12.09.2013

Goldener Löwe für Gian­franco Rosi

Sacro GRA
Der richtige Sieger Gianfranco Rosis Sacro GRA
(Foto: Sacro GRA)

Die Röte des Rots der Red, Donald Rumsfeld als Schauspielstar, Scarlett Johanssons Rückkehr an den Lido und nach 15 Jahren gewinnt wieder ein italienischer Film, Venedig-Tagebuch, 4. Folge

Von Rüdiger Suchsland

Italien jubelt! Nach 15 Jahren geht der Goldene Löwe von Venedig wieder an einen italie­ni­schen Film: Sacro GRA vom römischen Regisseur Gian­franco Rosi.
Diese Auszeich­nung durch die Jury vom italie­ni­schen Altmeister Bernardo Berto­lucci war gestern im Palazzo di Cinema von Venedig eine handfeste Über­ra­schung. Das lag zum einen daran, dass Sacro GRA – außer Violeta Bava vom Buenos Aires Film Festival, die gleich nach der Vorstel­lung instinkt­si­cher speku­lierte: »He might win« – keiner den Film auf der Rechnung hatte – einen von zwei Doku­men­tar­filmen im Wett­be­werb war, neben Eroll Morris Rumsfeld-Doku-The Unknown Known. Der Preis für den einer breiten Öffent­lich­keit nahezu unbe­kannten Rosi ist auch ein vom alten Revo­luzzer Berto­lucci fraglos kalku­lierter Schlag ins Gesicht des italie­ni­schen Film-Estab­lish­ments der Berlus­coni-Medien, das das italie­ni­sche Kino im letzten Jahrzehnt dominiert hatte, und das der seit einem Jahr amtie­rende neue künst­le­ri­sche Direktor Alberto Barbera, konse­quent zurück­drängt.

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Rosis Film ist ein so sensibler, wie facet­ten­rei­cher Trip in die Vororte von Rom, der den Zuschauer aus dem bürger­li­chen Kunstkino heraus­führt und mitnimmt in die Welt der normalen Menschen, der Fischer, der Rentner, der kleinen Händler, aber auch der Skurillen wie einem alten Forscher, der mit einem Aufnah­me­gerät die Töne von Baum­kä­fern aufzeichnet, und in die Nacht­seite der Unter­drückten: Der Armen, der Prosti­tu­ierten und Trans­se­xu­ellen, die ihren Körper für wenige Euro verkaufen, und schließ­lich der Sanitäter, die auf dem Auto­bahn­ring um die italie­ni­sche Haupt­stadt Nacht­dienst haben, und Unfall­opfer einsam­meln.

Damit taucht Rosi ein in die Welt von Pasolini, Rosselini und Fellini, die alle immer ein großes Herz für die kleinen Leute hatten, und man könnte Sacro GRA auch als eine moderne, realis­ti­sche, zeit­ge­mäße Version eines Fellini-Films a la Amarcord beschreiben.

Dieser Preis war also auch ein Brücken­schlag aus der Gegenwart zur großen Tradition des italie­ni­schen Kinos, die hier im Jubiläums­pro­gramm mit vielen Klas­si­kern gefeiert wurde. Vor allem aber waren auch die anderen Jury­ent­schei­dungen ein konse­quentes Bekenntnis zum Kino als Kunst und Autoren­film, gegen alle Werke, die auch nur einen Hauch von Waren­cha­rakter und Verkaufsgut besaßen; gegen das Main­stream­kino also, das von den eisernen Klauen der Ökonomie und eine riesigen Marke­ting­ap­pa­rats gefan­gen­ge­halten wird, und sich in den letzten Jahren kraken­haft auch auf den Film­fes­ti­vals, die doch der Filmkunst dienen sollen, breit­macht.

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So bekam das Hollywood-Kino am Samstag nicht einmal einen Trost­preis. Freuen dürfte sich dafür der deutsche Regisseur Philip Gröning, der für seinen eigen­willig erzähltem Psycho­thriller Die Frau des Poli­zisten mit dem »Spezi­al­preis der Jury« geehrt wurde.

Grönings Film glänzt vor allem mit genauer Beob­ach­tungs­gabe. In knapp 60 Kapiteln, im Wechsel der vier Jahres­zeiten und auf einer Länge von fast drei Stunden, taucht Gröning ein in den Mikro­kosmos einer Klein­fa­milie. Vater-Mutter-Kind werden zu Labor­ob­jekten einer Versuchs­an­ord­nung. Konter­ka­riert wird das durch Tiere und anderes Wilde, das immer wieder in das scheinbar geregelte Leben der Menschen einbricht.
Uner­schro­cken und elegant gelingt Gröning ein ebenso rätsel­hafter wie klarer Film über die Beob­acht­bar­keit der Welt, der den Zuschauer unerlöst entlässt.

