Rennen um den Hund |
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Die Scholle schmilzt: Iceberg Nations ist ein rasanter Kurzdokumentarfilm | ||
(Foto: Bunter Hund) |
Es ist also wieder an der Zeit, Hasso zu fassen. Zum 21. Mal widmet sich das Münchner Kurzfilmfestival Bunter Hund der gesamten Bandbreite vom Animations- bis zum Dokumentarfilm. Und wer sich in Münchens Filmfestival-Szene auskennt, weiß, dass Hasso der mit 500 Euro dotierte Preis ist, mit dem die besten Filme belohnt werden. Wer die Preisträger sind, entscheidet seit jeher das Publikum, das dieses Jahr vom 5. bis 8. März an den Visionen der Regisseurinnen und Regisseure teilhaben darf.
Die schwierigsten Entscheidungen wurden bisher schon von einem ehrenamtlichen Gremium getroffen. Aus über 800 Einsendungen wurden die besten 52 ausgewählt, die im Werkstattkino zu sehen sind. Obwohl der Großteil davon logischerweise aus Deutschland kommt, sind die unterschiedlichsten Länder wie Bangladesch, Estland, Kasachstan, die USA, Russland oder Ägypten vertreten. Bei der Auswahl fiel der Jury jedoch auf, dass ein überdurchschnittlich großer Teil der Filme aus dem Iran eingesendet wurde. Grund genug, in diesem Jahr ein Iran-Spezial außerhalb des Wettbewerbes laufen zu lassen. Beim ersten Überfliegen der Beiträge zeigt sich, dass die Thematiken doch sehr vertraut wirken: Eheprobleme (Fasle Sepid / White Season, R: Hasan Najmabadi), Krankenpflege (Morning, Noon, Night, R: Nima Gothbi) oder der Prozess des Älterwerdens (Dilag, R: Abas Rafiei, Safiolah Hosseini) – alles nichts, was der westlichen Gesellschaft fremd wäre. Man darf gespannt sein, wie diesen Themen aus einer iranisch-geprägten Sicht begegnet wird.
Schnell kommt jedoch die Frage auf, inwieweit man sich überhaupt zuvor informieren will. Bunter Hund eignet sich wunderbar, um sich der Vielfalt des Programms hinzugeben. Wie immer läuft alles unter den bekannten Kategorien »Anders und artig«, »Arbeit ist das halbe Leben«, »Helden wie wir« und »Liebe & andere Grausamkeiten«. Daneben kann man sich noch am Sonderprogramm »Trash & Sonderbares« ergötzen. Innerhalb der Rubriken stehen Spiel- und Dokumentarfilm, animierte Fantasie und experimentelle Kostbarkeit gleichberechtigt nebeneinander. Man kann sich den vielfältigen Überraschungen einfach hingeben. Ein Blick ins Programm lohnt sich jedoch allemal. Zum einen, weil man so weniger Gefahr läuft, ein bestimmtes Highlight zu verpassen, zum anderen befinden sich hinter den Links der Filmbeschreibungen oftmals schon Teaser. Die Überraschung verdirbt man sich dadurch keineswegs, eher noch steigert sich die Neugier.
Da wäre zum Beispiel Iceberg Nations des Spaniers Fernando Martin Borlán. Der Eroberer einer Eisscholle treibt auf seiner selbsternannten Nation einsam durchs Eismeer. Der komplette Film dauert »nur« viereinhalb Minuten, dennoch will man sofort den kompletten Monolog dieses »Herrschers« hören.
Bizarr geht es weiter: Im israelischen Beitrag Shhhh von Jonathan Mordechay scheint der Versuch eines Paares, ihr Baby nicht aufzuwecken, zum grotesken Psycho-Horror zu werden. In The Clown des Russen Vladimir Feklenko wird der titelgebende Spaßmacher mit existenzialistischen Fragen konfrontiert, während bei Rubén Secas Ramén ein Gottesdienst der Pastafari – der satirischen Sekte um das fliegende Spaghetti-Monster – im Familienkonflikt endet. Der deutsch-japanische Animationsfilm Like and Follow (R: Tobias Schlage, Brent Forrest) zeigt einen Jungen, der die Welt außerhalb seines Smartphones entdeckt, natürlich sehr zum Leidwesen des mobilen Endgeräts. Der Zweiminüter konnte übrigens auch schon international überzeugen. »Ich habe Zwei-Stunden-Komödien gesehen, in denen ich weniger lachen musste«, schrieb Jasemine Holly Bullock von UK Film Review.
Auch die Dokumentarfilme zeigen dem Publikum Welten, die ihm vielleicht auf den ersten Blick bekannt sind. Mit der Begleitung durch die Kamera können sich jedoch neue Erkenntniswelten auftun. Ob es nun um Nachtarbeit (So hell die Nacht, R: Julius Schmitt), die Situation Körperbehinderter (Star for Anton, R: Katerina Strelchenko) oder eine Videothek in Stephen Bernandes gleichnamigem Film geht.
Man könnte jetzt hier noch ewig weitermachen, wie obskur, spannend oder vielversprechend dieser oder jener Titel klingt. Man könnte aber auch – jetzt hoffentlich erst recht angefixt – einfach hingehen und Teil des Publikums von »Filmfreaks, Begeisterten und Partyvolk« werden, wie es die Veranstalter selbst ausdrücken. Hasso wird es sicher freuen.
Eintritt: 6 €, Kasse öffnet 30 Minuten vor Beginn der Vorstellung. Keine Vorbestellung möglich. Es wird voll, früh da sein!