Venedig, oder wie wir lernen die Italiener zu lieben |
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Why Don’t You Play in Hell? – Souverän | ||
(Foto: Drafthouse Films) |
Wir müssen alle Italiener werden. Natürlich, es stimmt schon, gerade wir hier schimpfen immer wieder gern auf die Italiener, auf das Chaos, auf die bella figura, hinter der dann nichts mehr ist, oder nur ein stinkender Haufen. Aber wenn man aus Deutschland, dem allzu perfekten, allzu kontrollierten, allzu mit sich selbst zufriedenen Land hier ankommt, ist Italien angenehm entspannt und angenehm. Oder will man sein Leben lang von einer Nanny Merkel »regiert« werden? Die Deutschen
werden erst noch lernen müssen, was die Italiener schon wissen: Von Ordnung ist wenig zu hoffen außer Ordnung, und im Chaos kann man sich besser verstecken. »Lern unerkannt gehen« hat der Münchner Hans Magnus Enzensberger 1957 geschrieben in seinem Lesebuch für die Oberstufe: »lern unerkannt gehen, lern mehr als ich: das viertel wechseln, den paß, das gesicht. versteh dich auf den kleinen verrat, die tägliche schmutzige rettung. nützlich sind die enzykliken zum feueranzünden, die
manifeste: butter einzuwickeln und salz für die wehrlosen, wut und geduld sind nötig, in die lungen der macht zu blasen den feinen tödlichen staub, gemahlen von denen, die viel gelernt haben, die genau sind, von dir.«
Im Grunde handelt dieser Text von Italien, dem Land in dem die Erwartung, dass die Dinge nicht funktionieren, ein St ück Hoffnung bedeutet.
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Man sollte die Verhältnisse hier allerdings natürlich auch nicht verklären. Die Radio-Servicestation der RAI spart in diesem Jahr ihre besten Leute ein, Eleonora und der Techniker Marco fehlen. Wer wie ich mitunter Beiträge »bauen« muss, hat mit der Technik zu kämpfen, denn als Autor macht man das zuhause eigentlich nicht – hier lerne ich also im Schnellkurs das Schneiden von O-Tönen.
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Erstes Screening, und schon verspätet. Der 3-D-Film Gravity. 3-D überfordert vorbereitungsmäßig offenbar die Italiener, und sie lassen ihre Gäste 45 Minuten draußen in der Hitze brüten, erst fünf Minuten nach dem vorgesehenen Start werden die Leute reingelassen. So wird es weitergehen. Während man in Cannes im Kino sitzend warten darf, und dabei lesen und schreiben oder auch dösen
kann, muss man in Venedig vor dem Kino stehen.
Der Raum der Pressekonferenzen hat eine Treppe bekommen, damit man von allen Plätzen aus gut sehen kann. Guter Einfall. Jetzt sieht er aus wie ein Amphitheater, das passt ganz gut.
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Venedig kann sehr nass sein. Gerade heute, am zweiten Tag regnet es gehörig. Danach aber bricht wieder die Sonne aus.
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»Bertolucci – der hat noch so ein Strahlen.« freut sich Carlos, der den Jurypräsidenten bei der Variety-Party gesehen und kurz für »kino kino« interviewt hat. Etwas später wird er Edgar Reitz mit Marc Aurel vergleichen, drunter geht’s offenbar nicht. Wenn er das sagt, hat auch Carlos so ein Strahlen.
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Dieser Film hätte das Festival eröffnen sollen, und bestätigt gleich zu Beginn unseren Verdacht, dass die Entdeckungen in diesem Jahr nicht im Wettbewerb gemacht werden, sondern in den Nebenreihen. Sono Sions Why don’t you play in hell? ist erschütternd in jeder Hinsicht. Er erschüttert unsere Erwartungen, unsere Geschmacksvorstellungen, er erschüttert unsere Abgestumpftheit – eine leidenschaftliche blutige Achterbahnfahrt.
