Deutschland/F/China 2009 · 134 min. · FSK: ab 12 Regie: Florian Gallenberger Drehbuch: Florian Gallenberger Kamera: Jürgen Jürges Darsteller: Ulrich Tukur, Daniel Brühl, Steve Buscemi, Anne Consigny, Dagmar Manzel u.a. |
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Heldentum im Mantel der Geschichte |
Darf man das? Nach einem zweistündigen Film, in dem man sieht, wie Dutzende von Frauen vergewaltigt werden, Hunderte ermordet und Tausende von Menschen in den sicheren Tod gehen, darf man dann sagen können: »Mei, schon schrecklich – aber ein schöner Film«?
Die Antwort auf diese Frage entscheidet, was von John Rabe zu halten ist. Denn Florian Gallenbergers zweiter Spielfilm, ausgehend von tatsächlichen Ereignissen rund um das »Massaker von Nanking«,
dem größten Skandalon inmitten des japanischen Überfalls auf China im Winter 1937/38, ist »ein schöner Film«, jedenfalls in einem gewissen Sinn, etwa in dem gleichen, indem auch Pearl Harbour von Michael Bay 2001 ein schöner Film war: Eine Geschichte vom Überleben der Einzelnen inmitten des Sterbens der Massen, erzählt als technisch gelungenes, solide inszeniertes Spektakelkino, dessen Bilder angesichts des – für Hollywood-Maßstäbe – bescheidenen
Etats von 18 Millionen Euro, anständig aussehen, mit viel Effekten und solide inszenierten Massenszenen. Er hat mit Ulrich Tukur einen charismatischen Darsteller, der überzeugend auch schwierigere Klippen seiner Rolle meistert, der einen bis zur letzten Minute in Bann zieht. Auch die weiteren Rollen sind mit Steve Buscemi, Anne Consigny, Daniel Brühl, Zhang Jingchu und Dagmar Manzel durchweg interessant und qualitativ gut besetzt.
Die Wirklichkeit ist manchmal so frech und dreist, wie es die Erfindung eines Drehbuchautors nie sein dürfte. Da wird die Hakenkreuzflagge, Symbol von Massenmord und unmenschlichen Verbrechen für einen kurzen Augenblick der Geschichte zum Hilfsmittel des Überlebens. Im November 1937 war das, als die Japaner China eroberten und Nanking, die alte Kaiserstadt und Hauptstadt unter Tschiang Kai-shek, bombardierten. Da baute der Deutsche John Rabe, der Leiter der dortigen Siemens-Niederlassung, auf dem Werksgelände einen behelfsmäßigen Unterstand für seine Arbeiter, und spannte darüber das Banner mit dem Nazi-Symbol, seinerzeit die deutsche Nationalflagge. Tatsächlich drehten die Bomber ab, die Menschen waren zumindest fürs Erste gerettet.
Dies ist der Schlüsselmoment dieses Films, das Bild, in dem sich seine ganze Ambivalenz verdichtet. Denn auch wenn dieser irritierende Moment historisch verbürgt ist, bedeutet das nicht, dass man ihn deshalb leichten Herzens zeigen kann, auf Breitwandformat in satten Farben und mit all den Zutaten des historischen Ausstattungskinos versehen. Denn auch die Taten des John Rabe, so heroisch sie gewesen sein mögen, erzählen vom Überleben inmitten des großen Sterbens, sie bleiben marginale Glücksmomente im riesigen Unglück. Diese Verhältnismäßigkeit muss bei solchen Geschichten mit erzählt werden, nicht nur aus moralischen, sondern auch aus ästhetischen Gründen, gerade dann, wenn die Wirklichkeit selbst es ist, die ein Kitsch-Drehbuch schreibt. Sonst gerät das Ergebnis zu Kitsch-Predigt und Ideologie.
Steven Spielberg hat das ganz genau gewusst, als er die wahre Geschichte von Oskar Schindler erzählte. Darum hat er in Schindlers Liste auf viele der auch von ihm sonst gern verwendeten Stilmittel verzichtet, und bewusst manche Greuel auch außerhalb der Gaskammern nicht gezeigt, sondern dezent den Blick abgewandt, und den Rest der Vorstellungskraft seines Publikums überlassen. Schade, dass nicht auch Gallenberger seinem Publikum mehr vertraut.
