»Man macht sich was vor, und das ist auch gut so…« |
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Nie den Blick unter die Oberfläche vergessen |
»Warum haben Sie diesen Film gemacht?« – manchmal geht es auch anders, wenn man einen Regisseur interviewt. Voraussetzung: Der hat was in der Birne, und Lust, sich selber Fragen zu stellen, etwas mehr von sich preiszugeben, als im Presseheft steht. Bei Oskar Roehler musste man daran keine ernsthaften Zweifel haben – dazu genügt es schon, sich seine Filme näher anzusehen. Hier nun, zum Filmstart von Agnes und seine Brüder, das Ergebnis: Ein ungewöhnliches Gespräch mit einem ungewöhnlichen Regisseur von Rüdiger Suchsland
Artechock: Beim Festival in San Sebastian lief gerade ein Dokumentarfilm von der Schauspielerin Maria de Medeiros – über die Beziehung zwischen Filmemachern und Kritikern. Es kommt dabei schon deutlich heraus, dass beide Seiten im Grunde aneinander vorbeireden, eine sonderbare Nicht-Beziehung haben. Andererseits gibt es auch richtige Liebesverhältnisse, in beide Richtungen. Heute gibst Du den ganzen Tag Interviews. Warum machst Du so etwas – falls es überhaupt um mehr geht, als den Film zu verkaufen? Wie wichtig sind für Dich eigentlich Kritiker? Sind sie überhaupt wichtig? Welche Form von Relevanz hat das?
Oskar Roehler: [zögert] Puh, das ist 'ne gute Frage. Denn irgendwie ist das ja Ich weiß es nicht Ich hab in letzter Zeit auch anhand der Kritiken, die ich jetzt über meine Filme lese – wo man sich natürlich über die guten freut, über die schlechten ärgert – habe ich natürlich bei den schlechten auch das Gefühl, dass da oft viele Animositäten mit hineinspielen, die eigentlich mit dem Film gar nichts zu tun haben. Das ist aber verständlich – genau so wie Du als Filmemacher über Deinen eigenen Beruf nachdenkst, denkst Du auch über den Beruf der Kritiker nach, weil die einfach auch eng mit Dir verbunden sind. Und Du weißt dann, ok, dass sind die Typen, die sind gezwungen, morgens um 11 in irgend 'ne Pressevorführung zu gehen...
artechock: 11 Uhr? Um 8.30 in Venedig oder Cannes! Das heißt, wir stehen um 7 auf. Und dann müssen wir uns Dogville angucken.
Roehler: [lacht] … Das finde ich zum Beispiel schon wieder okay. Da könnte ich mir sogar vorstellen, dass ich da auch mitmachen könnte, mental; und auch gerecht bleiben würde. Ich rede einfach von diesem every-day-life: Wenn Du Filmkritiker bist, und Du musst da dreimal pro Woche um 11 Uhr in ein Presse-Screening, und dann musst Du Dir irgendeinen Meg-Ryan-Film angucken. Wozu Du eigentlich überhaupt keinen Bock hast!
Das ist einfach so ein vollkommen falsches Timing. Vielleicht hättest Du ja Lust, wenn Du nicht gezwungen wärst, irgendwann mal abends mit Deiner Freundin in diesen Meg-Ryan-Film zu gehen. Und vielleicht würdest Du ihn sogar gut finden. Oder zumindest okay. Und würdest nicht sofort abkotzen. Aber so – bleibt Dir eigentlich nichts anderes übrig, als sofort abzukotzen.
Und damit fängt’s schon mal an: Irgendwo stimmt da was nicht. Genauso wie man in der Politik was ändert, muss man da einfach was ändern.
artechock: Filme abends zeigen? Weil Kino eigentlich auch zur Dunkelheit, zur Nacht gehört...
Roehler: Zum Beispiel.
artechock: Aber es gibt natürlich auch viele Schichtarbeiter unter den Kritikern, die mögen das dann wieder nicht und motzen.
Roehler: Okay, die können ja auch morgens gehen.
Aber dieser Spaßfaktor, der fehlt halt den Kritikern in dem Moment oft. Aber wenn Du den Film aufnimmst, für Dich, ist es ja wahnsinnig wichtig, ob Du dann auf den Film Lust hast. Wie oft habe ich mich schon beobachtet, dass ich ins Kino ging, weil ich mich abends gelangweilt habe, und dann so eine halbseidene Entscheidung getroffen: Okay, dann guck ich mir jetzt keine Ahnung was an
– ich war immer enttäuscht. Aber wenn ich auf irgendeinen Film Bock hatte, dann musste der nicht unbedingt perfekt sein, aber ich fand ihn trotzdem gut.
Was mich bei der Kritik oft stört, ist, dass da so bestimmte Ikonen hochgehalten werden: Die sind immer spröde, immer streng. Es passiert in den Filmen eigentlich immer nichts. Sie sind immer langsam, immer trist, es wird eigentlich nie etwas wirklich gesagt in den Filmen – und das ist dann »die Berliner Schule«, die kommen immer gut weg und haben dann so 5000 bis 10.000 Zuschauer.
