Die Frau, die viel redet, und nichts sagt |
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Die Roberts. Könnte so in San Sebastian rumlaufen, inkognito. Ist aber unverkennbar Eat Pray Love |
Beim Festival im baskischen San Sebastián ist diesmal bislang Julia Roberts der Gast, der für den meisten Rummel bei Medien und Publikum sorgte. Das neueste Kapitel aus unserem heimlichen Fortsetzungsroman »Neues vom Starsystem«.
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»Ooohhhh, ich rede schon wieder so viel«, unterbricht sich Julia Roberts. Wenn sie doch mal etwas sagen würde. Stattdessen kichert der US-Star, guckt nach rechts und links im proppevoll besetzen Saal zu ihrem Kollegen, dem Latin Lover Javier Bardem, der ebenso stoisch die Fassung wahrt, wie die anderen auf dem Podium und brabbelt weiter: »Es war so wunderbar mit Javier zu arbeiten ... es hat unglaublichen Spaß gemacht ... es war so ein tolles Script ... die Arbeit war eine ungeheure Herausforderung ... Indien und Italien sind faszinierend« und, natürlich, nicht zu vergessen: »San Sebastián ist die enthusiastischste Stadt, die ich kenne.« Man müsste gar nicht da sein, und könnte sie doch im Schlaf noch niederschreiben, solche Sätze, die Hollywoodstars immer dann sagen, wenn sie nichts zu erzählen haben, oder nichts erzählen wollen. Dann hätte man sich auch die Stunde vorher gespart: Eine halbe Stunde stand man, mit etwa 300 anderen Berichterstatter-Kollegen geduldig in der Schlange zur Pressekonferenz mit Julia Roberts. Beim Filmfestival in San Sebastián präsentiert sie ihren Film Eat Pray Love, die Verfilmung des autobiographischen Selbstfindungsbestsellers von Elizabeth Gilbert. Am Abend wird sie den Preis des Festivals erhalten, den alljährlich verdiente und berühmte Filmpersönlichkeiten bekommen.
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»This is so 80’s, this is so Madonna«, spottet der Kollege einer vornehmen britischen Zeitschrift. Über eine halbe Stunde ist seit dem angesetzten Termin nun verstrichen, ohne dass sich der Beginn der Veranstaltung irgendwie ankündigte. Dann betreten acht Bodyguards den Saal, platzieren sich in verschiedenen Ecken des Podiums und vor den gespannt wartenden Fotografen. Weiter zehn Minuten später endlich kommt das Filmteam, posiert gute 30 Sekunden, und noch in den Applaus hinein schnarrt der Festival-Moderator harsch: »Keine privaten Fragen!«, »Keine weiteren Fotos!!« In den folgenden Minuten wird immer wieder ein strenger Bodyguard an sein Ohr treten und ihm irgendwelche Anweisungen zuflüstern – von Roberts selbst? Vom Verleih? Von Gott? Wer weiß das schon.
Auf der Pressekonferenz gibt es dann nur nichtsagende gegenseitige Schmeicheleien zu hören, und man wundert sich wie der doch einigermaßen intelligente und lässige Javier Bardem es schafft, ohne die Fassung zu verlieren, über Roberts Sätze zu sagen wie: »She is like a Co-Director. Everyone loves her. It’s a love-fest, when she’s around.« Eine Realsatire. Vielleicht liegt es auch an manchen mäßig herausfordernden Fragen. »Ihre Augen erinnern an Paul Newman« – das ist noch eine der besseren Sätze.
Die meisten, die fragen, sind ca. 25-jährige TV-Moderatorinnen, die gestylt sind, wie für den Babystrich. Einer fragt Roberts zum Beispiel, ob sie ihr später das Stoffmaskottchen des Senders überreichen dürfte. Andererseits: Vor zwei Jahren saß Meryll Streep an gleicher Stelle und hatte mit blitzendem Charme vorgeführt, wie man noch auf die dümmste Frage eine geistreiche und witzige Antwort geben kann. Was waren das für Zeiten!