Wir müssen uns John Rabe als widersprüchlichen Menschen vorstellen. Gerade das macht ihn zu einer interessanten Kinofigur. Er verband die Gewitztheit und den Einfallsreichtum eines Hamburger Kaufmanns, mit dem Opportunismus dessen, der vor allem NSDAP-Mitglied geworden war, weil es seiner Position zuträglich war, der naiven Führerglauben und die ehrliche Überzeugung, dass die Nachrichten, in denen er Hitler persönlich in Berlin über die Bestialitäten seiner Bundesgenossen
informierte, tatsächlich zu politischem Eingreifen führen würden, mit unmittelbarer Humanität und einer erstaunlichen Standfestigkeit im Angesicht seiner japanischen Gegenspieler verband, mit denen er nach Einnahme der Stadt als Leiter einer internationale Sicherheitszone über Wochen täglich zu tun hatte.
Nach der Eroberung Nankings begann ein wochenlanges Morden, Foltern und Vergewaltigen, ein Gemetzel, dem fast die Hälfte der in der Stadt verbliebenen Chinesen zum
Opfer fiel. Die andere Hälfte, rund 200.000 Menschen überlebten in der Zone – und bis heute wird John Rabe in China dafür als »lebender Buddha«, als beispielhafter Retter verehrt. In Deutschland ist er dagegen vergessen, seine Tagebücher, ein detaillierter Augenzeugenbericht des Massakers von Nanking, wurden erst 1997 fast 50 Jahre nach Rabes Tod, veröffentlicht. Natürlich war Rabe kein Schindler, wie ihn manche jetzt nennen, weil er kein Mitglied der Täternation war, und
auch nicht, dafür muss man nur mal die jetzt wieder erschienenen hochinteressanten Tagebücher lesen, in gleicher Weise wie Schindler sein Leben riskierte. Trotzdem ist es gut, dass dieser wahnwitzige Stoff jetzt erzählt wird, und wenn Florian Gallenbergers Film immerhin einen Verdienst hat, so den, dass nun jeder weiß, wer dieser John Rabe war. Und vielleicht ist das auch schon genug für 18 Millionen Euro Produktionsbudget, erst recht verglichen mit den anderen Summen, die gerade
so ausgegeben werden.
Nun macht eine gute Geschichte aber noch lange keinen guten Film, das haben schon andere schmerzlich erfahren müssen, wenn die Ideen fehlen, oder wenn der Kopf des Regisseurs so voll von den schon reichlich vorhandenen und abgegriffenen Bildern des industriellen Geschichtskinos. Man müsste so einen Stoff mit Samthandschuhen anfassen, und vorsichtig seine ganze Widersprüchlichkeit entfalten, die Irritation nützen, um von den anderen historischen Irritationen zu erzählen.
Dazu fehlt Gallenberger aber der Mut. Dass der Film sich selbst nicht über den Weg traut, zeigt schon das Drehbuch, das an einigen bezeichnenden Stellen von der Wirklichkeit abweicht: Weil es offenbar in Nanking seinerzeit keine richtigen Nazis gab, dafür einen »halbjüdischen« Angestellten der deutschen Botschaft, hat man gleich noch einen richtig schlimmen Nazi hinzuerfunden, auf den dann alles Böse, aller Fanatismus und Rassismus projeziert werden kann. Denn dass die allermeisten Nazis keine guten Rabes waren, sondern Mörder und Rassisten, muss man natürlich auch Gallenberger nicht erklären – das Problem ist, dass er glaubt, dass er es seinem Publikum erklären muss. Solche Skrupel belasten den Film. Gallenberger glaubt auch seiner Hauptfigur und seinem Humanismus selber nicht, darum lässt er ihn die Ermordung seiner Frau durch Japaner annehmen, weil der Film-Rabe offenbar noch eine zusätzliche »Motivation« – durch Hass und Zukunftslosigkeit durch Geliebtenverlust, offenbar modernen Menschen ein verständlicheres Motiv – haben soll, als wäre es nicht motivierend genug, Hunderttausende vor Tod und Vergewaltigung zu retten. Der historische Rabe war aber gerade dadurch viel heldenhafter, dass er die Sache der Menschlichkeit über sein privates Glück stellte, dass er vor Ort blieb, obwohl ihn zuhause Weib und Kind erwarteten. Gegen soviel Klarheit kann dann auch ein noch so grandioser Ulrich Tukur nicht anspielen.