Da kann ich dann jemand wie Sönke Wortmann oder Detlev Buck verstehen, wenn die dann sagen, sie lesen keine Kritiken mehr.
Für mich ist das anders. Denn ich reagiere schon immer noch ziemlich deutlich auf die Kritik. Für mich ist das ein klarer Gradmesser, wie ein Film ankommt. Auch wenn ich trotzdem das Gefühl habe, dass da so eine kleine Nebelschicht, irgendso eine kleine Wand von nicht ganz toller Publikumsstimmung da mitspielt. Denn Du bist eben Kritiker, und Du
kannst nicht immer nur Elogen schreiben. Oder?
artechock: Naja, Du schreibst aber als Kritiker auch nicht fürs Publikum – in so einen ganz direkten Sinn. Das geht ja auch gar nicht, Du kennst die Leute nicht. Und das sind hunderttausend Leute, da gibt es immer welche, die Dich für 'nen Depp halten und andere, die Dir Liebesbriefe schreiben. Du schreibst genauso für den Filmemacher selbst, und für andere Kritiker, mit denen Du in einem direkten oder indirekten Dialog stehst. Und für Dich selbst, dafür, Deinem Gewissen gegenüber das Angemessene geschrieben zu haben. Im Idealfall auch für die Filmgeschichte, dafür, dass Du das und das gesagt hast, als erster, dass man es später bei Dir nachlesen kann.
Sachlich-praktisch schreibst Du sowieso für Deinen Redakteur. Und wenn Du selbst Redakteur bist, schreibst Du für Deinen Kultur-Chef. Also für den, der Dein Supervisor ist, und Dich letztlich bezahlt.
So, wie Du vermutlich als Regisseur ab und zu etwas machst, bei dem Du schon in dem Moment weißt: Das ist jetzt ein Kompromiss – aber das gefällt Deinem Produzenten Stefan Arndt. Oder das musst Du sogar machen, weil er das so will, weil er den Film verkaufen muss. Vielleicht würdest Du in zwei, drei Momenten mutiger sein, schräger, oder Dir einfach etwas erlauben, von dem Du weißt, dass ist jetzt vielleicht ein Scheiß, aber ein Scheiß, der Dir gefällt. So eine innere Schere hast Du als Kritiker natürlich auch...
Roehler: Und wie sieht die aus? Wie äußert sich die, was heißt das konkret? Nicht schlecht schreiben über manches, oder nicht zu gut schreiben über anderes?.
artechock: Nein, nein, die Meinung beeinträchtigt das nicht. Aber es beeinträchtigt sicher die Art und Weise, wie Du eine Meinung ausdrückst. Weil Du schon mal weißt, die kommen dann an, und sagen: »Diesen Satz verstehen jetzt unsere Leser nicht.« Das ist so eine beliebte Floskel. Letztendlich versteht es dann eigentlich der Redakteur nicht – vielleicht sogar gerade nur aus Denkfaulheit.
Du erklärst letztlich etwas dem Redakteur. Du erklärst dem etwas, von dem Du vielleicht sogar meinst, das müssten die Leser nicht erklärt bekommen. Oder: Die, die meinen Text lesen, die wissen das. Aber der Redakteur liest den ja auch, und der weiß das nicht. Also muss ich es dem jetzt erklären. Das sind so die Einschränkungen.
Oder Du sicherst Dich ab mit zwei, drei einschränkenden, objektiven Sätzen, weil sie sonst sagen: Das ist „zu“… zu pathetisch zum Beispiel. Du darfst ja nicht ganz subjektiv sein. Das kannst Du, wenn Du Redakteur bist. Michael Althen kann das, aber ich kann das so nicht.
Aber was ich klarstellen wollte: Natürlich schreibe ich fürs Publikum, ich will auch, dass die Leute meine Texte mögen, freue mich auch, wenn die Leute es wenigstens schreiben. Ich beantworte auch e-mails. Eigentlich jede, auch noch die dümmste Dreck-e-mail. Bloß: Ich bin kein Restaurantkritiker – der dann am Ende sagt: Da schmeckt’s, und dort versalzt der Koch sein Essen.
Roehler: [lacht] Jaja, das verwechselt man halt immer. Du denkst halt als Regisseur immer, die Kritiker sollten eigentlich eine Werbefläche für Deine Filme sein.
artechock: Oder: »Hier lohnt sich die Geldausgabe!« Das ist mir so scheißegal! Zum Beispiel „Berliner Schule“: Angela Schanelecs letzter Film, der hat mir weißgott nicht gefallen. Das habe ich auch geschrieben. Bloß würde ich das unter Umständen auch weglassen. Auf einem Festival kann man eher noch einfach schreiben: Das war jetzt nix.
