Frankreich 2010 · 134 min. · FSK: ab 12 Regie: Bertrand Tavernier Drehbuch: Jean Cosmos, François-Olivier Rousseau, Bertrand Tavernier Kamera: Bruno de Keyzer Darsteller: Mélanie Thierry, Lambert Wilson, Grégoire Leprince-Ringuet, Gaspard Ulliel, Raphaël Personnaz u.a. |
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Die Prinzessin und ihr Lehrmeister |
Marie soll an M. de Guise verheiratet werden, liebt aber dessen Bruder Henri. Henri liebt Marie, muss aber hilflos zusehen, wie das Bündnis zwischen seinem Bruder und ihr gelöst wird und sie im zweiten Anlauf nicht ihm, sonder dem Prince de Montpensier zur Gattin gegeben wird, der sie liebt und hofft, sie möge ihn auch lieben lernen. Henri und der Prinz werden kurz darauf von ihrem Cousin, dem Duc d’Anjou, in den Krieg abgeordert.
Daheim wartend wird Marie von dem alten
Lehrmeister ihres Gatten, dem Comte du Chabannes in Sprache und Poetik unterrichtet; natürlich nicht, ohne das Herz des Comte zu gewinnen. Zurückgekehrt aus dem Krieg buhlen die drei Männer weiter um das Herz der Gattin und/oder Geliebten und bekommen dabei noch Zuwachs in ihren Reihen, als der König selbst der Schönheit Maries verfällt.
Nun liebt also jeder, und jeder liebt eine, die sich wiederum nicht entscheiden kann, wem ihre Gunst gilt.
Für einen Film, dessen Handlung sich zusammengefasst liest wie eine Mischung aus „Gefährliche Liebschaften“ und einem beliebigen Groschenroman, schafft es Die Prinzessin von Montpensier dennoch, sich von den Artgenossen abzuheben.
Dieses Kunststück gelingt ganz einfach durch die nicht sofort augenscheinliche, aber eindeutig ungewohnte Art, auf die Tavernier seine Protagonisten ins Bild rückt. Im Gegensatz zu den üblichen
Vertretern aus der Blütezeit des Mantel-und-Degen-Films benehmen sich die Handelnden nicht wie strahlende Helden. Viel mehr irren sie hilflos und unerfahren durch die sich ihnen aufdrängende Kulisse am und um den französischen Hof.
Bei einer Coming of Age-Story, inzeniert am französischen Königshof, drängt sich natürlich sofort die Parallele zu Coppolas Marie Antoinette auf. Die
Ähnlichkeit der beiden Filme beschränkt sich jedoch lediglich auf das Setting und die Jugend (bzw. das Ende dieser) der Protagonisten. Denn wo Coppolas Königspaar sich der Etikette des alten Hofes unterwerfen muss, und dadurch ihre freie Entwicklung unterbunden wird, lässt Tavernier in der Prinzessin von Montpensier seinen jungen Protagonisten jegliche Freiheiten.
Seine jungen Adeligen teilen ihre Eigenschaften eher mit den Charakteren aus Romanen von Bret Easton Ellis. Sie sind allesamt reich, schön, aus gutem Hause – und unfassbar gelangweilt und orientierungslos. Wo Ellis seine Protagonisten die unerklärbare und unbeichtbare Leere in ihrem Leben mit Drogen und einer obsessiven Perfektionierung von Details des Alltags füllen lässt, gibt Tavernier gleich die Schicksale sowohl einzelner Personen als auch ganzer Nationen zum Ersticken in die Hand.
Krieg- und Friedensverhandlungen werden nebenher diskutiert als ginge es dabei um nicht mehr als Papas Unternehmen, in das der Sohnemann eingebunden werden soll. Die junge Elite des Landes konzentriert ihre Bestrebung lieber auf interne Machtspielereien und Intrigen. Wirkliche Liebe ist hier selten im Spiel, hauptsächlich geht es den Beteiligten darum, infantile Eifersüchteleien zu befriedigen. Selbst der Comte des Chabannes, dessen anfänglich aufrichtig wirkende Leidenschaft für Marie den Zuschauer an wenigstens einen moralisch aufrecht Handelnden glauben lässt, kann sich letztlich nicht dagegen wehren, zumindest eine vergleichsweise passive Rolle in den manipulativen Spielen seiner Umgebung einzunehmen.
Letztlich ist Die Prinzessin von Montpensier wohl auch gar kein wirklicher Coming of Age-Film: Die Charaktere entwickeln sich hier zwar durchaus weiter. Wenn sich am Ende dann einmal durchgemischt hat, wer wen wie sehr liebt, und alle ihre Wunden lecken, kann man dennoch nicht annehmen, irgendwer würde aufgrund der neugewonnenen Erfahrungen sein weiteres Handeln in neue Bahnen lenken.