: Ländliche Idylle mit »dem Weideduft von Kuhfladen in der Luft«, wie Monsieur Claude Verneuil (Christian Clavier) an einer Stelle schwärmt, mit den prachtvollen Loire-Schlössern und Prunkbauten, die eindrucksvoll den erhabenen französischen Geschmack widerspiegeln. Jeder Frankreich-Liebhaber fühlt bei dieser Zurschaustellung des »art de vivre« sofort eine nostalgische Wehmut sowie den dringenden Wunsch in sich aufkommen, so bald wie möglich wieder Frankreich zu besuchen. Statistiken belegen, dass die Franzosen selbst am liebsten Urlaub im eigenen Land machen. Aber, wie bereits Sylvain Tesson, auf den im Film Bezug genommen wird, zu sagen pflegt: »Frankreich ist ein Paradies, das von Menschen bewohnt wird, die meinen, in der Hölle zu leben.« Auch Monsieur Verneuils vier Schwiegersöhne David (Ary Abittan), Rachid (Medi Sadoun), Chao (Frédéric Chau) und Charles (Noom Diawara) sehen weniger das Paradies als die Hölle: Ein muslimischer Anwalt, der gefühlt nur Klienten bekommt, die Rechtsbeistand in Sachen Verschleierung oder Burkini suchen; ein farbiger Schauspieler, dem – wenn überhaupt – nur Rollen als Drogendealer angeboten werden, ein Chinese, der sich wegen seiner ausgeprägten Angst vor Übergriffen mit Wurfsternen und einem Nunchaku Bruce Lee immer ähnlicher wird; und, wie sollte es anders sein, ein Jude, der denkt, niemand wolle auf Grund antisemitischer Vorurteile in eine fantastischen Ideen investieren, die er hatte. Alle vier fühlen sich auf ihre ethnische Herkunft reduziert und puschen sich gegenseitig in der Absicht auswandern zu wollen.
Marie und ihr Mann Claude wollen natürlich nicht hinnehmen, dass nun all ihre Töchter samt Enkelkindern im Begriff sind, das Land zu verlassen. Um ihren Schwiegersöhnen die Vorzüge Frankreichs wieder schmackhaft zu machen, werden die beiden zu wahren Patrioten. Marie Verneuil (Chantal Lauby) steht auf den ersten Blick für ein traditionelles Familienbild einer treusorgenden Ehefrau und Mutter, sie ergreift die Initiative und wird treibende Kraft des Unterfangens. Damit zeigt sie auf den zweiten Blick, wie groß der Einfluss einer Frau auf ihr Familie und wie wichtig es ist, auf Leute zuzugehen und Vorurteile zu beseitigen. Im Gegensatz zu ihrem Mann, der sich mit Stift und Papier als »kleiner Balzac« versucht, surft sie voll auf der Modernisierungswelle, entdeckt gerade »Amstragramme« und postet dort über ihre neuen Hobbys Nordic Walking und Zumba. Ihrem Filmparter, dem charismatischen Christian Clavier, ist die Rolle des Monsieur Claude auf den Leib geschneidert: Sein schauspielerisches Geschick, das sich in treffender, ausdrucksstarker Mimik äußert, belebt den Film merklich.
Der Originaltitel Qu'est-ce qu'on a encore fait au bon Dieu? deutet bereits zwei essentielle Dinge an: Zum einen, wie wichtig Gott und der katholische Glaube im konservativen Frankreich immer noch sind, zum anderen leider auch die Frage, womit zur Hölle wir es als Zuschauer verdient haben, einen Film vorgesetzt zu bekommen, der es in seinen 99 Minuten nicht schafft, im Hinblick auf den ersten Teil etwas Neues, Innovatives zu erzählen? Nun gut, man bekommt geliefert, was man erwartet und wird insofern nicht enttäuscht. Allerdings wäre es schön gewesen, wenn wenigstens die angelegten Handlungsstränge zu einem sinnvollen Ende geführt würden. Auch wenn am Schluss wieder einmal alle glücklich sind, werden Nebenstränge wie die eines afghanischen Flüchtlings, der von Madame Verneuil aufgenommen wird (das Schema von Willkommen bei den Hartmanns lässt grüßen), einfach gekappt. Passend dazu wirkt die Rolle eines »Game of Thrones«-süchtigen Pfarrers arg konstruiert. Außer der kurzen, lustigen Sequenz über einen Klingelbeutel mit Möglichkeit für Handy- oder Kartenzahlung ist wirklich guter Humor an vielen Stellen des Films nicht sichtbar. Aber Gott sei Dank lässt sich über Geschmack nicht streiten.
