USA 2019 · 130 min. · FSK: ab 12 Regie: Jon Watts Drehbuch: Chris McKenna, Erik Sommers Kamera: Matthew J. Lloyd Darsteller: Tom Holland, Zendaya, Jake Gyllenhaal, Cobie Smulders, Samuel L. Jackson u.a. |
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Viel Teenager, wenig große Gefühle |
Spider-Man: Far from Home ist ganz und gar kein Stand-Alone-Movie, sondern der mittlerweile 23. Teil des Marvel Cinematic Universe (kurz: MCU) – der mit über 21 Milliarden US-Dollar Einspielergebnis bis dato erfolgreichsten Filmreihe der Kinogeschichte – und das Sequel zum MCU-Streifen Spider-Man: Homecoming (2017). In beiden Streifen spielte der Jungdarsteller Tom Holland die Hauptrolle des Superhelden Spider-Man, zudem auch in The First Avenger: Civil War (2016), Avengers: Infinity War (2018) und Avengers: Endgame (2019). Der Spinnenmann war in diesen MCU-Superhero-Movies allerdings nur eine von vielen Nebenfiguren, nun ist Holland wieder Hauptdarsteller.
„The Amazing Spider-Man“ – wie die Figur im Original heißt – ist zudem Protagonist in mittlerweile zehn anderen Realfilmen. Der erste inoffizielle, denn ohne Genehmigung der Marvel Studios produzierte Film heißt 3 DEV ADAM (1973) und ist ein türkischer B-Movie, indem eine böse Version von Spider-Man Istanbul terrorisiert, indem er Kunstwerke stiehlt und deren Eigentümer brutal ermordet. Die ersten offiziellen Auftritte feierte der Spinnenheld dann mit Schauspieler Nicholas Hammond in Spider-Man: Der Spinnenmann (1977), Spider-Man Schlägt Zurück (1978) und Spiderman Gegen Den Gelben Drachen (1981) – dies sind eigentlich drei Doppelfolgen der amerikanischen TV-Serie The Amazing Spider-Man (1977-1979), welche aber in Deutschland als Kinofilme gezeigt wurden. Anfang des 21. Jahrhundert folgte die Filmtrilogie von Regisseur Sam Raimi mit Darsteller Tobey Maguire in der tragenden Rolle, namentlich Spider-Man (2002), Spider-Man 2 (2004) und Spider-Man 3 (2007). Anschließend nahm sich auch der Inszenator Marc Webb des Stoffs an und besetzte Andrew Garfield als menschliche Spinne in The Amazing Spider-Man (2012) und The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (2014). Letztes Jahr konnte man sich den Marvel-Superhelden dann auch als Animationsfilm im Kino ansehen, und zwar im vielfach ausgezeichneten Spider-Man: A New Universe (2018).
Neben Filmen gibt es sogar auch ein Musical zum Spinnenmann: Spider-Man: Turn Of The Dark (2011) ist ein fast drei stündiges Rock-Musical nach der Musik von Bono und The Edge von U2, und gilt als das teuerste jemals am Broadway aufgeführte Musical der Welt. Die Spinne ist zudem Haupt- oder Nebenfigur in zahlreichen Videospielen für viele Plattformen wie PC, PS4, Xbox One und auch Smartphones. Der neueste Spiderman-Film beinhaltet sogar Handlungselemente aus folgenden Games von Marvel: Puzzle Quest (2013), Contest Of Champions (2014), Future Fight (2015), Strike Force (2018) und Battle Lines (2018). Bei all dem darf man aber nicht vergessen, dass The Amazing Spider-Man ursprünglich eine Comic-Figur ist, und zwar diejenige vieler Comicbuch-Reihen von Marvel Comics des Marvel Verlags. Die Figur wurde nämlich von den Comicautoren-Genies Stan Lee und Steve Ditko erschaffen und trat das erste Mal in Erscheinung im Comicbuch Amazing Fantasy #15 (vom August 1962). Bis heute ist Spider-Man in sämtlichen Medien eine der bekanntesten, berühmtesten und beliebtesten Figuren des Marvel-Universums. Kein Wunder also, dass auch er im MCU einen festen Bestandteil in mehreren Filmen hat und nun ein neuer Teil mit ihm in der Hauptrolle im Kino erscheint.
