Das Leben auf einer Hochzeitstorte |
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Läuft in der Trash Night am Samstag: der zum Schreien komische MeTube: August sings Carmen 'Habanera' von Daniel Moshel |
Von Nora Moschuering
Festivals anzukündigen, die einen gerade deshalb begeistern, weil eines ihrer Merkmale und Qualitäten die Vielfalt des Programms ist, ist nicht ganz einfach. Es ist generell schwierig, Einheit in der Vielfalt zu finden (dies würde die Vielfalt ja auch als Einheit enttarnen), um dann ein Festival dementsprechend anzukündigen. Noch dazu bei einem, das sich »Bunter Hund« nennt, also gerade das Vielgestaltige in seinen Namen aufgenommen hat. Also überlegt man sich, den Hund als Aufhänger zu nehmen, als Sinnbild des Inhalts – bunt eben und etwas wild, und ihn aufzufordern, unter den vielen Kurzfilme zu suchen: »Na wo ist der gute Film, na wo ist er denn?« Okay, man geht sogar weiter: »Ja, da ist er ja, da ist er!« Entschuldigung! Oder doch, wer weiß, vielleicht kann der eine oder andere ihn kraulen? Für alle anderen gilt: Hingehen, hinsehen und ganz subjektiv entscheiden, welcher Kurzfilm einem gefällt, welcher vielleicht weniger – auch gut. Bunt heißt eben auch nicht gefällig.
Schon zum 16. Mal bringen die Macher, allesamt Filmenthusiasten, das Kurzfilmfestival »Bunter Hund« ins Münchner Werkstattkino. Gewohnt geschmeidig bewegen sich die Bunten Hunde dabei durch die fruchtbaren Auen der internationalen Kurzfilmwelt. Von einer bis zu zwanzig Minuten, von Experimentalfilm, Animation, Spielfilm und Dokumentation reicht das Spektrum der Programme. Aus 326 Einreichungen (ganz genau) wurden insgesamt 52 Filme ausgesucht. Diese Filme laufen im internationalen Wettbewerb, bestehend aus vier unterschiedlichen Programmen, sowie in zwei Sonderprogrammen, der Trash Night und dem Kinderprogramm. Unter den Filmen der vier Programme vergibt das Publikum einen Preis, den HASSO – Also werden früher oder später doch alle auf den Hund kommen. Das alles findet wie gewohnt in Münchens zwar kleinsten, aber in jedem Fall charmantesten Kino statt, dem Werkstattkino, im Keller hinter der Fraunhofer Wirtschaft. Dort heißt es also wieder: Gucken, träumen, wundern, staunen, mitfühlen, ärgern, Filmemacher treffen und über Filme und Filmerlebnisse reden.
Apropos Vielfalt zusammenfassen, den Machern ist es dann doch gelungen, die vier Programme irgendwie auch thematisch zu bündeln. Sie tragen die Titel: »Anders & Artig«, »Arbeit ist das halbe Leben«, »Helden wie wir« und »Liebe & andere Grausamkeiten«. Jedes dieser Programme kündigen sie übrigens mit einem wunderbar assoziativen und poetischen Text an.
»Anders & Artig« findet hypnotische Bilder zum Thema Leben, dem Landeanflug auf die Erde und was man auf dieser schließlich findet (experimentell: Kudryavka – Little Ball of Hair des Finnen Risto-Pekka Blom und Transit der Finnin Lauri Astala). Es werden Filme zwischen Kunst und Kultur gezeigt, etwas Science-Fiction, denn das kann der Film eben auch: Eben mal kurz die Erdanziehungskraft aufheben (Donnerstag, 12.03., 22:00 Uhr und Freitag, 13.03., 18:00 Uhr).
»Arbeit ist das halbe Leben«, ja, klingt anstrengend, ist es aber nicht, hier werden u.a. wichtige Fragen nach dem Freaktum gestellt, woher kommt er, der Freak, und wie ist er so schnell groß geworden? Ein Freak kann dabei ein Tourist sein, wie in dem spanischen Bikini von Oscar Bernàcer, oder ein Abonnent, wie in dem ukrainischen Kurzspielfilm Abonent der Geschwister Oksana und Maryna Artemenko (Donnerstag, 12.03., 20:00 Uhr und Freitag, 13.03., 22:00 Uhr).
Vielleicht ist jeder Freak aber auch ein Held, in dem Programm »Helden wie wir« erfahren wir es – vielleicht haben wir es auch schon immer gewusst – wir sind tagtäglich kleine Helden, denn wir stellen uns dem Leben und seinen Herausforderungen, konfrontieren uns mit unserer alltäglichen Umgebung und ihrem ständigem Wandel. Wie die kleine Lara, die mit ihrer Oma Bus fährt (Nächster Halt von Robin Jochem), oder ganz aktuell gesellschaftspolitisch in dem polnischen Kurzspielfilm Nasza Zima Zla (Our Bad Winter) von Grzegorz Zariczny, in dem es um Pflegerinnen in einem Behindertenheim geht (Donnerstag, 12.03., 18:00 Uhr und Samstag, 14.03., 20:00 Uhr).
Paarbeziehungen sind aber sicher auch Heldenaufgaben, im vierten Programm mit dem fast zynischen Titel »Liebe & andere Grausamkeiten« stellt ein Pärchen im polnischen Wulkan (Volcano) von Michal Wawrzecki nach Ausbruch des unaussprechlichen Vulkans seinen Urlaub nach. Außerdam erfährt man in dem deutschen Animationsfilm Wedding Cake von Viola Baier, wie das Leben auf einer Hochzeitstorte ist, Zuckerguss macht es eben auch nicht leichter (Freitag, 13.03., 20:00 Uhr und Samstag, 14.03., 18:00 Uhr).
Also: Hingehen, hinsehen und Kopf kraulen.
Bunter Hund – 16. Internationales Kurzfilmfestival, 12.03. – 15.03.2015, Werkstattkino München, Fraunhoferstr. 9