Natürlich ist es verständlich, dass Regisseur de Chauveron alles daran setzt, an den Erfolg von Monsieur Claude 1 anzuknüpfen; unverständlich ist jedoch, warum er einfach nur dessen Struktur wieder aufgreift, anstatt die universellen Themen der Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund oder der Angst vor politischem Extremismus auf eine nächsthöhere Ebene zu heben, um sie differenzierter betrachten und vielleicht gerade dadurch mit der nötigen Portion Humor verstehen zu können. Dass das möglich ist, hätte er sich gut und gerne von seiner österreichischen Kollegin Eva Spreitzhofer und ihrem sogar fast gleich betitelten Film Womit haben wir das verdient? (2018) abschauen können (siehe Kritik). Auch wenn dies möglicherweise über de Chauverons Intention, den Zuschauer einfach nur zum Lachen zu bringen, hinausgeht, sollte man doch gerade bei solch brisanten Themen wie dem Umgang der Gesellschaft mit dem, was ihr zunächst fremd erscheint, feinfühliger sein.
Trotzdem, de Chauveron trifft den Nerv der Zeit, in einem Frankreich, das wie viele europäische Länder mit Rechtsruck und einer Zunahme von Diskriminierung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund zu kämpfen hat. Die Präsidentschaftswahl 2017, während der auch das Drehbuch entstand, hat gezeigt: Der Grat zwischen Patriotismus und Nationalismus ist schmal.
Was hat man dem katholischen Ehepaar Verneuil um Himmelswillen nur angetan: ihre Schwiegersöhne sind arabischer, jüdischer, chinesischer und afrikanischer Abstammung! Konnte im ersten Teil von Monsieur Claude und seine Töchter (2014) nicht eine einzige der vier bildhübschen Schwestern ihren konservativen Eltern den Gefallen tun, einen 'richtigen' Franzosen zu heiraten, so soll es für das Ehepaar Verneuil in Monsieur Claude 2, noch schlimmer kommen. Ja, noch schlimmer!
Schon nach zwölf Wochen wurde der erste Teil der Culture-Clash-Komödie, in der Regisseur Philippe de Chauveron die verschiedenen Kulturen und Religionen mit scharfem Witz aufeinanderprallen lässt, überraschend unter die zehn meistgesehenen französischen Filmen aller Zeiten gelistet. Am 30. Januar 2019 in Frankreich angelaufen, lässt der Andrang auf die Fortsetzung der Komödie in den französischen Lichtspielhäusern nach nicht mal zwölf Wochen jedoch zu wünschen übrig.
Nachdem sich Claude und Marie Verneuil (Christian Clavier und Chantal Lauby) mit den multiethnischen Ehemännern ihrer Töchter arrangiert hatten, geht es im zweiten Teil um die vermeintlichen Integrationsschwierigkeiten der Schwiegersöhne. Sie haben Mühen, im Job Erfolge zu erzielen – mag das auch an schlecht kalkulierten Geschäftsideen liegen – und sehen sich mit Rassismus und lauernden Gefahren im Alltag zu konfrontiert. Die einzig sinnvolle Lösung für alle vier Paare: mit Kind und Kegel auswandern und ihr Glück auf fast allen Erdteilen der Welt versuchen. Ganz und gar nicht erfreut sind darüber die Schwiegereltern, deren Traum vom Ruhestand mit Enkelkindern durch diese Pläne in Gefahr ist. Nach dem Motto »wer nicht liebt, dem wird lieben gelernt« inszenieren Claude und Marie Verneuil ihren Schwiegersöhnen das perfekte Frankreich, wie es jedem Hochglanzreiseprospekt entspringen könnte. Mit Wein, Schlössern und hinterlistigen Jobangeboten soll den Männern das Land wieder schmackhaft gemacht werden. Koste es was es wolle.
