65. Filmfestspiele Cannes 2012
»Also Palmen, I waaß net...« |
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Silberne Palme: Carlos Reygadas finstere Höllenfahrt Post Tenebras Lux | ||
(Foto: Look Now! (Schweiz)) |
Es war dann ein sehr verdienter und trotzdem unerwarteter Triumph am Sonntagabend: Der Österreicher Michael Haneke gewinnt für seinen Film Amour (Liebe) in Cannes bei seiner siebten Wettbewerbsteilnahme seine zweite Goldene Palme, nachdem er erst vor drei Jahren an gleicher Stelle mit Das weiße Band gewonnen hatte.
Weitere Preise gingen an den Mexikaner Carlos Reygadas, der die Silberne Palme für die »Beste Regie« bekam (für seine finstere Höllenfahrt Post Tenebras Lux), den Italiener Matteo Garrone (»Großer Preis der Jury« (Grand prix du jury) für den Theaterfilm Reality), an den Briten Ken Loach (Jury-Preis für Underdogkomödie T The Angels' Share) sowie den Rumänen Cristi Mungiu für das »Beste Drehbuch« für Beyond the Hill. Dessen Hauptdarstellerinnen Cosmina Stratan und Cristina Flutur teilen sich gemeinsam auch sehr verdient den Preis für die »Beste Darstellerin«. »Bester Darsteller« wurde Mads Mikkelsen für Thomas Vinterbergs Jagten.
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»Also Palmen, I waaß net – in da Wohnung?« Ein Wiener Taxifahrer war es, der am Sonntagabend mit dieser Antwort auf die Nachricht reagiert hat, dass der Österreicher Michael Haneke gerade in Cannes die Goldene Palme gewonnen hatte.
Die Österreicher, die in Cannes waren, reagierten »freudig entsetzt«, so eine hübsche Formulierung. Die Wienerin Alexandra verwies auf die »österreichische Mentalität«, diese »diese Grundskepsis am Guten, die in etwa so geht: 'ach, wir / Haneke hatte/n doch erst 2009 die Goldene Palme gewonnen. jetzt schon wieder? na eh super, aber.«
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Verdient ist diese Auszeichnung, weil Amour in einem Wettbewerb ohne klare Favoriten der insgesamt objektiv beste Film gewesen ist: In sich geschlossen und fehlerfrei, von imponierender Souveränität, klug und dezent, und angesichts des Themas – ein altes Ehepaar wird mit Krankheit, Verfall und Sterben konfrontiert – von großer Schönheit. In nahezu allen Kritikerumfragen hatte der Film am Ende ganz vorn gelegen.
Manche Kollegen, auch welche, die den Film mögen, kommen trotzdem mit den bekannten Vorwürfen gegen Haneke: Er sei so kalt, so pädagogisch, etc. Ich kann daran nichts finden. Abgesehen davon, dass die Argumente recht abgestanden sind, unterliegt man da einem Irrtum. Man glaubt, zwischen Intelligenz und Emotion gäbe es einen Widerspruch. Entweder das eine oder das andere. Das ist falsch. Haneke schaltet das Denken nicht aus, aber bloß weil er das tut, ist er noch lange nicht gefühllos.
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Für viele professionelle Beobachter war Hanekes Sieg gleichwohl überraschend, eben weil der 70-jährige Wiener erst vor drei Jahren gewonnen hatte. Zudem sagte man Jurypräsident Nanni Moretti im Vorfeld persönliche Abneigungen gegen Haneke nach – 1997 war er bereits einmal in der Cannes-Jury gewesen, und hatte sich seinerzeit vehement gegen einen Preis für Hanekes Funny Games eingesetzt. Und dass nicht alles falsch ist, an dem, was Kollegen und Freunde, die es wissen müssen, darüber erzählen, wie anstrengend Moretti ist, konnte man live miterleben: Der eitle Juryboss verkündete alle Preise höchstpersönlich – normalerweise tritt immer ein anderes Jurymitglied nach vorn.
