34. Filmfest München 2017
So jung kommen wir nicht mehr zusammen... |
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Claus Lemkes Making Judith | ||
(Foto: Klaus Lemke Filmproduktion) |
»So jung kommen wir nicht mehr zusammen/
So jung werden wir uns nicht mehr sehen/
Und ich finde es zwar schön, doch ich weiß nicht genau
Werden wir uns verstehen«
(Tocotronic)
Sommer, Leopoldstraße, Casting-Allee – München halt. So ungefähr muss es wohl gewesen sein, Ende der 60er Jahre, als in Schwabing nicht nur Uschi Glas zur Sache kam, als neben den strengen Juristen und Lehrern und Sehern des »Neuen Deutschen Films«, eine Leichtigkeit im bundesrepublikanischen Kino sich auftat, ein beiläufiges »Rausgehn und Filme machen«, wie es bis heute mit der »Münchner Gruppe« verbunden ist, der deutschen Nouvelle Vague, mit Rudolf Thome, Eckard Schmidt, Max Zihlmann, und vor allem Klaus Lemke.
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»Sie sehen jetzt mich und fragen sich vielleicht: Was will denn der Wichser da... Aber ich sehe Sie auch. Denn ich bin Regisseur«
(Klaus Lemke)
Er ist bis heute der Aktivste, Wildeste und den alten Idealen am authentischsten Verbundene. So überrascht es nicht, zwischen den ganzen Filmhochschülern im Programm des Deutschen Wettbewerbs beim diesjährigen Münchner Filmfest auch einen neuen Film des auch mit über 70 jüngsten deutschen Filmregisseurs, von Klaus Lemke eben, zu finden:
Making Judith ist wieder so ein typisches Lemke-Stück. Alles riskierend, vor allem sich selbst: Denn Lemke spielt
mit, spielt einen Regisseur, der seinen Film dreht und mit kapriziösen Darstellern Ärger hat, die unbedingt wollen, dass er mit ihnen einen Film dreht, wie... mit... »Alles über Casting.« verspricht der Film, »Und über Lemke. Und Orgasmen durch Gedankenübertragung. Plus: Alles über Finanzierung von Non-Government-Movies.«
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»1996... It was my favourite year...«
(Dialogzeile aus: »A thought of ecstasy«)
Zusammen mit diesem letzten Rebell des deutschen Kinos begegnet man beim Filmfest auch ein paar anderen außerordentlich Unabhängigen des deutschen Kinos, wie Rosa von Praunheim, Peter Fleischmann dessen wahnwitzig-abgründige Gesellschaftssatire Das Unheil von 1972 hier jetzt wiederaufgeführt wird. Oder RP Kahl.
Der Berliner Kahl hat sich für A Thought of Ecstasy von Michelangelo Antonioni, George Bataille und Jean Baudrillard inspirieren lassen, und schickt seine Figuren auf einen Trip in eine sonnendurchflutete Welt aus Verführung und Todessehnsucht. Begehren schafft eine neue Realität, Wahn verändert die Wirklichkeit.
Dass zu wenig Wahn im deutschen Kino herrscht, davon ist Kahl überzeugt. Vor 20 Jahren gewann der immer noch junge
Filmemacher bereits als Produzent und Hauptdarsteller von Oskar Roehlers Regiedebüt den Filmförderpreis. Was kann da noch kommen?
Heute schwärmt er vom entspannten Münchner Sommergefühl jener Zeit, auch wenn das möglicherweise mehr mit den 90er Jahren als mit München zu tun hatte.
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Ein Sommerfestival, das ist das Filmfest München, das am Donnerstagabend eröffnet wurde, natürlich zuallererst. Die meisten Filme des Programms waren schon irgendwo zu sehen, wenn auch nicht in München, und für die Münchner kann man sich deshalb freuen.
Die deutschen Filme aber sind wirklich neu. Und wo könnte man, zwischen Biergarten und Isarfrische besser beiläufig dem Kino begegnen?
Die Richtung gibt schon ein oberflächlicher Blick aufs Programm an. Gleich drei Filme
tragen das Wort »Sommer« im Titel und ein Regisseur heißt auch noch so. Das passt, auch wenn es Zufall sein mag.
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Aber wer das »Münchner Filmfest« deshalb auf seinen eigenen Werbespruch – »Deutschlands größtes Sommerfestival« – reduziert, der irrt. Größe ist nicht immer besser, das weiß man sogar in München, obwohl man an der Isar offenbar Wert darauf legt, fast genauso viel Filme zu zeigen, wie die Berlinale. Eine Weile wollte man diesem wichtigsten deutschen Filmfestival sogar direkt Konkurrenz machen. Inzwischen verlegt man sich an der Isar darauf, dass im Gegensatz zu Berlin im Winter, hier die Sonne scheint, und alle Beteiligten, Filmemacher wie Publikum, mehr Spaß und viel bessere Laune haben.
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Die Kombination von Altmeistern, oder Erfahrenen, mit Debütanten ist reizvoll, und in den letzten Jahren bewies München, dass es einen guten Querschnitt zeigt, sich in glücklichen Jahren mit seinen deutschen Beiträgen hinter Berlin oder Saarbrücken nicht verstecken muss.
Wer krampfhaft Trends entdecken will, muss sich zum Auftakt erstmal an den Katalog halten. Da ist die Rede vom »Willen zum glücklichen Single/Paar/Familiendasein«, vom »Ende der Feelgood-Momente«, Und
vom »Trend Horror- und Thriller«, vom spukenden Zeitgeist. Mal schauen, was sich davon wirklich einlöst.
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Vorläufig sicher ist allein der Sommer – Die Freibadclique, das ist die außergewöhnliche Verfilmung eines außergewöhnlichen Sommer-Romans. Verfilmt hat Friedemann Fromm mit einer wunderbaren Riege von Jungschauspielern. Der Roman stammt von Oliver Storz, lange Jahre fester Autor des SWR-Fernsehens. Kurz vor seinem Tod begann er von seiner Jugend zu erzählen – in Romanform. »Die Freibadclique« ist der erste von zwei großartigen
Romanen. Er erzählt von jenem einmaligen Sommer 1944, als noch Krieg war, aber für die 14, 15jährigen der Flakhelfergeneration schon Frieden.
In Storz Blick ist dies, trotz Krieg, trotz Nazis, auch ein Raum der Unschuld und des Erwachens, der Sommer unsrer Sehnsucht.