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Der Japaner Sono Sion hat sich vor Jahren mit Love Exposure ein für alle Mal in unsere Herzen eingeschrieben. Ein paar Ähnlichkeiten zwischen diesem neuen und jenem gibt es. Why don’t you play in hell? ist rasend schnell, ungemein souverän, aufwühlend, blutdurstig, wie seit Quentin Tarantinos Kill Bill – Volume 1, also seit zehn Jahren, kein ernstzunehmender Film mehr. Dieser Autorenfilm im Gewand eines B-Movie ist ein Verschnitt aus Yakuza- und Film-im-Film-Film, Liebesdrama und Pop-Parodie. er nimmt sich nicht ernst, und macht gerade dadurch aus diesem Spiel mit heterogenen Genreelementen eine Tugend.
Sion lässt keinen Witz und keine Anspielung aus, wenn man hier eine Kamera sieht, ist sie mit einer Maschinenpistole zusammengeschlossen, die Rede vom »Hand hold shot« hat so eine neue Bedeutung. Beethoven spielt mal wieder eine Rolle, diesmal seine 9. Symphonie, ansonsten ist dies nicht zuletzt ein gespielter Film im Film-Witz mit tieferer Bedeutung. Denn wenn eine Hauptfigur, ein Regisseur, sagt »We are fantasits – realism will loose«, dann ist das natürlich nicht nur ein
Witz, sondern filmpolitisches Statement.
Ähnlich verhält es sich mit Sions Anspielungen auf die engen Verbindungen von Filmindustrie uns organisiertem Verbrechen, die es vielleicht auch außerhalb von Japan gibt.
Aber die Haupttugend dieses Films liegt darin, dass er nichts allzuernst meint. Sion feiert 35mm-Film und er feiert das Kino als reinen Spaß, als niederes Vergnügen, als »most dangerous game.«
Und alles ist natürlich auch eine lustige, nicht bittere, sondern
selbstironische Hommage an 35mm. Ein altes Kino kommt vor, Filmrollen, und Jugendliche, die gar nicht mehr wissen, was 35mm ist.
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Kino ist zeigen, nicht labern, ist erschüttern und zum Schweigen bringen, nicht nachher drüber reden. Wir sind ja nicht in einer protestantischen Jungen Gemeinde, sondern im Kino.
»This should have been opening.« sagt auch Violeta aus Argentinien.
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Vor einigen Monaten erreichte uns eine Email-Mitteilung und ich war mir gleich nicht ganz sicher, ob ihre Überschrift nun eine Drohung oder eine Verheißung bezeichnete: »Alles wird sichtbar«.
Inzwischen, in unseren Post-Snowden-Zeiten, ist klar, das Sichtbarkeit, das Ende alles Vergessens und Geheimnisses, dass die universale, jede Nische ausleuchtende Transparenz und die universale Sichtbarkeit nicht unschuldig positiv verstanden werden können. Und womöglich liegt der
zwischenzeitliche Niedergang der Piratenpartei ja nicht zuletzt damit zusammen, dass sie den Widerspruch nie schlüssig beantworten konnten, dass sie einerseits berechtigtes Misstrauen gegen das wütende Datensammeln, gegen ACTA, Volkszählungen, staatliche Kontrollverfahren und Ähnliches hegen, sich andererseits als Transparenzfetischisten aufführen.
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Der Berliner Regisseur Philip Gröning, von dem die erwähnte Mitteilung stammte, meinte allerdings etwas anderes, Konkreteres: »Ich freue mich wahnsinnig«, hieß es da, »dass auf der Internetplattform www.allesfilm.net jetzt endlich fast alle Filme von mir online abrufbar sind. Neben den seit Jahren überhaupt nicht mehr verfügbaren Filmen Terroristen!, Sommer und L’amour, l’argent, l’amour sind jetzt erstmalig auch der allererste Film Vom Trockenschwimmer, das experimentelle Amoklaufwerk Stachoviak! sowie die Dokumentation Opfer/Zeugen sichtbar. Filme müssen ja sichtbar sein! Sonst sind die einfach weg!