Aber so ist es eben manchmal: Man soll Verschwörungstheorien nicht unbedingt glauben – auch wenn sie noch so viel Spaß machen. Egal, ob es jetzt daran lag, dass Nanni Moretti doch viel netter ist, als man denkt, und gar nicht gegen Österreicher hat – wie nicht nur alle Österreicher glaubten – oder ob er in der Jury einfach überstimmt wurde, und die sich nicht von seiner gewöhnungsbedürftigen Art beeinflussen ließen – am Ende prämiert diese Entscheidung den fraglos objektiv besten, perfektesten, in sich geschlossensten Film im Wettbewerb.
Vielleicht ist es ja auch so, dass alle Verschwörungstheorien stimmen, aber Moretti einfach über seinen Schatten sprang: Immerhin erinnert Amour in mancher Hinsicht stark an den ernsthaftesten Film den der Komödienregisseur Moretti je gedreht hat: Das Kindersterbedrama Das Zimmer meines Sohnes, mit dem er selbst im Jahr 2001 die Goldene Palme gewann. Zudem hat ein Jurypräsident zwar eine doppelte Stimme, muss aber gemeinsam mit sieben Kollegen entscheiden.
Und man wüsste in diesem Fall besonders gern, wie die Jury in ihrer inneren Dynamik wohl funktioniert haben mag.
Bei Pressekonferenz nach der Preisverleihung gab Moretti zu, die Jury sei über manche Filme »gespalten« (»split«) gewesen, vor allem die Werke von Ulrich Seidl und Leos Carax, die am Ende leer ausgingen und über den Film Post Tenebras Lux vom Mexikaner Carlos Reygadas, der den Regiepreis bekam.
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»Die Schauspieler von Amour hätten beide auch Preise verdient, die war uns aber nach den Regularien nicht erlaubt.« hob Moretti am Ende auch noch einmal die Leistung von Jean-Louis Trintignant und Emmanuelle Riva in Haneke Siegerfilm hervor. Aber auch den tatsächlichen Preisträgern gönnt man die Auszeichnung. Das gilt noch mehr für Cosmina Stratan und Cristina Flutur, die sich den Preis für die »Beste Darstellerin« teilen. In Cristi Mungiu insgesamt fragwürdigem rumänischem Exorzismus-Drama Beyond the Hill spielen sie hervorragend als eine Nonne und deren beste Freundin, die vergeblich versucht, die andere aus den Klauen eines fanatischen Popen zu befreien, schließlich gefesselt und gefoltert wird und an der gewalttätigen »Teufelsaustreibung« zugrunde geht. Der Film hatte in Cannes Fans wie Feinde – diese höchst reservierte Anerkennung spiegelte sich in einigen Buhrufen, als der Drehbuchpreis für Mungiu verkündet wurde, der 2007 die Goldene Palme für seinen gleichfalls sehr spekulativen Abtreibungsfilm 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage gewonnen hatte.
Bester Darsteller wurde der Däne Mads Mikkelsen, der in Thomas Vinterbergs Jagten einen Kindergärtner spielt, der fälschlich des sexuellen Missbrauchs beschuldigt und im Dorf zum Außenseiter gestempelt wird.
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Auch der Preis für Reygadas und die Schauspielpreise gehen in Ordnung. Stirnrunzeln kann man hingegen nur über die Auszeichnungen für Garrone und Loach und Mungius Drehbuchpreis. Am meisten überrascht allerdings, dass diesmal zum ersten Mal seit zehn Jahren kein einziger Preis an einen französischen Film ging: Für Leos Carax Holy Motors wäre er hochverdient gewesen – erwartet hatte man ihn eher für Jacques Audiards De rouille et d’os.
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Insgesamt prämierte die Jury fast nur – Ausnahme: Post Tenebras Lux – naturalistische Filme, die gradlinig und klassisch erzählt werden, experimentellere, visuell ungewöhnliche Ansätze gingen dagegen leer aus. Neben Carax' Holy Motors war auch David Cronenbergs Don De-Lillo-Verfilmung Cosmopolis, die erst am vorletzten Tag gezeigt wurde, und im Juli in Deutschland anläuft, ein solcher visuell mutiger Film.
Auch kein einziger nordamerikanischer Film wurde ausgezeichnet.