Hinzu kommt, dass all dies Gallenberger und seinen Produzenten aber offenbar immer noch nicht genug Melodram war, also hat man dem armen Botschaftsangestellten und einer fast-vergewaltigten Chinesin auch noch eine chinesisch-deutsch-jüdische Liebesgeschichte hinzugepappt.
Hinzu kommt ferne die völlige Ignoranz des Films für die Chinesen selbst – um die es schließlich gehen müsste: Nur als Massen kommen sie vor, die eine Frau, die man näher kennenlernt (s.o.), ist
wiederum die reine Filmerfindung, der Rest redet kurze Kindersätze in einem Pseudo-Akzent, der nur an den »Bonanza«-Koch Hop Sing erinnert, nicht an richtige Chinesen.
Alle diese Zutaten ergeben einen allzu glatten Film, der sich gerade für das Interessante, die Widersprüchlichkeit des Lebens, kaum interessiert, stattdessen ein eindimensionales Heldengemälde zeigt, dem man immer glaubt, eine geschichtspolitische Absicht anzumerken.
Derartige unnötige Verbiegungen der Fakten und Herz-Schmerz-Elemente sind das eine. Hinzu kommt, und das wiegt noch schwerer, dass Gallenberger einfach kein besonders guter Filmemacher ist, mag er auch einen Oscar mit dem Kurzfilm Quiero Ser gewonnen haben. Zu sehr schimmert immer ein Element von Berechnung durch seine Filme. So reproduziert der den sexistischen Blick der japanischen Vergewaltiger, indem er allen Ernstes eine Szene im Film hat, in der sich ein gutes Dutzend Chinesinnen von einem Japaner nackt ausziehen muss. Das könnte man, wenn es denn unbedingt sein soll, einigermaßen dezent hinter sich bringen – aber nein: Gallenberger zeigt nacktes Fleisch und primäre Geschlechtsteile, und wiederholt damit gewissermaßen auf kaum noch metaphorischer Ebene (und schon das wäre zuviel), was die Täter den Opfern antaten. Auch verzichtet der Regisseur nicht wie Spielberg auf die Obszönität, das Morden rückblickend filmisch nachzustellen. Im mild vernebelten Wintersonnenaufgang ästhetisiert er dagegen gerade das, was nicht ästhetisierbar ist.
Jürgen Jürges' Kamera ist überhaupt ein gewisser Zwiespalt anzumerken: Einerseits sucht er spürbar die »großen«, eindrucksvollen Bilder für das Breitwandformat der Kinoleinwand, sucht eindrückliche Momente und findet sie auch hier und da. Und so schwurbelt die Kamera ein ums andere Mal pathetisch über fein arrangierte Kulissen und Statistenhundertschaften. Aber immer wieder muss Jürges »herunterfahren«, das Bild eindämmen auf die Enge des Fernseh-Schirms, wo der vom ZDF co-finanzierte Film recht bald in einer ausgedehnteren Version als Zweiteiler zu sehen sein wird. Fernsehgerecht ist zudem schon im Kino der Bildschnitt von Hansjörg Weissbrich: In gleichmäßigem Hin und Her zeigt er bei Dialogen immer den Sprecher, wechselt selten den Rhythmus – typische Fernsehästhetik des einfachst Konsumierbaren.
Gleichermaßen aus Fernsehen und Kino kennt man die Unsitte eines Musikgebrauchs, der nicht nur permanent und viel zu laut ist, sondern auch immer exakt den Eindruck noch einmal tonal verdoppelt, den der Zuschauer sowieso bereits durchs Bild bekommt: Eine ununterbrochene Klangsoße gießt sich in diesem Fall über den Film, lässt dem Zuschauer nie die Freiheit dazu, selbstständig zu fühlen und zu empfinden. Die oft einfach nur unerträgliche Musik von Annette Focks, deren permanentes Stimmungsmachen schon Krabat immens schadete, soll die Publikumsgefühle immer aufs Eindimensionalste heruntermanipulieren, und ist einer der größten Minuspunkte von John Rabe.
Da ist sie wieder, diese merkwürdige, fehlgeleitete Idee vom »großen« Kino, die in den letzten Jahren in immer mehr deutschen Filmemacherhirnen herumspukt – als ob es schon groß wäre, wenn nur genug Statisten auf der Leinwand herumlaufen – und sich leider immer wieder im gleichen Typus von Historienfilm auslebt. Doch in seinen kleinen, ungebrochenen, sauberen Bildern, im Fehlen aller Brüche und Überraschungen ist dies alles dann trotzdem stilistisch näher an schlechtem Fernsehen, als an dem, was man gern auf der Kinoleinwand sähe.