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Beim Interview später im Hotel ist es auch nicht besser. Die Bodyguards gucken noch böser, ungefähr so als würden sie den US-Präsidenten bewachen und gerade käme ein bekannter Hassprediger zu Besuch. Immerhin erzählt Roberts von selbst etwas Privates: »Es ist mir schwer gefallen, diesen Film zu machen. Ich habe 19 Jahre ohne Kinder gearbeitet, jetzt habe ich welche und für diesen Film musste ich lange Wochen von ihnen weg sein.« Die Kinder, sagt Roberts, seien auch der Grund gewesen, warum dies in den letzten zehn Jahren ihre erste echte Hauptrolle war. Mutter ist sie allerdings erst seit sechs Jahren. Ansonsten berichtete Roberts vor allem davon, wie anstrengend das Leben einer Top-Schauspielerin sei: »Man muss immer zu 100 Prozent wachsam sein.«
Ist das eigentlich immer so bei einem Hollywoodstar? Nicht bei jedem. Wer einmal entsprechende Interviewtermine mit Meryll Streep, George Clooney oder – ja, auch der! – Tom Cruise erlebt hat, weiß, dass auch berühmte Leute pünktlich und relativ unkompliziert sein können, interessante Dinge über ihren Film erzählen, und dass die Zahl der Bodyguards nichts über Berühmtheit und Gefährdung aussagt, sondern nur darüber wie wichtig sich jemand selbst nimmt.
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Der Premio Donostia wird übrigens normalerweise für Verdienste um die Filmkunst vergeben. Ihn bekamen in den letzten Jahren Leute wie Francis Ford Coppola, Max von Sydow oder eben Meryll Streep. In diese Kategorie gehört Julia Roberts, die gerade so ungefähr ihr gefühlt fünftes Comeback erlebt, nun weder vom Alter her, noch künstlerisch. Die spanischen Kollegen waren übrigens noch strenger mit Roberts, und mit dem Festival, das mit solchen Ereignissen schnell seinen guten Ruf verlieren dürfte. Derweil machte man sich seinen Spaß mit Umformulierungen des Titels: Eat Pray Shit, Eat Pray Fuck, Eat Pray Vomit...
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Vielleicht hat Eat Pray Love, der erste Film für Roberts seit Erin Brockovich (2000), den sie quasi alleine tragen muss, ja mit der Person Julia Roberts mehr zu tun, als sie uns verraten will. Denn jene Liz, die sie da spielt, hat eigentlich alles, was das Herz begehrt und ist doch unglücklich. Also verlässt sie ihren Mann, reist nach Italien (Eat), in einen indischen Ashram (Pray) und zu einem balinesischen Guru (Love), um den Sinn (und den Mann) des Lebens zu finden. Fernöstliche Spiritualität und italienische Lebenskunst kurieren eine frustrierte Amerikanerin.
Wer Gefallen an prächtigen Reisebildern hat, wird die Schönheiten Italiens und Balis, eine indische Hochzeit und schöne Ferien-Apartments genießen: Eat Pray Love ist ein Jet Set Film, Yuppie-Kino, das von Menschen handelt, die hübsch sind und offenkundig unglaublich viel Geld haben: Sonst könnten sie sich monatelange Fern-Reisen ohne Arbeit und teure Wellness-Programme gar nicht leisten. Dabei ist dies kein Film, der etwa eine Geschichte erzählen würde, sondern ein mit fast zweieinhalb Stunden lang geratener Vorwand, um die Hauptdarstellerin vor möglichst malerischen Kulissen in Szene zu setzen.
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Zugegebenermaßen ist Roberts der einzige Grund, sich diesen Film anzugucken. Ob er zureichend ist, muss jeder selbst entscheiden: In den USA half Roberts breites Lächeln wenig: Dort wurde Eat Pray Love schon am Startwochenende von den alten Männern der Expendables um Sylvester Stallone kalt überholt. Immerhin könnte sich Roberts mit einer vielen der Filmweisheiten trösten: »Manchmal ist das Verlieren des Gleichgewichts ein Teil des Lebens.« Oder: »Ruinen sind ein Geschenk auf der Straße der Veränderung.« Oder: »Nicht zuviel Gott, nicht zuviel Ich, sonst wird man verrückt.« Die beste »Weisheit« des Films heißt allerdings: »4 weeks silence. its like a facelift.« Für Julia Roberts wird es langsam Zeit.