Cinema Moralia – Folge 26
Sex mit Angela Merkel? |
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»Der Goebbels unserer Zeit«: Bushido. Da kommt ja noch was auf uns zu. |
»Man sieht Hühner und hört Puten.« – Besser als mir diesem Satz eines Landwirts, der vorzeitig das Screening von Ein russischer Sommer verließ, kann man diesen Film nicht auf den Punkt bringen.
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Avatar, mal wieder. Mal wieder ein Rekord. Wie langweilig. Die täglichen Meldungen, welchen Rekord Avatar gerade auch noch gebrochen hat, dienen nur dazu, die Leute ins Kino zu treiben. Aber der Film wird nicht das Kino trotzdem nicht verändern, genausowenig, wie Titanic das Kino verändert hat.
Guckt man genauer hin, ist alles sowieso ein einziger Fake. Es sei der »erfolgreichste Film aller Zeiten«, heißt es. Aber was heißt »erfolgreich«? Wirtschaftlich, klar. Das heißt, es geht ums reine Einspielergebnis, nicht etwa um das aussagekräftigere Verhältnis von Zuschauerbesuch pro Filmkopie.
Die Umsätze des Films werden natürlich dadurch gesteigert, dass der Film in dreidimensionaler Technik gezeigt wird. Kinotickets für 3D-Filme sind üblicherweise teurer. Avatar hat seinen Rekord den erhöhten Ticketpreisen zu verdanken. Inflationsbereinigt sieht es anders aus, da wäre der erfolgreichste Film aller Zeiten nach wie vor Vom Winde verweht von 1939. Inflationsbereinigt liegt Avatar nur auf Platz 26, Titanic immer noch klar vor ihm, auf Platz 6.
Zudem sind hier auch die Kosten nicht einkalkuliert. Avatar ist auch der teuerste Film aller Zeiten. Die Schätzungen der unbekannten Produktionskosten reichen von 280 Millionen bis über 300 Millionen Dollar. Dazu kommen Marketingkosten, die auf etwa 150 Millionen Dollar geschätzt werden.
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Keiner hast ihn bisher gesehen. Und es wird wohl seine guten Gründe haben, dass der Constantin-Verleih Bernd Eichingers Kinofilm Zeiten ändern Dich über Bushido so gut versteckt hält. Aber was ist eigentlich los mit einer Gesellschaft, in der Filme über Leute wie Bushido überhaupt gemacht werden?
Wir können uns ja nur vorstellen, was das für ein Film ist, und da uns der Verleih, keine Möglichkeit gibt, unsere Vorurteile zu korrigieren, halten wir uns einstweilen an einen wunderbar bösen und präzisen Text, den Johanna Adorján letztes Jahr in der FAS veröffentlichte. Darin schreibt sie:
»Wer die Autobiographie von Bushido gelesen hat, die 2008 die Bestsellerlisten anführte, weiß in etwa, was auf das Kinopublikum zukommen wird: Es ist eine dieser Geschichten, wo es einer ohne fremde Hilfe von ganz unten nach oben schafft. …Bushido ist mit menschenverachtenden Texten zum Millionär geworden, hat sich mit sexistischen Gewaltphantasien und wirren Halbsätzen, die unter die Gürtellinie zielen und sich noch nicht einmal richtig reimen, einen Platz in den
Kinderzimmern seiner Fans erobert ... Zuletzt machte Bushido Schlagzeilen, als er in einem Interview sagte, mit Angela Merkel würde er aufgrund ihres Status Sex haben; Frauen werden in seiner Autobiographie so ziemlich kollektiv als ›Nutten‹ bezeichnet; und um vielleicht doch mal einen seiner Refrains zu zitieren: ›Ein Schwanz in den Arsch, ein Schwanz in den Mund / Ein Schwanz in die Fotze, jetzt wird richtig gebumst‹.
Und so hat dieses
Filmvorhaben etwas entschieden Ekliges. Hier geht es um gar nichts mehr außer um Geld. Nacktes, blödes, mit Mist verdientes Geld. Es ist ein Projekt von Millionär zu Millionär, Erfolg bewundert Erfolg, ein Alpha-Mann sieht sich womöglich in einem Jüngeren selbst. Bushido steht für nichts, außer es geschafft zu haben – womit, ist offenbar vollkommen egal. Dass Jugendliche so etwas cool finden – geschenkt. Dass aber ein Filmproduzent wie Bernd Eichinger gerade dabei ist, sich
in den Windschatten eines viel kleineren Mannes zu ducken, um auf dessen Erfolgswelle mitzusurfen, ist irgendwie erschütternd. Geht es der neuen Constantin wirklich so schlecht?«
Besser kann man es nicht sagen. Johanna Adorján hat einfach recht. Natürlich ist das nur ein Vorurteil. Aber damit kennt sich Bushido ja aus.