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Der Goldene Löwe für einen Doku­men­tar­film ist aller­dings auch eine deutliche Reaktion auf die relativ schwache Qualität der dies­jäh­rigen Spiel­filme, aus denen sich offen­kundig kein Film für den Haupt­preis aufdrängte. Damit spiegelte der dies­jäh­rige Venedig-Jahrgang auch die zurzeit etwas prekäre Situation des Weltkinos: Das Geld wird auch für die Filme­ma­cher knapper, die wenigen Meis­ter­werke, die es natürlich völlig unab­hängig davon immer noch gibt, laufen fast alle in Cannes, dem aller­wich­tigsten Festival des Weltkinos. Venedig liegt gemeinsam mit Berlin dahinter, mit deut­li­chem Abstand.

Der Direktor Alberto Barbera hat – obwohl er mit schwin­dendem Budget zu kämpfen hat – das Programm in Venedig seit vergan­genem Jahr verklei­nert, entschlackt und zugleich die Nebensek­tionen gestärkt. Dort werden neue Horizonte aufge­zeigt, neue Regis­seure entdeckt. Der Gewinner des Nach­wuchs­preises, des »Zukunfts­löwen«, der mit 100.000 US-Dollar quasi bereits den nächsten Film in der Tasche hat, kommt auch halb aus Deutsch­land. Denn Noaz Deshe, der Regisseur von White Shadow, der in der Reihe »Settemana della Critica« lief, stammt aus Israel, pendelt aber zwischen Berlin und New York. Produ­ziert wurde sein für und in Deutsch­land, unter anderem von den Produ­zenten von Oh Boy und Matthias Lutthardt.

Venedig hatte diesmal das Glück einer Jury, die aus einem durch­schnitt­li­chen Programm die richtigen Sieger gekürt hat. Dass der noch aus Italien kam, stärkt die Position von Direktor Barbera. Wenn er in den kommenden Jahren noch etwas bessere Filme findet, steht der Zukunft von Venedig wenig im Wege.

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An den Tagen zuvor domi­nierte anderes. Zum Beispiel Scarlett Johansson. Vor genau zehn Jahren begann alles, genau hier an diesem Ort. Da lief in einer Neben­reihe, die »Contro­cor­rente« hieß, »gegen den Strom« der zweite Film der Tochter von Francis Ford Coppola, von Sofia Coppola, die damals auch erst wenige kannten: Lost in Trans­la­tion war bezau­berndes, neues Kino für eine neue Zuschauer-Gene­ra­tion, und wurde zur Start­rampe der Welt­kar­riere seiner zuvor fast unbe­kannten Haupt­dar­stel­lerin: Scarlett Johansson spielte die Rolle einer Frisch­ver­hei­ra­teten zwischen Jetlag und Lange­weile mädchen­haft, zögerlich, sanft. Mit diesem Film ihr Durch­bruch, und zwischen­durch galt sie als Sex-Symbol, als neue Marilyn Monroe. Damit ist es vorbei. Inzwi­schen ist Scarlett Johansson, man muss das so sagen, schon ziemlich durch und ihre Karriere eher auf dem abstei­genden Ast. Jetzt sitzt sie da auf den Stühlen der Pres­se­kon­fe­renz, blond, mit rosiger Haut, deutlich geschminkt.

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Ist Scarlett Johansson eigent­lich eine schöne Frau? Darf man ja mal fragen, wo sich alle so einig scheinen. Sie ist hübsch, natürlich, aber halt so hübsch wie viele junge Frauen in ihrem Alter so um die 30. Vor dem Palazzo di Cinema, wo allabend­lich die Festi­val­pre­mieren statt­finden, stehen etwa 275 herum, die mehr oder weniger so aussehen wie Scarlett Johansson. Was für sie spricht, rein äußerlich betrachtet, ist, dass sie nicht so aussieht, wie alle anderen, dass sie auch nichts von dieser durch­trai­nierten kaltem Perfek­tion hat, die US-ameri­ka­ni­sche Frauen oft von europäi­schen und dem Rest der Welt unter­scheidet. Sie ist kein »Hard Body« (Patrick Bateman), wirkt eher europäisch, und wie aus der Zeit gefallen, dem Schön­heits­ideal des 17. oder 18. Jahr­hun­derts entspre­chend.
Ist Scarlett Johansson eigent­lich eine gute Schau­spie­lerin? Das ist die andere Frage, die man auch mal stellen sollte. Auch ihr neuer Film, der ganz und gar »ihr Film« ist, kann sie nicht schlüssig beant­worten.

