Palästina/Norwegen 2024 · 96 min. · FSK: ab 16 Regie: Yuval Abraham, Basel Adra, Hamdan Ballal, Rachel Szor Drehbuch: Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham, Rachel Szor Kamera: Rachel Szor Schnitt: Yuval Abraham, Basel Adra, Hamdan Ballal, Rachel Szor |
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So etwas wie Hoffnung... | ||
(Foto: IMMERGUTEFILME c/o Lichtblick Cinema GmbH) |
Man kann sich der palästinensischen Tragik auf die unterschiedlichste Weise nähern. Mit einem Gedicht wie dem der jungen libanesischen Lyrikerin Bana Baydoun oder mit einer Sammlung von Lebenslinien, wie dem gerade erschienenen Daybreak in Gaza: Stories of Palestinian Lives and Culture von Mahmoud Muna and Matthew Teller. Oder mit einem dokumentarischen Filmformat wie No Other Land, der in der Sektion Panorama der Berlinale nicht nur den Dokumentarfilmpreis gewonnen, sondern auch einen Streit über den in Deutschland viralen Antisemitismus in der Kulturbranche ausgelöst hatte.
Wie Mahmoud Munas and Matthew Tellers Buchprojekt eines Palästinensers und eines Engländers mit jüdischem Hintergrund ist auch No Other Land ein in diesen Zeiten eher ungewöhnliches Gemeinschaftsprojekt. Im Mittelpunkt der Handlung steht der palästinensische Aktivist Basel Adra aus Masafer Yatta, einer Ansammlung von Dörfern südlich von Hebron im Westjordanland. Die Häuser der Palästinenser sollen einem israelischen Truppenübungsplatz weichen. Mit Bulldozern reißt die israelische Armee deshalb erratisch ein Gebäude nach dem anderen ab. Zusammen mit dem israelischen Journalisten Yuval Abraham und seiner Kollegin Rachel Szor, sowie dem palästinensischen Fotografen Hamdan Ballal filmt Basel Adra die Zerstörungen und den Protest der Dorfbewohner. Auch die Gewalttaten der israelischen Armee und extremistischer israelischer Siedler werden thematisiert; eine mögliche Kontextualisierung der im Film gezeigten Gewalttaten mit dem Massaker am 7. Oktober findet nicht statt.
Der Film gibt jedoch nicht nur die über mehrere Jahren aufgezeichneten Schleifen der Zerstörung wieder, die sich fast schon monoton-schematisch und kaum unterscheidbar wiederholen, nur dass einmal ein Hühnerstall und ein anderes Mal es eine Schule ist, die zerstört werden. Sondern er erzählt neben dieser »Spaltung« auch von einer »Annäherung«, der des israelischen Journalisten Yuval Abraham und des palästinensischen Aktivisten Basel Adra, die während des Films mehr und mehr zu einem Team verschmelzen und dabei ihren Alltag reflektieren und das Schicksal, das dem einen die Freiheit des Reisens in andere israelische Gebiete erlaubt, dem anderen jedoch nicht. Die Erwähnung der unterschiedlichen Nummernschilder mit ihren unterschiedlichen Rechten erinnert an einige der Gesetzgebungen der südafrikanischen Apartheid; Apartheids-Politik nach südafrikanischem Muster ist es dennoch nicht, dafür reicht ein oberflächlicher Blick auf die Wikipedia-Seite über Apartheid.
Doch das ist im Grunde auch nicht wichtig, geht es hier nicht um ein »Label«, sondern um das einfache Anliegen von einem Unrecht zu erzählen. Ein wenig so wie der mauretanische Filmemacher Med Hondo, der mit seinem französischen Kameramann und einem minimalen Budget und einer kleinen Crew 1976 die Erfahrungen eines afrikanischen Einwanderers thematisierte. Sein Film Soleil O war eine ähnliche, in Locarno preisgekrönte, aktivistische Attacke auf die rassistischen Praktiken eines Neokolonialismus wie es Basel Adras aus Masafer Yattas Film über die Politik des Staates Israel im Westjordanland ist. So wie Hondos Film ein systemkritischer Film ist (und Teil der Welle des sogenannten Dritten Kinos war), ist auch No Other Land vor allem ein systemkritischer und streng aktivistischer Film, allerdings kein antisemitischer Film. Er kritisiert die Politik Israels, träumt aber in seinem Herzen von einer Versöhnung wie sie Basel Adra und Yuval Abraham exemplarisch vorleben.
Wie schwer die Abgrenzungen und Auslegungen jedoch sind, zeigt etwas die Diskussion in Israel nach der Preisverleihung auf der Berlinale. Nachdem im öffentlich-rechtlichen israelischen Fernsehen Abrahams Redebeitrag als antisemitisch eingestuft wurde, bezeichnete die linksliberale israelische Zeitung Haaretz die Reaktion des Fernsehsenders als Entsprechung der gegenwärtigen Lage in Israel, einer Atmosphäre des Verschweigens, der Selbstzensur und der Verfolgung jeder Person, die Kritik am israelischen Regime äußere.