Der New Yorker Highschool-Schüler Peter Parker (Tom Holland) braucht eine Pause, denn in den letzten Jahren, Monaten und Wochen ist viel passiert. Der Multimilliardär Tony Stark (Robert Downey Jr.) alias Superheld Ironman – Hauptfigur in Iron Man (2008), Iron Man 2 (2010) und Iron Man 3 (2013) – hat ihm in The First Avenger: Civil War (2016) einen hoch technisierten Spiderman-Anzug geschenkt und sich als sein Superhelden-Mentor bereitgestellt. Peter kämpfte dann an Tonys Seite im Rahmen eines Marvel-Bürgerkriegs mit und gegen zahlreiche, eigentlich verbündete Übermenschen mit Superkräften. In Spider-Man: Homecoming (2017) stellte sich Parker anschließend seinem ersten Bösewicht, nämlich The Vulture (Michael Keaton). Nach Spider-Mans Sieg nahm Ironman ihn bei der Superhelden-Vereinigung Avengers auf, wobei diese ihr Debüt in folgenden MCU-Filmen feierten: Marvel’s The Avengers (2012) und Avengers – Age of Ultron (2015). In Avengers: Infinity War (2018) wurde es für Peter heikel, denn er nahm unfreiwillig teil an einem Ausflug ins’s All zusammen mit seinem Superhelden-Ziehvater und Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) aus Doctor Strange (2016) und kämpfte dann gemeinsam den Galaxy-Guardians Drax (Dave Bautista), Mantis (Pom Klementieff) und Peter Jason Quill (Chris Pratt) – siehe Guardians of the Galaxy (2014) und Guardians of the Galaxy Vol. 2 (2017) – auf dem fernen Planeten Titan gegen den Weltraum-Öberbösewicht Thanos (Josh Brolin). Nach einer Niederlage der Guten einem Gelingen von Thanos‘ Plan, alle fünf Infinity-Steine zu finden und einzusetzen, um die Hälfte aller Lebewesen des Universums auszulöschen, verschwand auch Peter im Rahmen des sogenannten „Blips“ im Nichts. Nachdem die übriggebliebenen Avengers in Avengers: Endgame (2019) aber die Existenz-Halbierung rückgängig machen konnten, tauchte Parker nach fünf Jahren der Abwesenheit plötzlich wieder auf, musste sich dann aber gleich in einer großen Schlacht zusammen mit unzähligen anderen Superhelden und Helfer dieser erneut dem Orbit-Fiesling und seiner Gefolgschaft stellen. Gegen Ende eines spektakulären Kampfes opferte sich Spider-Mans Superhelden-Vater Ironman, um Thanos endgültig zu besiegen, doch Tonys Tod und die Frage nach seinem Superhelden-Erbe belasten Peter sehr.