Aber wenn der dann rauskommt, würde ich, wenn ich den überhaupt bespreche – man kann es ja auch einfach lassen, und sagen: Soll jemand anders machen. Aber das ist auch gönnerhaft – dann würde ich auch schreiben: Leute geht doch mal rein. Guckt Euch das mal an, lasst Euch mal' drauf ein. Ihr geht in alle Wortmann-Filme, jetzt könnt ihr Euch auch mal 'nen Schanelec-Film angucken. Das ist etwas anderes – da erfährt man was darüber, wie Kino ist.
Schanelec ist vielleicht jetzt deswegen ein schlechtes Beispiel, weil sie sehr deutlich raushängen läßt, dass sie am Publikum gar nicht interessiert ist, dass sie keinen Wert darauf legt, die Leute, die in Wortmann-Filme gehen, auch mal für etwas anderes zu interessieren.
Aber ich mag Christian Petzolds Filme. In Christian-Petzolds Filme muss man reingehen. Da kann man sich unter Umständen auch langweilen, oder denken: Das ist jetzt eine Form von Strenge, die ich gerade überhaupt nicht brauche. Aber es ist doch jedenfalls ein bestimmter Gewinn, die man darin hat.
Es gibt auch Leute, die finden Deine Filme geschmacklos. Da würde ich dann auch sagen: Ja kann ja sein. Was muss der da im Wohnzimmer kacken? Aber trotzdem: Guckt es Euch mal an. Das ist doch lustig.
Roehler: Aber das ist doch gar nicht so geschmacklos inszeniert. Das ist doch eigentlich eher als Comedy und lustig inszeniert. Du siehst ja nicht mal was. Alles, was drastisch ist, wurde doch im Gegenzug eigentlich unheimlich diskret behandelt. Von daher haben wir da sehr drauf geachtet. Ganz bewusst. Ich wollte da einfach keinen Trash reinkommen lassen….
artechock: Aber so bestimmte Extreme natürlich schon. Von extremen Gefühlen, extremen Lebenslagen: es gibt Sex, es gibt Mord, alles Mögliche
Roehler: Ja schon. Aber ich wollte eigentlich ganz normale Menschen in ganz normalen Berufs- und Arbeitssituationen zeigen. Nämlich die drei Brüder. Einer von ihnen fällt natürlich wieder aus dieser Normalität raus, der ist wieder etwas anderes. Aber die beiden anderen funktionieren eigentlich in unserer Gesellschaft. Du siehst sie – und Du kannst sie sofort einschätzen, Du weißt sofort, was für ein Typ das ist. Und dann bekommst du langsam mit, dass da eigentlich allerhand nicht stimmt. Das verfolge ich. Ich verfolge eigentlich im Prinzip das Martyrium von ganz normalen kleinen Helden innerhalb ihres Alltags.
Wie sie nicht klarkommen mit der Einsamkeit. Mit ihren Ängsten. Dass sie ihre Sehnsüchte nicht ausleben können. Dass irgendwann die Frage im Raum steht: Ist in meinem Leben überhaupt noch Liebe? Oder wie komme ich denn da überhaupt wieder raus, ohne dass ich aus dem Fenster springen muss? Wo gibt es einen Weg raus? Und da zeige ich auch ein bisschen, wie die Gesellschaft so funktioniert. Nämlich dass es Selbsthilfegruppen gibt, und dass man vielleicht sein Glück in der Pornofilmproduktion findet und nicht unbedingt da, wo man es erwartet.
Aber ich mache das dann immer mit so 'nem Tick „bigger than life“. Ich wollte nicht die Realität einfach abfilmen, oder in diesem Doku-Stil arbeiten, den viele benutzen. Weil der doch recht flach bleibt. Sondern die Hauptfiguren in meinem Film beobachten, das sind Beobachter. Wie im amerikanischen Kino. Das findest Du im deutschen Kino kaum. Du vollziehst als Zuschauer im Film nach, was sie sehen, Du siehst, was die beobachten.
artechock: Du beobachtest die Beobachter...
Roehler: Du beobachtest mit denen. Und Du siehst dann gleichzeitig auch: Die schätzen das völlig falsch ein, was sie da sehen: Scheiße, jetzt knallt der seinen Alten ab, oder was macht der als nächstes? Und dadurch entsteht im Film so 'ne Spannung, weil ich mit dem Bewusstsein der Figuren spiele, aber ganz konkret. Und das ist ja auch so neu an diesem Film gegenüber meinen anderen Filmen: Diese Beobachterhaltung, die meine Figuren einnehmen. Da war American Beauty für mich ein Schlüsselerlebnis. Das trage ich seit vier Jahren mit mir rum: Diese hypermodernen Figuren, diese hypertraurige und trotzdem schöne Poesie und der Witz, den der Film hat. Da habe ich mir gedacht: O.o.k, versuch doch mal mit Deinen Mitteln etwas zu machen, was dem irgendwie entspricht.