Um noch ein bisschen Cannes-Karma-Forschung zu betreiben: Der Montag ist in Cannes immer ganz gut für Preise, Sonntag auch, und der zweite Mittwoch. Der zweite Donnerstag ist ganz schlecht, der zweite Freitag wieder ziemlich gut.
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Nach der Preisverleihung sitze ich irgendwann noch mit Ernesto Garratt Vines, einem sehr sympathischen Kollegen, den ich schon seit Jahren kenne, und der in Santiago de Chile für den »Mercurio« schreibt, bei einem Bier zusammen und lassen die Filme, die wir gesehen haben, Revue passieren. Wir reden noch einmal über die merkwürdige Doppelung der Strechlimousinen. Viele Filme, sagt Ernesto, »are like an art installation.«
Bemerkenswert ist auch, was er zu Amour sagt, obwohl er den sehr mag: »Das alte Paar sei nicht weniger isoliert vom Rest der Welt, wie die Hauptfiguren in den Filmen von Carax, Cronenberg, Loznitsa, Mungiu, Reygadas, Seidl, um nur die wichtigsten zu nennen: ›Sie sind wie Zombies, ohne Kontakt.‹ Das ist eine wichtige Beobachtung, über die ich noch nachdenken muss. Die diesjährige Wettbewerb zeigte uns viele Räume und Szenarien klösterlicher Abgeschiedenheit und Weltferne: Amour, Cosmopolis, Holy Motors, Beyond the Hill, Post Tenebras Lux, Paradies: Liebe.«
Man kann, so verfertigen wir weiter unsere Gedanken im Gespräch, die Filme auch nach drei Leitmotiven strukturieren: Erstens: Unsere Ideale, und was wir damit machen. Was bleibt von den 60'er Jahren und der Zeit, als wir noch jung waren? Zweitens: Facetten der Dekadenz, der Apokalypse. Drittens: Wir müssen an irgendetwas glauben.
So wird ein lauer Wettbewerb ohne echte filmische Innovationen, ohne Überraschung, und ohne eine einzige weibliche Filmemacherin, mit dafür recht vielen Männer- und Männerbundsthemen, doch noch thematisch zum treffenden Spiegel der Gegenwart. Nachdenkenswert finde ich auch das Argument, dass ich schon megrfach gehört habe: Dieser Wettbewerb, seine Stile und Tendenzen, seien so, weil sie eben den Stand des Weltkinos spiegelten.
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Am Ende lautet das generelle Fazit vieler Besucher: Es war ein insgesamt enttäuschendes Jahr. Das tut den einzelnen Filmen keinen Abbruch, zwei Drittel der gezeigten Filme gehörten in jedem anderem Wettbewerb der Welt zu den klaren Favoriten. Nur ist man in Cannes normalerweise noch Besseres gewohnt – und wirklich aufregende Filme wie den vorjährigen Palmengewinner The Tree of Life von Terrence Malick oder Lars von Triers Melancholia suchte man 2012 vergeblich.
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Das sieht auch Josef Lederle vom Filmdienst ähnlich, dessen Cannes-Blog auch eine nachträgliche Lektüre lohnt.
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Dafür markiert 2012 einen großen Triumph des mexikanischen Kinos: Denn neben Reygadas' Regiepreis (und Auszeichnungen der unabhängigen Jurys), gewannen in den Sektionen »Un Certain Regard« mit Michel Francos exzellentem Después de Lucia – dem triftigen sozialen Panorama einer amoralischen Oberklasse – und in der »Semaine de la Critique« mit Antonio Mendez Esparzas Aquí y allá die Hauptpreise.
Über den Preis für Franco freue ich mich besonders – den Film mochte fast keiner wirklich, außer mir. Viele Freunde und Bekannte hatten ihn sogar sehr schlecht gefunden, und auch im sehr Latino- und Spanien-lastigen Kritikerblog unseres Freundes Diego Lerer, hatte der Film hundsmiserabel abgeschnitten.
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»Argentinier sind keine Latinos« sagt Ernesto, als ich mit ihm über diese Bewertung rede. Darum mögen sie den Film nicht.
