70. Filmfestspiele Cannes 2017
Die Sau in der Shopping Mall |
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Wonderstruck ist guter Kitsch, aber eben doch Kitsch... | ||
(Foto: Amazon Studios Roadside Attractions) |
»He was a terrible father, but my god, did he know about business.«
– aus Okja»Im kinematographischen Theater wird die Menschheit, ganz so wie auf dem Jahrmarkt, wieder zum Kind. Die Aufführungen entwickeln sich zwischen zwei leidenschaftlichen Extremen der allgemeinen Empfindsamkeit: dem sehr Rührenden und dem sehr Komischen. Schon die Plakate enthalten diese beiden Gefühlsversprechen und führen sie zusammen. Die Gemüter bewegen sich, wie im Leben, heftig von einem zum anderen. Und die kindliche Menschheit vergisst sich, lässt sich mitreißen in die Bewegung der ultraschnellen Wiedergabe, mit einer Selbstaufgabe, wie man sie selten in unseren Theatersälen findet.«
– Ricciotto Canudo: »Versuch über den Kinematographen«, 1911; in: »Die Zeit des Bildes ist angebrochen!«
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Prätention gegen Spiel, Russland gegen Amerika, das war die Konstellation am Donnerstag zum Auftakt des diesjährigen Cannes-Wettbewerbs. Anders gesagt: Andreij Zvyagintsev gegen Todd Haynes.
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Zweimal stehen zwölfjährige Jungen im Zentrum, zweimal blickt der Film (zumindest partiell) mit Kinderaugen auf die Welt der Erwachsenen. Zweimal reißen diese Jungen von zuhause aus, und werden nie mehr zurückkehren.
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Leviathan, Andreij Zvyagintsevs letzter Film im Wettbewerb, war ein erstaunlicher Film: Klug, direkt in seiner Kritik, vor allem visuell extrem stark, mit monumentalen, zeitlosen, mehrdeutigen und mitunter mythisch-kraftvollen Bildern, trotzdem ganz zeitgemäß – und mit einem Geheimnis. Damit ist auch schon ziemlich genau formuliert, was seinem neuen Film Nelyubov (übersetzt etwa »Lieblos«) alles fehlt. Der Film ist eindeutig und in dieser Eindeutigkeit erschreckend banal.
Dabei beginnt es stark. Der Anfang ist die wohl beste Passage des ganzen Films: Man sieht tote Bäume im Schnee, dann einen leeren Schulhof, alles recht heruntergekommen. Das Russlandbild des internationalen Autorenkinos. So wie man es von einem russischen Film
erwartet. Man könnte solche Bilder auch in Detroit drehen, oder in Lüttich, oder in Bari – aber man bekommt sie nicht zu sehen. Weil man sie nicht erwartet,weil man sie nicht in seine geistigen Schubladen einordnen kann. So wie beispielsweise ein Film aus Palästina vom Nahostkonflikt zu handeln hat, eigentlich nie eine Romantic-Comedy sein darf. Das Schablonendenken der arthouse-Community lässt das nicht zu; es ist nicht geringer, nicht unvertrauter als die Schablonen des
Genre-Mainstreams und wird darum zunehmend zum Problem für das Kino. Ein Kolonialismus des Bewusstseins. Schon vor Jahren erzählten Freunde aus Argentinien davon, wie bescheuert und pervers es sei, dass sie alle unbedingt Filme »wie die argentinische Neue Welle« machen müssten, wenn sie europäische Fördergelder und Senderbeteiligung von Arte haben wollen. So (re-)produzieren die Europäer das Bild des Außereuropäischen aus ihren Köpfen in den gemeinten Ländern – das ist
das Kolonialistische daran.
All diese Überlegungen dürften auch Zvyagintsev eine Rolle spielen, der Preise gewinnen möchte und da nur kann, wenn er den Erwartungen – an Russland-Bilder, an Putin-Kritik – entspricht.