Hierfür müssen die lieblichen ländlichen Regionen herhalten. Mit Drohnen aufgenommene Landschaften erzeugen die Wirkung eines touristischen Werbefilms für das Val-de-Loire, mit seinen unzähligen Schlössern, romantischen Flüssufern und idyllischen Weideflächen. Die Sightseeing-Tour wird den fluchtbereiten multiethnischen Ehemännern bereitet. Aber jenseits der typischen Klischees der Religionen und Kulturen, für die diese als Exempel herhalten müssen, werden ihre Persönlichkeiten weder in Tiefe noch in Individualität ausgeschöpft.
Zur Schlösser-Tour nicht eingeladen sind die Schwiegertöchter, wie sie auch im gesamten zweiten Teil kaum Beachtung finden. Warum auch? Man erfährt über die Vorzeigetöchter nicht viel mehr als im ersten Teil, sprich Vornamen, (akademischen) Berufsstand und ... ach ja, das Interieur ihrer Bilderbuchwohnungen. Figurenzeichnung: Fehlanzeige. Ab und an blitzen klitzekleine Fünkchen von Konzepten wie Frauenbewegung und Selbstbestimmung durch die oberflächlichen Fassaden der vier Frauen auf, die aber unter der wohlgelittenen Work-Life-Balance keine Chance haben. Angesichts der Auswanderungspläne fragt man sich dann doch, an was es den privilegierten Paaren der höheren Mittelschicht genau fehlt. Werden hier Luxusproblemchen zu einer Midlife-Crisis à la Uns-reicht-es hochgeschaukelt, um so auf die Identitätskrise der Grande Nation hinzuweisen? Eine andere weibliche Figur bekommt mehr Aufmerksamkeit: die Schwester des afrikanischen Schwiegersohns, Viviane, emanzipiert sich im Laufe des Filmes von der autoritären und bevormundenden Erziehung ihres Vaters und geht stattdessen ihren eigenen Weg. Auch das ist natürlich Konzepterfüllung.
Die Eheleute Verneuil begeben sich zu Beginn in die Heimatländer ihrer Schwiegersöhne, um sich dann heilfroh wieder den Bauch mit Camembert vollzuschlagen. Leben wie Gott: geht nur in Frankreich. Der frisch-pensionierte Claude will sich nach den Reisestrapazen in seiner idyllischen Villa auf dem Land ganz und gar seinem schriftstellerischen Debüt widmen. Über Alfred Tonnellé (gab es wirklich), den wichtigsten Vertreter des Pyrenäismus (gibt es tatsächlich), will er schreiben. Immer wieder in die Quere kommt ihm dabei jedoch seine nervige und viel zu liebenswürdige Ehefrau Marie Verneuil mit Pflaumen-Tarte, ihrer neuen Leidenschaft für soziale Netzwerke und einem afghanischen Flüchtling, der im Schuppen auf einer verstaubten Matratze schlafen, dafür aber im Garten arbeiten darf. Misstrauisch wie eh und je, glaubt Claude gegen Ende der Komödie seine Familie vor einem terroristischen Akt zu bewahren. Mit einem Schlag wird also der Höhepunkt der Peinlichkeit erreicht.
Eine Culture-Clash-Komödie nutzt natürlich immer Stereotype und Klischees, was Regisseur und Drehbuchautor Philippe de Chauveron (in Zusammenarbeit mit Guy Laurent) im ersten Teil mit erstaunlicher Leichtigkeit und Frische gelingt. Im zweiten Teil hingegen wirkt dieses Spiel jedoch ausgeleiert und stellenweise peinlich. Die Fortsetzung folgt zudem einer Strategie, die immer häufiger in Blockbuster-Komödie zu finden ist, aktuell auch in der oscarprämierten Tragikomödie Green Book. Diversität wird in Szene gesetzt, aber die Figuren äußern weiterhin Rassismus durch die Blume. Oberflächlich scheint es um Völkerverständigung, Toleranz und Integration zu gehen, aber unterschwellig ziehen sich durch den Film rassistische Kommentare, mühsam als Witze verkleidet. Auch in Monsieur Claude 2 geht es wohl kaum um Völkerverständigung, sondern um die subjektiven, egoistischen Bedürfnisse des weißen Mittelstands.
