7. Mittelmeerfilmtage im Münchner Gasteig |
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Inland – Elegisches Algerien |
Von Dunja Bialas
Das Mittelmeer, groß und weit, zwischen Europa und Afrika liegend, ist bei weiten nicht nur das warme, nur leichte Wellen schlagende, friedlich daliegende Gewässer, in dem man gerne in den Ferien badet. Ans Mittelmeer grenzen Länder, deren Nebeneinander hohes Konflliktpotential bereithält: Hier sind zu finden Israel und der Gazastreifen, Libanon, Zypern, Griechenland und die Türkei. Und es werden immer mehr Länder, mit den unabhängigen Balkanstaaten Bosnien und Herzegowina und Montenegro. Nicht zu vergessen Italien, Frankreich und das Steuerparadies Monaco. Auf der anderen Seite der Küste drängen sich die nordafrikanischen Staaten. Fast scheint es, als würden alle gerne am Mittelmeer liegen, und auch in München kennt man den Ruf nach dem »freien Blick aufs Mittelmeer«. Und da man nicht einfach die Alpen niederreißen kann, finden hier jedes Jahr die Mittelmeertage statt, in diesem Jahr schon zum siebten Mal.
Das Mittelmeer mit seinem glitzernden Gewässer verspricht Trost in der Region, die geprägt ist von vielfältigen Land- und Politstreitereien zwischen den Anrainerstaaten. Auch dieses Jahr finden sich unter den zwanzig Filmen des Filmtage-Programms viele, oftmals in Zusammenarbeit mehrerer Länder entstandene Porduktionen, die mit Konflikten, inneren und äußeren, erzählerisch oder dokumentarisch umgehen. Allerdings tun sie dies meist auf eine sehr leichte, unterhaltsame und auch versöhnliche Weise. Und manchmal sind sie einfach nur atemberaubend.
So wie Gabbla (Inland) des Algeriers Tariq Teguia. Wer diesen Film letztes Jahr auf dem Münchner Filmfest verpasst hat, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die elegische Studie mit wunderschön fotografierter Landschaft über den Landvermesser Malek, der einer Afrikanerin helfen wird, nach Europa zu gelangen, zu sehen (Mo., 18.01., 20:00 Uhr und Sa., 30.01., 20:30 Uhr). Ebenfalls eine Reise steht bevor in Le grand voyage (Die große Reise) des Marokkaners Ismael Ferroukhi. Ein eindringliches Vater-Sohn-Drama spielt sich hier vor ebenfalls atemberaubender Landschaft ab, der Weite des Balkans und des Nahen Ostens. Réda ist Sohn marokkanischer Einwanderer und lebt schon lange Zeit in Frankreich. Nun soll er kurz vor dem Abitur seinen Vater nach Mekka begleiten: ein Roadmovie der Generationenkonflikte und unterschiedlichen Weltansichten (Sa., 16.01., 18:30 Uhr, Fr., 29.01, 20:30 Uhr).
Weniger elegisch-schön, dafür umso lustiger geht es in den beiden ägyptischen Filmen des Programms zu. Hassan wa Morcus (Hassan and Morcus) von Rami Imam verwandelt die brenzlige Situation zweier religiös geprägter Charaktere (ein koptischer Theologe und ein muslimischer Scheich) zu einer humorigen Verwechslungskomödie mit den Superstars Adel Imam und Omar Sharif (Sa., 16.01., 20:30 Uhr, So., 24.01., 18:00 Uhr). Salata Baladi von Nadia Kamel vermixt, wie der Titel schon sagt, Juden, Christen und Muslime zu einem fröhlichen, kosmopolitischen Salat – und zeigt, wie traditionell das Miteinander der orientalischen Religionen funktionierte (Fr., 22.01., 18:30 Uhr).
Neben den beiden (fast) rein französischen Produktionen Dans la vie (Philippe Faucon) und Mauvaise foi (Roschdy Zem), in denen man vergeblich die nervigen, weil klischeehaften Blümchenkleider der Französinnen sucht, finden sich dieses Jahr immerhin drei italienische Filme im Programm, denen man eine Chance geben sollte – entgegen des Vorurteils, die Italiener könnten (bis auf wenige wunderbare Ausnahmen des letzten Kinojahres wie z.B. Gomorrha oder Il divo) keine Filme machen. Zum Beispiel L’ultimo Pulcinella von Maurizio Scaparro. Er ist bislang zwar nur durch TV-Filme in Erscheinung getreten, aber seine Geschichte, die auf einer Filmidee von Roberto Rosselini basiert, verspricht ein modernes Märchen zwischen Theaterbühne und Banlieue, das leichtfüßig mit der schwer auf Italien lastenden Camorra jongliert (Do., 21.01., 20:30 Uhr, Mi., 27.01., 18:30 Uhr).
Spanien, man vergisst es als Urlauber leicht, ist ein spannungsgeladenes Land, in dem drei Volksgruppen ein Zusammenleben versuchen: die Katalanen, die Kastilianer und die Basken. Ein Film im diesjährigen Programm thematisiert die innerspanischen Spannungen. Dass der Straßenkünstler Alfredo während einer Performance ein ETA-Attentat fingiert, findet das kastilische Spanien gar nicht witzig und bereitet ihm gehörig Probleme. Noviembre (Das November-Manifest) heißt der Film von Achero Manas, der auf realen Ereignissen basiert (So., 17.01., 20:30 Uhr, Di. 26.01., 18:30 Uhr). Und real ist auch, wir wissen es: Spanien liegt am Mittelmeer.
7. Mittelmeerfilmtage. 14. bis 31 Januar 2010 im Gasteig München. Ein Programm der Filmstadt München. Alle Vorstellungen finden im Vortragssaal der Bibliothek im Gasteig statt. Eintrittskarten ab 6 Euro.