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Aber zurück zum Film, zum Anfang von Nelyubov. Die Pausenglocke klingelt, der Hof füllt sich mit Kindern, die bald in alle Richtungen nach Hause gehen. Ziemlich gegen Ende ein Junge, allein. Er geht in den Wald, durch braunen Matsch an den unbelaubten Winterbäumen vorbei. Irgendwo im Wald findet er ein rot-weiß-gestreiftes Polizeiband. Er nimmt es mit, auf seinem von der Kamera konsequent auf Augenhöhe begleiteten Weg durch den Wald und wirft es ein paar Minuten später an einen Flussufer in die Äste, wo es hängen bleibt. Und schon jetzt ist da eine Ahnung, dass genau der erneute Blick auf dieses Band das cheesy Ende dieses Films sein könnte. Was es ist. Zu gut ausgedacht. Zu gestaltet. Zu designed.
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Zvyagintsev ist und war schon immer ein Menschenhasser, ein Miserabilist. Genau das ist es, was die Festivalcommunity an ihm liebt, was sie von ihm und letztendlich von dem Russlandbild in seinen Filmen erwartet. Eine schlichte Dekadenzkritik, lackierter Schmutz und Amoral. Leviathan brach mit diesen Klischees, Nelyubov kommt wieder zu ihnen zurück.
Eine Mittelstand-Wohnung in einer Trabantenstadt. Hier ist der Junge Zuhaus. Relativer Wohlstand. Ein Paar besichtigt sie, die Frau ist schwanger und lächelt glücklich. Über die Besichtigung erfahren wir, dass sich die Eltern des Jungen sich scheiden lassen, dass seine Mutter zuviel trinkt, dass sie außer Männern und ihrem Smartphone nichts im Kopf hat. Die Eltern beschimpfen sich würdelos, reden herzlos über das Kind, das beide eigentlich loswerden wollen. Wir begleiten diese Eltern durch den nächsten Tag, beide arbeiten, beide haben Liebhaber, der Freundin des Vaters ist schwanger. Wir sehen sie ausgiebig bei Selbstbezichtigungen, laut vor sich hin schwätzend beim Tagträumen über zerronnene Hoffnungen, beim Sex in verschiedenen Stellungen.
Die Mutter redet mit einer Arbeitskollegin über den Sohn, der »eine Memme« sei, ganz nach seinem Vater gerate, dass dieser auf eine Boarding School solle »und dann gleich in die Armee, da wird er lernen wie es läuft im Leben.« Eine andere Mutter, eine ältere Arbeitskollegin, spricht über ihre Tochter als »meine kleine Kuh«, sie habe »no vocation, no culture.«
Die Geliebte des Vaters spricht mit ihrer Mutter über den Zukünftigen, und bekommt einen Vortrag darüber, »wie man Männer behandeln muss«. Alle Mütter in diesem Film sind böse. Dies ist ein frauenfeindlicher, besonders ein mütterfeindlicher Film.
Im Radio plappern die Nachrichten derweil von der »public hysteria«, vom »apocalyptic mood« in der »Leningrad Region«.
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Beide Eltern schlafen nicht zu Hause. In der Sprache der Moral: Sie sündigen. Sie vernachlässigen das Kind. Sie sind verdammt. Sie müssen bestraft werden.
Am nächsten Morgen merken sie, dass der Sohn verschwunden ist. Bereits am Tag zuvor war er nach dem Frühstück die Treppe hinab gestiegen, begleitet von dräuend unheilschwangerer Musik.
Im nun einsetzenden zweiten Teil des Films wird der Sohn gesucht. Immer wieder irgendwo anders, und diese Suche wird zum Panorama des
gegenwärtigen Russland, so wie Zvyagintsev es uns zeigen will: Die Polizist untersucht zuerst, ob das Kind von den Eltern ermordet wurde. Dann tut sie wenig, ein privater Suchdienst wird engagiert. Der Film schlachtet den zerschlissenen Sowjet-Glanz genüsslich aus, kontrastiert ihn mit einer öden, darin seltsam schönen Natur, mit Morgennebel zwischen den Häuserpilzen, mit dem Zwielicht der Abenddämmerung.