Es gab sie, die guten Deutschen. Obwohl in der Partei, sind sie im Grunde ihres Herzens Menschen geblieben und haben anderen geholfen. Das haben wir gelernt in Filmen wie Operation Walküre, Rosenstraße oder Schindlers Liste. John Rabe war auch einer von ihnen. Ein deutscher Held in China. Als Direktor der Siemens-Niederlassung hat er im Dezember 1937 rund 250 000 Menschen in der damaligen chinesischen Hauptstadt Nanking vor dem Angriff der japanischen Armee gerettet. Eine wahre Geschichte und Grundlage für Florian Gallenbergers neuen Film John Rabe.
Wahre Geschichten bergen große Gefühle und befriedigen die Sehnsucht nach Authentizität. Mit Pathos und großen Kulissen erzählt Gallenberger das Drama von Nanking: Kriegsszenen, Liebesgeschichten und grausame Schicksale machen den Film zu einem echten Heldenepos. Im Zentrum ist John Rabe (Ulrich Tukur), der nach fast 30 Jahren in China, kurz vor seiner Rückkehr nach Berlin steht. Sein Nachfolger bei Siemens, ein aufrechter Nazi, ist bereits angereist. Doch noch während seines
Abschiedsbanketts wird Nanking von japanischen Fliegern bombardiert. John Rabe öffnet die Tore des Firmengeländes, um seinen hilflosen Arbeitern und ihren Familien Schutz zu bieten unter einer riesigen Hakenkreuzfahne. In den folgenden Tagen organisiert er gemeinsam mit dem deutsch-jüdischen Diplomaten Dr. Rosen (Daniel Brühl), dem englischen Arzt Dr. Wilson (Steve Buscemi) und der französischen Mädchenschulrektorin Dupres (Anne Consigny) die Errichtung einer neutral
verwalteten Sicherheitszone, in die sich hunderttausende Zivilisten flüchten. Der Kampf der japanischen Armee gegen die chinesische Hauptstadt geht jedoch weiter. Rabe und seine Mitstreiter werden mit der Brutalität des Krieges konfrontiert. Jeden Tag müssen sie neue Herausforderungen bewältigen, Reisvorräte in die Sicherheitszone schaffen,
Verwundete versorgen, Frauen vor Vergewaltigungen beschützen und chinesische Soldaten verstecken. Soweit die Geschichte.
Seinen Anspruch auf Authentizität – »eine wahre Geschichte« – unterstreicht Gallenberger durch die Verwendung von Archivmaterial, das immer wieder in die brutalen Kriegsszenen hineingeschnitten ist. Fast unmerklich schwenkt die Kamera von den historischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen zurück in den Spielfilm. Mit dieser Vermischung von dokumentarischem und fiktionalem Material liegt Gallenberger voll im Trend der Zeit. Auch Gus van Sants Milk macht sich diese Methode zueigen. Und auch Gomorra und Die Klasse beziehen ihre Kraft aus dem Spiel mit der Wirklichkeit. Dokumentationen wiederum greifen vermehrt auf Reenactment und Inszenierung zurück oder verwenden ursprünglich fiktionale Stilelemente als Ausdrucksform, wie der animierte Dokumentarfilm Waltz With Bashir. Fiktion und Dokumentation rücken enger zusammen, ihren Grenzen verwischen zunehmend.