artechock: Dein Film ist ja in mancher Hinsicht ein bisschen schärfer. Analytischer. Tiefenstrukturen werden rausgearbeitet. Wenn beobachten nur heißt: Oberfläche sehen – dann bleibt er da nicht stehen, sondern geht darunter. Eine Farce, Gesellschaftsfarce, man kann auch Sittenbild sagen. Für mich hat der Film eine konsequente Ironie. Ich finde den Film nicht traurig und tragisch. Ich sehe ein starkes Satire-Element. Also eher noch Happiness als American Beauty, der ja auch etwas sehr pathetisches hat. Happiness ist schräger, hat noch eine Schärfe, die Agnes auch hat. Nur am Ende von Agnes ist das rausgenommen, da gibt es einen leichten Tick ins Moralisieren.
Aber Du meinst es ja wieder ironisch, wenn die am Ende sagen: »Wir gehen nach Bagdad.«
Roehler: Ja natürlich. Auf jeden Fall. Es sind viele Elemente von amerikanischen Filmen eingeflossen. Wenn der Sohn verschwindet, gibt es plötzlich klare Parallelen auch zum Eissturm: Die Einsamkeit der Ehe, aber man liebt sich trotzdem; man begreift, dass man im Begriff ist, das Wichtigste zu verlieren. Da mußss man zusammenhalten, man achtet auf den anderen, man ist hypersensibel. Das ist jetzt erst bewusstbewußt geworden, obwohl ich da sicher schon mal vorher darüber nachgedacht habe. Ich habe den Film x-mal vorher gesehen. Und dann fließen ganz viele Sachen davon ein, es hat ganz viel von diesen Elementen.
Das war es auch, warum ich den Film gemacht habe: Dass ich in Deutschland etwas erzähle, das allgemein in seiner Aussage ist. Denn die Realität ist letztlich überall in den westlichen Ländern die gleiche, nur die Wahrnehmung der Realität ist natürlich in Amerika viel mehr gesteigert, weil Du da natürlich viel tiefere soziale Abgründe hast und in anderer Hinsicht, auch moralische Abgründe, weil die Gesellschaft viel stärker auf Moral aufgebaut ist, als hier – und wenn sie dann gebrochen wird, dann ist die Katastrophe um so größer.
Ich wollte mit einer ganz geschärften filmischen Wahrnehmung an unsere deutsche Realität herangehen. Das war mir wichtig. Und da hab ich mich dann des Instrumentariums bedient, das amerikanische Filme uns zur Verfügung stellen. Ich finde: Das wird oft nicht genutzt. Wobei ich merke, wenn Schauspieler zu einer Hochform auflaufen, weil die Rolle das hergibt, wie hier beispielsweise Moritz Bleibtreu und Herbert Knaup, um die beiden mal zu nennen, die da für mich auch vorrangig zu nennen sind, dann bedienen die sich, genau so, wie ich mich daraus bediene, dann orientieren die sich an Vorbildern wie Jack Lemmon oder Kevin Spacey. Die machen sich das Handwerk auch zueigen.
artechock: Wenn Du an so einem Stoff arbeitest, was kommt da eigentlich am Anfang? Die Bilder oder die Geschichte? Wie wichtig ist zum Beispiel Literatur? Man kann an Updike denken, an Begley, das sind auch Sittengemälde…
Roehler: Wichtig, ganz wichtig. Da gibt es ein Dutzend Beispiele, an denen ich mich orientiert habe.
artechock:Etwa?
Roehler: Ich möchte gar nicht alle nennen. Denn an einem bin ich sogar relativ gefährlich dran. Obwohl es sich nachweisen lässt, dass ich es nicht kopiert habe. Ich will’s eigentlich nicht sagen.
artechock: Es ist ja offensichtlich, dass diese Familienstrukturen, die im Augenblick das große Thema der Literatur sind, auch in Deinem Film dominieren…
Roehler: Eben! Total! Aber für mich waren die Filme das A und O, eigentlich sind es diese drei Filme gewesen: Happiness, American Beauty und Eissturm, die mich am meisten beeinflusst haben.
artechock:Ist es dann so, dass Du ganz bestimmte Bilder im Kopf hast, von denen Du weißt: Die will ich im Film haben. Und dass Du dann um die herum in gewissem Sinn eine Geschichte baust?
Roehler: Nee, nein, so kann man’s nicht sagen. Das war vielfältiger. Mich haben schon im Prinzip drei Geschichten interessiert … es ist ja immer so: Du hast ja immer irgendwie ganz vieles, was Du »immer mal machen« willst, und dann nie machst, aus verschiedensten Gründen, weil Du’s verwirfst, weil Dir neue Sachen einfallen.
Da gehörte zum Beispiel In einem Jahr mit 13 Monden dazu, dieser alte Fassbinder-Film, der mich extrem beeindruckt hat. Eigentlich so ein Film, der in den tiefsten Kellerarchiven des deutschen Filmbewusstseins schlummert. Den kaum jemand gesehen hat, in dem Fassbinder selber Kamera gemacht hat, der fast nichts gekostet hat, der der Film ist, der am weitesten außen steht, quasi in der tiefsten Dunkelheit – mal pathetisch gesagt.