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Der Film macht mit anderen Worten genau das, was er den Eltern vorhält: Er benutzt das Kind, er interessiert sich aber kein bisschen für es.
Er einen ungewöhnlichen, überaus konstruierten Fall, um das Gewöhnliche zu zeigen, und seinen Hass und seine Verachtung für alles zu zelebrieren.
Zum Schluss des Films – der Junge wird natürlich nie gefunden – springt der Film »drei Jahre später« von 2012 auf 2015. Wieder ist es Winter, die Eltern leben mit ihren neuen
Partnern zusammen. In beiden Wohnungen laufen die Fernsehnachrichten. Propaganda-Berichte über den Ukraine-Bürgerkrieg. So platziert Zvyagintsev auch noch überaus unsubtil, eher mit der Faust aufs Auge für alle Zuschauer, die Behauptung einer politischen Bedeutung seines Films. Dann schwebt das Polizei-Band vom Anfang im Wind.
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So ziemlich das Gegenteil von alldem ist Wonderstruck von Todd Haynes. So wie Zvyagintsev einen Zwölfjährigen von Außen zeigt, zeigt Haynes einen von innen, zeigt die Welt aus dessen Perspektive: Kino als Traumfabrik, Kino als Zeitreise, Kino mit Kinderaugen. Warmherzig, bis zur Grenze zum Kitsch, die gelegentlich auch überschritten wird. Dies ist das bei Haynes immer wieder zu findende Puppenstuben- und Kostümierungskino, aber diesmal mit mindestens einem Schuss Steven Spielberg. Ich sah den Film gern, aber kann ihn guten Gewissens nicht ganz kritiklos behandeln.
In der ersten Szene wird Ben, die Hauptfigur von Wölfen verfolgt – ein Albtraum, aber einer mit tieferer Bedeutung. Alles spielt im Jahr 1977 in der Provinz von Minnesota, in Rückblicken lernen wir Bens Mutter (Michelle Williams) kennen, die bei einem Autounfall starb. Wir sehen, wie sie »Major Tom« hört, wir hören wie sie Oscar Wilde zitiert: »We are all in the gutter, but some of us are loooking at the stars.«, wir erfahren, dass Ben seinen Vater nicht kennt, und die Mutter ihm bei seinen Nachfragen nicht wirklich antworten will.
Jetzt wo die Mutter tot ist, Ben bei Verwandten lebt, das Haus bald verkauft wird, stöbert er eines Nachts in alten Sachen, und wird vom Blitz getroffen. Als er wieder aufwacht, ist er taub, ob für immer bleibt ungeklärt und spielt auch keine Rolle. Denn noch aus dem Krankenhaus reißt er aus und macht sich per Greyhound auf den weg nach New York, denn unter den Sachen der Mutter fand er Indizien, dass dort sein Vater lebt.
Parallel zu alldem haben wir im Hin und Her zu Bens Geschichte Schwarzweißszenen gesehen, die aus dem Jahr 1927 erzählen. Da steht ein Mädchen im Zentrum, Rose, auch etwa 12, sie schwärmt für Filmstars, klaut aus dem Zeitungsladen eine Filmzeitschrift. Auf ein Papierschiffchen, das sie mit Blick auf New York in den Hudson River fahren lässt, hat sie »Help me« geschrieben. Zuhause, in der reichen einsamen Villa, baut sie aus Papier aufwendige, sehr gekonnte Modelle der Silhuette von New York. Ein andermal geht sie ins Kino, um einen Star zu sehen, in einem Stummfilmmelodram »Daughter of the storm«.
All diesen zweiten Erzählstrang hat Haynes in Form eines Stummfilms erzählt, mit Musik, aber ohne Dialoge. Das macht mehr Sinn, als man ahnt, denn etwas später verstehen wir: Rose ist taub – als Taube kann sie nicht nur Stummfilme fast so gucken wie alle anderen, der Film passt sich ihren Fähigkeiten auch formal an.
