USA/F 2007 · 85 min. Regie: Gus Van Sant Drehbuch: Gus Van Sant Kamera: Christopher Doyle, Rain Kathy Li Darsteller: Gabe Nevins, Taylor Momsen, Jake Miller, Daniel Liu, Lauren McKinney u.a. |
![]() |
|
Im Schock-Korridor der Gewalttat: Gabe Nevins |
»No one is ever ready for Paranoid Park« – Alex, ein junger Skater schreibt, und erzählt uns Zuschauern aus dem Off. Ein Tagebucheintrag vielleicht, oder ein Brief an sich selbst. Die Worte sind geprägt von Gefühlen, Träumereien, so melancholisch und depressiv, wie man es nur in der Pubertät sein kann. Aber schnell schleicht sich ein ernsthafterer Ton zwischen die Zeilen, Weltschmerz und Schuldgefühle, und wir verstehen, das da noch etwas anderes ist. Was genau, das enthüllt dieser Film.
»Trilogie des Todes« nannte US-Independent Gus Van Sant seine letzten Filme, die vom Amoklauf einiger Schüler und dem Selbstmord eines Popstars handelten. Mit seinem neuen Film Paranoid Park hat Van Sant einen unausgesprochenen vierten Teil gedreht: Angelehnt an Dostojewskis »Schuld und Sühne« ist dies ein Film über jugendiches Lebensgefühl, über das Leben von ein paar Skatern in Portland, Oregon. Wong Kar-wai-Kameramann Christopher Doyle, mit dem Van Sant bereits in seinem Psycho-Remake zusammenarbeitete, bringt die ruhige, zuletzt bewusst statische Welt Van Sants in Bewegung. Der Film folgt seinen Personen minutenlang in die Halfpipe, treibt und driftet durch die Welt. Immer wieder übernimmt die Tonspur das Kommando, werden die Dialoge heruntergefahren und die Elektro-Pop-Musik herauf. Es geht hier nicht in erster Linie um einen Plot, es geht um das Wie allen Geschehens und um die unendliche Zeit der Jugend. Von ihr will der Film eine Ahnung geben, wie auch von der Verlorenheit, Banalität, Schönheit und ihrem Zusammenfallen in diesen Skater-Leben.
Dazu nutzt Van Sant ausgiebig die Mittel der Zeitlupe, der Wiederholung, wobei Paranoid Park eine weniger elliptische Struktur hat als seine letzten Filme Elephant und Last Days. Der Film surft und tanzt mitunter fast schwerelos um seine Figuren, der Atmosphäre, dem Stil und der
Story des Films angemessen.
Paranoid Park passt auch insofern zu Van Sants letzten Filmen, als auch in diesem Fall etwas Gewalttätiges passiert, das Schicksal ins Leben der Figuren eingreift; auch hier erschüttert das den ennui der Hauptfiguren erstmal nicht und dann doch um so nachhaltiger. Stiller Horror. Und so wie Elephant von der Gewalttat selber handelte und
Last Days vom Davor, so handelt Paranoid Park vom Danach; vom Umgang mit dem Trauma. Das ist klug, glänzend inszeniert und sehr schön. Der private Gewaltakt, der die Erschütterung im Film ausmacht, hat einen mehrfachen Subtext durch 9/11, den Irakkrieg, Guantanamo und homeland security. Das alles ist hier mit präsent, und so zeigt Van Sant gewissermaßen den
Mikrokosmos als Spiegel des Makrokosmos USA als Paranoid Park.
Der Form, der äußeren Diskontinuität, steht eine innere Kontinuität gegenüber: Denn der Film stülpt gewissermaßen den Bewusstseinsstrom nach Außen. Seine Substanz ist hier der Stil.