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In diesem Film sieht man Scarlett Johansson aller­orten. Mit schwarzen Haaren und einem Pelz­mantel im schot­ti­schen Hochland rund um Glasgow. Scarlett Johansson im Wald, im Auto, am Meer, Scarlett Johansson als Opfer und als Täterin, Scarlett Johansson nackt oder angezogen – Scarlett Johansson ist eigent­lich dieser Film – Under the Skin heißt er, stammt vom Briten Jonathan Glazer und war ohne Frage einer der Höhe­punkte im Wett­be­werb um den Goldenen Löwen.

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Denn dies ist wenigs­tens endlich einmal ein Film, wie man ihn noch nicht gesehen hat. Ein Film, der ausbricht aus dem dann doch sehr engen Korsett des Erzähl­kinos, dem Gefängnis der Handlung mit ihrem Hüpfen von Plotpoint zu Plotpoint, das eben alles in allem einen nur sehr begrenzten Vari­an­ten­reichtum hat: Boy meets Girl, looses Girl, kills Girl, kisses Girl. Oder umgekehrt. Oder schlimmer: Es passiert gar nichts – und genau das ist in diesem Jahr auch schon ein paar Mal geschehen.

Under the Skin ist dagegen ein hoch­span­nender Film, gerade weil man auch nach seinen Ende keine Handlung kennt, die man einfach nach­er­zählen kann, weil man sich dann immer noch fragt, was man da eigent­lich gerade gesehen hat? Es ist nicht klar, ob dies eigent­lich ein guter Film ist, oder doch eher präten­tiöser Quatsch. Aber genau im Nach­denken über solche Fragen, in der Nach­wir­kung eines Film­kunst­werks als Rätsel, liegt der Reiz eines Festivals wie Venedig, das das Kino jenseits vom Popcorn ausloten will.

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Viel­leicht hat Jonathan Glazer auch einfach im Pub mit seinen Freunden gewettet: Wetten, dass ich einen Film machen kann, in dem Scarlett Johannsson dauernd nackt ist? In dem man alles sieht? Er hat die Wette gewonnen. Wie oft Scarlett Johansson ihr Höschen auszieht, kann ich nicht mehr zählen. Viel­leicht hat er ihr einge­redet: Du machst jetzt große Kunst. Und sie hats geglaubt. Viel­leicht hat er recht.

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Johansson ist in diesem Film fast immer im Bild – wie eine Schlaf­wand­lerin durch­streift sie Glasgow und seine Umgebung. Mal redet sie mit fremden Männern, stellt ihnen naiv wirkende Fragen, mal schläft sie mit ihnen, mal bringt sie sie um. Irgendwie scheint sie auf der Flucht zu sein, dann wieder wirkt sie wie eine Femme fatale von einem anderen Stern. Auch für Johansson selbst war dieser Film eine Erfahrung wie ein Trip: »...I was disco­ve­ring my own identity as a character, ... any ideas that i had were comple­tely irrele­vant.«

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Sie spielt ein Wesen, das wohl schon ein Alien ist. Sie lockt Männer in eine Ursuppe, wo sie zerplatzen. Sie ist ganz und gar unschuldig im Kennen­lernen der Welt und ihres Körpers. Lustige Szene, wenn sie sich nach dem Sex verdutzt mit einer Lampe zwischen die Beine leuchtet, ihr Lover fragt: »Is anything wrong?«

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Ein Nachteil ist die Digi­tal­technik. Obwohl Glazer sich viel Mühe gibt erscheinen die Bilder flach und milchig, nie schön. Die Farben fügen sich, wo sie klar sind, nicht ein. Die Röte des Rots der Red.

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Regisseur Glazer zitiert die großen Kino­meister von Antonioni bis Godard, von Hitch­cocks Vertigo bis zu David Lynchs Lost Highway, nicht zuletzt aber die Tradition des phan­tas­ti­schen Films seiner briti­schen Lands­leute Ken Russell und Nicholas Roeg, der mal David Bowie als Alien auf die Erde fallen ließ. In der Mitte zwischen alldem liegt der Sumpf, oder hier: Das schot­ti­sche Hochland. Dabei knüpft er an an die Ästhetik der 60er Jahre – und das dürfte zumindest dem Jury­prä­si­denten Bernardo Berto­lucci gut gefallen.

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Nach dem Kino, die Abspann­cre­dits sind noch nicht zu Ende, erklärt Olaf bereits den Film und die Welt. Meist sind es Redak­teu­rinnen, auf die er keinen Wider­spruch duldend, gesti­ku­lie­rend einredet, Anke, Felicitas, jetzt Susan. Und die Worte können nicht groß genug sein: »Christ­liche Symbolik«, »Antike Mytho­logie«, »Abendland«. Es ist finden wir beim Reinhören, nie ganz falsch und nie ganz richtig. Aber jeden­falls zu früh.

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Und während die Credits, die auch hier wie bei Kelly Reichardt mit compu­ter­ge­nerierten wech­selnden Pastell­farben auf schwarzem Grund geschrieben sind, ablaufen denken wir, dass man nach diesem Film anstatt das Mytho­lo­gie­le­xikon zu studieren, viel­leicht besser David Hume nachlesen sollte, dem schot­ti­schen Skeptiker.