So weit, so clever.
Auch Rose reißt aus, reißt in ihre Traumstadt New York. Bald verstehen wir, warum: Der Stummfilmstar des Films ist ihre Mutter, eine
hartherzige Person, der ihr Kind offenbar gleichgültig ist. Von ihr zurückgewiesen, reißt sie ein zweites Mal aus, und sucht nun ihren Bruder, der im »Museum of Natural History« arbeitet.
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Jetzt werden die beiden Geschichten über Kinder, die zu verschiedenen Zeiten aus der Provinz nach New York ausreißen, um ihrem schlechten Zuhause zu entkommen, und ihr besseres Zuhause zu finden, immer enger parallel geführt.
Auch Ben landet im »Museum of Natural History«, nachdem er zuvor durch ein sehr dreckiges, vom Kostümdepartment des Films ein bisschen zu pittoresk und betont zugemülltes altes New York gestreunt ist, das Ed Lachman mit einem gelben Filter getönt hat. Er hat
sich mit einem Farbigen angefreundet, beide übernachten im Museum. To make a long story short: Irgendwann trifft er Rose, die nun eine alte Frau und seine Großmutter ist, und ihm die Geschichte des Vaters erzählt, der früh verstarb.
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»Was soll dieser Film?« fragt man sich zwischendurch. Wonderstruck ist guter Kitsch, aber eben doch Kitsch. Er handelt von Museen, vom Kuratieren, von Wunderkammern, vom Modellbau (Rose baute mit dem »New York«-Diorama für die Weltausstellung 1964 das größte Diorama der Welt – tatsächlich gibt es das, es stammt aber von einem Mann, Robert Moses – just google it!), von Rasse, und Vatersuche.
Was großartig ist, das ist die Musik – »Fox on
the Run«, »Also sprach Zarathustra« in der von mir komplett vergessenen Seventies-Elektro-Version. In seinen besten Momenten ist das ein Weltentzifferungsfilm, der uns lehrt die Welt als Reich der Zeichen zu verstehen und lesen zu lernen. Eine Feier der Schönheit, der Modelle, der Zeit der 70er. Aber eben auch einfach Kitsch.
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Schon wieder ein Kind. Schon wieder etwa 12, also gerade noch nicht pubertär, noch mehr Kind als Erwachsener. Ist das ein allgemein sich steigernder Infantilismus, dass erwachsene Regisseure ihrem Publikum die Identifizierung mit Kindern, diese Kindersicht nahelegen? Regression?
Zumindest in diesem Fall spricht einiges dafür: Okja ist der neue Film des Koreaners Bong Joon-ho, der mit Memories of Murder, The Host und Snowpiercer gezeigt hat, zu was für ungewöhnlichen Werken er fähig ist. Das lebt er hier wieder. Über die Produktions- und Rezeptionsbedingungen des Teufelspakts mit »Netflix« haben wir in der vorherigen Ausgabe bereits geschrieben.
Der Film ist zunächst einmal überaus unterhaltsames Jahrmarktskino der Sensationen und schnellen Abwechslungen, ein Crowdpleaser.
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Es beginnt mit einer TV-Show, Tilda Swinton ist Unternehmerin und verkauft in diesen zynischen Show-Welten den Wettbewerb um das »Super-Schwein«. »10 Jahre später« dann landen wir in einer südkoreanischen Idylle: In paradiesischen Zuständen, die visuell auch wieder an Spielberg (Jurassic Park, The Lost World: Jurassic Park) erinnern wächst das weibliche Superschwein Okja auf, betreut und geliebt von der kleinen Mija, die von ihrem Großvater erzogen wird, die Eltern sind – auch das, die Abwesenheit der Eltern dieser Filmkinder, ist ein auffallend beliebtes Motiv. Das Tier ist intelligent, mitfühlend, und eines Tages rettet es Mija sogar das Leben, indem es sein eigenes Leben beinahe für das Kind opfert.