Das ist ein irrer Film. Ich hab' den im Kino mehrmals immer wieder über die Jahre gesehen. Das ist so ein Film, da fröstelt’s einen eigentlich permanent. Weil der aus einer Ecke des Bewusstseins agiert, die etwas vollkommen Unversöhnliches hat mit der Gesellschaft: Die Ausgestoßenen, die die wirklich am Abgrund sind. Und zwar ganz massiv. Und nur nachempfunden von jemandem, der selbst da ist.
artechock: Geht Dir das so, dass Du diese Form von Unversöhnlichkeit auch selber spürst, Du meinst sie zu haben?
Roehler: Ich bin auf der einen Seite ein Clown und auf der anderen Seite bin ich wahrscheinlich auch von so einer ganz tiefen Frustration bestimmt.
artechock: Der neue Film hat ja trotzdem etwas Gelassenes. Das heißt nicht, dass er nicht scharf wäre, dass er weichgespült wäre. Aber er ist zugleich relaxed.
Roehler: Absolut! Ich glaube, dass ich das auch mit einer großen Gelassenheit geschrieben habe. Um noch mal darauf zurückzukommen, wie so eine Geschichte entsteht: Das war so, dass sich an verschiedenen Punkten Interesse für bestimmte Geschichten herausgebildet hat. Und dass ich dann auf den Moment gewartet habe. Man ist da immer so ein bisschen unter Druck, wenn man merkt: Da brennt’s an verschiedenen Ecken und das ist alles irre interessant, und dann fragst Du Dich, wie man das zusammenbringt. Aber ich konstruiere das dann nicht. Ich kann’s eigentlich nicht konstruieren. Bei mir fängt der Motor irgendwo an zu arbeiten, und dann kommt eins zum anderen. Bei mir ist dann der Spaß am Fabulieren und am Erzählen vorrangig. Wenn ich merke, es geht mit so einer Figur wirklich weiter, dann setzt sich die aus ganz vielen Spektren zusammen. Aus eigenen Erfahrungen, aus Sachen, die ich toll fand, die ich gelesen habe. Und dann addiert sich eins zum anderen.
Wobei so eine Dreiergeschichte für mich eine schwere Aufgabe war, weil ich das noch nie gemacht habe. Ich habe davor gezittert, ob ich das hinkriege. Man bekommt dann auch mal die Panik und hat Angst, zu scheitern. Aber das ist auch ein gutes Zeichen, weil man merkt, dass man die Messlatte ziemlich hoch gelegt hat.
artechock: Woran genau zu scheitern?
Roehler: An der Konstruktion. Ob man die Konstruktion hinkriegt. Das war für mich wirklich etwas Neues. Die Geschichte ist komplexer als die anderen, die ich bisher erzählt habe. Und das hat dann auch viel mit Puzzlespiel und Denken zu tun: Wie krieg' ich jetzt das mit dem zusammen? Wann kann ich dies jetzt reinbringen? Das ist auch eine Denksportaufgabe gewesen, und da wusste ich nicht, ob ich die jetzt bewältige. Die Herangehensweise war sehr cineastischer Natur, basierte auf der Frage: Wie kann ich dass, was ich da verdaut habe, im Kino umsetzen, ohne dass ich jetzt billig kopiere oder abschreibe? Wie kriege ich das hin?
artechock: Du hast eben gesagt: »Bigger than life«. Ich erinnere mich auch daran, dass Du Dich einmal auch darüber mit Christian Petzold gestritten hast. Was ist das für Dich, »Bigger than life«?
Roehler: »Bigger than life« sind für mich erst mal die großen amerikanischen Filme.
artechock: Also es geht um Emotionen? Oder um Bilder?
Roehler: Es geht um vieles. Es geht zum einen darum, ein gesellschaftliches Panorama zu zeichnen. Ich meine wirklich ein Panorama. Wie in den Filmen von Stevens, Minelli oder Kazan. Wo sich innerhalb eines Films das Bild der Gesellschaft völlig verändert. Das war für mich auch der Anspruch, auch wenn der Film von der empfundenen Zeit her nur ein paar Wochen dauert.
