31.10.2019
Cinema Moralia – Folge 205

The Kid stays in the picture

Robert Evans
Robert Evans, Godfather des New Hollywood, ist am 26.10.2019 gestorben
(Foto: Angela George [CC BY-SA 3.0])

Der Gatsby unserer Tage: »Aktion Mensch« oder Ruhm und Elend der Produzenten – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogängers, 205. Folge

Von Rüdiger Suchsland

''We didn’t strive for commer­cial. We went for original. We fell on our asses on some of them, but we also touched magic.Robert Evans, 2002

''When your back’s against the wall, the impos­sible is possible.''Robert Evans

Die Geschichte ist legendär und so irrsinnig, wie es nur wahre Geschichten sind: Ein Unter­wä­sche­ver­käufer aus New York kommt 1956 nach Hollywood; er springt in einen Pool, und erlangt so die Aufmerk­sam­keit einer bekannten Schau­spie­lerin. Mit ihrer Hilfe wird der 26-jährige selbst Schau­spieler. Er spielt an der Seite von Ava Gardner in der Hemingway-Verfil­mung von »The Sun Also Rises« den Stier­kämpfer Pedro Romero – trotz Protesten der Schau­spie­lerin und des berühmten Schrift­stel­lers. Er war nicht dumm, kaufte Rechte, und machte die Mächtigen auf sich aufmerksam. Und weil Hollywood gerade in der schlimmsten Krise seiner Geschichte steckt, schafft er es 1966 an die Spitze der abge­half­terten Paramount Studios.

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»We choose to go to the moon.« – Es waren bessere Zeiten; Zeiten für schönere Geschichten, als Robert Evans nach oben gespült wurde. Zeit für Helden. Und Robert Evans war ohne Frage »the right stuff« – ein charis­ma­ti­scher junger Engel des Kinos.

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»In a world full of big lives, he lived one of the biggest: boardroom fights, tabloid romances, tennis with Henry Kissinger, even a murder trial.«»Brooke Barnes«

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Der Spruch des Produ­zenten Darryl F. Zanuck, »The Kid stays in the picture«, mit dem dieser die Hemingway-Proteste abschmet­terte, wurde der Titel seiner Auto­bio­gra­phie.
Bei Paramount wurde Evans in wenigen Jahren zur trei­benden, kreativ entwi­ckelnden Kraft hinter Filmen wie Rosemary’s Baby, The Godfather und Chinatown. Dann war das Studio wieder da, wurde zur Heimat von New Hollywood. Dazu Serpico, Love Story, Harold and Maude, True Grit, The Conver­sa­tion, The Great Gatsby. Es folgten Koka­in­sucht, unzählige Prozesse und doch noch der finan­zi­elle Ruin des Studios. Und dann, als keiner mehr damit rechnete, das Comeback für Robert Evans.
Seine eigene Geschichte wäre einen Film für sich wert. Der Stoff aus dem Legenden sind.

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»Evans hatte keine Erfahrung, aber Chuzpe und vor allem ein Händchen für Stoffe. ... Der ähnlich geltungs­süch­tige Autor Joe Eszterhas sagte über seinen Freund Evans, all die Lügen, die über ihn in Umlauf sind, könne man ruhig glauben.«
Michael Althen, am 28.06.2010 in der FAZ zu Robert Evans' 80.Geburtstag

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Dustin Hoffman parodierte ihn 1997 in der Satire Wag the Dog. Evans ermun­terte junge Autoren und Regis­seure, öffnete Türen, warf die Alten raus – das was das Kino heute mehr bräuchte denn je.

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Die neuen Produ­zenten, wenn wir sie denn so nennen wollen, ticken anders. In Deutsch­land wie Europa. Der ameri­ka­ni­sche Vertreter eines Streaming-Anbieters erzählt von seiner Deutsch­land-Reise: Die deutschen Produ­zenten kapieren wir bis heute nicht, ist die Botschaft. Man bekomme von ihnen nur relativ belang­lose Sachen angeboten, kaum etwas, das Impact habe, kaum wirklich mal eine origi­nelle Idee. Und wenn man sich dann die Sachen anschaut, dann ist alles sehr themen­be­zogen.
Den Ameri­ka­nern geht um anderes: Keine Gedanken, keine Ereig­nisse, keine Geschichte, keine Analyse. Sondern es geht nur um Personen, nur um einzelne Menschen, die – das behauptet die Ideologie – das Allge­meine immer reprä­sen­tieren können.
Ein schmie­riger Huma­nismus hält Einzug ins Kino. Ein Huma­nismus der »das Mensch­liche« als Ausrede für jede Dummheit miss­braucht. Aktion Mensch!

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Jutta Krug vom WDR schreibt auf Facebook: »Übrigens – die FFA ermög­licht bereits jetzt eine extreme Verkür­zung der Kinosperr­frist bei Doku­men­tar­filmen mit beson­deren Auswer­tungs­stra­te­gien! Bisher in den letzten 2 1/2 Jahren nur ein einziger Antrag! Warum? Produ­zenten bewegt Euch!!!«

Das lassen wir jetzt mal so stehen.

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»Das deutsche Kino ist viel­fältig, aber zu risi­ko­scheu« meint Variety und spottet über die vielen deutschen Filme, die mit deutschen Geldern bezahlt sind, bei denen aber Nicht-Deutsche Regie führen. Aber Terrence Malicks A Hidden Life ist so wenig ein deutscher Film, wie Roy Anders­sons About Endless­ness.
Eine der führenden Film­na­tionen – ökono­misch gesehen – ist ein künst­le­ri­scher Zwerg.