Das Asia Filmfest 2009 beginnt |
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Park Chan-wooks Vampirdrama Thirst |
Von Claus Schotten
Dass in Ostasien zur Zeit die weltweit aufregendsten und innovativsten Filme gemacht werden, war an dieser Stelle schon öfter zu lesen. Ab Donnerstag kann man sich im Gloria-Palst erneut davon überzeugen. Dann bietet das Asia Filmfest zwei Wochen lang einen Überblick über das ostasiatische Unterhaltungskino des letzten Jahres. Der Bogen reicht von Großproduktionen und Blockbustern wie The Sword with No Name aus Korea über chinesische Polizeithriller wie The Sniper und den thailändischen Ballsport-meets-Kampfsport-Film Fireball bis zu Samurai Princess, einer japanischen Low-Budget-Trash-Produktion. Von Anspruch (Thirst) über Spannung (Overheard), Erotik (A Frozen Flower), Horror (Invitation Only) und feel good (Cape No. 7) bis Splatter (Vampire Girl vs. Frankenstein Girl) wird alles geboten.
Den Auftakt bildet Departures (dt. Nokan – Die Kunst des Ausklangs), der diesjährige Gewinner des Oscars für den besten fremdsprachigen Film, die Geschichte eines Mannes, der seinen Traum von einer Karriere als Musiker in Tokyo begraben muss und in die heimatliche Provinz zurückkehrt, wo er einen Neuanfang wagt und seine wahre Berufung findet. Der Film folgt getreulich bekannten Erzählmustern aus anderen japanischen Unterhaltungsdramen mit all ihren Stärken und Schwächen. Herausragend wird er durch die sorgfältige und einfühlsame Schilderung der traditionellen Nokan-Zeremonie, bei der die Körper der Verstorbenen vor ihren Angehörigen gewaschen, eingekleidet und geschminkt werden um sie auf ihre »letzte Reise« vorzubereiten und den Angehörigen den abschied zu erleichtern. dies verleiht dem Film etwas zutiefst menschliches.
Mit dem Big-Budget-Historiendrama Red Cliff meldet sich John Woo nach 15 Jahren Hollywood erstmals wieder aus China zurück. In epischer Breite schildert er die Schlacht am Roten Felsen von 208 n. Chr., die einen Wendepunkt der chinesischen Geschichte darstellt. In Asien ist der Film in zwei Teilen mit zusammen fast 5 Stunden Laufzeit in die Kinos gekommen. Hierzulande wird eine 2½-stündige internationale Fassung gezeigt. Interessanter als die großen Massenszenen der eigentlichen Schlacht mit Feuersbrünsten, Explosionen, Statistenheeren und CGI-Spektakeln sind dabei die eher ruhigen, teilweise sogar kontemplativen Szenen der Schlachtvorbereitung, die im Mittelpunkt des Films stehen. Die Feldherrn fachsimpeln hier über Strategie und Taktik, üben sich in psychologischer Kriegsführung, Diplomatie und Verrat oder versuchen die zahlenmäßige Überlegenheit des Gegners durch geniale Ideen zu kompensieren. Selbst die Zubereitung eines Tees kann da eine hochspannende Angelegenheit werden.
Ein anderer Heimkehrer aus Hollywood ist Jackie Chan. Für das Epos Shinjuku Incident, das von Ferne an Sleepless Town erinnert, ist er ins dramatische Fach gewechselt und schlägt sich dabei recht gut – nicht nur im wortwörtlichen Sinn. Er spielt einen illegalen chinesischen Einwanderer, der sich in Tokyo vom Müllsammler und Tellerwäscher zum Gangsterboss und Geschäftsmann hochkämpft, schließlich aber in Bandenkriegen untergeht. Lediglich den jugendlichen Liebhaber zu Anfang des Films will man ihm nicht so recht abnehmen, schließlich ist Chan schon 55. Das Ende des Films wird dann vom Jackie-Chan-typischen Gutmenschentum etwas getrübt. Aber dazwischen erlebt man packende 100 Minuten.
Ein anderes Highlight ist Thirst – Durst, der neuste Film des koreanischen Regisseurs Park Chan-wook, eine ganz ungewöhnliche Vampir- und Liebesgeschichte, die die Regeln des Genres fast komplett ignoriert. Im Mittelpunkt steht ein katholischer Priester, der sich aus Menschenliebe für medizinische Versuche in Afrika zur Verfügung stellt, dabei stirbt und auf wundersame Weise wieder zum Leben erweckt wird. Von Gläubigen wird er nun als künftiger Heiliger verehrt, doch statt nach dem Blute Jesus in der Messe dürstet es ihm nun nach ganz menschlichem Blut. Er ist zum Vampir mutiert. Schließlich trifft er auch noch auf Tae-ju, die unterdrückte Frau eines Schulfreundes. Sie erweckt ganz neue Liebe in ihm. Da ist es auch mit seinem Zölibat vorbei... Ist es ein Zufall, dass mit Sion Sonos Love Exposure – auch er wird auf dem Festival läuft – und nun Thirst die beiden Filme der letzten Jahre, die sich am wildesten und intensivsten mit Liebe und dem katholischen Glauben auseinandersetzen, aus Ostasien kommen?
Park Chan-wook, der hierzulande vor allem durch seine Rache-Trilogie mit Sympathy for Mr. Vengeance, Oldboy und Lady Vengeance bekannt wurde, ist auch die diesjährige Filmreihe gewidmet. Leider fehlt neben einigen Frühwerken und seinen Beteiligungen an Omnibus-Projekten auch ein Schlüsselwerk Parks im Programm. Ausgerechnet die humorvolle Tragödie Sympathy for Mr. Vengeance wird nicht gezeigt. Der Auftakt der Rache-Trilogie ist – in meinen Augen – sein allerbester Film und zählt für mich insgesamt zu den besten Filmen dieses Jahrzehnts. Aber wer die anderen Filme Parks noch nicht kennt, soll sich durch diese Lücke nicht von einem Besuch der Reihe abhalten lassen. Alle Filme Parks sind sehenswert. Wer die Filme schon kennt, schaut sich aber vielleicht besser die parallel laufenden, aktuellen Filme im Gloria an, denn die Programmüberschneidung ist der zweite Wermutstropfen an der Filmreihe. Geschickter wäre es gewesen, parallel zur Park-Filmreihe Filme laufen zu lassen, die noch einmal wiederholt werden.
Wie in den Vorjahren gibt es neben den aktuellen Filmen auch wieder die Reihe »Asia Spezial«, in der Klassiker des asiatischen Kinos noch einmal auf der großen Leinwand gezeigt werden. Darunter sind dieses Jahr u.a. Enter the Dragon, der letzte Film von Bruce Lee, Police Story, der wohl beste Film von Jackie Chan, Once Upon a Time in China von Tsui Hark und Lady Snowblood, der ein wichtiges Vorbild für Tarantinos Kill Bill war. Nicht ganz so alt und berühmt, aber ebenfalls eine Empfehlung wert ist The Blessing Bell von Sabu. Schließlich wurde die Anzahl der Matineen mit Filmen aus der Bibliothek des japanischen Kulturinstituts auf vier erhöht. Gezeigt werden mit Kids Return und Kikujiros Sommer zwei eher unbekannte Werke von Takeshi Kitano und zwei spritzige Komödien, darunter Waterboys, den Artechock schon in seiner Filmreihe präsentiert hat.