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Letzte Woche haben wir auf die Medien eingedroschen, heute wollen wir sie mal loben. Dafür, dass sie das tun, was viel zu wenig gemacht wird, nämlich sich gegenseitig kontrollieren. Ausgerechnet der Focus, von dem wir das am wenigsten erwartet hätten, berichtet nun – unter der fast schon poetischen Überschrift »Mit dem Zweiten reist man besser« – über die Spesen des ZDF-Geschichte-Mannes Guido Knopp (»Hitlers Dingsda«, »Die große Flucht«). Welche außergewöhnlichen Gründe machen es erforderlich, fragt Focus spitz, »dass sich der ZDF-Redaktionsleiter für nicht einmal eine Minute Bildschirmpräsenz dienstlich 17 Tage in Thailand aufhalten musste?« In der etwa 1000 Dollar teuren »Author’s Suite«, bezahlt von seiner Produktionsfirma, die die Kosten ihrerseits mit dem ZDF abrechnete. Was das mit Film zu tun hat? Nichts. Nur mit den Fernsehgebühren, von denen ja auch deutsche Filmemacher bezahlt werden. Das ZDF hat die Vorwürfe übrigens zurückgewiesen, über Begründungen und etwaige Gegendarstellungen ist uns aber nichts bekannt.
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»Je oller, je doller« – das wäre ein treffenderer Titel, als die gestelzte deutsche Übersetzung von It’s Complicated. Der neue Film von Nancy Meyers (Was Frauen wollen) zielt vor allem auf das Publikum von dem er handelt: Von jener neuen Marketing-Erfindung der »best agers«, jenen Menschen also, die zwischen 60 und 80 Jahre alt sind, wie 50 aussehen und ihre Angehörigen und Mitmenschen dadurch irritieren, dass sie sich gelegentlich wie Teenager aufführen. Dresens Wolke 9 hat das Sujet in Deutschland zum Kassenerfolg gemacht, dieser Film globalisiert es. Grob gesagt geht es darum, dass eine reifere Dame mit ihrem Ex-Mann eine Affaire beginnt, und gleichzeitig noch einen anderen Mann kennenlernt – ist das der vierte Frühling?
Was bei diesem Film wirklich Spaß macht, sind die Schauspieler. Dabei steht diesmal nicht Meryl Streep im Zentrum, die übrigens nicht immer bei der Sache ist und sich manchmal mitten im Dialog zu fragen scheint, in was für einem Film sie gerade spielt. Dafür ist Alec Baldwin als ihr Ex einfach großartig und zeigt genau die richtige Ironie, die die Handlung infrage stellt ohne sie zu denunzieren. Der Rest ist solidies Hollywood-Handwerk, hat also eine Tendenz zum Konformismus. Und wenn man dann so zuschaut, ahnt man, dass ein so verstandenes »best age« vielleicht doch nicht das beste Alter ist.
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Vicky kommt ins Gefängnis. Allerdings weil sie Umweltaktivistin ist – moralisch sind die junge alleinstehende Frau und dieser Film damit schon mal auf der sicheren (Hollywood-)Seite. Dummerweise brauchen die beiden Zwillinge jetzt für diese Zeit einen Babysitter. Da trifft es sich, dass sich einer von Vickys One-Night-Stands, und zwar überdies ausgerechnet der biologische Vater der Zwillinge, bei ihr meldet. Der eingeschworene Junggeselle wird für die kommenden zwei Haft-Wochen als Babysitter verpflichtet. Dazu bringt er, Dan, gespielt von Robin Williams, zweimal geschieden, dann noch seinen besten Kumpel mit – Charlie (John Travolta) ist ein unverheirateter Frauenheld. Beide sind toughe Geschäftsleute, die gerade irgendeinen wahnsinnig bedeutenden Deal »mit Japan« einfädeln – und der Rest des Films vergeht mit Schuldgefühl, Besuchen im Ferienlager und im Zoo, bei denen die beiden Männern lernen, gute Väter zu sein.
Walt Beckers Film Old Dogs – Daddy oder Deal erzählt eine absolut vorhersehbare Geschichte mit überaus biederer, konservativer Moral. Es ist wieder einer dieser inzwischen gefühlt hunderten von Filmen, in denen Menschen, die rund um die Uhr berufstätig sind, aber kinderlos – also, nach Hollywoodmaßstäben: Kalt und sündig – entdecken, wie toll und rundum befriedigend es ist, Kinder zu haben, und ihre respektablen Karrieren, dann sogleich für das Vergnügen opfern, mit vollgekleckerten Designerhemden in Designerküchen zu sitzen – man hat schließlich zuvor gut verdient. Und natürlich stehen die lieben Kleinen dann am Ende auch der Karriere nicht im Weg.
