Kinos in München – Maxim schließt
R.I.P. Maxim |
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Aufgenommen im September 2012: Das Maxim in der Sommerpause |
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(Foto: Dunja Bialas) |
Von Dunja Bialas
Mit freundlicher Unterstützung durch das Kulturreferat München
Filme werden fürs Kino gemacht, hieß es mal in einer Kampagne. Weil dies im Zeitalter von DVD und erhöhten Kinomieten mehr denn je keine Selbstverständlichkeit mehr ist, stellen wir hier besondere Kinos in München vor, die unbedingt einen Besuch wert sind.
Selbst immer neue Ideen und vereinte Kräfte konnten am Ende nicht verhindern: Am kommenden Sonntag läuft im Maxim die letzte Vorstellung. Es ist das Aus für das letzte Stadtteilkino Neuhausens, dem Hundertjährigen, das seit den 80er Jahren Kinoaktivist Sigi Daiber betrieb (mehr über die jüngere Historie in unserem Kinoportrait). Mit dem Kino verschwindet das berühmte Deckenfresko, die knarzenden Holzdielen, der brummende Ofen, die Holzsitze, die an den Zuschauern vorbeirauschende Landshuter Allee. Weil es keine Zuschauer mehr geben wird. Weil es kein Kino mehr geben wird, an der Landshuter Allee.
Schon lange kündigte sich das Aus für das hundertjährige Kino an, das sich als teils boulevardeskes Drama zwischen einem sicherlich geldgierigen Vermieter und einem renitenten Kinobetreiber abspielte. Mieterhöhungen im großen Stil konnten durch öffentlichkeitswirksame Auftritte und entsprechende Appelle an den Vermieter durch einflussreiche Stellen in den letzten Jahren noch abgewendet werden, letztes Jahr kam dann aber dennoch die Kündigung für das Kino. Inzwischen war das Maxim wiederbelebt worden, es gab Initiativen der lokalen Journalistenakademie, es gab »frischen Wind im Maxim«, wie die Filmreihe auf 35mm vor zwei Jahren hieß, organisiert von Jan Jäger und Moritz Ebnet. Das Festival Bimovie sorgte einmal jährlich für eine cineastische Vitaminspritze, das Café Ruffini sammelte Geld für neue Kinosessel. Es gab Engagierte, die sich um die heute hervorragende Website kümmerten und darum, dass wieder das Kinoprogramm bekannt gegeben wurde – und dass dort tatsächlich ein tägliches Programm lief, was zeitweise nicht mehr der Fall war. Das Maxim war schon lange eine sterbende alte Dame gewesen, bis der Vermieter ihr das Recht auf das Weiterleben aufkündigte.
Seit seinem »Rausschmiss« aus dem Dokfest als Spielstätte des Festivals kehrte so etwas wie Depression im Hause ein. Schließlich war Gudrun Geyer, vormalige Lebensgefährtin von Sigi Daiber, die erste Leiterin des Dokumentarfilmfestivals gewesen, jetzt durchtrennte man die Nabelschnur zur Geburtsstätte. In Daiber regte sich daraufhin zuerst Revoluzzergeist, dann Resignation. Er war irgendwie heimatlos geworden, die Einnahmen des Dokfests fehlten in der Jahresbilanz, es ging schlecht, das Kino, ihm. Irgendwann spielte er nur noch einen Film, Das Phänomen Bruno Gröning, einen dreiteiligen Dokumentarfilm mit einer Gesamtlauflänge von 285 Minuten, mit dem er das Kino wochenlang bespielte. Immer wieder.
Es kamen ernsthafte Interessenten vorbei, die Lust auf das alte Kleinod an der Landshuter Allee hatten. Christian Pfeil, Betreiber von Arena und Monopol und ausgestattet mit dem wichtigen investorischen Glauben an das Fortbestehen des Kinos als kulturellem Pilgerort, kam und überprüfte die Möglichkeiten, das Kino in neuer Form zu betreiben. Miriam Tretter, langjährige Mitarbeiterin des Arri-Kinos, stand kurz vor der Unterzeichnung des Mietvertrags, schreckte dann aber am Ende doch vor der saftigen Nettomiete von 3000 Euro zurück. Wie das einspielen, Renovierungs- und Betriebskosten tragen und dann auch noch davon leben? Ein klarer Fall von Entmietung, geschickt kaschiert durch eine übertriebene Mietforderung, was in München nicht weiter auffällt.
Es gab bis zuletzt einen ernstzunehmende Konkurrenten für die Kinoerhalter, der das Kino zumindest für die darstellenden Künste gerettet hätte. Die derzeit heimatlose Studiobühne der Theaterwissenschaft hätte sich das Maxim als neuen Proben- und Aufführungsraum vorstellen können. Auch sie aber kapitulierten letztlich vor den immens hohen Miet- und Renovierungskosten. Der Miethai behielt Oberwasser, und angeblich soll jetzt ein Fitnessstudio in die Räumlichkeiten, vor ein paar Monaten wurde noch ein Parkettladen kolportiert. Wir sind sicher, dass sich in Zukunft die Mieter die Türklinke in die Hand geben werden wie einst in Hochzeiten die Kinobesucher. So bleibt wenigstens eins erhalten: eine wechselndes Programm und immer neue Werbeanzeigen.
»…ist nie zu Ende« steht als grafisches Fragment auf der Maxim-Homepage. Nie zu Ende, nicht der Film, nicht das Kino, nicht das Maxim. So glaubte, hoffte man. Und ahnte doch was anderes. Jetzt ist es da: das Ende.
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Letzte Vorstellung: Die Strategie der Schnecke, Abschlussfilm einer 104-jährigen Existenz und passenderweise ein Film über Entmietung. Aus dem Wikipedia-Eintrag: »Mit Gerüsten und Seilzügen bringen die Bewohner das gesamte Inventar und sogar Wände und Böden des Hauses heimlich in ein leerstehendes Nachbarhaus. Als die Polizei vor der Tür steht, transportieren sie den letzten Häuserrest – bis auf die Frontfassade – mit Wagen und Lastern zu einem Grundstück außerhalb der Stadt.«
Die Strategie der Schnecke, Sonntag, 26.6., vermutlich 19:00 Uhr. Uns ist leider kein Kinoprogramm zugegangen, der Anruf beim Kino unter 089 / 168 721 ist ein Versuch wert. Unbedingt dafür das Filmfest sausen lassen! Es lohnt sich.