Die Online-Veröffentlichung dieser lange lange
nicht sichtbaren Filme war mir ein lang gesetztes Ziel – es freut mich insbesondere, dass dies nun mit einem so großartigen Partner umgesetzt werden konnte. Der deutsche Film hat eine lange und große Tradition. Die auch zum Großteil unsichtbar war! Alleskino.de hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese zu dokumentieren und zu bewahren und es so zu ermöglichen das deutsche Filmerbe in all seinen Facetten kennenzulernen. Hierfür bietet alleskino.de neben dem Stream selbst, auch
umfangreiches Zusatzmaterial und Hintergrundinformationen an, die die Filme in ihren filmhistorischen Kontext einordnen. Damit bietet alleskino.de dem deutschen Film nicht nur eine Plattform, sondern eine Heimat und eine Identität.
Ich freue mich, ein Teil davon zu sein.«
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Dieser Text erfordert eigentlich eine längere, und viel differenziertere Antwort. Zunächst einmal freue ich mich über die Freude Grönings, den ich schon eine Weile kenne und als Mensch wie als Filmemacher sehr schätze. Spontan bin ich trotzdem sehr skeptisch. Das Bekenntnishafte des Tonfalls liegt mir nicht, ein Hauch von Sekteneintritt schwingt da für mich mit.
Denn »sichtbar« im grundsätzlichen Sinn waren die Filme natürlich einerseits zumindest zum Teil auch zuvor, sofern ein Kinobetreiber nämlich die Filme Grönings zeigen wollte. »Sichtbar« waren sie zum Teil auch auf DVD bzw. VHS, eine amazon-Recherche Ende August ergibt nämlich, dass man L’amour, l’argent, l’amour auf Deutsch und Englisch als DVD erwerben kann, Terroristen! und Sommer sind als VHS erhältlich.
Andererseits sind sie auch jetzt nicht »sichtbar«, denn »sichtbar« sind sie ja nur digital, nicht auf Film. Und nur im Computer oder einem Fernseher, nicht im Kino, für das sie doch gemacht sind. Ich glaube, dass hier ein Filmemacher das bejubelt, dem er gerade selbst zum Opfer fällt, dem Absterben des Kinos durch dessen Digitalisierung.
»Filme müssen sichtbar sein. Sonst sind die einfach weg!« – so muss man das als Filmemacher natürlich sehen. Andererseits ist das doch
keine befriedigende Lösung. Mag ja unaufhaltsam sein. Mag ja sein, dass Stream-Plattformen wie allesfilm die Zukunft sind. Ich möchte aber auch gern mal wissen, wie viele Leute bisher jetzt Grönings Filme angeguckt haben.
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»Friß oder stirb!« – das ist vielleicht gar nicht die Alternative. Sondern diese ist vielleicht eher die Frage, ob man Kaviar frisst, oder Knäckebrot.
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Im Wettbewerb begegnet das Publikum manch allzu gutem Bekannten. Fast möchte man glauben, als habe Amos Gitai, der schon acht Filme in Venedig präsentierte, ein Abonnement auf die Wettbewerbsteilnahme. Und als er gerade mal keinen Film fertig hatte, war Gitai hier in der Jury.
Wir möchten wirklich einmal wissen, wie es nun kommt, dass ausgerechnet Gitai, der bisher, sagen wir es doch mal offen, noch keinen einzigen guten Film gemacht hat, als »der« israelische Film-Großmeister gilt, obwohl es so viele hervorragende und viel bessere Filme aus Israel gibt. Wie es kommt, dass er immer mit seinen Filmen in A-Festivals vertreten ist, obwohl ich nicht wenige Leute kenne, die seit Jahren keinen Gitai-Film – und das sind ja nicht gerade wenig Filme – bis
zu Ende angeguckt haben. Wie es kommt, dass der Mann ausgerechnet einen Bresson-Preis umgehängt bekommt, ohne dass sich die Erde auftut, und irgendwer darin verschwindet.