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Das ist also keines­wegs ein Grund zu Buhen, wie das manche taten, die heute auch Godard ausbuhen würden. Kein Grund aber auch, ihn zu einem Akt ästhe­ti­scher Offen­ba­rung zu erklären. Denn richtig gut ist das alles auch nicht. Nur immerhin anders.

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Und bei der Pres­se­kon­fe­renz meldet sich wieder der Schwede Jan Lundholm, der immer am liebsten von sich erzählt: »Ich spreche Englisch, seit ich vier bin und ich habe sogar ein Buch auf Englisch geschrieben.« Äh, was war jetzt nochmal die Frage: Ach ja. Wie kamen alle mit dem schot­ti­schen Englisch zurecht?

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Nur ein paar Stunden später dann eine weitere Figur, nicht nur von einem anderen Stern, sondern von einer anderen Galaxie – Donald Rumsfeld, Ex-US-Vertei­di­gungs­mi­nister und einer der »Falken« des »Krieg gegen den Terror«. Jetzt hat ihm Oscar-Preis­träger Errol Morris (The Fog of War) einen ganzen Film gewidmet: The Unknown Known trägt die schil­lernde Doppel­deu­tig­keit bereits im Titel, den man sowohl als »Der unbe­kannte Bekannte« über­setzen kann, wie auch als »Das unbe­kannte Gewußte« – dies bezieht auf eine der berühm­testen Pres­se­kon­fe­renzen, und wurde von Rumsfeld auch im Titel seiner Memoiren aufge­griffen: »Known and Unknown«.

Überhaupt weicht das Bild das Morris zeichnet, sehr stark vom Rumsfelds Image als stur-verbis­sener neokon­ser­va­tiver Ideologe ab: Man erlebt einen hoch­in­tel­li­genten Mann, der mit sich im Reinen ist, zu seiner Politik steht, sich aber in vielem über­ra­schend selbst­kri­tisch zeigt. Vor allem hat Rumsfeld über­ra­schend großen Charme und Selbst­ironie – manch einer witzelte nach der Vorstel­lung, ob Rumsfeld den viel­leicht den Schau­spiel­preis gewinnen könnte?

Morris, ein erklärter Kritiker der Bush-Admi­nis­tra­tion, der mit SOP – Standard Operating Procedure die Details des Abu-Ghraib-Skandals rekon­stru­ierte, hat einen unvor­ein­ge­nom­menen, angenehm, unpar­tei­ischen Film gedreht. Man kann Morris aller­dings vorwerfen, ein wenig von Rumsfelds Charme erlegen zu sein – in manchen Momenten hätte er schärfer nach­fragen und nahe­lie­gende Einwände formu­lieren können.

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Ansonsten blieben im Wett­be­werb der 70.Film­fest­spiele von Venedig in diesem Jahr die ganz großen Über­ra­schungen aus – sieht man einmal von La jalousie von Phillippe Garrel ab.

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Ein Mann verlässt Frau und Tochter, zieht mit einer anderen zusammen. Dies geschieht gleich zu Beginn des Films, wird geschil­dert vor allem aus Sicht der etwa zwölf­jäh­rigen Tochter, um die sich der Vater weiterhin rührend kümmert.
In seinem neuen Film La jalousie, also »Die Eifer­sucht«, folgt Phillippe Garrel seinen Figuren durch deren Alltag. Irgend­wann kurz vor Film­schluß verlässt dann die neue Freundin den Vater. Jetzt ist er in der Lage, in der Anfang seine Exfrau war, und steht vor einem Gefühls­ab­grund – doch was zunächst keine Zukunft zu haben scheint, entfaltet bald ganz neue eigene Möglich­keiten.

Dem fran­zö­si­schen Altmeister Garrel ist mit La jalousie ein ganz bezau­bernder kleiner Liebes­film geglückt, der mit entzü­ckender Leich­tig­keit, beiläufig die großen Gefühle weckt. Ein Werk über das Leben selbst, still vergnüg­lich auch eine Komödie des Alltags – und nicht zuletzt ein Film über das Kino: Denn Garrel hat auf echtem 35mm-Film­ma­te­rial gedreht, das im Weltkino allmäh­lich ausstirbt, sein Film ist Schwarz­weiß und die Innen­ein­rich­tungen seltsam zeitlos – auch alles dies erinnert an die Zeit der Nouvelle Vague als Regis­seure wie Godard und Truffaut um 1960 das Kino noch einmal neu erfunden haben.

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Jetzt schlafen wir erstmal aus – die aller­letzte Bilanz und ein nach­denk­li­cheres Resumee, dann nächste Woche an dieser Stelle.