Die Strukturierung des Films durch Sequenzen aus John Rabes Tagebuch, die aus dem Off vorgelesen werden, erwecken ebenfalls Assoziationen zum Dokumentarfilm. In altmodischem Deutsch erhält der Zuschauer Einblick in die Gedankenwelt des Protagonisten, »so öffne ich beide Tore und lass herein, was herein will.« John Rabe erscheint dabei nicht als Übermensch. Seine Besserwisserei gegenüber seiner Frau und seinen Angestellten sowie seine teils rassistischen Sprüche (»Die Chinesen sind wie Kinder, die muss man erziehen«) lassen eine Persönlichkeit mit Kanten und Schwächen entstehen, die Ulrich Tukur mit seinem Spiel einfühlsam zu füllen vermag (Tukur ist mit John Rabe für den Deutschen Filmpreis nominiert). Erst gegen Ende des Films gerät Rabes aufopferungsvolles Heldentum ein wenig zu glatt. Dagmar Manzel bleibt als Rabes Ehefrau Dora blass. Ihre Rolle ist allerdings ein wenig undankbar, Rabes Engagement für den Schutz der chinesischen Zivilbevölkerung entfaltet sich erst in vollem Ausmaß, nachdem er seine Frau auf ein Schiff verabschiedet hat, das wenige Momente später unter dem japanischen Bombenhagel in Flammen aufgeht. Trotzdem bleibt die Liebesgeschichte der beiden
präsent. Rabes Gegenspieler, Steve Buscemi in seiner Rolle als englischer Arzt Dr. Wilson, verleiht dem Film eine gewisse komische Note. Seine zynischen Kommentare zur feierlichen Verabschiedung Rabes »Ist das nicht fantastisch, ein korrupter chinesischer General ehrt einen Nazi« oder seiner zunächst zögerlichen Haltung zur Sicherheitszone »Na wunderbar, unser großer Held macht sich in die Hosen«, vermögen die ernste Thematik aufzulockern. Leider gelingt das nicht immer. Als Rabe und Wilson sich eines Nachts gemeinsam betrinken und »Hitler has only got one ball« anstimmen, ist die Szenerie eher grotesk denn erheiternd. Buscemi im blutverschmierten weißen Hemd dabei zuzusehen, wie er die Ausländergemeinde zur Teatime provoziert, hat jedoch einen gewissen Charme. Seine sanftmütige Frau gibt Anne Consigny, die wir aus Schmetterling und Taucherglocke und Die Frau des Leuchtturmwärters kennen. Als Rektorin eines Internats für chinesische Mädchen ist sie vermittelnde Instanz zwischen ihrem aufgebrachtem Mann, der in Rabe vor allem einen Deutschen und damit einen Nazi sieht und Rabe selbst, zu dem sie eine tiefe Zuneigung empfindet. Daniel Brühl ist der Vierte im Bunde. Als jüdischer Diplomat bemüht er sich um einen Dialog mit den Japanern, wirkt jedoch ein wenig knabenhaft in seiner Rolle.
So sind Geschichte wie Besetzung ein wahrhaft internationales Projekt. Die Hauptdarsteller stammen aus Deutschland, Frankreich und den USA, der Film wurde in fünf verschiedenen Sprachen gedreht, in Deutsch, Englisch, Mandarin, Kantonesisch und Japanisch. Die Handlung springt buchstäblich zwischen den Fronten hin und her. Die Japaner sehen wir meist im kaiserlichen Beratungszelt auf dem Felde oder bei der brutalen Exekution chinesischer Kriegsgefangener. Vor drastischen Szenen schreckt der Film nicht zurück, es wird geschossen, gemordet und vergewaltigt. Die Bilder sind manchmal beeindruckend, die Musik meist dramatisch und die Leichenberge türmen sich. Das internationale Komitee unter Rabes Leitung arbeitet mit emsigem Idealismus für den Schutz der Zivilbevölkerung. Finale furioso des Actiondramas ist John Rabes Abreise, nachdem Nanking von den Japanern eingenommen und dank der errichteten Sicherheitszone viele Leben gerettet werden konnten. Als Held des Volkes bahnt sich Rabe den Weg zum Pier, wo ihn seine verschollen geglaubte Frau Dora in die Arme schließt, während die Menschenmassen »Rabe, Rabe, Rabe« skandieren.
Trotz hochkarätiger Schauspieler und imposanter Massenszenen vermag John Rabe nicht recht zu überzeugen. Zu viel Pathos, zu viel Gutmenschentum. Man kann dem Film zugute halten, dass er den Blick öffnet für eine globale Betrachtung der Auswirkungen totalitärer Regime, die in der europäischen Öffentlichkeit oftmals zu kurz kommt. Gleichzeitig ist es jedoch fraglich, ob Deutschland ein weiteres Heldenepos zur nationalsozialistischen Vergangenheit braucht. »Der gute Deutsche von Nanking«, so heißen John Rabes Tagebücher, die Gallenberger als Inspiration für sein Drehbuch dienten. Vor lauter guten Deutschen scheint der Blick manchmal verstellt auf die Banalität des Bösen.