72. Filmfestspiele Cannes 2019
Look at Me! |
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Too Old to die Young von Nicholas Winding Refn | ||
(Foto: Amazon) |
Ein einsamer Mann blickt aus dem Fenster. Ein Motelzimmer, schlecht beleuchtet bei Nacht, ein Vorhang, künstliches Licht von draußen, eine sehr alte Tapete. Das muss ein Film von Nicolas Winding Refn sein. Ziemlich oft blicken einsame Männer in seinen Filmen aus dem Fenster. Die Frau auf dem Bett sagt, und es sind die ersten Sätze des Films: »Look at me! Do you like what you see?« Es könnte ihm gefallen, aber er schaut lieber aus dem Fenster in die Einsamkeit. Dann kriecht er durch das
ranzige Motelzimmer auf allen Vieren auf ihre Füße zu, die in hochhackigen roten Schuhen stecken.
Es geht um Pornographie und Fetischismus, das machen diese ersten Szenen klar. Refns Kino ist ein Kino der Phantasien und des Phantastischen. Wenn einem im Folgenden ein einziger anderer Regisseur einfällt, an den das alles erinnert, dann ist es David Lynch – wobei Lynch ungleich mehr Humor hat, und nicht predigt.
Immerhin, das muss man zugeben, hat dieser Regisseur eine ganz spezifische unverwechselbare Ästhetik. Man erkennt sofort, wenn es sich um einen Film von ihm handelt, man erkennt dies am Äußeren, am Stil der Bilder, man erkennt dies auch an den Figuren, den Männern die immer einsam sind, Einzelgänger, Loner, Bindungslose, Männer, die irgendeinen Grimm, einen seltsamen unspezifischen Hass in sich tragen.
Viel Leiden der Männer, viel »male gaze«, viel Apokalyptik. Vor diesem Hintergrund erzählt Refn die Geschichte eines Polizisten, der in seiner Freizeit ein selbsternannter Sherrif und Rächer ist an denen, die »die es verdienen.« Eine Art amerikanischer Samurai – der letzte seiner Art. Alle reden so langsam, wie Schlafwandler, weil sie eigentlich Untote sind, Moral-Zombies. Meist hält die reaktionäre Moral alles bleiern am Boden.
Erst am Schluss hebt der Film mal kurz ab,
da zeigt Refn was er wirklich kann: Musik und Autos.
Und ich dachte, Refn sollte endlich einen Formel 1 Film machen. Das könnte er wirklich gut.