Hasso macht jetzt früher Platz |
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Die Hard von Konstantin Bronzit von 1999 |
Von Natascha Gerold
Eine neue Idee, eine ungewohnte Sichtweise auf vermeintlich Altbekanntes, die Quintessenz großer Themen menschlichen Daseins – das alles lässt sich in 90, 120 oder noch mehr Minuten filmisch zeigen. Es geht aber auch schneller. Zum Glück. Ist das Leben nicht zu kurz für Langatmigkeit?
Dementsprechend zelebriert das Internationale Kurzfilmfestival »Bunter Hund« seit mittlerweile 15 Jahren die Kunst der knappen Darstellung und hat in dieser Zeit ca. 850 Filme präsentiert – alle höchstens 20 Minuten lang, frei in Themen- und Genrewahl, Werke von Profis und Amateuren sind gleichermaßen willkommen. Mit seiner Jubiläumsausgabe gelingt dem »Bunten Hund« ein Pfotenstreich, der Rück- und Ausblick geschickt miteinander verbindet: Ab heuer nämlich findet das Festival nicht mehr im Oktober, sondern bereits im März statt. Weil die Zeit bis März 2014 für Planung und Organisation neuer Filme viel zu kurz gewesen wäre, kommt der Auftakt des neuen Termins als »Best-of«-Special daher, im Rahmen dessen sämtliche Gewinnerfilme an zwei Tagen in zwei Programmen zu je 90 Minuten gezeigt werden. Was bleibt, ist der Veranstaltungsort – das Münchner Werkstattkino, eine Kegelbahn in seinem früheren Leben, ist nach wie vor die Höhle des Bunten Hunds.
Auch wenn es heuer keine neuen Filme zu sehen und keinen neuen Publikumspreis, den Hasso, zu verleihen gibt – spannend ist diese Jubiläumsveranstaltung aus mehreren Gründen. Erstens haben die Gewinner ihr Kommen zugesagt, genügend Stoff für interessante Gespräche mit den Regisseuren in der Fraunhoferstraße dürfte also vorhanden sein. Zweitens gewinnt man einen kleinen Einblick in eineinhalb Jahrzehnte Kurzfilmgeschichte und ihre Rezeption. Welche Themen haben die Filmemacher in den vergangenen Jahren besonders beschäftigt? Und welche Filme haben das Publikum überzeugt, das letztendlich über die Vergabe des Hasso entscheidet?
Natürlich ist das Thema Liebe genreübergreifend präsent – ob als animierte Lavatory Lovestory des Russen Konstantin Bronzit, der sogar schon zweimal den Hasso gewann, als romantische Stau-Schau in Sintonía von José María Goneaga oder in Tom Tykwers True in der Stadt der Liebe. Die Abbildung episodenartiger Sequenzen aus dem Leben Einzelner kann mitunter komplexe (gesellschafts-)politische Verflechtungen umso prägnanter verdeutlichen: Der Dokumentarfilm Zwischen Welten von Dorothea Carl, in dem sechs junge Frauen über ihr Parallel-Leben in verschiedenen Kulturen berichten oder der Spielfilm La Boda von Marina Seresesky über eine Hochzeitsgesellschaft ganz anderer Art sind nur zwei von vielen gelungenen Beispielen dafür. Und Filme wie La Huída von Victor Carrey, Sooner or Later von Jadwiga Kowalska oder Signalis von Adrian Flückiger bieten herrlich skurrile bis rührende Modelle an für das, was man nicht erklären kann.
Last not least ist, drittens, auch die Frage interessant, welchem Werk es schließlich gelingen wird, sich gegen die Konkurrenz als »Bester der Besten« unabhängig von Zeit und Genre durchsetzen: Wird es mehrere Sieger geben, wie einst 2001, als die Zuschauer dem Animationsfilm Bsss von Felix Gönnert und dem Beziehungsdrama Die Wurstverkäuferin von Stefan Hillebrand und Oliver Paulus gleichermaßen gewogen waren, oder kommt es gar zu unerbittlichen Duellen? Wohl kaum. Wir sind ja nicht bei irgendwelchen »Jubel-Jubiläen« blutiger Hungerspiele (die wären sowieso viel zu lang), sondern beim Bunten Hund – der ist geistreich, herzerwärmend und mit seinen 15 Jahren immer noch schön bissig.
15. Bunter Hund – Internationales Kurzfilmfest – Das Jubiläumsprogramm.
07.-08. März 2014, Werkstattkino.