Der Mann muss einfach verdammt gut vernetzt sein, mit »den richtigen« Leuten, oder er kennt die Leichen, die sie im Keller haben. Und wer hätte keine?
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Bei seinem neuen Film Ana Arabia scheint Gitai sich zunächst einmal eine formale Herausforderung gestellt zu haben: Denn der Film besteht aus einer einzigen, 84-minütigen Plansequenz, einer Kameraeinstellung, die durch keinen einzigen Schnitt unterbrochen wurde. Das pure Leben, unverfälscht. Behauptet der Film. Das sieht hässlich aus, Digitalbilder, aus dem Auslandsjournal. Der Film ist gleichwohl fiktional und inszeniert: Im Zentrum steht Yael, eine junge israelische Journalistin, die eine Enklave zwischen Jaffa und Bat Yam besucht. Sie begegnet den Menschen und ihren individuellen Hoffnung und Enttäuschungen, und erkundet die Lebenswelt dieses Ortes jenseits aller bekannten Klischees. Zugleich entdeckt sie auch einen entlegenen Ort, an dem Israelis und Palästinenser die fragile Möglichkeit einer Koexistenz leben – »eine universale Metapher«, so Gitai über seinen Film: »Ich habe solche langen Einstellungen schon immer gern dazu genutzt, um Fragmente und Widersprüche miteinander zu verbinden. Das ist natürlich auch eine Art künstlerisches Statement, das die Tatsache kommentiert, dass die Schicksale von Juden und Arabern in dieser Gegend nicht geteilt sind, nicht zerschnitten. Sie sind vielmehr verwoben und müssen Wege finden, miteinander auszukommen, und sich zu stimulieren, anstatt Konflikte aneinanderzureihen.«
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Soweit die Theorie. In der Praxis ist es entsetzlich langweilig und hat nichts zu sagen, das über Banalitäten und Erwartbares hinausginge. Die Schauspielerin, die Yael spielt, ist sehr hübsch und sehr jung, und die Journalistin nimmt man diesem Model-Tier keine 30 Sekunden ab. Sie lächelt und macht große (immerhin schöne) Augen zu den Dingen, die ihr erzählt werden, und damit man ihr auch die Reporterin abnimmt, kritzelt sie alle paar Minuten mit bedeutsamen Bewegungen etwas in
ein Notizbuch.
Auch sonst ist der Film Schülertheater.
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Der Nahostkonflikt steht auch im Zentrum von Bethlehem, dem zweiten israelischen Beitrag, der in der Sektion »Venice Days« Premiere hat. Yuval Adlers Debütfilm erzählt von Sanfur, einem Palästinenser, der aus einer Militanten-Familie stammt, heimlich aber für den israelischen Geheimdienst arbeitet. Sein »Mossad«-Führungsoffizier Razi ist über die Jahre zu einem Ersatzvater geworden. Nun aber ist Razi hinter Sanfurs älterem Bruder her, und will ihn »tot oder lebendig« zur Strecke bringen. Adler erzählt von den heftigen Loyalitäts- und Identitätskonflikten, den sowohl Sanfur wie Razi ausgesetzt sind – auch hier geht es wie bei Gitai also um Koexistenzen und innere Grenzüberschreitung. Für seinen Film hat der junge Regisseur, der in Tel Aviv und New York studierte, zahlreiche Geheimdienstmitarbeiter interviewt – »das Geheimnis des Rekrutierens informeller Mitarbeiter« erzählt er, »liegt darin, eine geradezu intime Beziehung zum Informanten zu entwickeln,«
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Harte Konflikte sind auch das Thema von Noaz Deshes White Shadows in der Reihe »Settemana della Critica«. Deshe, ein Israeli, der zwischen Berlin und New York pendelt, und dessen Film in Deutschland produziert wurde, hat im ostafrikanischen Tansania gedreht: Mit größtenteils Laiendarstellern erzählt er die Geschichte einer Gruppe von Albinos. Sie sind nicht nur Opfer von Ausgrenzung und Rassismus unter ihren schwarzen Landsleuten, in den letzten Jahren ist zunehmend auch der alte Aberglaube an die »heilende« »magische« Kraft ihrer Körperteile zu einer regelrechten Menschenjagd eskaliert – befeuert von Zauberern und Schamanen, die vom Handel mit teuer bezahlten Albinogliedern profitieren. Über 200 Albinos wurden allein zwischen 2008 und 2010 ermordet. »Albinos sterben nicht, sie verschwinden einfach« heißt es in dem Film, der sich dem jungen Alias auf die Fernen heftet, dessen Familie Opfer eines Massakers wurde und der ein Afrika jenseits aller idyllischen Bilder zeigt – einen düsteren Kontinent aus alltäglicher Gewalt und ungemeiner Barbarei, aus abstoßender Primitivität. Auch dieses Afrikabild hat aber natürlich eine lange Tradition.