Dem Film tut diese Diskussion nicht gut. Sie verstärkt die Dissonanzen und eine überlaute Diskussion und macht den Film größer als er ist, statt ihn als Dokument zu sehen, der gerade die Dissonanzen überwinden will. Man sollte den Weg, den der Film dafür geht, dennoch kritisieren, denn wie fast bei jedem aktivistischen Dokumentarfilm, haben wir es mit keinem »guten« Dokumentarfilm zu tun, gibt es Längen und zu viele Leerstellen und fehlen vor allem die Stimmen der anderen Seite, fehlen die Grauzonen, wären auch hier moderate Stimmen der anderen Seite ein Gewinn gewesen, wäre es etwa ein großer Mehrgewinn gewesen, neben dem palästinensischen Alltag dieser bäuerlichen Gemeinden auch etwas vom Siedleralltag zu sehen und vielleicht ja sogar eine der moderaten Stimmen aus diesem Lager zu hören, die es ja durchaus geben soll, wie Lior Roz nach Vorab-Screenings einer der Staffeln von Fauda in einigen Siedlergebieten zu berichten wusste. Stattdessen gibt es über die Personalie der beiden zentralen Charakter, der Regisseure und Protagonisten Yuval Abraham und Basel Adra so etwas wie Hoffnung, die angesichts der zerfahrenen Lage auf allen Ebenen fast schon ein Wunder ist und nicht unterschätzt werden sollte.
»Die Preise der Berlinale waren keine für einen herausragenden Dokumentarfilm; sie zeichneten eine politische Tendenz aus.«
- Sabine Horst, epd-Film
Auch ein Film kann ein Gewaltakt sein. Und auch Juden können zu antisemitischen Tätern werden. Für beides bietet der neue Film No Other Land, der bei der Berlinale mit zwei Preisen ausgezeichnet wurde und bedauerlicherweise viel Aufmerksamkeit bekam, reichlich Anschauungsmaterial.
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Es geht nicht um »die Ohnmacht eines Volkes«, zumal eines Volkes, von dem man gar nicht weiß, ob es eines ist. Und es geht auch nicht darum, ob die israelische Regierung oder der sich »Widerstand« nennende arabische Terrorismus mehr gegen das Völkerrecht verstößt als die andere Seite.
Es geht darum, ob dieser Film ein guter Film ist.
Alles das sind aber leider Bemerkungen, die man in Filmkritiken dieser Tage lesen kann. Einer der wenigen angemessenen Texte, die zu diesem Film erschienen sind, stammt von Sabine Horst auf epd Film. Sie macht darin deutlich, dass dies in allererster Linie ein stinklangweiliger überaus redundanter Film ist, der von seinem filmischen Qualitäten her die zwei Preise, die er bei der Berlinale bekam, keinesfalls verdient hat.
Ein bewusst unscharfer, ungenauer, diffuse antiisraelische und antijüdische Ressentiments aufkochender, spekulativer Film.
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Gezeigt werden zwei Freunde, die Filmemacher über vier Jahre auf der Westbank. Gezeigt werden sorgfältig für den intendierten Zweck arrangierte und ausgewählte Episoden aus dem Alltagsleben der Araber auf der Westbank. Es geht um die Gegend um Masafer Yatta, eine Ansammlung arabischer Dörfer auf der Westbank. Als die Gegend zum militärischen Übungsgebiet der Israelis wurde, mussten die Bewohner 2022 die Gegend verlassen.
Ansonsten passiert nicht viel, außer dem Immergleichen. Kino als Übung im Aushalten. Kontext, auch der rein filmische ist den Machern ein Fremdwort.
Ursachen und Zusammenhänge interessieren die Filmemacher hier aber gar nicht, so wenig, wie Geschichte und historische Zusammenhänge. Denn sie wissen schon alles und sie kennen die Schuldigen. Die Bösen sind die Israelis, die immer nur Böses tun, drangsalieren, massakrieren, Häuser räumen, vertreiben. Die Guten sind die Araber, denn sie führen immer nur das Beste im Schilde und sie leiden unter den Bösen. Es ist die Struktur des Vorschul-Kindertheaters: Der gute Kasperl, sein Freund Seppl und das Krokodil.
Die Perspektive ist zugleich jenseits des Kindertheaters eher pubertär: wütend und wuterfüllt. Für einen Spielfilm ist das mindestens interessant, für einen an Wahrheit und Fakten zumindest vage orientierten Film sind das schlechte Voraussetzungen.
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Ein aktivistischer Film in propagandistischer Absicht. Es gibt keinerlei Grund, mit No Other Land zu sympathisieren.
Nochmal Sabine Horst in epd, denn besser kann man es nicht sagen: »Am Ende muss man die Unschärfe der Inszenierung wohl strategisch nennen. Sie macht No Other Land nicht hilfreich in der berechtigten und schmerzhaften Debatte um die Siedlungspolitik, die in der israelischen Gesellschaft selbst ja mit größter Vehemenz geführt wird: Den monolithischen Block aus Armee, Staat und Siedlern, den der Film vorstellt, gibt es nicht. Und angesichts der Tatsache, dass die Filmemacher auch schon mal ins Geschehen eingreifen, indem sie Konfrontationen mit den Truppen forcieren, stellt sich die Frage, ob No Other Land die Bilder nicht erst produziert, die seiner Kampagne dienen.«
Und ergänzend Sonja Zekri in der SZ: »Man muss keine Sympathien für die Israel-Verklärung auf konservativer Seite haben, für die kaum verhüllte Sehnsucht nach einer Entlastung von der deutschen Geschichte an der Seite eines israelischen Staates, dessen dunkle Seiten viele zusehends angestrengt übersehen. Aber der Narzissmus der angeblichen Palästinenser-Freunde ist auch nicht leichter erträglich.«
Es wäre besser, wenn es diesen Film nicht gäbe oder wenn er zumindest in Deutschland nicht herausgebracht werden würde.
Denn er bedient Vorurteile, verfälscht Fakten und ist kriegstreiberisch. Er will nicht ausgewogen oder gerecht sein, sondern einseitig und ungerecht.
Ein Machwerk.