Auf der anderen Seite ist es auch die Frage, wie Schauspieler in Szene
gesetzt werden, welche Auftritte Du ihnen gibst: Moritz in der Stabi. Wie kommt Herbert nach Hause? Er wird eingeführt durch das Auto, durch den Garten, den Hund – das sind alles Tricks des amerikanischen Kinos. Wie beschreibt man einen Alltag? Letztlich dann auch, wie die Schauspieler selbst an ihre Rollen herangehen. Nämlich, dass sie sich mit großen Vorbildern konfrontieren, dass sie sich wirklich Jack Lemmon in »Das Apartment« angucken, der Knaup Kevin Spacey studiert, sich
dann auch Trittin genau anguckt. Das fehlt mir so oft an deutschen Filmen. Das kann zum Beispiel Helmut Dietl auch auf eine ganz andere Art. Das war auch unser Anspruch.
artechock: Würdest Du sagen, dass das für Dich auch eine Aneignung des amerikanischen Kinos ist? Denn Deine anderen Filme erinnern an europäische, vor allem deutsche Filmtraditionen. Da würde man nicht sagen: Das erste, was einem einfällt, ist Hollywood…
Roehler: Nee wirklich nicht… [lacht] Überhaupt nicht, nee, das kann man wirklich nicht sagen. Aber ich habe mir dann gedacht: Ok, das sind doch die, die ich wirklich gut finde. Filme die so eine profunde Gesellschaftskritik, so eine leise Trauer, so einen leichten Hyperrealismus, so `ne Komik und Eloquenz haben. Das war mein Anspruch. Denn das gibt’s ja in Deutschland auch. Wir sind ja auch nicht wirklich blöder. Und in der
Literatur schon gar nicht – deutsche Gegenwartsliteratur ist sehr sehr gut. Beim Film hinkt man immer noch so ein bisschen nach, was die Filmsprache angeht. Ich merke aber langsam, wie sich das auch verflüchtigt, wie sich das auch ändert. Allerdings nicht durch diese „Berliner Schule“, sondern durch Filme wie Muxmäuschenstill. Wo Du denkst: So ein geiler Typ, wie schlau ist
der denn? Das ist ja super, etwas ganz neues, ein echter Quantensprung. Und dann gibt es immer wieder Beispiele von wirklich brillant gemachten Filmen. Ob Andreas Dresen oder Leander Haussmann. Tom Tykwer hat jetzt leider schon länger keinen gemacht.
Was gab’s denn noch? In Deutschland gibt’s eigentlich immer mehr, wo ich dann stutzig werde, und denke: Nicht schlecht. Was war davor? Lehmann… Viel mehr fällt mir jetzt auch nicht ein… [lacht]
artechock: Naja, es gibt natürlich auch die Versuche, dann auf 'ne andere Art Hollywoodkino zu machen, wie es sicher Sönke Wortmann tun will – was ihm meiner Meinung nach nicht gelingt. Aber da kann man sich ja streiten, genau wie über diese „Berliner Schule“.
Roehler: Den letzten Wortmann hab ich gar nicht gesehen…
artechock: …gar nicht gesehen? Das ist natürlich auch ein Urteil…
Roehler: Nein, den wollte ich nicht zum Starttermin sehen. Weil, wenn es heißt: »Der Bundeskanzler war drin«, dann sträubt sich bei mir irgendwas. Was aber nicht heißt, dass ich ihn mir nicht auf Video angucken werde.
artechock: Das reicht ja auch wahrscheinlich. Worüber wir in jedem Fall reden müssen, ist das von Dir schon genannte Stichwort 1968. Es ist klar: Die drei Brüder sind die Kinder von 1968, Vadim Glowna ist der 68er-Vater, der die Probleme seiner Kinder ja provoziert und produziert hat. Es ist klar, dass das eine völlig kaputte Familie ist, die unterschiedlich spoiled mit ihren Emotionen vom Vater sind. Das kann man auch ganz gut mit Deinen früheren Filmen, den Eltern-Kinder-Beziehungen, der Art, wie Du Dich an Deinen eigenen Eltern abgearbeitet hast, verbinden…
Roehler: Das kann man, ja.
artechock: Wie weit geht es Dir auch um grundsätzliche Statements zu 68 als einem Gesellschaftsphänomen? Wenn Du von Gesellschaftspanorama sprichst, wenn Du Der Eissturm anzitierst, der ja in gewissem Sinne konservative Kritik an den Hippies ist… Natürlich stellt sich da die Frage: Sind die eigentlich wirklich so schlimm? Ich hatte kein Problem mit 68er-Lehrern, insofern hatte ich auch kein Problem mit 68…
Roehler: Eltern?
artechock: Nein, auch eher konservativ…
Roehler: Sei froh!
artechock: Da denkt man: 68 war doch eigentlich ganz gut…
Roehler: Nein, ich glaube, dass die ihre Kinder total versaut haben. Ich glaube, dass die, die solche Eltern haben, so eine »lost generation« geworden sind. Auf eine unscheinbare Art. Nicht jetzt wie Jack Keruac oder Borroughs – obwohl auch so, wenn ich an meine eigenen 80er Jahre denke…
artechock: Nicht eher eine „lost generation“ wie F.Scott Fitzgerald? Saufen in Paris, Glamour? Die waren doch wie die Pop-Kinder heute. Und Du sitzt dann auch mit schönen Frauen in der Berliner Paris-Bar… Das ist doch auch ein Fitzgerald-Leben.
