11.08.2011

Sommer in der Stadt

Zum Wieder­sehen bei den Film­kunst­wo­chen:
Kim Kiduks Bin-Jip

Von Dunja Bialas

Für alle, die nicht dem schlechten Sommer entfliehen können und in München fest­sitzen, empfiehlt sich der kine­ma­to­gra­phi­sche Eska­pismus. Zum Beispiel bei »Dollys und Bernds merk­wür­digen Filmen« oder ganz tradi­tio­nell bei den »Film­kunst­wo­chen«

Es ist ja mitt­ler­weile ein ober­lang­wei­liges Gesprächs­thema, dieses Wetter und dieser verma­le­deite Sommer. Stimmt, man weiß nicht mehr, was man anziehen soll, mal ist es heiß in der Sonne, ein paar Minuten später schon ziehen dunkle Wolken am Himmel auf, ein Wolken­bruch naht und mit ihm herbst­liche Kälte. An einen Bade­aus­flug ist gar nicht zu denken. Und an einen Bier­gar­ten­be­such schon gleich gar nicht, mangels lauschiger Abende . Da kann man nur sagen: Wie gut, dass es das Kino gibt!

Dolly & Bernd zeigen merk­wür­dige Filme

Unter diesem äußerst merk­wür­digen, sprich denk­wür­digen Titel zeigen die Werk­statt­ki­no­ma­cher Dolly (Kuhn) und Bernd (Brehmer) ihr dies­jäh­riges Sommer­ki­no­pro­gramm. Letztes Jahr haben sie schon erfolg­reich mit »Deutschen Komödien« für launige Stimmung in den August­nächten gesorgt, dieses Jahr haben sie ein Programm aus Filmen zusam­men­ge­stellt, die sie irgendwie »merk­würdig« finden. »Merk­würdig« heißt natürlich seltsam, also auffällig, weil aus einem drama­tur­gi­schen oder sonstwie-Raster ausbre­chend, »merk­würdig« heißt aber auch: würdig, dass man sie sich merkt. Oder eben auch so besonders, dass sie einem im Gedächtnis bleiben, man sie aus den selt­samsten Gründen nicht vergisst:

»Man vergisst also einen merk­wür­digen Film lange nicht, unter anderem, weil sich darin Abson­der­lich­keiten aller Art einfinden, ausge­stellt auf irri­tie­rende Weise. Merk­wür­diges lässt sich dabei nicht auf Genres festlegen, beschränkt sich nicht auf Exploi­ta­tion- oder B-Movies, es findet sich in der Kunst wie im Kommerz, in jeder Zeit. Und obwohl tatsäch­lich viele Regis­seure sich darum bemühen, verdienen es am Ende doch nur wenige Arbeiten: diese Auszeich­nung für unge­wöhn­liche Qualität, den Titel 'merk­wür­diger Film'.« (Werk­statt­kino München)

Die genauen Filmtitel kann man dem altbe­währten Werk­statt­kino-Hand­zettel entnehmen. Liegt überall da aus, wo gute Filme laufen! (Werk­statt­kino, noch bis 17.08., jeweils 20:30 Uhr und 22:30 Uhr)

Film­kunst­wo­chen

Zum 59. Mal schon spenden sie Trost für alle Nich­tur­lauber. Die Film­kunst­wo­chen wurden 1952 von Kino­be­treiber Fritz Falter begründet, als das Kino noch mit einem unge­heuren Programm aufwarten konnte. Konkur­renten wie Fernsehen, Video oder DVD oder schnöde Multi­plexe waren damals noch in weiter Ferne. Dennoch gab es auch in dieser Hochzeit der Film­paläste die Angst vor dem »Kino-Sommer­loch«. Um es gar nicht erst aufkommen zu lassen, entsann der Betreiber des »Isabella«, »Türken­dolch« und des einstigen »Studio für Filmkunst« in der Occam­straße, ein spezi­elles Programm für alle Film-Affi­cio­nados. Heute ist das zwar alles ganz anders, man legt sich eine DVD ein, wenn einem fad ist, oder surft ein bisschen im Internet rum. Aber kann das einen Kino­be­such mit einem von Kennern ausge­wählten Film ersetzen? – Eben.

Die Film­kunst­wo­chen zeichnen sich aus durch ein durch­struk­tu­riertes Programm. Bis auf die Previews, die dann doch nur die Filme zeigen, die gerade anlaufen oder sehr sehr bald ins Kino kommen (Midnight in Paris, Le Havre, Sommer in Orange) finden sich hier schöne »Perlen«, wie Filme im Film­kunst­wo­chen-Sprech auch heißen. Dabei sind solche, die man im laufenden Kino-Jahr viel­leicht schlichtweg verpasst hat (siehe z.B. die Reihe »Perlen der Saison«), oder Filme aus der Geschichte des Kinos, die man am besten in der Reihe »Sex and the… Arthouse« sucht (hier laufen u.a. Das grosse Fressen, Decameron, Der letzte Tango in Paris).

Und dann gibt es noch eine Reihe zu Kim Ki-duk, die sich etwas reiße­risch »Mega­perlen der Filmkunst« nennt. Sekun­die­rend zu Kim Ki-duks neuestem Film Arirang, der dieses Jahr auf dem Filmfest zu sehen war, und in dem er sich weiner­lich in seiner Schaf­fens­krise suhlt, hat man jetzt die Gele­gen­heit, fünf Filme zu sehen, die so groß waren, dass sie Kim Ki-duk das kreative Genick gebrochen haben: Bin-Jip, Hwal – Der Bogen, Samaria u.a.. Arirang ist leider nicht dabei. Um diesen Film nach­zu­holen, zumindest in Worten, empfehlen wir die Lektüre von Artechock, mit einer Kurz­be­spre­chung (»Das Seelen­leben des Kim Ki-duk«) und einem Langin­ter­view (»Ich war wirklich ein kompletter Einsiedler«). (Die Film­kunst­wo­chen laufen in den Kinos Atelier, Neues Arena, Neues Rottmann, Neues (!) Monopol, Rio Film­pa­last und im Filmeck Gräfel­fing. Noch bis zum 24.08.)

Wer jetzt noch sagt, bei den Film­kunst­wo­chen würden doch nur die Filme laufen, die man schon kennt, soll aufhören zu meckern und ins Werk­statt­kino gehen. Der Sommer wird schön, so oder so!