Kurz darauf kommt Showmaster Jake Gyllenhaal und will
das Superschwein nach New York mitnehmen, zum großen Showauftritt, und um es danach in Super-Wurst zu verwandeln.
Die böse Verwertungsrationalität des Kapitalismus steht also dem Schlaraffenland eines um seiner selbst willen vor sich hin wesenden verlorenen Naturparadieses gegenüber. Eine unglaublich schlichte Naturmoral stellt dem guten Landleben die böse Urbanität gegenüber. Mija reist dem Schwein in diese Stadt nach, will es befreien. In der besten Passage des Films
wird Okja tatsächlich befreit, wenn auch weniger mit Hilfe von Mija, als der einiger militanter Tierbefreier: Die »Animal Liberation Front« »pignapped« die Supersau, flieht mit ihr durch Straßen und in eine Shopping-Mall, die leinwandwirksam und vergnüglich in ihre Einzelteile zerlegt wird.
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Bong hat hier auch Spaß daran, sich über linke Aktivisten lustig zu machen, ihre Rhetorik und frommen Lügen zu entlarven. Das Hauptziel sind aber die internationalen Corporations, die kaputten und moralisch verkommenen Insassen ihrer Management-Etagen, sowie die für die Großunternehmen angestellten Nutten des PR-Betriebs, die Anwälte, die Bankiers. »Everything is a lie« lernen wir – das ist billig aber wirksam.
So ist Okja eine mitunter
etwas naive, aber immer schwarze Komödie, in der Tilda Swinton eine hübsche Doppelrolle als jeweils unterschiedlich verrückte Zwillingsschwestern hat, mit Steppjacke, Gebiss und Thatcher-Appeal.
Natürlich ist das ein antimoderner Film, gerade in seinem Naturbild, und man kann das alles nicht Ernst nehmen. Aber eine ganze Weile macht er Spaß.
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Zugleich ist es schon eine seltsame Ironie, dass hier eine Filmfabrik sich darin gefällt, eine Fleischfabrik zu kritisieren. Dass der Kapitalismus damit Geld verdient, dass er den Antikapitalismus verkauft. Es ist natürlich auch nur ein weiteres Indiz für den perversen Charakter.
»Ist Netflix denn eine Filmfabrik?« fragt Martina. Ich meine schon: Ja klar. Es ist ein Industrieunternehmen, das Filme ausschließlich dazu herstellt, mit ihnen Geld zu verdienen und den
Börsen-Warenwert des Unternehmens zu steigern. Okja nun wirkt wie eine Bewerbung für den Kauf durch Disney.
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»Schweinchen Babe in der großen Stadt« sagte Daniel Kothenschulte im Gespräch nach dem Film, das trifft es recht gut.
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In der diesjährigen Wettbewerbs-Jury sitzen in diesem Jahr besonders viele Regisseure: Neben Jurypräsident Pedro Almodovar, Maren Ade, Agnès Jaoui, der Koreaner Park Chan-wook, der Italiener Paolo Sorrentino, außerdem die Schauspieler Jessica Chastain, die chinesische Schauspielerin Fan Bingbing, Will Smith, und der französisch-libanesische Komponist Gabriel Yared. Die Regisseure sind also in der Mehrheit. Das muss trotzdem kein Vorteil sein, in der Vergangenheit haben schon öfters Jurys aus besonders vielen und besonders guten Filmemachern bei Festivals auffallend schlechte Entscheidungen getroffen – denken wir nur an die beiden Goldenen Palmen für Ken Loach mit den Jurypräsidenten Wong Kar-wai und George Miller, oder der Sieg für Michael Mooore unter Tarantino, oder für Audiards Dheepan unter den Coen-Brüdern. Dagegen gab tolle Preise, wenn eine Schauspielerin Präsidentin war, wie Catherine Deneuve und Isabelle Huppert. Vielleicht sollte ich sagen: eine französische Schauspielerin.
(to be continued)