Roehler: Ich? [lacht]
artechock: Ja, schon mal irgendwann…
Roehler: Jaa [lacht]. Aber ich… Stimmt, ja, die gibt’s auch, die anderen, die saufen und mit schönen Frauen… Stuckrad-Barre und wie sie alle heißen, die gibt’s auch noch. Die, äh… die sind aber…
artechock: Jetzt hab ich Dich aus dem Konzept gebracht?
Roehler: Nein, eigentlich nicht, das ist interessant. Das hat eher zum Nachdenken angeregt. … Weil, äh … Ja, aber ich meine…
artechock: Die Glamour-Fraktion. Es gibt die „Berliner Schule“ und die Glamour-Fraktion mit ihrem „bigger than life“. Das sind beides die Kinder von 68. Christian Petzold ist auch spoiled von ‘68 in gewissem Sinn. Darum macht er das, was er macht.
Roehler: Ja, das ist richtig.
artechock: Da kommt ja auch dabei etwas raus. Ihr seid ja genau die Leute und die Generation, die gescheites Kino macht. Das ist ja nicht Doris Dörrie.
Roehler: Nee. Ja, das stimmt schon. Da hat sich schon etwas entwickelt, wenn man es mal genauer analysiert. Wobei die untereinander eigentlich verfeindet sind. Eigentlich kann keiner den anderen leiden, jeder verachtet den anderen. Das ist so eine schräge Nummer. Und dann gibt es die aus dem Osten, die gibt’s auch noch…
artechock: Stimmt, die gibt’s auch noch. Aber die können ja auch nicht durch die 68er ruiniert worden sein.
Roehler: Aah… Nicht wirklich, das stimmt.
artechock: Ich glaube, dass zum Beispiel einem, wie dem SZ-Filmkritiker Rainer Gansera Dein Film deswegen so gut gefällt, weil er selber Teil dieser Generation ist, und da etwas an sich selber abarbeitet.
Roehler: Ja, das stimmt schon. Aber da gibt es viele Animositäten, und eigentlich Feindschaften unter den deutschen Filmemachern, die sogar relativ tief gehen. Oder Verachtung, die wirklich tief geht, weil die so an die Grundfeste der jeweiligen Ideale rührt.
Deswegen – schade, dass ich da zu keiner Schule gehöre. Ich gehöre zur Lost-Generation-Schule, wahrscheinlich. … Ich bin so ein Internatsschüler. Ich würde
mich zu den »Internen« des Internat zählen, die eigentlich nur Scheiße gebaut haben, nur Terror gemacht haben, und nachts ging’s dann irgendwie weiter.
Ich kann mich noch entsinnen, wie ich irgendwann mit 12 bei meinen Großeltern – die mich gnädigerweise aufgenommen haben, weil meine relativ kaputten Eltern eben irgendwie nie Zeit für mich hatten und mich da völlig verwahrlosen ließen – wie ich da irgendwann mal auf dem Giebel der Villa stand und runtergebrüllt habe: »Hier lebt ein Kapitalistenschwein – Free Angela Davis!« [lacht].
Und meine Großeltern standen unten, mit Keulen bewaffnet, und ich dachte, die müssen mich jetzt wirklich töten. Kurz darauf bin ich dann ins Internat gekommen, wo erst der eigentliche Terror losging. Wo wir alle völlig fertige, biertrinkende Pausenclowns waren und in der 7ten, 8ten Klasse die Schule komplett auf den Kopf gestellt haben. Darüber mach' ich auch mal 'nen Film, das wird wirklich lustig. Das war Krieg total.
Meine Haltung gegenüber der Gesellschaft ist schon von einer gewissen Schadenfreude daran bestimmt, Leute bei ihren Fehltritten zu beobachten, und zu sagen: Es ist alles so bitter, aber nehmt’s nicht so ernst. Weil es sonst wirklich trist wäre. Und trist soll es nicht sein. Bitter ist wirklich in Ordnung.
artechock: Diese Tristesse, dieses Bleierne ist es doch, was man in Deutschland im Augenblick allgemein merkt. Schon wenn man wiederkommt, am Flughafen: Wie die drauf sind. Also fragen wir’s mal so: Ist Dein Film ein Kommentar zur Krise?
Roehler: Ja, das ist ein Kommentar zur Krise. Das ist eine Pille, die, je nachdem, wo man draufbeißt, schmecken kann, wie eine ganz teure süße Mozartkugel, oder wie ein ganz bitteres Medikament, oder eine saure Brause. Es ist von allem etwas drin, was das Leben zu bieten hat.
artechock: Aber keine graue Krise?
Roehler: Nein, nein. Wenn ich an den Film zurückdenke, dann ist das Bild oder die Erinnerung die von einem Jahrhundertsommer, den wir im Garten verbracht haben, bis wir braun-rot im Gesicht waren. Mit Sonnenbrand – toll! Wie diese langen Ferientage, die wir in der Kindheit, wo richtig viel gespielt wurde.
artechock: Ist das Gras im Film eigentlich echt?