In Hinblick auf die Lage der französischen Nation zeigt sich eine erstaunliche Ignoranz von Regisseur und Produzent gegenüber dem politischen Tagesgeschehen. Für Frankreich, wo seit Monaten unzufriedene und wütende Bürger gegen ihren président des élites auf die Barrikaden gehen, ist diese Komödie auf geradezu entlarvende Weise symptomatisch. Gegen eben dieses Frankreich der Eliten protestieren doch die Gelbwesten, die mehr soziale Unterstützung vom Staat für die weniger privilegierten Bürger fordern. Anhänger und Wähler des rechtsextremen Front National werden diese Komödie ebenfalls mit Entzücken begrüßen, unterstützt sie offensichtlich Aussagen à la »das wird man doch noch sagen dürfen«. Hier verbarrikadiert man sich naiv vor der aktuellen Realität Frankreichs und propagiert stattdessen das für den Tourismus glattpolierte Image Frankreichs. Am Ende muss man sich nicht wundern, wenn auf allen Seiten nur noch die Klischees bedient werden und der Film nicht überraschen kann. Das aber wollte doch das Kino einmal, uns überraschen?
Die perfekte französische Provinz, Idylle soweit das Auge reicht, ein stattliches Haus, wie aus dem Gemälde und wunderschöne französische Schlösser. Schöner könnte sich Claude Verneuil seinen bevorstehenden Ruhestand nicht vorstellen. Wer will nicht so Leben wie Gott in Frankreich? Dass das alles nicht viel mit der momentanen französischen Realität zu tun hat, ist klar. Ein satirischer Vorgeschmack aber, der gleich zu Beginn präsentiert, auf was der Film aus ist: durch viel Übertreiben viel Witz erzeugen.
Claude ist das Oberhaupt einer Familie mit vier Töchtern und Schwiegersöhnen, die aus allen Winkeln der Welt stammen und sich sowohl in Religion als auch in Hautfarbe und Sitten von ihrem Schwiegervater unterscheiden. Eine Konstellation, die der Film als komödiantische Gegensätze anlegt, um Reibereien auszulösen, zumal Monsieur Claude tief in sich eine, vielleicht sogar zu starke, Verbundenheit zu seinem Heimatland Frankreich hat. Wie eine solche Familie aber für viel Lachnummern sorgen, ausgelöst durch Streitereien und anschließenden Versöhnungen, und trotzdem funktionieren kann, zeigte schon der erste Film Monsieur Claude und seine Töchter. Auch im zweiten Teil bedient sich Regisseur Philippe de Chauveron einem wichtigen Thema der heutigen Zeit: fehlende Toleranz.
Im zweiten Teil muss das Ehepaar mit Schrecken feststellen, dass die vier Schwiegersöhne zusammen mit den Töchtern einen Komplott entwickeln, da keiner der vier in Frankreich wirklich zufrieden ist. Sie haben Probleme, aufgrund der ständigen rassistischen Hürden einen Fuß in Frankreich fassen zu können. Während Claude und Marie sich von diesem Schock erstmal erholen müssen und anfangen einen Plan zu entwickeln, wie sie es schaffen, ihre Schwiegersöhne in Frankreich zu halten.
Mit viel Witz und gekonntem Charme, der vor allem durch die untypischen Personenkonstellationen entsteht und bereits den ersten Film zu einem weltweiten Erfolg machte (der Film wurde in 24 Ländern gezeigt und hatte allein in Deutschland 4 Millionen Zuschauer) gelingt es Philippe de Chauveron erneut, einen Film über das politisch brisantes Thema Toleranz zu machen, ohne dabei zu gewollt am ersten Film festzuhalten. Tatsächlich sind in der Dramaturgie und der Erzählstruktur des Filmes einige Parallelen zum ersten Teil zu finden. Die Hochzeit, die laut André Koffi am besten nie stattfinden soll, erinnert schon gewaltig an die Problemstellen des ersten Filmes, bei dem es vor allem um die Hochzeit der jüngsten Tochter mit einem schwarzen Mann geht. Und doch ist es, als würde man zu einem guten Freund auf der Kinoleinwand zurückkehren, um zu sehen, wie es ihm die letzte Zeit erging.