Kein Wunder, dass sich der doch eigentlich noch recht junge Highschool-Schüler dann mal eine Pause gönnen will, um die vergangenen Geschehnisse zu verarbeiten. Da trifft es sich gut, dass seine Lehrer Mr. Harrington (Martin Starr) und Mr. Bell (J.B. Smoove) zusammen mit ihren Schülern – u.a. mit dabei: Parkers bester Freund Ned Leeds (Jacob Batalon), Flash Thompson (Tony Revolori) und Betty (Angourie Rice) – auf Klassenfahrt nach Europa fahren. Auf dem Eiffelturm in Paris will Peter dann auch seiner Angebeteten Michelle Jones/„MJ“ (Zendaya Maree Stoermer Coleman) seine Liebe gestehen, doch soweit kommt es gar nicht. Als die Schulklasse nämlich in Venedig ist, attackiert ein großes Wasser-Wesen Stadt und Bewohner, so dass Parker sich markiert dem Angreifer stellen muss. Zum Glück kämpft Spider-Man aber nicht alleine, denn ein unbekannter, kostümierter Mann namens Quentin Beck alias Mysterio (Jake Gyllenhaal) tritt auf und bezwingt am Ende das Hydro-Monster. In einem späteren Zusammentreffen von Spider-Man und Mysterio in einem unterirdischen Stützpunkt der Marvel-Katastrophen-Organistation S.H.I.E.L.D. – kurz für: Supreme Headquarters International Espionage Law-enforcement Division – erfährt Peter dann von Agentin Marie Hill (Cobie Smulders) und v.a. Boss Nick Fury (Samuel L. Jackson), dass der bezwungene Gegner nur einer von vier Bedrohungen aus den Elementen Luft, Erde, Wasser und Feuer ist, welche aufgrund eines durch den Einsatz der Infinity-Steine verursachten Ungleichgewichts erschienen sind und nun die Welt zum Einsturz bringen wollen. Parker erfährt auch, dass der bislang unbekannte Quentin Beck zwar von der Erde stammt, allerdings von einer „Parallel-Erde“ bzw. einem Planeten in einem Paralleluniversum, der dort die Erde ist. Auf Becks Heimatplaneten haben die Elemente-Monster bereits alles Leben ausgelöscht, doch auf Spider-Mans Erde ist nur noch das Feuer-Ungeheuer zu vernichten, wozu Mysterio aber die Hilfe von Spider-Man braucht. Doch wird Peter seinen wohlverdienten Urlaub vom Superhelden-Stress unterbrechen, um die Welt zu retten, dann aber wieder keine Zeit finden, endlich MJ näher zu kommen? Und was hat es eigentlich wirklich mit Mysterio auf sich, dessen Herkunft und Beweggründe doch recht mysteriös scheinen?
Spider-Man: Far from Home hat es als Teil des Marvel Cinematic Universe nicht leicht, denn er ist der erste Streifen nach dem (ersten) großen MCU-Finale Avengers: Endgame (2019) und der letzte Film der bisweilen drei Phasen des neuen Superhelden-Filmuniversums, wonach sich viele Fans fragen, wie es auf der Kinoleinwand weitergehen soll. Doch es sind bereits weitere Movies in Planung, beispielsweise Black Widow, Doctor Strange 2 und Guardians Of The Galaxy Vol. 3 und auch das Ende vom neuen Spiderman, welches für Marvel-Produktionen üblich nach den Credits zu sehen ist und eine kurze Vorschau „auf mehr“ anpreist, lässt über eine Fortsetzung spekulieren und fällt überraschend aus. Spider-Man: Far from Home kommt allerdings zu früh in die Kinos, nämlich bloß acht Wochen nach dem Endspiel der Avengers, nachdem man eigentlich erstmal Zeit braucht, um das bombastische Filmreihen-Finale und v.a. Ableben vieler, langjähriger Superhelden-Ikonen wie Ironman zu verarbeiten. Doch die Marvel Studios sind wie gewohnt darauf aus, möglichst schnell möglichst hohe Einnahmen zu erzielen und so ist schon im Sommer 2019 ein neuer Spinnenmann-Film im Kino zu erwarten.