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Milena aus Uruguay spricht mir aus meinem bösen Herzen, als sie genau das ausspricht, was ich mich nicht zu sagen getraut habe, was aber mit mir viele denken: »They are so ugly«. Sie meint die Albinos. »Isn’t that racist?« – »But they are ugly!« Sie hat recht. Natürlich trifft diese Leute und davon handelt der Film, doppelte Ausgrenzung: Als Schwarze und als Albinos. Man sollte darüber hinwegsehen. Aber Kino als visuelles Medium lehrt uns unter anderem auch, dass man das nicht kann, dass sich Bilder und Sinneseindrücke ins Hirn hineinfressen. Und White Shadows wird mit dem Problem zu kämpfen haben, dass er Dinge und Menschen zeigt, die keiner sehen will.
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Wiederum in den »Venice Days« läuft Venezia salva, die zweite Regie-Arbeit von Serena Nono, der jüngsten Tochter des weltberühmten Komponisten Luigi Nono, die bisher vor allem als Malerin und bildende Künstlerin hervortrat, und auch schon auf der Kunstbiennale ausgestellt wurde. Venezia Salva ist die freie Adaptation eines Theaterstücks von Simone Weil – ein Mantel- und Degenstück, das im Venedig des Jahres 1618 angesiedelt ist, und von einer Verschwörung erzählt: Der spanische Botschafter versuchte, die über 1000 Jahre alte Republik zu stürzen. Hinter dieser mit erotischen Verwicklungen aufgepeppten aktuellen politischen Rahmengeschichte über Demokratie und ihre Widersacher, über Macht und Gewalt, findet Nono auch Philosophisches: »Ich wollte die Essenz von Simone Weils Ideen bewahren, die eine geradezu griechische Tragödie erzählt: In der geht es darum, dass Wahrheit zum Unglück führt, aber auch dass in der Schönheit Wahrheit liegt.«
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Das New Yorker Bruderpaar Benny und Josh Safdie präsentiert mit Lenny Crooke einen Dokumentarfilm über den gleichnamigen Basketball-Spieler, der vor zwölf Jahren als High-School-Talent als nächster Superstar gehyped wurde, in den Jahren danach aber alle Hoffnungen enttäuschte – Lenny hat nicht eine Minute in der NBA gespielt. Was lief schief? Geld, Gier und falsche Freunde – so kann man es zusammenfassen, Drogen kamen hinzu. Ein letztlich recht konventioneller, aber nicht schlechter Film. Unter der Hand wird den Safdies ihre Geschichte zu einer Untersuchung des »American Dream« in der Postmoderne. Nur am Ende wird es moralisierend. Denn der fett und träge gewordene, äußerlich wie charakterlich allen Klischees über die schwarze Unterklasse entsprechende Lenny tingelt jetzt durch die Schulen und erklärt den Teenies: Leute, macht nicht die gleichen Fehler, wie ich. Nun gut, dann machen sie eben halt andere