Denn es sind vor allem die kontrastreichen Figuren mit ihren Mängeln und die damit einhergehende Thematik der Toleranz, die es schaffen, auch den zweiten Film so witzig und sehenswert zu machen. Besonders die Chemie der vier Schwiegersöhne und ihre Probleme damit, durch die vielen rassistischen Vorurteile sich in Frankreich anzupassen, bringt viel Humor in den Film. Dabei sind drei der vier Männer in Frankreich aufgewachsen, sprechen Französisch und leben seit einiger Zeit mit ihren Frauen in Paris. Und doch hat der aus China stammende Chao Angst davor, sich in den Außenbezirken Paris ohne eine Waffe aufzuhalten. Jeder Witz, ob zu einer Speise, seinem Land oder seinem Aussehen, wird als Rassismus aufgefasst. Bei so einer Familie, in der man mit jeder Aussage jemand anderen verletzen kann, wird es ganz schön schwierig, überhaupt politische Themen anzusprechen. Dass das die momentane Realität wiederspiegelt, der sich unsere Gesellschaft gegenübersteht, ist wohl kein Zufall. Im Film werden (fast schon zu) viele politische Themen angesprochen. Der jüdische David, der als Anwalt in einen Fall eine Burka tragende Frau verteidigt hat, kann sich danach vor Frauen in Burkas in seinem Büro kaum mehr retten, der Pfarrer der Kirche nimmt einen Flüchtling bei sich auf und bittet die Verneuils darum, ihn bei sich wohnen zu lassen, wenn er als Gegenleistung bei der Gartenarbeit hilft, und um das ganze perfekt zu machen, möchte die Tochter André Koffis ihre Freundin heiraten, womit auch die Thematik der Homosexualität genannt wäre.
Doch vielleicht zielt der Film nicht darauf ab, eine Message zu vermitteln. Laut Regisseur Philippe de Chauveron möchte er einfach nur die Zuschauer zum Lachen bringen. Und gleichzeitig bietet er die Möglichkeit, sich auf humorvolle Weise mit der fehlenden Toleranz unserer Gesellschaft und der Political Correctness auseinanderzusetzen und in einem gesicherten Rahmen auch einmal darüber lachen zu können. Denn viel Möglichkeit zum Lachen wird geboten. Wenn die Witze über Chinesen und Algerier auf die Spitze getrieben werden. Wenn Marie Verneuil, die Mutter der vier Töchter, sich zu einer Großmutter 2.0 entwickelt, zum Nordic Walken geht und die meisten ihrer Probleme twittert. Wenn Claude sich prächtig darüber amüsiert und befriedigende Genugtuung erfährt, dass André Koffi sich nun damit abfinden muss, eine lesbische Tochter zu haben und nun er derjenige ist, dessen Familie auch nicht ganz perfekt ist. Oder wenn das Ehepaar Verneuil Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um ihre Schwiegersöhne von den Vorzügen Frankreichs zu überzeugen.
Denn auch durch die Bilder, die Sonne, die ästhetische Landschaft, die ein bisschen zu perfekte französische Provinz, mit haufenweise Käse, gutem Wein und grasenden Kühen kann man schon glauben, dass Frankreich das perfekte Land zum Leben ist. Die Überspitztheit der Darstellung lässt aber auch hier Humor entstehen und rettet den Regisseur dadurch vor zu viel ungesundem Patriotismus. Denn statt sich Sorgen darüber zu machen, ob der Regisseur mit den Lobeshymnen zu französischen Malern, Schriftstellern, Essen und Wein sein Land etwas in zu schönen Farben zeichnet, lacht man eher über Claude, der vor lauter Liebe zu Frankreich fast ein bisschen komisch wirkt.
Es entsteht ein Film, der es schafft, trotz einer Fortsetzung und den scheinbar gleichen Thematiken wie in Teil eins, ganz nach dem Motto »never change a winning system« zu amüsieren und für einen gelungenen Kinoabend zu sorgen.
Regisseur Philippe de Chauveron, 1965 in Paris geboren und bekannt durch Filme wie L’amour aux trousses (2005) und Der Schüler Ducobu (2011), schaffte 2014 mit Monsieur Claude und seine Töchter seinen internationalen Durchbruch. Jetzt kommt die Fortsetzung Monsieur Claude 2 in die deutschen Kinos.
