12.09.2024

So many films, so many festivals

Petra Kelly - Act Now!
Mit ihr eröffnet die Reihe 40 Jahre Filmstadt München: mit Petra Kelly, der Ikone des Engagements
(Foto: Bildersturm Filmproduktion)

Unter dem Dach der Filmstadt München wirken viele Filmfestivals der Stadt. Das hat sich bewährt. Jetzt feiert sie 40-jähriges Bestehen: Die Geschichte des Graswurzelprojekts

Von Dunja Bialas

Grie­chi­sche Filmwoche, Türkische Filmtage, Underdox, Queer Film Fest, Bunter Hund, Bimovie, Kinder­kino und so weiter und so fort. 16 Grup­pie­rungen und insgesamt 19 Festivals müsste man aufzählen, um zu benennen, was da unter dem Dach des gemein­nüt­zigen Vereins »Filmstadt München« alles ein Zuhause gefunden hat. Um die 600 Veran­stal­tungen mit insgesamt 100.000 Besu­che­rinnen und Besuchern führt die Filmstadt München jährlich durch. Das generiert 600 Mal Aufmerk­sam­keit für Filme, die sonst leicht übersehen würden. Mit meist geringem Etat im niedrigen vier- oder fünf­stel­ligen Bereich gelingt es den Mitglie­dern der Filmstadt München, das ganze Spektrum abzu­de­cken, vom Spielfilm über den Doku­men­tar­film, den Kinder- und Kurzfilm bis hin zum Expe­ri­men­tal­film.

Auf Augenhöhe mit den Besu­cher­zahlen zum großen Filmfest (fast 50 Prozent der Zuschauer der Filmstadt fallen auf das DOK.Fest) hat sich für die Filmstadt erfüllt, was vor vierzig Jahren als Vision begonnen hatte.

1984 wurde die Filmstadt München als Verein gegründet. Voraus­ge­gangen war ein regel­rechter Kultur­kampf, der mit den Anfangs­jahren des Filmfest München zu tun hatte. 1978 wurde das Filmfest von Ober­bür­ger­meister Erich Kiesl aus der Taufe gehoben, der es Alfred Wurm als Geschäfts­führer im Wunsch, ein glamouröses Event zu schaffen, übergab. Wurm war Leiter der Münchner Modemesse und pflegte in den ersten Film­fest­jahren einen luxu­riösen Life Style.

Nach einer fünf­jäh­rigen Vorbe­rei­tungs­zeit und der Entlas­sung von Wurm konnte das Filmfest München erstmalig statt­finden. Als Leiter war Regisseur Eberhard Hauff bestellt, der als Inte­gra­ti­ons­figur und Versöhner galt und die deutschen Filme­ma­cher sowie die zwischen­zeit­lich gebildete »Initia­tive Filmstadt München« mit ins Boot holte. Das erste Filmfest München hatte eine Frau­en­reihe und Kinder­filme im Programm, vorbe­reitet in enger Zusam­men­ar­beit mit den Münchner Initia­tiv­gruppen. Das fühlte sich nach einem Happy End an, und eigent­lich hätte es an dieser Stelle mit der Filmstadt München vorbei sein können, noch ehe es mit ihr richtig losge­gangen war.

Die Initia­tiv­ge­mein­schaft aber konsta­tierte eine feind­liche Übernahme ihrer Ideen durch das damals schon millio­nen­schwere Filmfest und lehnte die weitere Zusam­men­ar­beit ab. Sie wollte »viele Filmfeste im Jahr«, um andere Ziel­gruppen anzu­spre­chen, in die Stadt­teile zu gehen und dort konti­nu­ier­liche Film­ar­beit zu leisten. Schon damals hatte sie den demo­kra­ti­schen Zusam­men­halt der kulturell, sozial und demo­gra­phisch diversen Stadt­ge­mein­schaft im Blick.

Ein Jahr später gab das Kultur­re­ferat dem Verein Filmstadt München als Dach­or­ga­ni­sa­tion grünes Licht. Mit der orga­ni­sa­to­ri­schen Eigen­s­tän­dig­keit war die Zukunft der Filmstadt München ange­bro­chen.

Es wurde ein Dach­ver­band für die Film­initia­tiven, die als Gras­wur­zel­pro­jekte entstanden waren. Zu den Grün­der­gruppen der Filmstadt München gehörten das Medi­en­zen­trum München und die bundes­weit maßgeb­li­chen Vereine Kinder­kino München von Hans und Christel Strobel sowie die AG Doku­men­tar­film (AG DOK) mit Mitbe­gründer Christoph Boekel. Ab ihrer Gründung vertrat die Filmstadt München die Mitglieder vor dem Kultur­re­ferat und reichte einen Gesamt­för­der­an­trag ein. Sie wurde zur verläss­li­chen Ansprech­part­nerin der Stadt, während die Stadt die freie Festi­valszene kultur­po­li­tisch aner­kannte und durch konti­nu­ier­liche Förder­si­cher­heit insti­tu­tio­na­li­sierte.

Bis heute ist das Modell der Filmstadt München bundes­weit einzig­artig. Auch wenn es immer noch Film­gruppen gibt, die Förder­an­träge direkt beim Kultur­re­ferat stellen, befindet sich der Großteil der Münchner Festivals in einer komfor­ta­blen Förder­si­tua­tion. Zum Vergleich: Die Kultur­ver­wal­tung des Berliner Senats sieht eine maximale Planungs­si­cher­heit von vier Jahren als »befris­tete insti­tu­tio­nelle Förderung« vor. Dauer­hafte insti­tu­tio­nelle Förderung bedarf der Parla­ments­ent­schei­dung. Auch in München wird über die Förder­höhe durch Stadt­rats­be­schluss entschieden – das Gewicht der Filmstadt statt eines einzelnen Festivals wiegt jedoch ungleich mehr.

Wenn nun die Filmstadt München ihr 40-jähriges Jubiläum feiert, stellt sich auch die Frage nach der Zukunft, nach Heraus­for­de­rungen und Verän­de­rungen. Von den Kürzungen im Kultur­sektor ist die Filmstadt München zum Glück nicht betroffen.

Das 40-jährige Bestehen der Filmstadt München wird natürlich mit einem ausführ­li­chen Film­pro­gramm in ganzen sechzehn Veran­stal­tungen im Kino Neues Maxim gefeiert. Das akti­vis­ti­sche Thema des Jubiläums: »Mehr als nur Zuschauen! – Filmische Perspek­tiven auf gesell­schaft­li­ches Enga­ge­ment«

Die Gruppen zeigen folgende Filme: die Afri­ka­ni­sche Filmtage (Talking About Trees), das DOK.fest München (Petra Kelly – Act Now!), QFFM (Große Freiheit), LaFiTa (El Dance-Off), Bimovie (Frauen bilden Banden), Cinema Iran (Celluloid Under­ground), Mittel Punkt Europa (Courage), Grie­chi­sche Filmwoche (When Tomatoes Met Wagner), UNDERDOX (Don’t Work (1968-2018)), Kultur & Spielraum (Wir bauen eine neue Stadt), Kino Asyl und flimmern&rauschen (mit Kurz­filmen), Kinder­kino München (Zu weit weg – Aber Freunde für immer), Türkische Filmtage (A Day, 365 Hours), Cento Fiori Cinema (By the Light of Day) und last not least Bunter Hund (mit Kurz­filmen).

Alle Filme werden in der Reihen­folge ihrer Nennung im Maxim an drei Tagen vom 12. bis 15. September gespielt.

Die Autorin ist Leiterin des UNDERDOX-Film­fes­ti­vals.