Aufgrund des hohen Budgets vom Filmstudio und wie für Teile des Marvel Cinematic Universe üblich hat man sich auch bei der neuesten Produktion nicht lumpen lassen und zahlreiche bekannte und teils berühmte (Star-)Schauspieler eingekauft. Nennens- und lobenswert ist zunächst einmal aber die Musik des Crew-Mitglieds Michael Giacchino, der einen Oscar und zwei Grammys für seinen Soundtrack zu OBEN (2009) erhielt und auch jetzt wieder einen tollen Score präsentiert. Die Schauspielerin Marisa Tomei erhielt neben vielen Auszeichnungen u.a. auch einen Oscar als beste Nebendarstellerin in Mein Vetter Winnie (1992) und liefert nun eine tolle Performance ab als attraktive Tante May von Peter. Ebenfalls mit einigen Filmauszeichnungen gekrönt (etwa 2006 den Bambi in der Kategorie „Film International“), sowie einer Golden Globe- und Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller in Pulp Fiction (1994) ist Samuel L. Jackson, der als strenges S.H.I.E.L.D.-Oberhaupt Eindruck schindet und Spider-Man ordentlich unter Druck setzt, wobei die antithetischen Persönlichkeiten beider im Konflikt eine humoristische Wirkung erzeugen. Komisch ist auch der Komiker J.B. Smoove als unbeholfener Lehrer Parkers, namentlich Mr. Bell neben Mr. Harrington (Martin Starr). Aufgefallen ist noch Jon Favreau, der als Harold Hogan bzw. „Happy“ nach Tonys Tod eine liebevolle Onkel-Figur für Parker abgibt und u.a. bereits in Iron Man (2008), Iron Man 2 (2010), Iron Man 3 (2013) und Avengers: Endgame (2019) mitspielte, sowie sogar auch die ersten beiden Ironman-Filme inszenierte.
Spider-Man: Far from Home (2019) setzt vor allem auf zweierlei: Humor und Action. Er ist eine Highschool-Komödie, welche klassische Teenager-Themen behandelt, allen voran die erste große Liebe samt aller Schwierigkeiten, wie man dazu kommt – oder aber eben auch nicht. Das Ganze wirkt dabei meist sympathisch und charmant, teilweise aber auch putzig und kitschig. Demgegenüber bietet der Superhero-Movie zudem viel Sci-Fi-Action, denn mittels Computer Generated Imagery (CGI) animierten Kampfszenen geht es für Marvel-Filme typisch mächtig und sehenswert actiongeladen zur Sache, wobei dieser Spiderman-Teil für die zeitgemäße Filmbranche des 21. Jahrhundert häufig interessante, zukunftsorientierte und hochmoderne Technik miteinfließen lässt – und das nicht nur bei Spidermans hoch technisiertem Anzug von Ironman!
Eines lässt der Film aber vermissen: Große Gefühle. Anders als bei den Raimi- und Webb-Verfilmungen zum Spinnenmann setzt der Jung-Regisseur John Watts – Regie schon beim Prequel, zuvor bei Cop Car (2015) und CLOWN (2014) – mit den Drehbuchautoren Chris McKenna und Erik Sommers (auch schon beim Vorgängerfilm neben anderen als Schreiberlinge dabei) weniger auf emotionale Tiefe, sondern mehr eine süß-verspielte Annäherung der Teenies Peter und MJ. Dies passt zwar gut zum Alter und der emotionalen Reife der beiden Highschool-Schüler, doch kann die Beziehung mit der tollen Chemie zwischen Andrew Garfield und Emma Watson aus The Amazing Spider-Man (2012) und The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (2014) nicht mithalten und kommt keineswegs an die fantastisch inszenierte Liebesgeschichte von Tobey Maguire und Kirsten Dunst aus Spider-Man (2002), Spider-Man 2 (2004) und Spider-Man 3 (2007) heran. Bei der Trilogie erinnere man sich an die beiden MTV Movie Awards, die Maguire und Dunst für den besten Filmkuss und Dunst als beste Filmdarstellerin erhielten, sowie auch die zahlreichen Nominierungen für andere Auszeichnungen (v.a. zwei Oscars). Spider-Man: Far from Home zeigt trotzdem zahlreiche zwischenmenschliche Beziehungen und die damit verbundenen Emotionen – unerwarteterweise vor allem folgende: Falsche Freunde, Täuschung, Verrat, Hinterlist, Betrug und Manipulation.