In der Familienkomödie kehrt die wohlhabende und nicht ganz vorurteilsfreie Familie Verneuil auf die Leinwand zurück. Claude und Marie Verneuil leben in der Kleinstadt Chinon, gehen sonntags in den Gottesdienst und vertreten bürgerliche Werte. Umso schwerer fällt es ihnen, dass keine ihrer Töchter einen Mann aus der Region geheiratet hat. Isabelle ist mit dem muslimischen Rachid, Odile mit dem jüdischen David, Ségolène mit dem Chinesen Chao und Laure mit dem Elfenbeinküster Charles verheiratet. Im Umgang mit den Schwiegersöhnen stoßen die Verneuils oft an die Grenzen ihrer Toleranz – und das, obwohl sie sich doch so bemühen. Aber bei Laure und Charles‘ Hochzeit, mit der der erste Teil zu Ende ging, scheint es gerade so, als seien alle Streitereien endlich beigelegt worden.
Um ihr Wohlwollen zu beweisen, lassen sich die Verneuils in der Fortsetzung der Erfolgskomödie sogar auf einen Besuch der Familien ihrer Schwiegersöhne ein und reisen dazu in deren Herkunftsländer. Nach der anstrengenden Heimreise sind die konservativen Verneuils aber doch froh, wieder in ihrer heißgeliebten Heimat zu sein. Doch nicht alle sind vom Leben in Frankreich begeistert. Rachid, David, Chao und Charles kommen in ihrer Karriere nicht weiter und auch sonst scheint es, als würde das Land sie abweisen. Zusammen mit ihren Frauen wollen sie ihr Glück anderswo versuchen. Doch wie sollen die vier Schwestern ihren Eltern die Auswanderungspläne beibringen? Als die Verneuils von dem Vorhaben ihrer Töchter erfahren, sind sie mehr als beleidigt. Waren all die Mühen, die sie auf sich genommen haben, umsonst? Jetzt sollen sie auch noch auf ihre Töchter und Enkelkinder verzichten? Nicht mit Marie – zusammen mit Claude schmiedet sie einen gewieften Plan, die Ehemänner ihrer Töchter zum Bleiben zu bewegen – Ehrlichkeit spielt dabei nur zweitrangig eine Rolle.
Philippe de Chauveron schafft es auch im zweiten Teil wieder, die kleinen alltäglichen Auseinandersetzungen innerhalb einer Familie in ein komisches und durchaus glaubwürdiges Licht zu rücken. Auch wenn sich Handlung und Aufbau nicht wirklich vom ersten Teil unterscheiden. Der Regisseur und Drehbuchautor spielt mit bekannten Vorurteilen – ohne jemandem auf die Füße treten zu wollen. Chauveron teilt in alle Richtungen aus. So gilt beispielsweise der Chinese als besonders pünktlich, während der Afrikaner auf sich warten lässt. Der Jude und der Araber streiten sich solange, bis sich jemand einmischt, der glaubt es besser zu wissen, und den Franzosen geht es die ganze Zeit nur um Käse und Wein. Aber nicht nur die Unterschiede in den Kulturen werden auf die Schippe genommen. Die geschickt gewählten Bilder und Dialoge sorgen für Unterhaltung. Zum Beispiel wenn Claude in dem düsteren Gemälde seiner emotional labilen Tochter, Ségolène, einen Vampir statt eines Selbstporträts sieht. Ein Exempel für typische Familiendynamik, in der jeder seine ganz eigene Rolle einnimmt. Christian Clavier übertrifft sich durch seine präzise Mimik und die authentische Charakterdarstellung des französischen Patriarchen – Monsieur Claude – im Vergleich zum ersten Teil – sogar noch selbst.
So gelingt es de Chauveron, Schadenfreude mit Situationskomik, Vorurteile mit Selbstironie und offensichtlichen mit subtilem Humor zu vereinen. Ein turbulenter Film, in dem man neben Albernheit, Ernsthaftigkeit und französischem Charme und Witz besonders eins mitnehmen kann: Was zählt ist, zusammen lachen zu können, egal welcher Kultur man angehört.