Wir reden dann noch ein bisschen über Mexiko: »Mexiko is a mess. It’s a dangerous country.« sagt er. Die alte sozialliberale Staatspartei PRI, zuletzt nach über 80-jähriger Herrschaft abgewählt, werde die nächsten Wahlen gewinnen. »Because they know how to deal with the Narcos. They will make a deal.« Die regierende konservative PAN weiß das nicht, darum eskalierte die Situation zuletzt so ungeheuer. Für Ernesto ist das auch die bessere Lösung, darum hält er es für falsch, dass Mexikos Kinoweltstar Gael Garcia Bernal sich hier öffentlich gegen die PRI aussprach.
Ernesto erzählt auch, dass der Regisseur des großartigen Miss Bala, den ich hier letztes Jahr gesehen habe, jetzt in Europa leben muss: Wegen Drohungen der Narcos. Er sei in Mexiko seines Lebens nicht mehr sicher. »Miss Bala showed, how things really are.« Es nutze dem Regisseur auch nicht, dass der aus reicher und einflussreicher Familie komme.
Michel Franco sei ebenfalls »a rich kid; a millionaire... It’s clear: He has blue eyes.«
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Auch die Filmstiftung NRW, die sich neuerdings Film- und Medienstiftung NRW nennt, freut sich über die Auszeichnung für die NRW-geförderte Koproduktion Post Tenebras Lux. In der Pressemitteilung liest sich der Inhalt des Films so: »Reygadas, der auch das Drehbuch schrieb, beobachtet ein mexikanisches Paar, das mit dem harten Landleben nicht zurechtkommt.« So kann man’s natürlich auch sagen. Vielleicht hätte man trotzdem hinzufügen sollen, dass zum »harten Landleben« auch ein knallroter Teufel mit Werkzeugkasten gehört, ein Mensch, der sich irgendwann im Wortsinn selbst den Kopf abreißt, bissige Hunde und DeSade-inspirierte Orgien in einem Swingerclub. Egal! Hauptsache NRW – Na eh super, oder?
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In den nächsten Tagen gibt es noch weitere Informationen. Zum Beispiel diese, die die französische Tageszeitung »Le Monde« zusammengetragen hat, obwohl es auch jeder, der will, im Katalog des Festivals und im Internet nachlesen kann: Vier der sechs Filme, die die Jury unter Präsident Nanni Mortetti am vergangenen Sonntag ausgezeichnet hat, sind (Co-)Produktionen oder im Verleih des gleichen Unternehmens: Le Pacte.
Dazu gehören nicht nur der Regiepreis für Reygadas und die zwei Preise für Mungius Hauptdarstellerinnen und das Drehbuch für Beyond the Hill, die das aus Kritikern und Rechtehändlern bestehende Publikum an der Croisette völlig spalteten, sondern, auch jene zwei Preise, die überhaupt keiner außerhalb der Jury verstanden hat: Der »Große Preis der Jury« für Reality von Matteo Garrone und der »Jurypreis« für Angels' Share von Ken Loach, beides völlig belanglose, im Fall von Loach unfertig wirkende Filme.
Wie »Le Monde« in ihrer Ausgabe vom Mittwoch, 30.5. (Seite 21) enthüllt, will es der Zufall, dass Le Pacte auch den letzten Film von Moretti, Habemus Papam koproduziert und überdies in den französischen Kinos verliehen hat. Darüber hinaus hat Le Pacte-Boss Jean Labadie bis zur Gründung von Le Pacte auch mit seiner Firma Bac Films alle vorherigen Filme Morettis verliehen.
Wie sagt man so schön: »Honi soit qui mal y pense.«
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»Cuba als das perfekte Land« sagt Gaspar Noé, »ich bin glücklich das, ein Stückchen Utopie auch heute noch existiert.« Sogar die Saaldiener im Salle Debussy in Cannes klatschen da letzten Mittwoch mit.
Und auch wenn man einwenden könnte, dass dieses Statement in seiner Einfachheit vielleicht etwas naiv ist, klatschen wir auch, denn wie Noé, dem Regisseur des unvergessenen Arty-Shockers Irreversibel, ist uns Cuba trotz allem auch ans Herz gewachsen, und wir haben uns entschieden, dass das Rumglas halbvoll ist, nicht halbleer.