Roehler: Nee, das Gras ist nicht echt. Das hätten wir nicht anbauen dürfen.
artechock: Und der nackte Hintern von Katja Riemann?
Roehler: Double. Body-Double.
artechock: Diese Verspießerung, die Du beschreibst, hat die eigentlich auch was positives? Weil ich ja diese allgemeinübliche Kritik an Joschka Fischer – er habe seine alten Ideale verraten, sei jetzt der böse Kriegstreiber – ein bisschen billig finde. Man muss deswegen nicht für alle diese Kriege sein, aber ich finde es als Kritik billig.
Roehler: Ich wollte schon jemanden zeigen, der ziemlich aus dem Ruder gelaufen ist. Und der durch einen Wink des Schicksals darauf gestoßen wird, was er eigentlich für ein Arschloch ist. Indem er merkt, jetzt gilt es Prioritäten zu setzen. Aber ich finde die Strukturen, die der Knaup-Charakter sich da aufgebaut hat, in keiner Weise zu rechtfertigen. Wobei ich auch ganz abgesehen von der Figur der Meinung bin: Ein gewisser
Wertkonservatismus könnte eigentlich niemandem schaden.
Ich glaube, das ist auch eine allgemeine Tendenz, dass man versucht, sich zu besinnen.
artechock: Das ist aber doch auch nur ein Krisenphänomen: In dem Moment, wo die Leute keine Utopien mehr haben, keine Träume mehr haben, da besinnt man sich auf das Alte.
Zum Beispiel ist ja einer dieser aktuellen Bestseller dieses „Manieren“-Buch. Das ausgerechnet auch noch von 'nem Afrikaner, einem äthiopischen Prinzen geschrieben wurde. Man weiß nicht so genau, ob er nicht einen Ghostwriter hatte.
Aber egal – dass dies ein Bestseller wurde! Das paßt genau dazu. Die finden das so toll: »Die jungen Menschen wollen wieder Manieren lernen.« Viele verlockt diese Idee: Wir kommen wieder zur „guten alten Zeit“. Irgendwann sind wir wieder im 19. Jahrhundert. Aber das läuft ja nicht. Das ist ja Quatsch. Die Scheidungsraten steigen trotzdem.
Roehler: Das ist natürlich wahnsinnig verblendet. Auch wenn Du diese jungen Paare auf der Straße siehst, und denkst: Mann, was für nen fucking… Was leben die denn da? In was für 'ner Lebenslüge leben die denn jetzt da? Wobei es ist ja keine Lebenslüge – das kann man so nicht sagen.
artechock: Es gibt nützliche Lebenslügen. Oder funktionierende Lebenslügen. Vielleicht ist auch Liebe immer eine Lebenslüge. Man macht sich da was vor, und das ist auch gut so.
Roehler: Man macht sich da was vor, und das ist auch gut so – genau so würde ich’s auch ausdrücken.
artechock: Aber dieser Lebensstil, der dann dazugehört, diese ganze Objekt-Ausstattung, die dann dazugehört, die Ausstattung der Räume, der Autos, des eigenen Lebens – und genau so »trägt« man auch Werte. Das sind im Grunde auch nur Dinge, die man jetzt wieder kauft und anzieht. Das kommt in Mode. Aber es hat keine Substanz.
Roehler: Nein, denn die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt. Und Du kannst vieles nicht rückgängig machen, willst Du auch nicht.
Aber es gibt natürlich immer einen Generationenkonflikt. Und den gibt es jetzt auch zwischen den Leuten, die jetzt 40 sind und denen, die jetzt Anfang 20 sind. Der ist auch für mich spürbar. Weil die Ideen vom Leben ganz andere sind.
artechock: Hast Du das Gefühl, dass die, die jetzt Anfang 20 sind, glatter, in gewissem Sinn gerissener sind, oder dass die eher wieder neue Utopien entwickeln?
Roehler: Ich glaube, die haben ein Revolutionspotential, dass sie nicht ausleben können, das Potential für eine Revolte. Weil ihnen die Gesellschaft nicht genug gibt. Dafür, dass sie so weit entwickelt sind, und sie eigentlich so viel machen könnten, steht ihnen eigentlich viel zu wenig bereit. Das ist ganz deutlich spürbar. So eine Verzweiflung. Dass aus diesem Trotz oder dieser arroganten Abwehrhaltung eine starke innere Revolte entsteht – gegen dieses ganze Arschlochtum und die Dummheit der Älteren, die es nicht geschafft haben, ihnen gute Bedingungen zu schaffen. Das spüre ich schon.
artechock: Siehst Du im deutschen Kino einen, der das zum Ausdruck bringt?
Roehler: Muxmäuschenstill. Ganz klar.
artechock: Also der nächste Film muss dann von der Revolte handeln.
Roehler: Nicht von mir, das muss der Stahlberg machen.