65. Berlinale 2015
Rückläufiger Merkur |
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Sebastian Schippers Victoria in Pluto+Uranus | ||
(Foto: Senator) |
»Was einer aufgebaut, reißt ein anderer wieder ein.
Wo jetzt noch Städte sind, wird eine Wiese sein.«
Andreas Gryphius
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Am Samstagabend bereits wird der Goldene Bär verliehen. Wer wird ihn bekommen? Vielleicht hilft die kleine Erinnerung, dass Darren Aronofsky vor ein paar Jahren schon bei einem anderen A-Festival Jurypräsident war: In Venedig. Damals bekam der Russe Alexander Sukorov den Preis. Und irgendwie könnte ich mir gut vorstellen, dass es diesmal wieder der Russe ist: Aleksey German Jr. mit Under Electric Clouds. Das würde politisch aufgrund der Russland-Krisen 1-A ins
Programm passen. Auch Body von der Polin Malgorzata Szumowska scheint mir zumindest für einen Hauptpreis gut. Und natürlich Pablo Larrains The Club, der chilenische Beitrag. Letzterer würde auch – wie übrigens Jafar Panahis Taxi – mit meiner persönlichen
Berlinale-Regel konform gehen: Es gewinnt immer ein Film, der an den ersten fünf Tagen in der 9-Uhr-Pressevorführung läuft.
Die Rumänen und der Guatamalteke haben schon qua Herkunft Chancen auf Nebenpreise. Aleksey German fand ich einen katastrophalen prätentiösen Quatsch. Gegen Larrain spricht eher, dass Aronofsky den als Konkurrenz empfindet.
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Den Goldenen Bär für einen deutschen Film dürfte es wohl auch diesmal nicht geben. Dabei war wenigstens Sebastian Schippers Victoria ganz hervorragend. Ein mitreißendes Kinowerk, leidenschaftlich, fast alles ist hier genau so, wie es sein soll bei einem Filmfestival. Trotzdem: Für einen Goldenen Bär kann das eigentlich nicht langen. Warum, dazu vielleicht später, wenn ich über Victoria hier noch mehr schreibe. Jetzt erstmal to something completely different.
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Zwischen den Berlinale-Kinos gibt es ja auch noch jenen furchtbaren »Boulevard der Sterne«, für den Dieter Kosslick ausnahmsweise mal nichts kann. Vielleicht hat der aber noch einen ganz anderen, ungeahnten Sinn: Denn dafür, warum es mit der Berlinale so schnell nicht besser werden kann, bekam ich gestern eine ganz neue, etwas wunderliche, aber auch ganz wunderbare und in sich aber sehr schlüssige und überzeugende Theorie.
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Eine astrologiebegabte und -überzeugte Dame erläuterte mir nämlich bei einem kleinen Vor-dem-Film-Gespräch, dass die Eröffnung der diesjährigen Berlinale zu einem Zeitpunkt stattfand, ala ausgerechnet der Merkur, der Bote zwischen Himmel und Hölle »rückläufig« war, also schwach, wie auch im vorigen Jahr. Zudem war er »Aszendentenherrscher«, und das auch noch im 5.Haus, das für Bühne, Ausdruck und Fruchtbarkeit steht.
Die Formvorlage war mit Gründungssonne und
Gründungsmond im 10. Haus gegeben, das bestätige, eigentlich beweise die hier schon oft geschriebene Ansicht, dass es sich bei der Berlinale »eher um eine Handelsmesse« handele, »um nicht zu sagen, eine kapitalistische Angelegenheit.« Und mit der Wassermannsonne, die ebenfalls im 5. Haus steht, leistet man sich eben auf der Bühne Hofnarren oder Hofnärrinnen – nicht wahr Frau Engelke und Herr Kosslick –, »die über Desaströses schwadronieren dürfen, ›denn der
Merkur der Pannen und Ladenhüter war ja auch dabei.‹«
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Die Chancen für Sebastian Schipper seien gut, meinte auch fragliche Dame, denn der »hatte sowieso mit Mond auf der 60iger-Jahre Konstellation Pluto+Uranus ein gutes Gespür für unseren Zeitgeist, als er mit Transit-Saturn die Idee für seinen Film entwickelte.« Ohne den Film gesehen zu haben, wusste die Dame, dass er »etwas Radikales« habe, »gewagt« sei,. Er überrascht und wird gewinnen. Wenn nicht den großen Preis, dann nach Kinostart.
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»Im Horoskop der ersten Berlinale stehen bei der Eröffnung am 6.6.1951 Sonne, Mond, Mars im Zwilling. Daraus folgt; Kommunikation, Handel, von allem etwas. Aber auch traditionell und platzhirschmäßig.«
Darum also...