Noé nehmen wir auch seine linke Gesinnung ab, glauben ihm, wenn er sagt: »I am a leftist.« Er riskiert immer etwas mit seinen Filmen, und ist keineswegs einer, der plötzlich aus der Ferne sein Herz für die Revolution entdeckt. Vielmehr ist ihm bewusst, wovon er redet. Wer es nicht weiß: Noé ist kein Franzose, sondern eigentlich Argentinier. In Buenos Aires geboren, kam er erst mit 12 Jahren nach Frankreich. Er ist der Sohn des Malers und Intellektuellen Luis Felipe Noé, der unter der Militärdiktatur verfolgt wurde und ins Exil musste.
Es ist nicht so dahingesagt, sondern bedeutet etwas Substantielles, wenn er im Kommentar zu seinem neuen Film, dem Kurzfilm Ritual, auf den argentinischen Doktor Che Guevara verweist, »den am meisten bewundertsten aller meiner Landsleute«, und auf Mikhail Kalatozows Film Soy Cuba, »dessen Kameraarbeit mich so tief inspirierte.«
Wenn man dann aber diesen Film sieht...
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7 Days in Havanna ist eine Kombination aus sieben Kurzfilmen. Sie stammen von so illustren Menschen wie Benicio del Toro, Pablo Trapero, Julio Medem, Elia Suleiman, Laurent Cantet und eben Noé. Sie sind, vorsichtig gesagt, ästhetisch enttäuschend, gehen am ehesten noch als Werbeclip für Kuba durch. Der Blick ist touristisch, die Bilder glatt, die Witze platt – »not de Niro – Dinero!« –, die Frauen zu schön und zu willig, etc.
Am besten ist noch Traperos Beitrag, in dem Emir Kusturica sich selbst spielt, als permanent betrunkenen Gast auf dem Filmfestival von Havana, den die armen Betreuer immer einfangen müssen. Auch die Filme von Noé und Sulieiman sind ok, der von Medem dagegen wirklich unter aller Sau.
Man trinkt eine Menge in 7 Days in Havanna. Und wenn man das Presseheft genau liest, versteht man auch, warum: 7 Days in Havanna ist nämlich tatsächlich von einer Rum-Firma produziert worden, von Havana Club. Das Label ist auch deswegen berühmt, weil die Firma von Fidel Castro verstaatlicht wurde, und dann in Frankreich mit dem Geld des Konzerns Pernod Ricard wiedergegründet. Große Konkurrenz ist Bacardi, betrieben von Exilkubanern mit Sitz in Miami.
Hinter dem Film-Projekt steht eine Werbeagentur, die 2005 gegründete M&C Saatchi GAD, ein Pariser Ableger der berühmten Londoner Saatchi & Saatchi. Ihr allererster Kunde war eben Havana Club. Dann gründete man den Ableger »Havana Cultura«, der den Film nun coproduzierte, man steuerte immerhin 1 Million des Gesamtbudgets von drei Millionen Euro bei. Im Film erscheint Havana Club immerhin nicht direkt, aber im Abspann: »Full House & Morena Films in collaboration with Havana Club International S.A.« steht auf den Credits.
Was dazu jetzt wohl Noé und sein Freund Castro sagen?
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Letztes Jahr ist mir, trotz viel besserer Filme als »cursed festival« in Erinnerung geblieben. Davon kann diesmal keine Rede sein: Keine gebrochenen Kollegenglieder, keine verlorenen Mobiltelephone und Pullover, und kein einziger Krebsfilm. Während ich das schreibe und im »Le Grillon«, an der Ecke vor dem »Salle Debussy«, dem rechten Seitenschiff des Festivalpalais, das für viele von uns (leider auch ein paar Unerwünschte), in diesem Jahr mehr denn je zum zweiten Wohn- und Arbeitszimmer geworden ist, meinen »Salade Nicoise« esse, kracht es laut: Ein Autounfall, direkt vor meinem Tisch. Nichts Schlimmes, nur der Plastikschaden, der früher mal Blechschaden hieß. Das Leben geht weiter.