Der Weg dahin ist mit allerlei Slapstickeinlagen gepflastert. Dazu gehört die Geschichte von den vertauschten Medikamenten, die falsch einsortiert werden und so allerlei unangenehme Folgen – Gesichtslähmung und Vergiftung – haben. Das mag für Travolta und Williams eine schauspielerische Herausforderung sein, bei der ihnen der Computer zu Hilfe kommt. Wirklich witzig sind aber nur wenige Szenen, zum Beispiel eine Williams-Parodie der berühmten Duschszene aus Hitchcocks Psycho – in einer Bräunungsdusche.
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»Montag, 25. Januar 2010 / Cannes, Frankreich
10.00 Uhr Messerundgang auf der MIDEM 2010
Ort: Palais des Festivals, Cannes
Dienstag, 26. Januar 2010 / Berlin
13.30 Uhr Rede zur offiziellen Eröffnung des Suhrkamp Verlags in Berlin
Ort: Pappelallee 78-79, 10437 Berlin
Mittwoch, 27. Januar 2010 / Berlin
10.30 Uhr Kabinettsitzung
Ort: Bundeskanzleramt
12.00 Uhr Gedenkstunde im Deutschen Bundestag für die Opfer des Nationalsozialismus
Ort:
Reichstagsgebäude
17.15 Uhr Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien
des Deutschen Bundestages
Ort: Paul-Löbe-Haus
18.00 Uhr Rede zur Veranstaltung ›Endlösung‹ am Bernsteinstrand. 65 Jahre nach dem Massaker im ostpreußischen Palmnicken
Ort: Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, 10117 Berlin
Donnerstag, 28. Januar 2010 / Essen
11.00 Uhr Rede zur Einweihung des Neubaus Museum Folkwang
Ort: Museum Folkwang, 45128 Essen
Mittwoch, 3.
Februar 2010 / Berlin
9.30 Uhr Kabinettsitzung
Ort: Bundeskanzleramt
Donnerstag, 4. Februar 2010 / Paris, Frankreich
ganztägig Teilnahme am Deutsch-Französischen Ministerrat
Ort: Paris
Freitag, 5. Februar 2010 / Berlin
9.30 Uhr Begrüßung des wissenschaftlichen Beirats der geplanten Ausstellung ›Polen und Deutschland – 1000 Jahre Nachbarschaft‹
Ort: Berliner Abgeordnetenhaus«
Soweit die »ausgewählten Termine« von Kulturstaatsminister Bernd Neumann für die Zeit vom 25. Januar bis 5. Februar 2010.
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Ein bekannter deutscher Regisseur, den wir hier nicht outen wollen, hat Bushido übrigens so genannt: »Der Goebbels unserer Zeit«. Da kommt ja noch was auf uns zu.
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Die lustigste Pressemitteilung des Tages kam heute von BMW. Es war die zur »Jahrespressekonferenz der BMW Niederlassung Berlin und Übergabe des BMW ActiveHybrid 7 an Dieter Kosslick«. Der ActiveHybrid 7 ist übrigens ein Auto, Dieter Kosslick der Leiter der Berlinale und BMW der neue, wie es heißt, »Hauptpartner« der Berlinale.
In der Mitteilung steht dann unter anderem: »BMW stellt den glamourösen Auftritt der Stars bei der feierlichen Eröffnung und der
Preisverleihung sowie bei den Gala-Premieren unter das Motto ›Freude ist großes Kino‹. Für die Vorfahrten der Stars werden neben Modellen aus der aktuellen BMW Fahrzeugflotte auch Klassiker vorfahren, die bereits cineastische Erfahrung besitzen und Besucher wie auch prominente Fahrgäste begeistern.« Und etwas später: »Seit über 70 Jahren engagiert sich BMW im Bereich der Filmkunst und unterstützt nationale wie internationale Filmprojekte, die zu den spezifischen
Werten des Unternehmens passen und diese kommunikativ stützen. Seit 1972 ist Product Placement im Filmbereich ein fester Bestandteil im Rahmen des Marketingmixes für eine langfristige Image- und Produktkommunikation der BMW Group. Mit einer gezielten Produktplatzierung verfolgt die BMW Group die emotionale Stärkung ihres Images über eine deutliche Produktwahrnehmung, eine Differenzierung gegenüber seinen Wettbewerbern und natürlich die Identifikation der Marken
und Produkte mit den positiv konnotierten Protagonisten der Filme. In naher Zukunft sind es besonders große internationale Filmprojekte, in denen Modelle der BMW Group ihren Auftritt haben werden. … Mit der Berlinale wird nun das Kulturengagement in der Hauptstadt um eine glitzernde Facette erweitert.«
(To be continued)
Unter dem Titel »Cinema Moralia« sind hier in loser Folge Notizen zum Kino zu finden, aktuelle Beobachtungen, Kurzkritiken, Klatsch und Filmpolitik, sowie Hinweise. Eine Art Tagebuch eines Kinogehers.